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Fri Aug 08 20:47:15 CEST 2025    |    Dynamix    |    Kommentare (0)    |   Stichworte: Ride Out

Neben der Napoleonbob 500 bin ich noch ein weiteres Bike aus dem Benda-Fuhrpark gefahren! In diesem Falle war es die Benda Dark Flag 500. Bei der Dark Flag wird es etwas spleeniger als bei der Napoleonbob. Letztere wirft noch vergleichsweise klassische Zutaten zu einem vergleichsweise gut verdaulichen Bobber zusammen. Bei der Dark Flag hatte ich den Eindruck man möchte möglichst viele Gimmicks in das gute alte Cruiserrezept hinzufügen um den maximalen Aufmerksamkeitsfaktor rauszuholen.

Einen V4-Motor für die 48 PS Klasse? Warum nicht?! Upside-Down Gabel? Braucht man bei einem Cruiser unbedingt! Eine Luftfederung für die Hinterachse? Was kostet die Welt?! Eins schon mal vorweg: Es macht die Dark Flag zwar zu einem Motorrad wie kein Zweites, allerdings ist das noch kein kugelsicheres Konzept für ein gutes Motorrad, war es auch nie wenn man sich mal in der Motorradgeschichte umsieht!

Technische Daten

Marke: Benda

Modell: Dark Flag

Modelljahr: 2025

Motor: V4 flüssiggekühlt

Hubraum: 496 cm³

Leistung: 54 PS @ 9.500 u/min

Drehmoment: 42 NM @ 7.300 u/min

Gewicht: 260 kg (fahrfertig)

Farbe: Schwarz/Schwarz/Schwarz

Motor & Antrieb

Das neben der Luftfederung wohl schrägste Feature am ganzen Bike ist der Motor. V4-Motoren findet man heutzutage eher in edlen Supersportlern bzw. Motor GP Homologationsmodellen, ab und an auch mal in Randalebrüdern vom Kaliber einer Yamaha V-Max, in allen Fällen garniert mit sattem Hubraum und viel Leistung. Benda geht hier den umgekehrten Weg. Warum im Hubraum baden, wenn man einen V4 in der 500 ccm Klasse bauen kann? Nun, technisch nötig gewesen wäre es nicht. Hier ging es wohl einfach darum etwas grundlegend anders zu machen als die Konkurrenz und darum den Markt ein wenig aufzuwirbeln. Wo die Konkurrenz nämlich mehr oder weniger auf generische Reihentwins setzt, huldigt Benda auch in den kleinen Hubraumklassen der V-Form. Wie schon der V-Twin aus der Napoleonbob, so darf man auch hier nicht erwarten das der Motor irgendwie Bäume ausreißt. Durch das erstaunlich hohe Gewicht der MS Dark Flag und die drehzahlorientierte Auslegung des V4 fühlt sich der Motor auf der Straße immer etwas überfordert an. In etwa so als hätte man für den Motor einfach vier 125er Motoren zusammengedübelt und gesagt das produzieren wir jetzt in Masse. Statt sattem Druck aus dem Keller gibt der Motor die Leistung die er hat, sehr linear und unspektakulär ab was Freunde des satten Drehmoments enttäuschen wird. Wie schon bei der kleinen Schwester, so hätte auch hier satt eingeschenkter Hubraum und deutlich mehr Punch dem Gesamteindruck einfach gut getan.

