Sun Dec 24 22:09:47 CET 2017 | Trottel2011 | Kommentare (40) | Stichworte: Automatik, Automatikgetriebe, GM, Jaguar, TH400, X27, XJS, XJ-S
Hallo Motor-Talker!
GM TH400 mit AMC/Jaguar GehäuseFrohe Festtage! Da ich nichct stillsitzen konnte an den paar freien Tagen, habe ich "mal eben" ein Getriebe zerlegt Aber damit ihr da richtig reinkommt, gibt es eine Vorgeschichte:
AusgangswelleWir schreiben das Jahr 1971. Jaguar präsentiert den neuen E Type Serie III als erstes Jaguar Modell überhaupt mit dem neuen V12 Motor. V12, das heißt Laufruhe und Leistung. Nicht jeder wollte selbst schalten, also griff man zur Automatik aus der 'Nachbarschaft'. Naja, eher das, was man bekommen konnte. Es war die Borg Warner 12. 3 Gänge die automatisch reingeknallt wurden. Besonders im neuen XJ-S merkte man, dass die Kundschaft gar nicht mehr schalten wollte. Wer sich ein V12 kaufte, bestellte fast immer die Automatik (es wurden nur wenige gebaut weil 1. kaum Bestellungen dafür vorlagen und 2. nur noch die Getriebereste des E-Types aufgebraucht wurden).
TypenschildDas sollte Jaguar bis 1977 reichen. Aus dem E Type wurde mittlerweile der XJ-S/XJ12 und modernere Automatikgetriebe konnten beschafft werden. Super! Aber es gab keine brauchbaren und standfesten Getriebe aus Europa. Welcher Mercedes oder BMW hatte damals schon mehr als 450 nm Drehmoment? LKW Getriebe waren zu gross. Es gab aber ein Land, wo solche Drehmomente schon fast 'normal' waren. Und dort wurden fast nur noch Automatikgetriebe verbaut: 'Murica!
Jaguar hatte sowieso schon gute Beziehungen zu General Motors. Die Klimaanlage sowie Servolenkungspumpe stammten aus amerikanischer Produktion. Man ewog den Bezug von Automatikgetriebe von GM. Aufgrund der großen Auswahl, hatte man auch die Probleme zu entscheiden: TH300? TH350? TH400?
Suppe!Man entschied sich für den starken 400er. Die Turbohydromatic 400 ist robust, kann sehr viel Leistung ab und ist zudem erprobt. Zum Zeitpunkt des Vertrages, lief das Getriebe bereits mehr als 10 Jahre schon vom Band. Bekannte Schwachstellen? Keine, bis auf üblichen Verschleiss (abgenutzte Kupplungen) und Undichtigkeiten (Wanne/Modulator/...)! Perfekt für eine vom BW 12 geplagte Marke!
ModulatorUm jene Automatik handelt diese Blogreihe. Die TH400 versieht in der Iron Lady ihren Dienst und tat dies bis zum Ausbau gut. Einzig ein relativ starker Ruck beim Wechsel von R auf D bzw. D auf R kündigte Wartungsbedarf an und ziemlich große Undichtigkeiten an der Wanne und sonst wo. Ebenso sind, 2016 beim Abdichten des Gehäuses, 2 Schrauben abgerissen die nicht ausgebohrt werden konnten. Ergo: ich musste mit etwas 'Pfusch' das Getriebe versiegeln.
Seit dem plagt es mich, weshalb ich mich dazu entschlossen habe, das Getriebe von Schrotti, welches selbst für 10 EUR nicht verkauft werden konnte, zu zerlegen, zu inspizieren und aufzurüsten. Heisst: wir überholen eine Automatik klassischer Bauart. Das wird ein Spaß! *händereib* Mein Plan sieht nicht nur eine Überholung vor, sondern eine Optimierung. Dazu aber in späteren Artikeln mehr! Eine Sache ist mit beim Schrottigetriebe bekannt: nichts! Ich vermute, dass das Getriebe ca. 140t Meilen auf dem Buckel hat. Aber das ist nur eine Vermutung, da ich den Schrotti ohne Tacho und ohne nachvollziehbare Zahlen bekam. Somit ist das eine Schätzung aus dem Zustand des Gehäuses im Vergleich zu dem der Iron Lady.
