Mon Dec 06 19:45:22 CET 2010 | Trennschleifer4123 | Kommentare (62) | Stichworte: Bunker, Eiserner Vorhang, Fulda Gap, Grenze, Kalter Krieg, Lost Places, Point Alpha, Todesstreifen, Urbex
Hallo liebe Leser,
am Wochenende war es wieder soweit (es ging mal wieder auf Expedition) und was bietet sich bei Eis, Schnee und Minusgraden besser an als durch Trümmer oder unwegsames Gelände zu schleichen..... Fettbemmen geschmiert, Gürkchen und gekochte Eier vorbereitet, Heißgetränke mit Alkohol versetzt, festes Schuhwerk, trotz deutschen Vermummungsverbot, Kapuzen, Mützen, Halstücher und Handschuhe gepackt und auf in den kalten Ostteil der Republik der gemacht. Wir sind sprichwörtlich "rübergemacht"....... diesmal aber wohl in entgegengesetzter Richtung. Ein Besuch von Point Alpha stand auf der Tagesordnung, entlang der Fulda Gap und deutsch deutschen Grenze.
Der Point Alpha war einer von vier US-Beobachtungsstützpunkten an der hessischen innerdeutschen Grenze zu Thüringen. In direkter Nachbarschaft Geisas, erfüllte der Beobachtungsstützpunkt Point Alpha bis zum Fall des Eisernen Vorhangs eine wichtige Beobachtungsaufgabe im Verteidigungskonzept der NATO.
Die Basis lag im Zentrum der NATO-Verteidigungslinie Fulda Gap, in der die NATO im Krisenfall die Invasion der Truppen des Warschauer Pakts erwartete.
Fulda Gap ist ein Begriff, mit dem die US-Streitkräfte während des kalten Krieges das Gebiet bei Fulda nahe der Grenze zur DDR bezeichneten. Der Name Point Alpha bezeichnet den ersten Beobachtungsstützpunkt (US Border Observation Point), der auf 411 Meter hoch gelegene Stützpunkt bot einen besonderst guten Überblick auf das vordere Aufmarschgebiet des Warschauer Pakts und eignete sich zusätzlich sehr gut um feindlichen Funkverkehr abzuhören.
Als wahrscheinlichster Angriffspunkt der Ostblock-Streitkräfte wurde das Gebiet östlich von Fulda angenommen, da seine Lage einem massiven Panzerangriff wenig hinderlich wäre. Südlich und nördlich befanden sich mit dem Thüringer Wald und dem Harz für Panzer nur schwer zu bewältigende Gebirge.
Es wurde davon ausgegangen, dass die Armeen des Warschauer Pakts im Westen Thüringens aufmarschieren, die Grenze in Richtung Fulda durchbrechen und durch das vergleichsweise flache Gelände und die kurze Strecke zwischen den Mittelgebirgen innerhalb von zwei Tagen bis zum Rhein-Main-Gebiet vorstoßen könnten. Damit wäre die Bundesrepublik von den zahlenmäßig stark überlegenen Truppen des Ostblocks in zwei Hälften geteilt und die Rhein-Main Air Base, der wichtigste Nato-Luftwaffenstützpunkt in Europa, ausgeschaltet worden.
Im Rahmen des Defense Plan wären massiv amerikanische Truppenverbände um Fulda konzentriert worden, um einen solchen Angriff zu bremsen. Zu diesem Zweck wurde sogar der Einsatz taktischer Kernwaffen in Betracht gezogen, im Bereich um Fulda herum wären beispielsweise an die 120 taktische Atomwaffen im Rahmen des so genannten "Zebra-Pakets" eingesetzt worden. Diese Verteidigungspläne behielten ihre Gültigkeit bis zum Ende des Kalten Krieges und der Deutschen Wiedervereinigung 1990, auf dem Papier bis ins Jahr 1994.
Kaum zu glauben wie nah sich ein drohender Atomkrieg vor meiner Haustür abgespielt hätte. Ich hätte meine Schnitzel (hier im Rhein Main Gebiet) quasi zum garen auf die Wäscheleine hängen können. Und irgendwie bin ich wirklich froh das ich diese Bedrohung als Kind/Jugendlicher nicht so richtig wahrgenommen habe.
Viele Grüße und viel Spass mit den Bildern
g-j
|
Tue Dec 07 16:21:03 CET 2010 | XC70D5
Anhänge:
Google Maps Link: http://maps.google.de/maps?...
Koordinaten: Breite: 50° 6'49.01"N Länge: 8°38'34.11"E
Oder die Google Earth kmz-Datei.
Gruß
Martin
Tue Dec 07 16:25:50 CET 2010 | Dr Seltsam
Achso, totall Off-Topic aber das wollt ich GJ als Audifahrer schon langemal posten
http://www.youtube.com/watch?v=lqJDuZIcQ34
Tue Dec 07 16:53:12 CET 2010 | Trennschleifer4123
Wie geil ist das denn
THX Doc... das muss ich im Block haben
THX Martin.... jetzt hab ich es... werde ich in kommenden Beiträgen beherzigen.
