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TDIBIKER

Europa und Nordafrika auf zwei Rädern.

Mon Sep 04 17:23:47 CEST 2017    |    TDIBIKER    |    Kommentare (46)    |   Stichworte: 1100 Bulldog, BT, Yamaha

Die Bulldog in schwarz/rotDie Bulldog in schwarz/rotSo begann es...aus der Presse, anno 2001: "Der neue 1100er-Big Twin 1100 mit Namen Bulldog ist eine europäische Züchtung. Entworfen wurde die Maschine im italienischen Yamaha-Werk nahe Mailand, und da rollt sie auch vom Band.

Oliver Grill, Produktplaner der Yamaha Europazentrale in Amsterdam, sieht seinen Traum endlich verwirklicht: "Ich konnte mich nie von meiner TR 1 Baujahr 1982 trennen. Damals galt die Maschine als echtes Multitalent, und ich habe den Punch, das satte Drehmoment und den tollen Sound immer gemocht. Die Bulldog übertrifft die TR 1 selbstverständlich in allen Belangen und kommt meinem entspannten Fahrstil sehr entgegen. Der überarbeitete V-Twin aus der XV 1100 Drag Star stellt den idealen Antrieb dar, um auf der Drehmomentkurve zu surfen, denn er liefert beeindruckend viel Dampf und Durchzug. Die Maschine deckt ein breites Einsatzspektrum ab und eignet sich für den sportlichen Ritt über kurvige Landstraßen ebenso wie für die ausgedehnte Tour. Im Gegensatz zu anderen Allroundern kommt auf der Bulldog niemals Langeweile auf, und selbst Pärchen werden den Beifahrerkomfort zu schätzen wissen......."

 

WINTER 2005/6

 

"Die "Turbine", XJ 900 4 BB, hatte mich viele Tausend Km durch die verschiedensten Länder Europas getragen. Vor der Jahrtausendwende gab es noch keine automatischen Blitzer, und abseits der Metropolen kaum Kontrollen. Da konnte man mit sehr hohen Geschwindigkeiten cruisen, und dafür war die XJ 900 das perfekte Gerät. Bei 90 KM/h, in der Welt der totalen Überwachung, machte sie keinen Spass. Einschläfernd fast, ihr Summen bei niedriger Drehzahl, ruhig gleitend, "Gas auf" in den Kehren ging zwar, aber da wurde aus dem Summen nur gaaanz laaangsam ein Crescendo, ausser wenn es gleich zwei Gänge runter ging. Bei legalen Geschwindigkeiten war sie, nun , langweilig.

 

Ich begann also zu träumen...von einem bollernden, urigen Zweizylinder, der brüllt wie ein Stier, antritt wie ein Bulle, der eine Dogge an den Fersen hat. Hahn auf, und da schüttelt es, rüttelt es, und ab geht die Post. Ordentlich Bodenfreiheit, vernünftige Bremsen und Kardan wäre auch nicht schlecht...das beste aus 4 Welten eben: Japanische Zuverlässigkeit, amerikanisches Grollen, deutsche Bequemlichkeit, italienisches Design...aber das gibt es ja nirgends, oder?

 

Und dann musste ich mal zu Yamaha, neue Reibscheiben für die XJ kaufen, und da stand sie:

 

Die BT 1100 Bulldog

Ein Blick in den Katalog:

Fetter Zweizylinder, 1063 ccm,

nur 65 PS ABER bei nur ca. 6000 U/min

nur 8,8 M/Kg bei 4500 U/min, ABER ab praktisch 2000 U/min vorhanden: Die Zahlen hauen einen nicht um, aber das Feeling ist gut: Ein Traktor, ein Trecker, wie der von Lanz! :D

Luftgekühlt (noch nicht mal ein Ölkühler), Zweiventiler, und von zwei 37 mm Vergasern gespeist -

oldschool wie man es liebt. Und genauso muss das auch sein, wenn man diesen Poum-Poum-Charakter will. Ein Einlass-, ein Ausslassventil pro Zylinder, die Gaskanäle nicht zu gross, der Ventildurchmesser auch nicht, und dadurch eine hohe Frischgasgeschwindigkeit. Wenig Spitzenleistung, aber kaum abzuwürgen, und selbst bei niedrigen Drehzahlen kriegt man den Hi-Reifen zum durchdrehen...der Kraftschluss vom Motor zur Strasse ist sehr direkt.

Genau das richtige für einen Dieselbiker.

 

Dazu perfekter Kardan ohne Lastwechsel, Bremsen der R1, eine entspannte Sitzhaltung, einstellbare Gabel, Zentralfederbein, fast 170 mm Bodenfreiheit, mit dem 20 Liter Tank 300 Km Reichweite, nur 233 KG trocken...que demande le peuple?