Fliehkraftregler eingebautFliehkraftregler ausgebautLegen wir mal los! Da die Wanne aber noch mit leckerem 28 Jahre altem ATF gefüllt ist, ist klar: das muss raus. Und die Frage dabei ist: wie? Die Wanne hat keine Ölablassschraube. Wenn man das ATF raushaben will, muss man die Wanne abnehmen. Suppe, Garagenboden, Arme... Nein Danke. Meine Entscheidung: ich bohre einfach ein Loch in die Wanne und lasse das Öl ablaufen. Warum das nicht schlimm ist? Weil an der Stelle dann eine Ablassschraube eingeschweisst werden kann und soll. Daher: ist nicht übel!
Zentralschraube gelöstDie ausgelaufene Suppe ist aber richtig lecker schwarz. Aber sehr lecker schwarz! Ich denke mal, dass es noch das von 1990 ist. Würde auch erklären, warum der Schrotti so schnell dahingerafft ist... Nicht meine Schuld! Da sATF der Iron Lady war zwar dunkel aber nicht schwarz!
Flansch und Gehäuse abNachdem das ATF abgelaufen ist, nehmen wir den Modulator ab (1x 1/2" Schraube) und den Fliehkraftregler raus (4x 1/2" Schraube, danach vorsichtig rausziehen). Nun an das Ausgangswellengehäuse. Hier die mittige Zentralschraube am Flansch lösen. Es wird strammsitzen. Nach dem Lösen den Flansch mit vorsichtigen Schlägen mit einem weichen Hammer von der Welle lösen. Darauf folgt das Abnehmen des Gehäusebauteils. 6x 1/2" Schraube rausdrehen und das Gehäuse vorsichtig abziehen.
Jetzt das Getriebe auf dem Rücken drehen und die Ölwanne abnehmen. Nach 28 Jahren ist mir eine Schraube darin abgerissen. Nicht schlimm. Ich lasse das einfach durch ein Schlosser oder ähnlich entfernen und setze entweder einen Helicoil rein oder sonst was. Mal schauen!
SchieberkastenDie Ölwanne ist ab und darunter kommt der Schieberkasten zum Vorschein. In der Ölwanne ist noch ein Magnet voll mit feinen Spänen. Nicht schlimm. Das ist normaler Abrieb. Es sind keine groben Späne, wie einst in Rustys Ölwanne, zu erkennen. Ergo: kein übermäßiger Verschleiß zu erwarten. Dennoch ist das nicht einfach so hinnehmbar!
Den Schieberkasten müssen wir nun abbauen. Dazu ca. 10 1/2" Schrauben lösen und den Solenoiden (ich meine der war für's Kickdown... Aber nagelt mich bitte nicht drauf fest!) ausbauen. Die beiden Rohre hinten müssen vorsichtig ausgehebelt werden. Vorsichtig! In der Zulaufleitung sitzt ein kleiner Filter. Den NICHT verlieren. Gibt es zwar noch neu aber es ist schwer den genau richtigen zu bekommen.
Schieberkasten gelöstSchieberkasten abAlle Schrauben gelöst? Gut. Dann kann der Schieberkasten abgenommen werden. Aber Achtung! Im Bereich des Positionsgebers (naja, Stellvorrichtung ist eher treffender) ist noch das Hauptregelventil. Kein Druckregler. Damit wird das Getriebe gesteuert. Es ist nur eingehangen. Das Ventilchen kann schnell verloren gehen.
Schieberkasten nun in die Ölwanne legen (ist da immer sehr gut ausgehoben) und weitergehts. Die Trennplatte sowie die Dichtung müssen raus. Darauf folgt die Entfernung der 7 kleinen Kugeln im gehäuseseitigen Teil des Schieberkastens. Eigentlich sollten es bei der TH400 nur zwischen 3 und 6 sein. Warum ich hier 7 habe ist noch nicht klar, aber ich werde das später herausfinden.
