Sun Jan 05 12:51:57 CET 2020
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Dynamix
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Kommentare (15)
Die Tage lief im Fernsehen eine interessante Doku aus dem Jahre 1969 in der man sich mit der Zukunft der Mobilität beschäftigt hat. Dort wurden diverse Konzepte, Ideen, Prototypen oder Träumereien vorgestellt die das Autofahren besser, schneller und sauberer machen sollten. Oftmals kommt man als autoaffiner Mensch ins Schmunzeln wenn man so sieht wie sich die Menschen damals die Zukunft vorgestellt haben. Trotzdem ist es interessant mal einen Blick auf diese Ideen oder Zukunftsvisionen zu werfen und mal einem Reality Check zu unterziehen. Fangen wir mal mit dem Thema Antrieb an. Schon vor Jahrzehnten hat man sich mit alternativen Antrieben beschäftigt. Der E-Motor ist, wie viele wissen, keine neue Erfindung und noch älter als der Verbrennungsmotor. Immer wieder haben Hersteller mal an der Idee herumgeschraubt aber nie etwas praxistaugliches auf den Markt geworfen. GM hatte zwar in den 90ern mit dem EV1 ein einigermaßen praxis- und serientaugliches Modell das auch gut bei den Testkunden ankam, an dessen Serienproduktion GM allerdings keinerlei Interesse zeigte. So gut wie alle Testwagen wurden nach Ablauf der Leasingzeit verschrottet. Lediglich vereinzelte Exemplare überlebten in Museen oder in der Hand von vereinzelten solventen Sammlern. Schon vor 50 Jahren gab es vereinzelt E-Auto Prototypen an denen allerdings damals schon Kritik in Sachen Reichweite geübt wurde. Kommt einem bekannt vor, oder? 😉 Richtig süß fand ich den Vergleich mit einem damals aktuellen Golf. Während der Golf für seine satte Reichweite von 400km gefeiert wurde, war man von den 100km des besagten E-Autos nicht gerade angetan. Davon ab das 400km für einen Verbrenner heutzutage ein schlechter Scherz sind, ist es doch interessant das sich in Sachen Reichweite in der Praxis nicht viel getan hat. Der erste i3 hat ohne RE kaum mehr geschafft als das besagte E-Mobil im Film. Ein weiteres Problem damals war die schiere Größe der Batteriepakete die nötig war um überhaupt auf brauchbare Reichweiten zu kommen. Erst auf Druck von Herstellern wie Tesla tut sich was in Sachen Batterietechnik und Reichweite. [bild=1] 1985 kannst du Plutonium bestimmt in jeder Apotheke kaufen, aber 1955 kommt man da nur sehr viel schwerer dran 😁 Da man selbst im Jahr 2019 noch schwer an Plutonium rankommt hätte sich die Idee mit Sicherheit nicht durchgesetzt, vor allem wenn man aus heutiger Sicht mal die Risiken betrachtet. Was passiert bei einem Unfall mit dem Reaktor? Keiner braucht mehrfach täglich ein Mini-Hiroshima auf der Autobahn! [bild=2] Ein weiteres Motorkonzept aus den 60ern, welches sich bis heute nicht so wirklich durchgesetzt hat, war der Wankelmotor. Aufgrund seiner Andersartigkeit, war er damals der letzte Schrei und eine mögliche Alternative zum herkömmlichen Hubkolbenmotor. Als Vorteil sah man vor allem die kompakte und einfache Bauweise, sowie die niedrigen Vibrationen die Felix Wankel dazu veranlassten den guten alten Hubkolbenmotor als "Schüttelhuber" zu titulieren. Allerdings hatte das Prinzip auch seine Probleme, welche auch in der Doku angeführt wurden. Das größte Problem waren in der Theorie die schlechten Abgaseigenschaften, ein Problem das auch moderne Wankelmotoren, neben der Zuverlässigkeit, immer wieder hatten 😉 Richtig lustig war allerdings eine andere Prophezeiung: In der Doku verkündete der Sprecher voller Euphorie, dass der Hubkolbenmotor in der Hinsicht deutlich weiter wäre als der Wankelmotor und der abgasfreie Verbrennungsmotor keine Zukunftsmusik mehr sei und quasi in greifbarer Nähe ist. Wenn die gewusst hätten wie es heute aussieht! 