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Thu Jun 18 11:59:32 CEST 2009    |    taue2512    |    Kommentare (7)    |   Stichworte: Berlin, Diplomatenkennzeichen, Statistik, Unfall

Heute liebe Leser schauen wir mal in unsere Bundeshauptstadt - nach Berlin: Mir sind neulich Zahlen untergekommen, die einen normalen Autofahrer wie Du und ich schon ein wenig sauer aufstossen lassen.

 

Es geht um die jüngst veröffentlichten Unfallstatistiken von Fahrzeugen mit Diplomatenkennzeichen in Berlin.

 

Ein Tschechischer Diplomat - im PassatEin Tschechischer Diplomat - im Passat

 

Allein in Berlin gibt es laut Kraftfahrt-Bundesamt rund 2.880 solcher Fahrzeuge. Zu erkennen sind diese entweder an den komischen andersfarbigen oder anders strukturierten Kennzeichen, oder einfach einem ovalen "CD"-Aufkleber. Jedenfalls, so könnte man meinen benehmen sich offenbar eben genau diese Herren Diplomaten als "Aushängeschild Ihrer Nationen" auf unseren Strassen alles andere als gesittet.

 

Es gab in Berlin in 2008 laut Polizeiangaben insgesamt 55 Verkehrsunfälle, an denen Fahrzeuge mit Diplomatenkennzeichen beteiligt gewesen sind.  In Anbetracht der 2.880 Fahrzeuge an sich nichts aussergewöhnliches, aber sehr erschreckend die folgende Zahl: Ganze 27 Mal sind die an den Unfällen beteiligten Fahrer - ganz diplomatisch - geflüchtet, das ist eine Quote von fast 50%!

 

Die Günde für ein solches Verhalten können vielfältig sein: Eine dringende Sitzung mit der Sekretärin im "Oral Office", ein Sektempfang am Abend zu viel, eine Bordsteinschwalbe in Fond - wer weiss? Nur weil man Immunität geniesst, heisst das noch lange nicht das man für einen verursachten Schaden nicht geradestehen muss.

 

A propos Immunität: Allein in Berlin verursachten allein im Jahre 2008 diese oben bereits erwähnten 2.880 Fahrzeuge sage und schreibe über 8.400 Verkehrsordnungswidrigkeiten. Die Gesamtsumme dieser Ordnungswidrigkeiten, die wegen der diplomatischen Immunität nicht von der Stadt Berlin eingetrieben werden kann: 160.000 EUR! Diese Summe muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Aber Berlin hat's ja anscheinend! Gut, das ergibt im Durchschnitt pro Strafzettel nicht mal 20 EUR, aber trotzdem!

 

Normalerweise ist es doch so: In den seltensten Fällen fahren die Herren Diplomaten selbst, was also spricht dagegen bei einem Blitzerfoto die Köpfe der beteiligten Personen unkenntlich zu machen? Das wird doch auch schon so bei Privatleuten gehandhabt, jedenfalls wenn bei einem Frontfoto ein Beifahrer auf dem Foto zu sehen ist. Ferner sind m.E. die meisten Luxuskarossen geleast oder zumindest direkt auf die Botschaft oder Institution eingetragen. Warum sollte man denn nicht Tickets wegen Falschparkens auch dorthin schicken dürfen?

 

Ich bin ganz klar für eine Änderung der deutschen StVO, wenn schon nicht der Fahrer belangt werden kann, so sollten die Punkte an die Botschaften der Länder verteilt werden. So ein wenig wie beim Eurovision-Song-Contest, am Jahresende wird dann live bei RTL abgerechnet und Staaten mit hohem Punktekonto bekommen dann Fuhrparkquoten für die Anzahl der Diplomatenfahrzeuge auferlegt. Botschaften mit vielen Punkten können dann live im TV Fahrer benennen, die dann an Fahrsicherheitskursen teilnehmen und die dann beim Punkte-Abbau gegeneinander antreten. Das ist doch TV-Unterhaltung pur! 

 

Wegen der verteilten Fuhrparkquoten kann man dann demnächst auf den Strassen Berlins völlig überfüllte dicke S-Klassen mit Arabern und Italienern sehen. Nebenbei ein positiver Effekt für die Umwelt - das wäre doch was!