Die bessere Sportster, dazu noch günstig: Neupreis lag bei 8900 Euronen.

Da war ich verloren, ich musste sie besitzen...

...und hatte von Anfang an richtig Spass. Bei 80 im grossen Gang flanieren und dann den Hahn aufreissen? BRRRTTT ist sie auf 120. Auf einer kleinen Tour habe ich mit Hervé (RIP) getauscht:

Er fuhr damals eine (selbst umgebaute) 1200er Buell. OK, die Buell war lauter, brutaler, härter, richtiges Männermotorrad, aber ich war froh, als ich meine Bulldog wieder hatte. Sie war einfach viel bequemer, man konnte die Kupplung ohne Krafttraining ziehen, und im Endeffekt das bessere Motorrad - ausser auf dem Bikertreff : Da riss' die Buell eher die Schau, alle Mädchenaugen hingen an ihr, als sie erdbebengleich eingeflogen kam. Die arme Bulldog wurde eher geringschätzig taxiert. Das lag nicht zuletzt an den Journalisten der damaligen Zeit. "Bellt, aber beisst nicht" war noch nett.

Trotzdem hatten die Buell und die Bulldog eine ähnliche Philosophie: Choppermotor in einem schnellen Fahrwerk. Das ging soweit, dass Halbkundige die BT "Buelldog" genannt haben :D:D

Nur dass die Buell sportlicher war, die Dogge alltagstauglicher.

Hier mal ein noch recht neutraler Auszug aus Motorradonline:

 

"Reichlich Schwungmasse verleiht dem luftgekühlten V2 nicht nur einen sympathisch-altmodischen Charme ähnlich dem der Guzzi-Motoren, sondern auch tadellosen Rundlauf und Leistungsbereitschaft schon bei niedrigen Drehzahlen. Ab 1200 Umdrehungen drückt er kräftig vorwärts, wenig darüber wandelt sich der Auspuffton in ein leicht rauchig klingendes Geprassel. Der Fahrer lauscht erfreut, dreht zunächst bis höchstens 2500/min und legt in rascher Folge Gänge nach. Obendrein genießt er eine ideale Mischung aus Kernigkeit und Laufkultur. So könnte es bis zum Ende des Drehzahlbandes weitergehen.

Tut es aber nicht. Bei 3000/min wird´s rumpelig im Kurbelgehäuse, das Drehmoment bricht ein, und bis 4000 Umdrehungen kurbelt der Motor mit wenig Motivation. Darüber legt er sein depressives Geschüttel zwar wieder ab, aber da kommt dann auch nicht mehr viel an Drehmoment.

Es liegt also sicher nicht am Biss des Zweizylinders, dass die Bulldog so heißt wie sie heißt. Mehr Leistung als gemessene 61 PS bei 5700 Umdrehungen und höhere Drehzahlen als 6200/min wollten und konnten die Ingenieure der italienischen Yamaha-Tochter Belgarda, die sie entwickelt haben, dem V2 nicht entlocken. Im letzten Gang ist damit bei 174 km/h Schluß."

 

Soweit die Presse, zurück in meine Welt. Nach den ersten 5000 Km lief der Motor befreiter, leichter, er braucht etwas Zeit, er muss lange und sorgsam eingefahren werden. Dann aber ist das "depressive Geschüttel" :rolleyes: Geschichte. Hatte es eigentlich nie wirklich bemerkt - die Depressionen waren eher für den einen oder anderen "Sportler", der nach Lektüre der einschlägigen Fachpresse die Bulldog mal eben ablaschen wollte. Für den Fahrer produziert der bullige Doggenmotor nur "good Vibrations" und vor allen Dingen eine breite Banane :D

Meine Bulldog rannte erst bei Tacho 185 vehement und drehfreudig in den Begrenzer.

Natürlich ist sie für so etwas nicht gemacht: Ideal ist sie zwischen 70 und 120 Km/h, also im Landstrassen-Nutzbereich.

 

Aber nicht nur der Motor will sorgsam eingefahren sein, auch der Fahrer muss sich zunächst etwas eingewöhnen. Mein alter Kumpel Chri sagte mir "das ist ja ein schönes Mopped, aber auf der XJ warst Du DEUTLICH schneller..." Mag sein, die XJ hat immerhin 30 PS mehr, die wurden damals noch brutal ausgequetscht. Der Sprung von einem 120/90/18 hinten auf einen 170/60/17 ist auch eine Hausnummer. Es braucht Zeit, sich an das etwas eigenwillige Fahrverhalten anzupassen. Das war im ersten Jahr.

 

Danach habe ich sie etwas modifiziert. Quadlenker, IXIL Tüten....Später habe ich mal mit einem anderen Kumpel getauscht. Der sagte nach 30 KM: " Ich versteh' nicht, wie Du mit dem Kackstuhl soo schnell sein kannst". Tja. 30 Km sind nicht genug, damit die Bulldog dem Herrchen gehorcht.