😁 😁 😁 Smog, Katalysatoren, Abgasvoschriften und Abgasskandal waren alles Dinge die man Ende der 60er in Europa noch nicht so wirklich kannte 😉 [bild=3] Eine Karte wie heute ging damals natürlich noch nicht, allerdings konnte das System schon anzeigen in welche Richtung man abbiegen soll oder die wie vielte Ausfahrt man nehmen muss. Außerdem konnte das System durch den permanentem Datenaustausch zwischen dem Zentralcomputer und den angeschlossenen Fahrzeugen schon den Verkehr erkennen und daraus eine ungefähre Ankunftszeit berechnen. Auch Staus konnten so angezeigt werden oder sogar Wetterwarnungen übertragen werden. Der Ausbau ist dann an mehreren Punkten gescheitert. Zum einen hatte die Politik einige Bedenken wegen des Datenschutzes (na, wer hat schon wieder ein Dejavu?), da man durch das System alle möglichen Verkehrsverstöße tracken könnte. Geschwindigkeitsübertretungen oder unterschreitungen des Sicherheitsabstandes wären mit dem System einfach messbar gewesen, da ja alle Autos an dem System angeschlossen waren. Ein weiterer Punkt dürften die Ausbaukosten gewesen sein. Damit das System richtig Sinn macht hätte man das komplette Straßennetz entsprechend anpassen und umbauen müssen. Horrende Kosten wären die Folge gewesen, aus heutiger Sicht kann man froh sein das es nicht funktioniert hat. Da keine 10 Jahre später so langsam die ersten GPS geführten Systeme waren und spätestens 20 Jahre nach ALI die Systeme massentauglich waren hätte man sinnlos tonnenweise Geld in eine Technik investiert die keine Zukunft hatte. Interessant war die Idee aus damaliger Sicht allemal! Wo wir gerade beim Thema Verkehr sind: Schön war auch die Vorstellung einiger "Experten" das es in Zukunft keine Staus mehr geben wird weil der Verkehr viel intelligenter gesteuert wird. Da haben einige wohl die Rechnung ohne den Wirt, bzw. unserer Bundesregierung und dem brutalen Anstieg des Fahrzeugbestandes gemacht 🙂 Es zeigt aber auch wunderbar wie wenig die Zukunft vorhersehbar ist und wie beschränkt unsere Fähigkeiten sind die Zukunft tatsächlich vorherzusagen. Beispiel gefällig? Hätte ich jemanden im Jahr 2001 erzählt das es 2007 Mobiltelefone geben wird die mehr Rechenleistung haben als die damals schnellsten Heimrechner hätte derjenige mich wohl in eine geschlossene Anstalt eingewiesen. Es gibt da auch das bekannte Sprichwort des Kaisers Wilhelm des II der einmal sagte "Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung." Heute wissen wir das seine Einschätzung ziemlich falsch war. Beispiele dieser Art finden sich einige in der jüngeren Menschheitsgeschichte! Auch interessant war das man damals schon über die selben Probleme diskutiert hat wie heute. Autoverkehr verringern? Alter Hut! Besserer ÖPNV um die Leute zum Umstieg zu bewegen? Gähn, wurde schon im Deutschland der 60er Jahre drüber diskutiert. Umso erschreckender das sich an den Problemen bis heute wenig bis gar nichts getan hat. Vor dem Hintergrund versteht man auch den Volker Pispers Sketch in dem er von den alten Wiederholungen der Nachrichten erzählt die auf den dritten Programmen schon mal laufen um zu zeigen was vor 10, 20, 30 oder noch mehr Jahren am gleichen Tag die Themen waren welche die Welt bewegten. Sein Kommentar: Kenn ich schon, weiß ich, schon gesehen......... bis Ihm auffällt: Moment mal, der Moderator ist doch längst tot 😁 Wer schon einmal alte