 

Aber auch Franzosen haben das Recht sich deswegen aufzuregen: Bei meinem letzten Flug von Paris-CDG aus parkten 3 Luxus-Autos hemmungslos die Zufahrtsstrassen vor dem Terminal 2 zu, ein Diplomaten-Auto vorne und eines hinten jeweils mit grün-gelben Nummernschildern und dem "CD"-Aufkleber. Die bei Europcar gemietete S-Klasse mit Hamburger Kennzeichen stand in der Mitte des Korsos - so abgebrüht geht's natürlich auch!


Thu Jun 18 12:52:13 CEST 2009    |    FlashbackFM

Ich find diese gesamte Immunität falsch. Das begrenzt sich ja nicht nur auf den Verkehr, Diplomaten können sich generell fast alles erlauben, ohne dafür Strafe fürchten zu müssen.

Thu Jun 18 12:59:18 CEST 2009    |    Fensterheber134931

Ja das stimmt nehmen sich schon einiges da raus diese Diplomaten.

 

Ich hatte nur mal so ein Erlebnis bei uns in der Nähe war mal ein japanischer Botschafter oder sowas, für den hatten die mal eben die ganze Autobahn gesperrt für den und sein Gefolge. Da war ich dann auch leicht angepisst.

 

Wo kann man sich den bewerben um Diplomat zu werden oder gibt es die CD Aufkleber so zu kaufen ;)

 

 

MfG Ray

Thu Jun 18 15:09:01 CEST 2009    |    h2-fanatiker

Klebt dir so ein "Compact Disk" Aufkleber auf's Heck und ab geht die Party.....

 

Kann mir jemand den ursprünglichen Sinn dieser Immunität erklären?

Thu Jun 18 15:34:21 CEST 2009    |    taue2512

Die diplomatische Immunität ist Bestandteil Wiener Konventionen für diplomatische Beziehungen von 1961. Und soll die entsandten Diplomaten vor gerichtlicher Verfolgung und Benachteiligung im Staat ihrer Entsendung schützen.

 

Artikel 31:

 

1. A diplomatic agent shall enjoy immunity from the criminal jurisdiction of the receiving State. He shall also enjoy immunity from its civil and administrative jurisdiction, except in the case of:

(a) A real action relating to private immovable property situated in the territory of the receiving State, unless he holds it on behalf of the sending State for the purposes of the mission;

(b) An action relating to succession in which the diplomatic agent is involved as executor, administrator, heir or legatee as a private person and not on behalf of the sending State;

(c) An action relating to any professional or commercial activity exercised by the diplomatic agent in the receiving State outside his official functions.

 

2. A diplomatic agent is not obliged to give evidence as a witness.

Thu Jun 18 16:46:16 CEST 2009    |    sportivo

Ein Freund von mir wurde vor paar Tagen von so einem CD-Wagen leicht angefahren, und der Kerl fuhr einfach weg.

Nebenbei machen meiner Meinung nach meistens die Diplomaten aus fernen Ländern Probleme, die aus der EU können sich meistens benehmen. Mein Vater war z.B. lange Jahre Diplomat in Wien, und der parkte nie falsch, usw...:rolleyes: Der kann sich aber eben elegant benehmen.

Thu Jun 18 17:00:18 CEST 2009    |    taue2512

In einer solchen Unfall-Situation muss der Diplomat zwar normalerweise seinen Namen und seine Adresse angeben und warten bis die Polizei zur Aufnahme eintrifft, zu einer Aussage ist er aber - auch bei einer späteren Befragung - nicht verpflichtet. Wenn er einfach davonfährt kann man ihn wegen seiner Immunität nicht mal wegen Fahrerflucht belangen. Festhalten darf man so einen ja schliesslich auch nicht einmal. Hauptpunkt ist hier die Frage, wie z.B. ein Blechschaden mit einem CD-Unfallgegner versicherungstechnisch abgewickelt wird.

 

Interessant was zu diesem Thema bei Anwalt24.de zu lesen ist:

 

Bei "0" Vorsicht - bei Unfällen mit Diplomatenfahrzeugen greift das Verkehrsrecht so gut wie gar nicht

 

Fassungslos sehen Sie den schwarzen Mercedes die Berliner Clayalle mit 100 km/h hinunter brausen, die Ampel wird bei rot genommen, ein paar Schüler springen gerade noch vom Zebrastreifen. Sie notieren sich das Kennzeichen – und sehen dabei die "0". Was der Normalbürger nicht glauben kann, aber in diesem Zusammenhang erfährt: Angehörige des diplomatischen Dienstes dürfen zwar nicht alles (sie unterliegen denselben Gesetzten wie Sie und ich) – aber sie können aufgrund der diplomatischen Immunität juristisch nicht zur Rechenschaft gezogen werden.