Viele Grüße
g-j
Tue Dec 07 19:02:10 CET 2010 | Oldie65
Lockheed F-104 Starfighter und seine Atombombe
Der Starfighter war wegen seiner hohen Flächenbelastung und seines auftriebschwachen Flügelprofils allen anderen damaligen Jägern unterlegen. Die Bundesluftwaffe hatte viele zu Jagdbombern ausgerüstet. Die konnten eine Atombombe tragen (ausgestellt im Luftwaffenmuseum in Berlin), waren aber wegen dem zusätzlichen Gewicht und dem Luftwiderstand noch schlechter.
Deutsche Piloten standen teils in Alarmbereitschaft auf der Startbahn. Amerikanische Offiziere hätten die Atombomben vor dem Start entschärft. Für die Piloten war es ein reines Himmelfahrtskommando (Germans to the Front). Sie hätten im Unterschallflug die Ziele in der DDR (nur diese) aus dem Gedächtnis anfliegen müssen. Für die Flugabwehr des Warschauer Paktes wären sie daher ein leichtes Ziel gewesen. Nach dem Abwurf hätten sie in wenigen 10 Sekunden der Druckwelle entkommen müssen. Mit dem Nachbrenner hätten sie voll auf Mach 2 beschleunigen müssen. Das hätte nicht immer geklappt. Auf dem Flug zurück wären viele von der Nato Flugabwehr abgeschossen worden, denn es gab noch keine Freund/Feind-Kennung.
Tue Dec 07 19:12:16 CET 2010 | Trennschleifer4123
Sowas hat in Deutschland Tradition..... also wenn man an die Einmann-UBoote des WWII denkt
Viele Grüße
g-j
Tue Dec 07 20:27:57 CET 2010 | slv rider
yep, 5 anlagen habe ich "entdeckt" und bilder von noch ein paar mehr sind dort auch von mir.
DIE zum beispiel.
Tue Dec 07 20:40:30 CET 2010 | Trennschleifer4123
Wusste ich es doch
Gibt nicht soviel Leute die Gullideckel fotografieren
Ich werde mich im Frühjahr mal auf die Suche begeben, hier im Rhein/Main Gebiet (durch die US Base) gibt es sicherlich noch einige undokumentierte
Viele Grüße
g-j
Wed Dec 08 17:55:10 CET 2010 | Oldie65
Um 1989 hat der Spiegel einen amerikanischen Soldaten eines Raketenbatallions (amerikanisch „Field Artillery Brigade“). Er hat unumwunden zugegeben, dass sehr viele Ziele der amerikanischen Atomraketen (Lance, Pershing) in der DDR lagen. Die Abschussorte waren oft unscheinbar im Wald oder am Waldrand versteckt (Beispiel Mutlangen). Wie man sich so einen Abschussort vorstellen kann, sieht man in dem Film „Army go home“. Zum Teil sind die Raketentransporter (MAN Zugfahrzeug) auch ständig herumgefahren.
Man schätzt, dass die Amerikaner 3000 Atomsprengköpfe in Deutschland gelagert hatten. Die meisten von ihnen wurden zuletzt mit Sonderzügen aus ihren unterirdischen Lagern bei Pirmasens zur Küste gebracht. Zum Vergleich die UdSSR hatte 27000 Atomsprengköpfe (Spiegel 51/1991).
Wed Dec 08 18:11:55 CET 2010 | Trennschleifer4123
In der DDR oder insgesamt ?
Viele Grüße
g-j
Wed Dec 08 23:03:43 CET 2010 | Oldie65
Für die UdSSR ist es die Gesamtzahl. Der Westen dürfte ebenso viel gehabt haben. Zu den amerikanischen kamen in Deutschland noch die englischen und französischen hinzu. In Wikipedia wird eine Gesamtzahl von 5000 Atomsprengköpfen in Deutschland genannt (Kernwaffe).
Im Fulda-Gap soll die US-Armee 114 Sprengköpfe gehabt haben (Wikipedia: Zebra-Paket).
Der Angriffsplan des Warschauer Paktes ging von 160 eigenen Atomsprengköpfen aus. An der Spitze des Aufmarsches wären deutsche, polnische und tschechische Soldaten gewesen. Wenn die wie vorhersehbar vernichtet gewesen wären, hätten die russischen Armeen angegriffen.
Wed Dec 08 23:11:17 CET 2010 | Oldie65
Die Explosionskraft von Uran ist unvorstellbar.
Die Explosionskraft der Atombomben in den japanischen Städten Nagasaki und Hiroshima entsprach dem Energieinhalt eines Uranwürfels mit einer Kantenlänge von 3 cm. Der größte Anteil des Urans wurde dabei verdampft, in die Atmosphäre geschleudert und führte zu der großen radioaktiven Verstrahlung Japans und der ganzen Welt.
Die verbesserte Technik führte zu einem wesentlich verbesserten Wirkungsgrad. Die Atomsprengköpfe wurden dadurch immer kleiner und leichter.
