Thu Dec 19 09:52:02 CET 2013
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Andi2011
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Kommentare (10)
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Sicht der Dinge
[bild=1]Im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit ist für mich die Adventszeit oft mit sehr vielen Terminen gefüllt, ich muss zu vielen Weihnachtsfeiern, viele Hände schütteln, Mitarbeitern aus vielen Bereichen für ihre Arbeit danken, was ich auch als Anerkennung für diese Mitarbeiter sehe und mir da auch nicht künstlich Mühe geben muss, ich mach das eigentlich gern! Dazu gehören meist die obligatorischen Weihnachtsplätzchen, Weihnachtsessen und Lieder in dieser Zeit zu meinem beruflichen Alltag und das alles wird mit den Jahren natürlich auch ein Stück Routine...bei all dieser Routine gibt es manchmal Überraschungen und von einer dieser Überraschungen, die mich berührte, möchte ich heute erzählen. Auf dieser Weihnachtsfeier am 18.12.2013 in einer Einrichtung für schwerst pflegebedürftige Menschen, war eigentlich alles wie immer, es gab Kaffee, Plätzchen, Kuchen, ein kleines Weihnachtsprogramm wurde vorgetragen, viele lächelnde und glückliche Gesichter, ich war mit jeder Menge Smalltalk beschäftigt und ich gebe zu, es langweilte mich ein wenig. Ich war müde nach einem langen Arbeitstag und meine Gedanken waren schon zu Hause bei meiner Familie, ich dachte grad darüber nach, ob ich wohl meine Schuldigkeit hier gut erledigt hätte und vielleicht aufbrechen könnte, als plötzlich jemand aufstand und sagte, er wolle seine persönliche Weihnachtsgeschichte erzählen:
Es war der 23.12.1973, ich war beruflich seit vier Jahren selbständig, die Geschäfte liefen langsam gut und so beschlossen meine Frau Erika, die ich immer Eri nenne und unsere Kinder Andreas (3 Jahre) und unsere Tochter Sonja (5 Jahre), dass wir uns mal etwas gönnen, den ersten kleinen Urlaub seit etwa 5 Jahren! Wir fuhren mit unserem vollgepackten Auto nach Kitzbühel. Dort hatten wir ein verträumtes Ferienhaus gemietet, in dem wir als kleine Familie die Weihnachtstage miteinander verbringen wollten. Die Umgehungsstraße kannte ich von einer früheren Fahrt und wusste, sie ist recht kurvig und im Winter nicht ganz ungefährlich, aber wir wollten dem Stau entkommen. Wir fuhren eine Weile und es wurde dunkel, der Schneefall wurde stärker und es wurde immer stiller um uns herum. Der Schnee glitzerte im Scheinwerferlicht, dazu die wunderbare Landschafft, es war unglaublich schön! Als die Straße steiler wurde, beschloss ich unter einem etwas windgeschützten Felsvorsprung anzuhalten um die Schneeketten zu montieren. Als ich das geschafft hatte und grade wieder ins Auto stieg, hörten wir auf einmal ein lautes Grollen. Auch der Wagen war teilweise mit Schnee bedeckt, an ein vor oder zurück war nicht zu denken und zu allem Überfluss, sprang der Wagen auch nicht mehr an. [bild=2] Ich wollte nicht aufgeben, ich bin niemand der einfach aufgibt, ich durchwühlte unsere Koffer nach warmer Kleidung und Eri zog den Kindern alles an was sie fand. Ich erinnerte mich an meine Taschenlampe die ich immer im Kofferraum hatte, schnappte sie mir und auch wenn ich wusste, dass ich die Batterien lange nicht mehr gewechselt hatte, stellte ich mich an den Berghang und begann wie wild mit erhobenem Arm Lichtsignale und das S.O.S. in Richtung Tal zu blinken, ich wollte nicht einfach so aufgeben, 5 Minuten, 10 Minuten lang, dann waren die Batterien ganz leer… Eri sagte leise zu mir: „Wenn wir jetzt hier sterben müssen, sind wir wenigstens zusammen" und begann mit den Kindern zu beten. Nach etwa zwei Stunden in der Kälte die wir dicht aneinander gekauert im Auto saßen hörte ich auf einmal ein lauter werdendes Brummen. Ich stieg aus, es wurde lauter und lauter, ich rief, aber niemand antwortete. Nach etwa einer weiteren halben Stunde wich die Schneewand hinter unserem Auto langsam zur Seite, eine Art Schneeraupe und viele Männer mit Schüppen wurden immer sichtbarer. Hans hieß der Leiter dieser Retter die uns freischaufelten und das erste was er mich fragte war: Eine weitere Stunde später trafen wir an unserer gemieteten Hütte ein und