Wir nehmen jetzt die beiden Ventile für die Bremsbänder raus. Vom vorderen Bremsband ist nur eingesteckt und wird durch das Schieberkasten fixiert. Das Hintere ist unter dem Deckel mit 6 Schrauben (1/2") versteckt. Deckel abnehmen, darunter kommt noch ein Deckel samt eine Metalldichtung zum Vorschein. Darunter dann noch ein Ventil samt einer Feder. Rausnehmen, weglegen.
Ölpumpe eingebautÖlpumpe ausgebautIn unserer Arbeit lassen wir uns nicht abbremsen Damit wir weiter zerlegen können, muss die Ölpumpe raus. Diese ist mit 6 oder 7 Schrauben - ihr habts erraten! - 5/8" (haha ) am Gehäuse befestigt. Meine Ölpumpe saß so fest, dass ich sie nicht durch Ziehen rausbekommen habe. Ich musste von hinten gegen der Pumpe "drücken". Erst dann ploppte es raus.
Jetzt nehmen wir die P-Verriegelung raus. Dazu den kleinen Dorn an der Positionswelle rausziehen und die Kontermutter lösen. Natürlich haben wir hier 1/2". Danach kann das Teil ausgebaut werden. Hinten noch die Feder aushängen und auch das wäre erledigt.
Ausgangswelle mit R-Gang ausgebautTauchen wir ab in die Innereien. Wir ziehen die Eingangswelle raus. Es kommt mit Korb und co raus. Weglegen, wir ziehen weiter. Ein "Snap Ring" fixiert das Kupplungspaket für den 1. Gang. Snap Ring aushebeln und die Kupplungen entfernen. Jetzt kommt das vordere Bremsband dran. Vorsichtig zusammendrücken und rausziehen. Etwas Verschleiß kann man da gut erkennen.
Innereien liegen auf dem TischWeiter im Getriebe kommt die Zwischenwelle, welches im Grunde genommen die vordere Eingangswelle mit der Ausgangswelle "verbindet" (einfach gesagt, dazwischen sitzen ja noch Kupplungen und Planetengetriebe).
Und wieder kommt ein Snap Ring zum Vorschein bevor wir eine Zentralschruabe für die Mittellagerung entfernen können. Dieses sitzt in den kleinen Kanälen. Es ist eine 3/8" Schrauben welches eine 12 Kant Nuss benötigt. Schraube raus? Gut! Nun die Mittellagerung rausziehen. Dahinter kommt wieder ein Snapo Ring zum Vorschein, gefolgt vom hinteren Bremsbrand und dem Rückwärtsgang. Alles lösen, rausziehen und wir haben die TH400 von ihren Innereien befreit.
Wie geht es weiter? Nun, das Projekt hat keine Eile. Im nächsten Teil geht es an die Feinzerlegung. Das heißt wir nehmen die Gänge auseinander und schauen und den Zustand aller Teile an. Ebenso will ich da die Details zu den Bauteilen durchgehen (z.B. wofüür es ist und wie es angesteuert wird). Schon jetzt weiß ich, dass ich ein paar Sachen erneuern muss. Z.B. die kleinen Torrington Lager oder auch die Lamellenkupplungen und Druckplatten (teilweise blank, teilweise schon blau angelaufen). Falls ihr euch dafür interessiert, würde ich mich freuen euch im nächsten Artikel wieder zu sehen |
Thu Jun 13 22:25:55 CEST 2019 | Trackback
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Getriebeallerlei auf Amerikanisch, Teil 3, die Ersatzteilbeschaffung
[...] nachgeschaut: am 24.12.2017. Also schon 1.5 Jahre her Aber es lohnt sich - langsam!
Wir haben in Teil 1 das Getriebe ersteinmal "zerrupft". In Teil 2 wurden die Fahrstufen dann komplett zerlegt und damit wurde klar, was alles neu her muss [...]
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