Sun Apr 26 12:40:34 CEST 2009
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fire-fighter
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Kommentare (4)
Es war der 29.05.2003. Vatertag. Wir waren tagsüber mit dem Rad unterwegs gewesen. Das Wetter war sonnig, das Bier schmeckte wunderbar kühl und der mitgenommene Billig-Grill reichte völlig aus. Inzwischen war es Abend geworden. Einige verlegten die "Feierlichkeiten" nach Hause, andere waren irgendwo eingeladen. Ich auch. Wir feierten in dem Aufenthaltsraum der Wache. (War privat und ist für die Geschichte eigentlich auch nebensächlich) Schlagartig waren wir nüchtern. Über Funk die erste Rückfrage, danach wussten wir mehr. Mehrere Anrufer meldeten hellen Feuerschein im Industriegebiet, Nachbarn meldeten eine Lagerhalle, angrenzend an einen Verkaufs-/Wohnbereich. Ob wer in der Wohnung war, war unbekannt. Schnell besetzten wir die ersten Fahrzeuge und warteten auf einen Fahrer. Uns war klar, dass wir Alkohol getrunken hatten, aber das galt wahrscheinlich für 90% aller Feuerwehrmänner in der Stadt! Auf der Anfahrt sahen wir den Nachthimmel glutrot leuchten. "11-10 Einsatzstelle! Lagerhalle im hinteren Bereich im Vollbrand! Alarmieren Sie folgende Wehren: ..." Uns war klar, dass wir das nicht alleine wuppen konnten. In kurzer Folge wurden die benachbarten Ortswehren und die Kernstadtfeuerwehr alarmiert. Hauptaugenmerk lag im ersten Moment in der Vermeidung der Brandausweitung. Die Nachbarhalle war nur wenige Meter entfernt. Am Ende des Grundstücks brannte das Gebüsch und auch dort drohte eine unkontrollierte Ausweitung. Der vordere Teil des Gebäudes - Verkaufsraum, Büro und Wohnbereich - war noch intakt, aber auch unmittelbar bedroht. Der erste Trupp machte sich zur Kontrolle des Wohnbereichs klar. Wir kümmerten uns um die linke Seite der Halle. Immer wieder zündeten die Rauchgase durch und die Flammen rollten formlich unter der Decke aus der Halle. Wir werden abgelöst. Unsere Aufgabe übernimmt jetzt ein Wasserwerfer. Das ist ungefährlicher, da keiner weiß wie stabil die Seitenwände noch sind. "Kannst Du noch mal tragen? Wir brauchen einen Trupp auf dem Dach!" OK, also zweite Runde. Sind noch nicht genug Kräfte vor Ort. Reserveflasche vom Fahrzeug und Gerät fertiggemacht. Die Steckleiter steht bereits an der Hauswand. Zu zweit steigen wir auf das Dach. Der vordere Bereich ist noch Stabil. Teerpappe. Weiter hinten neigt sich die Dachfläche nach unten und verschwindet im Qualm. Per Leine ziehen wir uns einen Schlauch aufs Dach. Dann noch die Axt. Wir tasten uns vorsichtig vor. Die Teerpappe ist warm und klebrig. Irgendwo müsste hier eigentlich die Brandschutzmauer die Dachflächen trennen... Wir bleiben stehen und checken das Dach. "OK, aufmachen!" Mit der Axt versuchen wir ein Loch in die Teerpappe zu schlagen. Die Holzkonstruktion darunter federt nach. Durch die Strahlungswärme ist die Teerpappe klebrig weich. Geschafft. Jetzt die Holzlage darunter. Qualm dringt uns entgegen. Nicht gut. "Einsatzleitung von Angriffstrupp Berenbostel zwo! Sind auf dem Dach, Feuer droht das Dach zu unterlaufen. Wir brauchen Unterstützung um das Dach zu öffnen! - Kommen!" Die Multicut ist ein geniales Ding. Nach dem ICE-Unglück in Eschede machten sich die Hersteller Gedanken. Immer wieder steht die Feuerwehr vor Problemen, wenn ein Materialmix verbaut wird. Holz, kein Problem für Kettensägen. Metall? Trennschleifer. Aber Alu-Stahl-Mix mit geklebten Scheiben wie im ICE? Die waren schon immer ein Problem. GEnau so wie Teerpappe-Holz Kombinationen. Eine