Dies führte in den letzten Jahren immer wieder – und so auch am Wochenende - zu einer ärgerlichen Bilanz. Weiterhin werden Diplomaten und ihre ebenfalls unter diesem Schutz stehenden Familienangehörigen in der Hauptstadt Berlin immer häufiger bei Verkehrsdelikten erwischt. So registrierten Polizei und Innenverwaltung 2008 rund 8400 derartige Fälle. Im Jahr 2005 waren es noch 6879 Delikte gewesen. Ärgerlich für Polizei wie andere Verkehrsteilnehmer ist, dass aufgrund der Immunität festgestellte und nachweislich begangene Straftaten nicht bestraft werden können. Nach Zeitungsberichten fahren täglich bis zu 1500 Diplomatenautos durch Berlin, die in zwei bis drei Unfälle verwickelt werden. Die häufigsten Delikte der Diplomaten sollen jedoch Falschparken und Fahren unter Alkoholeinfluss sein, berichtet die "Berliner Zeitung".

Wir hatten konkret folgenden Fall: Ein Diplomat verursachte einen Unfall mit einem Motorradfahrer. Klarer Rechts-vor-Links-Verstoß. Die Botschaft hatte auf Schreiben des Unfallopfers nie reagiert, so dass wir beauftragt wurden. Über Zulassungsstelle und den Zentralruf der Autoversicherer ließ sich wenigstens die Versicherung ermitteln. Aufgrund der international unterschiedlichen Regelungen geht es nämlich hierbei um einen Fall der Halterhaftung. Der Schaden wurde dann reguliert. Für den Verunfallten erbitternd war auch in diesem Fall, dass der Fahrer selbst nicht einmal mit einem Bußgeld belegt wurde- aufgrund seiner Immunität. Diese genießen nicht nur die Diplomaten, sondern auch Gärtner und Pförtner – soweit sie zur jeweiligen Botschaft gehören.

Ähnlich ein altes Urteil, das ich vor kurzem wieder in der Hand hatte:

Wenn ein in Deutschland ständig ansässiges ausländisches Mitglied des verwaltungs- oder technischen Personals einer konsularischen Vertretung (in diesem Fall: eines italienischen Generalkonsulats) bei der Wahrnehmung konsularischer Aufgaben (in diesem Fall: Teilnahme an einer deutsch italienischen Veranstaltung als Vertreterin des Generalkonsuls) einen Verkehrsunfall mit Verdacht der fahrlässigen Körperverletzung verursacht, so ist das Mitglied für die strafrechtliche Ahndung von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit. (LG Stuttgart, Az.: 38 NS 1114/94)

Was heißt dies für Sie:

- So traurig es ist – rechnen Sie im Verkehr bei entsprechend gekennzeichneten Fahrzeigen mit einer etwas rücksichtsloseren Fahrweise – die Fahrer wissen, dass die verschärften Geldbußen etc. bei Ihnen nicht greifen.

- Wenn Sie in einen Unfall mit einem Botschaftsangehörigen verwickelt werden, notieren Sie sich Kennzeichen, Personalien etc. Auch die Details des Unfalls, Zeugen, Fotos etc. sind hilfreich. Rufen Sie auf jeden Fall zur Beweissicherung die Polizei hinzu. Wenden Sie sich dann jedoch an einen Fachanwalt für Verkehrsrecht. Dieser setzt sich für Sie mit der gegnerischen Versicherung auseinander.

- Rechnen Sie nicht mit einer adäquaten „Bestrafung“ des Unfallgegners.

- Rechnen Sie erst recht nicht mit einer höheren Entschädigung, z.B. weil Sie mit einem Botschaftsangehörigen aus den USA verunfallt sind.

- Lassen Sie sich aber auch von diesem Artikel nicht zu einer generell negativen Grundhaltung gegenüber Botschaftsangehörigen hinreißen. Sehr zu unserem Missfallen zieren in den letzten Tagen „Hitlisten“ mit Nationalitäten nach Häufigkeit begangener Straftaten die Medien. Dies ist gar nicht hilfreich.

Thu Jun 18 17:27:55 CEST 2009    |    Reifenfüller31120

Das sich Diplomaten aus EU Ländern eher an die Gesetze halten, liegt vielleicht auch daran, dass bei denen die Immunität weg ist.

 

Bundestagabgeordnete besitzen ja auch Immunität.

Deine Antwort auf "Auto-Immunität: Diplomatische Eskapaden"

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