Besonders wenn man eine Reisenduro gewöhnt ist....

Stärken der Dogge im Geschlängel sind: Gute Bremse, gute Motorbremse, viiiel Bodenfreiheit (aber man muss sich trauen), und Leistung, die einen zwar nicht umhaut, aber immer gleichmässig und beständig da ist, mal Verschalten ist kein grosses Problem. Im zweiten Jahr war die Bulldog allgemein akzeptiert als vollwertiges Heizergerät...allerdings nur bis 120 (reicht ja, in der Regel). Auf den Hochgebirgspässen, wo wir uns gern austoben, war die Bulldog immer ganz vorn mit dabei, und brauchte auch Maschinen, die auf dem Papier die doppelte PS-Zahl haben, nicht fürchten. Ein weiterer Vorteil ist ihr guter neutraler Geradeauslauf, freihändig Kurvenfahren geht mit ihr, wo der Lenker der XJ nach wenigen Sekunden von rechts nach links in den Anschlag haut.

 

Sie hat sich als sehr solide erwiesen. In 11 gemeinsamen Jahren, nie liegengeblieben, einmal von einem Auto umgeputzt, einmal von einem Wildschwein, einmal in Tschechien kopfunter im Graben gelandet, bei 80 Km/h... einen Druck aufs Knöpfchen und nach etwas Klackern im Anlasser erwacht sie immer zum Leben. Meine Frau fuhr immer gern hintendrauf mit, lieber als auf der R 1100 RT, zum Vergleich. Auf ihrer letzten Tour, durch die Provence, musste die Bulldog in sintflutartigen Regen durch einen Sturzbach. Das Wasser ging mir bis zu den Knien. Trotz ihres Öllecks zog sie unbeeindruckt dadurch.

Habe ihren Kauf nie bereut. Doch "all good things come to an end", und ich lasse sie nun ziehen - einem neuen Anfang entgegen.

Ich tausche die Bulldog jetzt mit blutendem Herzen gegen eine neue Z 900. Man soll sein Herz nicht an Dinge hängen. Die Bulldog ist etwas für Philosophen. Für Stoiker. Bonne Route, auch weiterhin...

Noch mit Original-LenkerNoch mit Original-LenkerV-TwinV-TwinZ6 ziemlich FratzeZ6 ziemlich FratzeAuch ohne Träger geht ordentlich was drauf...Auch ohne Träger geht ordentlich was drauf...On TourOn Tourin Spanienin Spanienmit leichtem Gepäckmit leichtem GepäckFarewell, ma belle....Farewell, ma belle....

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Fri Sep 29 22:45:34 CEST 2017    |    WorldEater666

Und genau deswegen hab ich meine olle GS nicht verkauft... Sind halt auch 11 Jahre/130tkm zusammen unterwegs gewesen. ;)

Sat Sep 30 13:33:55 CEST 2017    |    TDIBIKER

Das wäre dann mein Sechstmotorrad...OK, von denen, die betriebsbereit sind, mein Viertmotorrad.

Ein bisschen zu viel. Natürlich, Moppeds sind wie Frauen: Man möchte ALLE haben....ist aber eher lästig und macht einen nicht glücklicher. Wohl dem, der nur eine hat...

Sat Sep 30 13:54:14 CEST 2017    |    WorldEater666

Naja... Wenn die Frauen sich untereinander so gut verstehen, wie die Moppeds in der Garage... :D

Sun Oct 01 15:53:50 CEST 2017    |    TDIBIKER

Manchmal habe ich den Eindruck, die gucken mich vorwurfsvoll an. Zur Zeit fühlt sich die Honda ein bisschen zurückgesetzt...hoffentlich macht die keine Zicken, weil ich z.Zt. nur Augen für die Grüne habe...:D:D

Mon Oct 02 06:48:32 CEST 2017    |    WorldEater666

Jo, bei Moppeds geht's leider nicht mit allen gleichzeitig, egal wie man sich auch bemüht. ;)

Sat Jan 20 13:46:09 CET 2018    |    Trackback

Kommentiert auf: Biker-Treff:

 

Suche nach schönem naked Bike

 

[...] https://www.motor-talk.de/.../...quiem-for-a-heavyweight-t6132955.html

[...]

 

Artikel lesen ...

Fri Feb 02 08:26:34 CET 2018    |    Trackback

Kommentiert auf: Biker-Treff:

 

Chopper für nen alten Mann

 

[...] so mancher Rooky neidisch.

Und ja, ein Mittelklassebike mit 800-1000ccm ist vermutlich das richtige.

https://www.motor-talk.de/.../...quiem-for-a-heavyweight-t6132955.html

[...]

 

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