Telemotorfolgen aus den 70ern und 80ern gesehen hat wird feststellen das viele Verkehrsprobleme die damals angesprochen wurden heute immer noch brandaktuell sind. Abgasreinigung? Jepp, immer noch ein Thema! Verstopfte Straßen? Auch noch ein Thema! Autos mit teuren Entwicklungsfehlern die der Kunde ausbügeln darf? You name it! Keins der Probleme im Zusammenhang mit unserer Mobilität ist neu, geschweige denn tatsächlich gelöst. Manche Punkte haben sich leicht verbessert, manche verschlechtert und an manchen hat sich überhaupt nichts getan. Eine weitere heiße Idee aus der Doku war die Magnetschwebebahn, die meisten kennen das Ding besser unter dem Namen Transrapid. Wie wir heute wissen hat es, zumindest in Deutschland, nicht zu mehr als einer Versuchsstrecke und einer ziemlich wirren Rede von Edmund Stoiber gereicht. In eine ähnliche Kerbe schlug das H-Bahn Projekt von Siemens, nur das hier das Ganze eher an die Wuppertaler Schwebebahn erinnert und die Kabinen haben statt eines Fahrers, einen Computer der die Kabinen automatisch und bedarfsgesteuert auf die Strecke schicken sollte. Eine weitere Idee die krachend an der Realität gescheitert ist 😉 [bild=5] [bild=4] |
Sun Jan 05 13:15:56 CET 2020 |
ElHeineken
Coole Zusammenfassung, es bleibt spannend 😁
Sun Jan 05 13:19:58 CET 2020 |
ToledoDriver82
Es war schon immer schwierig bis unmöglich ,genaue Prognosen für die Zukunft zu erstellen..es gibt einfach zu viele Variablen.
Was wirklich schlimm ist,dass man über Jahrzehnte an den Problemen nichts geändert hat bzw waren sie nicht so ernst,das man handeln musste.
Interessant sind diese Visionen aber alle mal und wenn man bedenkt was allein in den letzten 30 Jahren für eine Entwicklung stattgefunden hat,möchte man sich kaum ausmalen was in der Hälfte der der Zeit für die nächsten Jahre zu erwarten ist. Man sollte immer bedenken,wenn etwas ans Licht kommt,egal ob als Prototyp oder Serienfertigung,lief da im Hintergrund schon viele Jahre Forschung. Bedeutet,die Idee und einiges Wissen war schon vorher da,wir bekommen "Neuheiten" also ,wenn sie für die Entwickler schon gar keine Neuheiten mehr sind und diese Verzögerung wird immer kürzer. Es lässt sich nur erahnen was da allein aktuell im Verborgenen läuft und in den nächsten Jahren "reif" ist.
Macht auf alle Fälle neugierig....Zukunft wird wohl auch in Zukunft,eine Überraschung bleiben 😉
Sun Jan 05 15:47:15 CET 2020 |
PIPD black
Da hat ja aktuell wohl jemand mal richtig Zeit und haut hier einen Artikel nach dem anderen raus.😛
DANKE 🙂
Was so Zukunft, Vergangenheit, Entwicklung und WOLLEN angeht, ist wohl die Entwicklung von wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen eines der besten Beispiele dafür, wie ernst es der Industrie und der Politik ist/war, das voranzutreiben. Wann fuhren die ersten Autos von MB oder BMW dazu werbewirksam über die Mattscheibe? Linde machte Werbung für den Ausbau entsprechender Tankstellen. Wie verbreitet ist das heute? Stattdessen setzt man auf die Missgeburt E-Auto.
Sun Jan 05 15:49:56 CET 2020 |
ToledoDriver82
Das WOLLEN kommt immer erst dann,wenn man am meisten raus holen kann....und dann bekommst du auch diese Technik wieder. Wie gesagt,keiner weiß was in den Schubladen liegt und zum richtigen Zeitpunkt hervor geholt wird....wir erfahren doch nur ,das was nötig ist 😉
Sun Jan 05 18:55:59 CET 2020 |
Dynamix
Naja, ich hab Urlaub und viele Artikel schlummerten schon länger unfertig als Entwurf herum. Da wird dieses Jahr auch noch ein bisschen was kommen, wenn es denn mit den beiden Caprice weitergeht wie erhofft.