Kettensäge kanns Du da ruch zuck vergessen. Die Teerpappe klebt alles zu. Also mit der Axt aufschlitzen und dann mit der Säge den Rest.. Bisher jedenfalls. Die Multicut ist eine speziell entwickelte Kettensäge. Die schneidet alles. Rolltore, Teerpappe, Nägel im Holz, Bahnwaggons - Alles kein Problem. Kurze Zeit später ist die VErstärkung auf dem Dach. Wir entschließen uns einen 20cm breiten Spalt quer über die Dachhaut zu ziehen. Quasi als Brandschutzschneise und Angriffsöffnung. Danach sägen wir weiter vorn einige Kontrollöffnungen. Bei der zweiten ein Volltreffer, verkohltes Holz kommt zum Vorschein. Rückzug aller Trupps bis hinter den "Graben". Zu gefährlich. Unter uns reißen zwei weitere Trupps im Innenangriff im Bürobereich die Decke von unten auf. Dann muß ich runter vom Dach. Mein Gerät fangt an zu pfeifen. Bei 50bar Restdruck in der Atemluftflasche ertönt ein Signal. Normalerweise sollte man schon eher an den Rückweg denken, aber der Weg vom Dach ist recht kurz. Ausreichend Zeit also. Unten angekommen schaue ich mich erst mal um. Zeit zum durchatmen. Langsam bekommen wir die Lage in den Griff. Wer ist denn alles da? Whow, das dürfte fast die gesammte Stadtfeuerwehr sein. "Gerät kannst du am Gerätewagen Atemschutz tauschen!" Danke. "Wo steht der?" Ich melde mich wieder einsatzbereit. Im Außenangriff geht es weiter. Wasser, Wasser, Wasser. Über mehrere Rohre von allen Seiten in den Lagerbereich rein. Kaputtmachen kann man nichts mehr. Ab jetzt ist das eine reine Materialschlacht. Die Zeit verrint, ohne dass man es bemerkt. FLammen sind keine mehr zu sehen. Ab und zu mal ein aufflackern irgendwo hinter verbogenen Trümmern im Inneren, die wohl mal ein Hochregal waren. Sonst nur viel Wasserdampf, der durch die heißen Oberflächen entsteht. Jetzt heißt es nur noch runterkühlen, damit sich der Kram nicht wieder entzündert, und wir in ein paar Stunden wieder hier stehen... |
Sun Apr 26 13:36:17 CEST 2009 |
Hummerman
Mit Alkohol im Blut am Einsatz teilnehmen, sollte man eigentlich nie machen. Aber ich glaube an dem Tag wärs nicht anders möglich gewesen.
Aber ich gehöre vorbildlich zu den wenigen Prozent die nie Alkohol trinken.
Sun Apr 26 13:51:03 CEST 2009 |
fire-fighter
Auch ich bin nicht frei von Fehlern. Und glaub mir, ich hab daraus gelernt! Gerade an solchen Tagen sind viele angeheitert. Das System der freiwilligkeit stösst manchmal an Grenzen... Hier ist letztendlich jeder einzelne gefragt.
Die "Serie" von spektakulären Einsätzen am Vatertag ging die folgenden Jahre weiter. Interessanterweise aber ohne Alkoholprobleme... 🙂
Sun Apr 26 14:16:39 CEST 2009 |
Hannes1971
Zweites Bier auf = Melder aus. Ich gebe allerdings zu, bis zu dieser Erkenntnis auch ein paar Jahre gebraucht zu haben...
Sun Apr 26 16:50:28 CEST 2009 |
Spiralschlauch32433
über wie willst du das in ner kleinen Ortswehr machen?
ich geh mal von uns aus:
1. haben nur die Führungkräfte Melder (ja das gibts auch noch)
2. wenn du insgesamt 20 Aktive hast (davon 5 AGT) und vllt. nochmal so viele Machinisten
3. kein Wasser auf dem Fahrzeug (auf Grund fehlenden Geldes und Nichtbeachtung des Bedarfsplans durch den Gemeinderat)
und zu Guter letzt nur die Nachbarwehr mit einem TLF in Reichweite, alles andere dauert mind. 20-30min bis die da sind ...
ich denke auch oft drüber nach was da alles passieren könnte ...
hatten schon solche Situationen wo früh halb 8 der Uhu schreit und neben dir einer aus der Nachtschicht steht, grad ins Bett mit Schlaftablette und Schlummertrunk ...
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