Thu Dec 09 17:23:43 CET 2010 | Oldie65
Wäre Deutschland (West- und Mitteldeutschland) zum Kampfplatz geworden, wäre es völlig zerstört und auf hunderte von Jahren verstrahlt worden. Alle Nachbarländer ringsum hätten ihre Grenzen geschlossen, um die verstrahlten Flüchtlinge nicht ins Land zu lassen.
Für die USA war Deutschland der zentrale Kriegsschauplatz. Es ging ihnen darum, dass ein 3. Weltkrieg hier beginnt, um Zeit für die Verteidigung des eigenen Landes zu gewinnen.
Eine einzige Rakete (SS-18 oder Pershing II) mit Mehrfachsprengköpfen hätte viele Ziele auf einer Fläche von der Größe Bayerns zerstören können. Sie konnten daher kaum in der Luft von der Raketenabwehr zerstört werden.
Thu Dec 09 20:50:58 CET 2010 | slv rider
es gab ja sogar nukleare minen mit denen der vormarsch der pakt-truppen behindert werden sollte.
Tue Dec 14 18:36:02 CET 2010 | Trennschleifer4123
Absolut spannend was ihr hier so erzählt,
und ich glaub das ich am WE einen undokumentierten Sprengschacht gefunden habe.... hatte keine Cam dabei und werde ihn demnächst dokumentieren
Viele Grüße
g-j
Tue Dec 14 19:26:49 CET 2010 | slv rider
die mailadresse des datenbankbeauftragten hast du bestimmt oder?....
vor jahren sind mir auch schon so seltsame deckenansammlungen aufgefallen. durch die sperranlagenseite habe ich dann erfahren das es sich um stecksperren handel(te). hat mir auch ein kollege erzählt der den umgang damit beim bund gelernt hat.
Wed Dec 29 15:29:26 CET 2010 | XC70D5
Im kalten Krieg wäre es heiß geworden ?
Der kalte Krieger hat zugeschlagen
Edith : das war sie wohl ! ?
Gruß
Martin
Wed Dec 29 16:08:02 CET 2010 | Trennschleifer4123
Wow,
danke für den link Martin ! Da habe ich ja mal wieder den richtigen Riecher gehabt und schnell noch Fotos gemacht. Quasi bevor die beiden Helicopter samt dem Hangar "Lost" sind. Kann mir nicht vorstellen das die beiden Exponate noch flugfähig waren !
Viele Grüße
g-j
Wed Dec 29 20:30:00 CET 2010 | slv rider
schade drum. aber vielleicht kann man da mit viel einsatz noch was wiederherstellen.
p.s. die sperranlagendatenbank ist wieder erheblich gewachsen, der admin hatte zeit gesammelte daten einzupflegen.
Thu Dec 30 09:59:07 CET 2010 | Trennschleifer4123
Moin slv rider,
ich werde loslegen wenn der Schnee weg ist, bin der Meinung noch einige Anlagen zu kennen die undokumentiert sind. Muss das dann aber noch mit der Datenbank abgleichen
Viele Grüße
g-j
Tue Jan 11 21:39:52 CET 2011 | Oldie65
Weil wir hier bei den Autos sind. Jedes Auto ist gefedert und gedämpft, damit die Beschleunigungen sich nicht zu stark auf die Personen auswirken. Genau so war es bei den Atombunkern auf beiden Seiten der Grenze. Innerhalb eines Großbunkers mit seinen unglaublich dicken Betonwänden (5 m) waren die einzelnen Räume an Federn und Dämpfern aufgehängt oder aufgestellt. Eine in der Nähe explodierende Atombombe hätte so hohe Beschleunigungen (15 g) hervorgerufen, dass die Menschen im Bunker getötet worden wären. Durch die Federung und die Dämpfung werden Beschleunigungen und Schwingungen so reduziert, dass sie überlebt hätten.
Die Konstruktion solcher Bunker haben die USA und die UdSSR bei Atomexplosionen getestet.
Tue Jan 11 23:01:56 CET 2011 | slv rider
Vorhin kam im MDR eine interessante Reportage genau darüber....
Auch gesehen?
Die BRD hat offensichtlich mit einem Angriff von Osten gerechnet, hat die DDR eigentlich auch so etwas wie Sperranlagen vorbereitet? Die damalige CSSR hatte z. B. in der Grenzzone über Feld, Wald und Wiesen verstreute kleine Bunkeranlagen.
Wed Jan 12 07:04:30 CET 2011 | Trennschleifer4123
Meinst Du das slv rider ?
http://www.mdr.de/entdecke-den-osten/8088435.html
Dann werde ich wohl mal die Wiederholung aufnehmen. Danke für den Hinweis
Viele Grüße
g-j
Wed Jan 12 20:16:38 CET 2011 | slv rider
Jep. Das war die Sendung. War echt interessant.
Deine Antwort auf "Lost Places - Point Alpha, Fulda Gap oder hier wäre es im kalten Krieg heiß geworden"