Was man aber dem V4 ebenso attestieren muss wie dem V2 der Bob: Klangtechnisch spielt er ganz vorne mit. Ich weiß zwar nicht wie die Jungs und Mädels aus China das gemacht haben, aber auch der V4 klingt für so einen kleinen Motor schon fast verboten, auch was die Lautstärke angeht. Die Dark Flag klingt im Stand schon als ob eine Kanonenbatterie volle Breitseite gibt und auch hier tut sich nochmal was wenn die Drosselklappen erst einmal hart im Wind stehen. Wenn das erste Wort was dir beim Gas geben durch den Kopf geht "Alter!" ist dann weißt du das Ding ist kein Leisetreter und ich bin schon Harleys gefahren die auch nicht leise sind, im Vergleich dazu aber zurückhaltend! Für Klangfans und Fans des großen Auftritts ein Fest! Aber auch hier gilt wieder: Nicht wirklich nachbarschaftstauglich 😁

Für den Sound bekommt der V4 Feuerunterstützung in Form einer mattschwarzen 4 in 4 Abgasanlage mit relativ schlanken Kanonenrohren. Hab ich an anderen Bikes schon deutlich uneleganter gesehen. Für die Sinne wird hier schon einmal viel geboten!

Wirklich negativ aufgefallen ist mir bei der Probefahrt die Schaltung. Der Hebel ist sehr lang und das Getriebe hat einen sehr langen Schaltweg. Selbst ich komme da mit Schuhgröße 44 beim Schalten nicht vernünftig ran. Dazu kommt das die Hacke beim schalten dann irgendwie auf der schmalen Fußraste seinen Platz finden soll, ohne das man mit dem Absatz beim schalten wegrutscht weil die Hebel so steil angebracht sind. Das nasse Wetter macht diese Fußübung nicht leichter, im Gegenteil! Das ging stellenweise so weit das ich den kompletten Fuß nach oben und damit von der Raste heben musste damit der Gang gewechselt wird. Hier würden entweder ein paar Trittbretter die Arbeit erleichtern oder man macht was mit dem Schalthebel. So wie es jetzt ist, wäre das für mich nicht alltagstauglich. Witzigerweise hatten meine Vorfahrer mehr oder weniger das gleiche Problem. So wie ich es gesehen habe kann man an den Fußhebeln der Bob noch ein bisschen was einstellen, vielleicht wird es besser wenn man das Ganze zum Fahrer hindreht.

Ein Punkt den ich jetzt auf der kurzen Strecke nicht herausfahren konnte, der aber in den Tests erwähnt wurde: Der Verbrauch ist für die Leistungsklasse wohl ziemlich abgehoben. Ich hab von Testberichten gelesen die den kleinen Motor auf 8 Liter bekommen haben. Nicht gerade wenig für die Leistung. Zum Vergleich: Meine großen 4-Zylinder bekomme ich alle problemlos mit einer 5 vor dem Komma bewegt und die sind noch vergaserbefeuert und haben die doppelte bis dreifache Leistung.

Ergonomie

Ergonomisch sitzt man auf der Dark Flag nicht ganz so klappmessermäßig wie auf der Napoleonbob. Die Fußrasten sind weit vorverlegt und durch die steile Anbringung des Schalthebels findet man hier auch keinen sonderlich angenehmen Arbeitsplatz vor. Wie bereits im Kapitel Motor & Antrieb beschrieben würden hier ein paar Trittbretter besser zum Auftritt passen. Dabei passt der Rest eigentlich gut. Der breite Lenker lässt sich gut greifen und auch ansonten findet man einen bequemen Arbeitsplatz vor. Wenn halt diese Rastenanlage nicht wäre.

Die Sitzhöhe variiert dank des Airride Fahrwerks. Im Stand lässt sich die Dark Flag fallen und so sitzt man mit 670mm sehr niedrig, sollte den kurzbeinigen unter uns also sehr entgegenkommen. Die Benda fährt Ihr Fahrwerk auch im Stand automatisch runter was an Ampeln zu einem kurzen Schreckmoment führen kann weil das Bike mal eben 3cm absackt ohne das es diesen Akt groß angekündigt. Da knickt das Standbein schon mal ein wenn man verträumt an der Ampel steht.