Da wäre noch das Thema Decals beim Sheriff und die Themen Klima und Vorderachse am Caprice........
Mon Jan 06 09:41:14 CET 2020 |
Trottel2011
Bei den Turbinenautos war Rover ordentlich weit. Man stand beim P4/P5 "T1" und "T2" Fahrzeugen kurz vor der Serienreife. Man hatte den Abgasstrom mit Temperatur (Wärmetauscher) im Griff bekommen, den massiven Durst einfach mit Erdgas reduziert und das Ganze schön kompakt gehabt. Ich glaube nicht größer als ein normaler R6 Benziner...
Ganz schön spannende Zeit damals!
Dann muss man auch noch den Gegenkolbendieselmotor (2 Takt Diesel) mit aufführen. Dieser war zur damaligen Zeit unschlagbar. 3 Zylinder, die so viel Leistung erzeugten wie ein 8 Zylinder 4 Takt Diesel. Kompressor oder Turboaufladung. Detroit Diesel, Commer, GM, Dennis, ... alle hatten einen eigenen 2 Takt Motor. Dazu den Deltic Gegenkolben 18 Zylinder, 36 Kolben Motor... Die Zukunft war richtig spannend!
Und heute? Wir beschweren uns schon, wenn aus einem 2.0l Motor spontan 400 ps rausgeholt werden und sagen "das geht nicht lange gut". Damals wäre man einfach hellauf begeistert gewesen! 😉
Mon Jan 06 10:03:32 CET 2020 |
Dynamix
Weil man den Leuten jahrelang eingetrichtert hat das man für ne ordentliche Haltbarkeit die Literleistung eines kaputten Vorkriegsmotors benötigt und das alles mit Leistungen jenseits der 100 PS pro Liter Hexenwerk sind und die Motoren ständig kaputt gehen. Das die meisten Downsizingmotoren eher moderat aufgeladen sind fällt da gerne hinten runter.
Die fahren ja nicht alle mit 3 Bar sondern meistens mit weniger als einem Bar, also eher moderat aufgeladen.
Mon Jan 06 12:28:26 CET 2020 |
Trottel2011
Softturbo ist hier das Zauberwörtchen... 🙂
Mon Jan 06 15:17:14 CET 2020 |
ElHeineken
Man muss zu den Detroit-Diesel (trotz ihrer interessanten Technik und des guten Klangs) aber auch sagen dass das nutzbare Drehzahlband wohl so schmal war dass die Maschinen (nach Aussage der Fahrer) gar nicht genügend Gänge haben konnten 😁
Mon Jan 06 16:16:50 CET 2020 |
Trottel2011
Aber die Gänge wurden mehr und mehr und das ging ja wiederum. Der normale Diesel von heute hätte auch keine Leistung im gesamten Drehzahlband bis man ihm das angezwungen hatte... 😉
Mon Jan 06 16:17:42 CET 2020 |
Trottel2011
Nachtrag... Und wenn du ein 40 Tonner beim Anfahren hörst wie es 16 Gänge durchschalten wird man auch nur das Geschälte hören...
Mon Jan 06 16:18:46 CET 2020 |
ElHeineken
40 Zimmer, gefällt mir 😁
PS: Edit war schneller
Mon Jan 06 16:21:44 CET 2020 |
Trottel2011
Wer kennt es nicht, den 40 Zimmer LKW... 😁
Tue Jan 07 09:03:56 CET 2020 |
pico24229
Toller Artikel mal wieder 🙂
Solche Rückblicke sind immer sehr interessant. (siehe 2001: Odyssee im Weltraum 😁
Fri Jan 17 18:33:41 CET 2020 |
Spurverbreiterung136144
"wie man heute weiss" *smileysmiley* usw. - jeder blamiert sich eben so gut er kann. Physik-/geschichte, Phantasie, Ausblendung von Werbemüll sind reine Fehlanzeige. Genieße weiter deine fortschrittlichen Produkte.
Deine Antwort auf "Zurück in die Vergangenheit"