Frau Bracht, die Vermieterin hatte für uns einen wunderbaren Tannenbaum aufgestellt und ein Kaminfeuer entzündet, sie wusste nicht warum wir so spät kamen und war trotzdem dort geblieben um auf uns zu warten, eine sehr liebe Frau. Am nächsten Tag kam Frau Bracht vorbei um nach uns zu sehen. Mittlerweile hatte sie von der Geschichte gehört und berichtete uns, dass ein Bauer im Tal aus dem Augenwinkel ein Blitzen vom Berg sah, als er nachsehen wollte ob die Lawine einen seiner Weideställe beschädigt habe, als er näher hinsah, erkannte er so was wie Blinksignale und dachte, er informiere sicherheitshalber mal die Bergrettung… Meine Taschenlampe mit den fast leeren Batterien war in diesen wenigen Minuten die sie noch funktionierte wohl unsere Rettung. Es ist bis heute in meiner Erinnerung das schönste Weihnachten, das wir je zusammen hatten! Und heute, ich bin nun 71 Jahre alt, ist bald wieder Weihnachten. Mein Sohn Andreas ist längst ein erwachsener und toller Mann geworden und unsere Tochter Sonja hat eine eigene Familie und uns drei wunderbare Enkelkinder geschenkt und Eri…. Dann setzte er sich, streichelte seiner Eri in ihrem Liegerollstuhl liebevoll übers Gesicht, küsste sie auf die Stirn und es war totenstill im Saal. Diese Geschichte, an einem Tag an dem ich „die Routine“ abspielen wollte und mit dem Kopf schon woanders war hat mich beeindruckt und mir an diesem Tag ein Stück weit zurückgegeben, was doch in diesen oft vollgepackten Tagen das Wichtigste sein sollte. Vielleicht geht es euch genauso, manchmal muss man einfach innehalten und dankbar sein, für das was man hatte oder noch hat und seine Kraft daraus ziehen, deshalb habe ich diesen Blog geschrieben! Ich wünsche euch allen schöne Weihnachtstage und sage danke für`s lesen! [bild=3] |
Thu Dec 19 10:13:07 CET 2013 |
Spiralschlauch27979
Exakt - genau das übersieht man leider sehr oft
Thu Dec 19 10:28:40 CET 2013 |
nick_rs
Wirklich rührend. Tolle geschichte. Vielen Dank, dass du diese Geschichte mit uns teilst.
Thu Dec 19 10:30:16 CET 2013 |
Rostlöser134631
Hallo,
ich habe richtig Gänsehaut bekommen beim Lesen. Eine schöne und berührende Geschichte. DAS ist Weihnachten, und nicht die ach so tollen Geschenke...
Mfg
Andi
Thu Dec 19 10:48:16 CET 2013 |
PIPD black
Scheiße Mann....ich sitze hier in einem Riesenberg an Arbeit und weiß nicht Aus noch Ein und du treibst mir die Tränen in die Augen.😰
Danke Mann
🙂
Thu Dec 19 12:24:39 CET 2013 |
italeri1947
Danke dafür; mehr kann ich dazu nicht sagen. Ich habe dir, lieber Andi, soeben eine Nachricht zukommen lassen, in der ich mehr darüber von mir gab, was mich eben begleitet. Danke für diese Geschichte. Mir geht es wie meinem Vorredner.
Thu Dec 19 12:38:28 CET 2013 |
Dynamix
Vielen Dank für diese wirklich tolle Geschichte. Da wird man schonmal nachdenklich.........
Thu Dec 19 12:47:58 CET 2013 |
mat619
Kann mich meinen Vorrednern nur anschließen, Danke für diese sehr ergreifende Geschichte!
Zum Glück gibt es heutzutage kleine LED-Lampen mit integrierten Li-Ionen Akkus inkl. Ladelogik, die permanent am 12 V Bordnetzanschluss hängen können. Stört nicht, da kaum größer als der originale Abdeckstöpsel der Buchse, und ist immer voll, wenn man sie benötigt. Kann ich jedem nur empfehlen, sich so eine zu holen! Geschichten wie diese erinnern einen wieder dran, wie elementar überlebenswichtig so etwas banales wie eine Lampe im Auto mal sein kann...
Thu Dec 19 12:50:50 CET 2013 |
italeri1947
Ich möchte auf passende Musik dazu hinweisen. Es ist nicht jedermanns Geschmack, aber soeben erfüllen mich ergreifende Weihnachtslieder. Diese CD ist hier erhältlich; ich glaube nicht, dass es sie im Laden noch gibt. Ich kaufte sie mir vor vielleicht 20 Jahren. Auch wenn es volkstümlich ist und das nicht jedem so viel gibt wie mir, empfehle ich es euch. Das Lied von P. Lindner ist besonders schön.
Thu Dec 19 13:50:42 CET 2013 |
Dortmunder 65
Puh, ich musste gerade mehrmals schlucken. Ansonsten ist hier alles gesagt worden, da begeht man das Fest gleich anders.
Fri Dec 20 07:57:04 CET 2013 |
Christoph2605
Danke Andi
Frohe Weihnachten Euch Allen
LG Christoph
Deine Antwort auf "SICHT DER DINGE: Eine Weihnachtsgeschichte..."