Handling

Vom Handling geben sich die Napoleon und die Dak Flag nicht viel. Vom Gewicht der Dark Flag merkt man nicht mehr viel sobald man die Segel gesetzt hat. Gut, beim rangieren schon aber wir wollen ja fahren und nicht permanent schieben. Solange nicht alle Segel hart im Wind stehen reicht das Fahrwerk auch aus, da braucht man sich über fehlende Einstellungsmöglichkeiten von Gabel und Hinterradfederung auch nicht großartig ärgern. Auch bei der Dark Flag arbeiten die Bremsen zufriedenstellend, hier beißt moderne Ware von Brembo in die Einzelscheiben an Front und Heck. Man hat ein schönes straffes Gefühl auf beiden Bremsen ohne das diese direkt giftig zubeißen. Passt gut zu einem Cruiser ohne die Dosierbarkeit zu vernachlässigen.

Auch sonst leistete Sie sich während der Fahrt keinerlei Schweinereien und sollte somit auch von Anfängern gut bewegt werden können. Interessantes Feature ist das man das Airride-Fahrwerk während der Fahrt zwischen einem Komfort- und einem Sportmodus umstellen kann. Im Komfortmodus gibt sich die Dark Flag zwar straff, aber noch nicht zu hart. Das ändert sich wenn man in den Sportmodus wechselt. Dann pumpt sich das Heck um ein paar cm auf und die Dämpfung hinten wird spürbar straffer was ich bei der Sitzposition irgendwie merkwürdig anfühlt, auch weil dann das Gefühl an der Hinterachse flöten geht. Dadurch erhöht sich zwar die Schräglagenfreiheit spürbar, aber was bringt das wenn das Heck dafür an Fahrbarkeit einbüßt? Ein Luftfahrwerk einfach nur auf hart zu pumpen hat halt schon bei den ganzen getunten US-Cars aus den 80ern nichts zum Handling beigetragen. Wirklich sportliches Fahrverhalten ist prinzipbedingt eh nicht drin, dürfte für den typischen Cruiserfan aber auch kein Kaufgrund sein. Ich persönlich war mit dem "Komfortmodus" ganz zufrieden und unterm Strich fühlt sich das Fahrverhalten so auch deutlich harmonischer an.

Die Luftfederung an der Dark Flag ist für mich nicht mehr als ein netter Partytrick. Sieht beeindruckend aus wenn sich vorm Bikertreff die Hinterachse erstmal wie ein Lowrider tieferlegt, hat aber beim fahren keinen wirklichen Vorteil. Im Sportmodus zu hart, im Komfotrmodus zu tief für dynamische Gangart.

Ausstattung

Wie die Bob hat auch die Dark Flag keine ausufernde Ausstattungsliste. ABS ist ja mittlerweile Standard und Pflicht. Die Traktionskontrolle ist nett, dürfte aber dank dem ausbleibenden Temperament des V4 die meiste Zeit eher im Standby-Modus bleiben. Typische Cruiserfahrer werden wohl nie in die Verlegenheit kommen die TC mal in Aktion zu erleben. Selbst bei Nässe ließ sich da kein Eingriff provozieren.

Der Tempomat ist in der Cruiserklasse ein gern genommenes Feature falls der Wind den Captain der Dark Flag doch mal aufs offene Meer treibt. Kapitäne die Ihre nächste Weltumrundung planen freuen sich sicherlich auch über den serienmäßigen USB-Anschluss um den Navigator mit Energie zu versorgen. Ansonsten ist die Bedienung der Benda relativ einfach.

Der Tacho ist ein einfacher Rundtacho mit einem kleinen Digitaldisplay welches nur die rudimentärsten Informationen anzeigt. Entsprechend gibt es hier auch keine großartigen Menüs durch die man sich klicken könnte. Neben den üblichen Bedienelementen gibt es dann ein paar Tasten für den Tempomat, einen für den "Sportmodus" und einen für die TC. Der Tacho ist ganz nett aufgemacht mit seinen goldenen Akzenten, lediglich ein kleiner Drehzahlmesser wäre für den Motor noch nett gewesen. Wenn der Motor schon bis gut 10.000 gedreht werden will, wäre es auch ganz nett zu wissen wann es soweit ist. Witzigerweise hat die kleine Schwester Napoleonbob den Drehzahlmessser in Serie. Falls sich der DZM irgendwo in dem kleinen Display verstecken sollte: Auf dem kleinen Teil kann man die Drehzahl in voller Fahrt mit Sicherheit nicht vernünftig ablesen. Die neue 48 PS Variante namens Commander bringt neben ein paar frischen Farben und Akzenten noch ein TFT-Display mit. Hier sollte dann in Sachen Infotainment schon etwas mehr gehen. Witziges Feature ist die in den Tank integrierte LED-Leiste für den Tankfüllstand.

Fazit

Wie fällt jetzt mein Fazit zur Dark Flag aus? Durchwachsen. Sie hat durchaus Ihre guten Punkte wie das entspannte Handling, die tolle Bremse und einen infernalischen Klang ab Werk den Chopperfans lieben werden. Dagegen steht aber das die Dark Flag wirkt als wollte man wahllos möglichst viele Features in ein Bike quetschen. Das Airride hätte es nicht wirklich gebraucht und verkommt im Alltag eher zum Partytrick, ein V4 mit all seinen Nachteilen (Gewicht, Verbrauch) hat in der Hubraumklasse jetzt auch nicht wirklich gefehlt. Dazu kommt dann noch das suboptimal zu schaltende Getriebe und das Gefühl das Leistung für 260kg Lebendgewicht einfach zu wenig sind. Sollte sich der hohe Verbrauch in der Praxis bewahrheiten, umso schlimmer. Wenn ich mir für die Dark Flag was wünschen würde dann folgendes:

  • Verdreifacht den Hubraum (Zylinder sind genug da)
  • Holt aus dem Motor irgendwas über 100 PS raus
  • Gebt dem Motor eine betont kräftige Abstimmung für den unteren und mittleren Bereich
  • Fixt das Getriebe, verlängert die Übersetzung
  • Legt die ganze Fußrastenanlage einen Tick "sportlicher" aus

Setzt diese Punkte um und man hätte ein cool aussehendes Drag Bike das auch einhalten kann was die Optik verspricht.

Wer sich jetzt noch gefragt haben sollte wie viel die Dark Flag eigentlich kostet: 8.999€ gibt Benda als Einstieg in die lustige Welt der fahrenden Freibeuter an, was für die Klasse durchaus selbstbewusst ist. Was kriegt man dafür bei der Konkurrenz? Bei Kawasaki die Vulcan S mit 40kg weniger Speck auf den Hüften und ein paar PS mehr. Wer sparen will bekommt für gut 2.000€ weniger eine ähnlich kräftige Eliminator welche mal eben gut 90 kg weniger wiegt. Bei Honda gibt es die Rebel 500 plus gut 2.000€ Spiegeld in Reserve. Ich persönlich würde dann sogar überlegen ob ich nicht noch die paar Tausender obendrauf lege und dafür dann eine junge Harley Nightster kaufe, die legen nämlich gerade einen, für HD untypisch, spektakulären Wertverlust hin und wären eine deutlich rundere und vor allem spaßigere Alternative. Doppelte Leistung, deutlich weniger Gewicht, bessere Ergonomie und dazu fahraktiver als die meisten Cruiser. Für gut 3.000€ mehr bekommt man dann mehr als doppelt so viel Motorrad. Durchaus eine Überlegung wert!

Ich denke für das Geld muss man in der Klasse schon unbedingt was auffälliges wollen um zur Dark Flag zu greifen. Alle anderen können getrost zu den genannten Japanern greifen oder noch besser gleich zur Napoleonbob. Die bietet auch genug Aufmerksamkeitsfaktor und ist das deutlich rundere Paket.

In einer Klasse wo es hauptsächlich drauf ankommt beim Fahren cool auszusehen haben beide sicherlich nicht die schlechtesten Anlagen. Ob der Mut der Marke belohnt wird, zeigt wie immer die Zeit...................


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