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Europa und Nordafrika auf zwei Rädern.

Mon May 23 12:15:01 CEST 2016    |    TDIBIKER    |    Kommentare (31)    |   Stichworte: Anakee 3, Friaul, Leihmotorrad, RD13, Transalp, Transe

Motorradtour und zelten: Wie seht ihr das?

Dies Jahr wollten wir uns in München am Freitag vor Pfingsten treffen, um von da aus in den wilden Südosten Europas aufzubrechen. Meine Chefin sah das aber anders. ich sollte noch bis Freitag Mittag arbeiten...das wäre ein bisschen knapp, um anschliessend die Gudrun von Toulouse nach München zu scheuchen. Es bliebe also nur die Option "fliegen und Leihmopped". Das hatte ich natürlich schon vorausgeplant. Und so kam es, dass ich mir bei Allround Rental eine XLV 700 Transalp, oder RD 13 für Insider gebucht habe. Mit 60 PS spielt sie zwar in einer anderen Liga als die 100 und + PS der Kollegen,
aber auf den kleinen rutschigen Pässen, auf denen wir uns austoben, spielt das nicht wirklich eine Rolle, dachte ich mir.

Problem: Die Wettervorhersage für unsere Pfingsttour ist übelst: Regen, 100 mm in München und am Alpennordrand, und der ganze Osten eine Regenpampe...egal! Dann sind weniger Moppeds da, die die Pässe zuparken! 😁

Freitag mittag bringt mich meine nette Kollegin Annabel zum Flieger. Der geht schon kurz nach 13 Uhr! Ich trage Lederjacke und -hose, und in den Tourenstiefeln wird mir schnell unangenehm warm. Mein ganzes Gepäck befindet sich in meiner ollen Gepäckrolle: Schlafsack, Helm, Handschuhe, Wechselsachen, und vor allen Dingen: Regenzeug! So bleibe ich unter 8 Kilo und es geht als Handgepäck durch. Es fehlen Werkzeug, mein Messer, Isomatte, Zelt...von den Geschäftsleuten mit Rollenköfferchen werde ich scheel von der Seite angeguckt. Die gucken aber schnell weg, wenn man
sie anschaut.

Ein Bierchen mit Lachsbrötchen im Flieger, und der Stress lässt langsam nach. Frankreich bleibt hinter mir, und das mir relativ unbekannte München kommt schnell näher. Dabei kann der Airbus 321 die Wolkendecke nur auf maximaler Flughöhe durchdringen, so dicht ist sie... In München dann S-Bahn, U-Bahn Und schliesslich Allround-Rental. Das ist ein netter Laden, von Motorradfahrern für Motorradfahrer. Dort kann man sich jede Menge Moppeds leihen. Die sind zwar nicht mehr nagelneu (hö)
aber dafür gibt's es viele Freikilometer für Weitfahrer.

Und schliesslich steht sie vor mir, die Transe: Golden und hübsch anzuschauen. OK, schon über 73.000 auf der Uhr, aber erst 4 Jahre alt und nett designt. Was mich interessiert ist, dass sie läuft und noch Profil auf den Reifen hat. Es geht alles ein bisschen fix in der Vermietung, zumal wir die ganze Zeit plaudern. Solche Kleinigkeiten wie die mit Isolierband geklebte Verkleidung und den angebrochenen
rechten Handprotektor übersehe ich dabei glatt. Schnell aufpacken, und los! Der Schlüssel ist leicht verbogen, das fällt mir gar nicht auf. An der Bulldog ist's genauso...

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Kaum sitze ich drauf, fängt's an zu pissen. Also Regenzeug raus. Das Mopped hat einen satten Klang, ruppig gar. Aha, der Sammler ist geschweisst. Kein Wunder also. Mich stört das nicht. Die Vibrationen
von der angebrochenen Verkleidung zwischen 4- und 5.000 U/Min schon eher. Darüber hört man eh nix mehr von diesen Schwingungen...

Ich fahre erstmal nur nach Starnberg zu unserer Sammelstelle. Es regnet so stark, dass ich das Mopped noch nicht mal abpacke, sondern einfach meine nassen Sachen zum Trocknen aufhänge und mich mit einer geliehenen Jeans zu Tisch setze. Es gibt Thüringer Würstel und Schnitzel vom Grill.
Nach der Wetter-App ist klar: Es hat keinen Sinn, bei dem Wetter in die Karparten zu fahren.
Wir müssen so schnell wie möglich über den Brenner auf die Alpensüdseite, alles andere ist Quatsch.

Noch einen Absacker, dann lege ich mich in den Keller und schnarche dem Morgen entgegen.
Der kommt grau und noch immer regnerisch, und bringt erstmal jede Menge Weisswürste mit süssem Senf und Laugenbretzeln. Dazu ein Frühstücksweizen! Die spinnen, die Bayern 😁

Erst nach dem dritten Würstel habe ich mich dran gewöhnt. Beim vierten ess' ich schon nicht mehr die Pelle mit 😁😁

So verbringen wir den Vormittag und strecken mal kurz die Nase raus, um sie sofort wieder einzuziehen.
So stellt man sich die Sintflut vor. Ich kaufe mir bei Lidl ein Polyesterzelt für 29 Euro und eine Isomatte.
Ein Kollege leiht mir ein Klappmesser. Ist unabdinglich zum Brote machen, Fleisch vom Grill nehmen,
Korken ziehen, als Minimalbesteck und Universalwerkzeug, zum Kaffeeumrühren gar...

Gegen Mittag klart es auf, und es heisst anzieh'n und LOS!

Wir fahren auf hübscher Nebenstrecke Richtung Garmisch. Die Sonne scheint sogar, als wollte sie uns veräppeln. Überall am Horizont drohen Wolkenungetüme.

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Nach einem Halt bei der stattlichen Monique (so stellt man sich bayrisches Urgestein vor: Sie ist aber Französin aus meiner Ecke!) geht es weiter Richtung Brenner. Das geht alles ohne Probleme und ohne Regenzeug ab, und ich fahre gar Sommerhandschuhe mit abgeschnittenen Fingerkuppen. Wir fahren die alte Brenner-Landstrasse, natürlich. Es sind kaum Moppeds unterwegs. Vielleicht wird's ja doch eine super Pfingsttour. Die Jungs sind ein bisschen eingerostet, aber routinierte alte Fahrprofis, und es geht von Stunde zu Stunde schneller und immer fixer zur Sache. Berg rauf muss sich die Transe schon etwas rauslehnen, um dran zu bleiben. Mit zunehmender Höhe wird es immer kälter. 3 Km vor dem Jaufenpass fängt es an zu schneien. Ich bin immer noch in Leder und mit meinen Handschühchen zum in der Nase bohren.
Also anhalten, Arschlecken, jetzt ziehe ich mich erstmal um und mach 2 Fotos, bevor ich mir den Tod hole. Die anderen werden schon warten...

Bergrunter hat die Transe keine Probleme, mitzuhalten. Eher im Gegenteil...😎
Es ist ja nun so, zum fixen Moppedfahren muss man schön mollig warm sein, sonst verkrampft man,
und die Hüfte swingt nicht wie sie soll.
OK, es ist Samstag, wir kaufen ein, und suchen uns einen Lagerplatz. Einen Kilometer Waldwege,
und wir zelten direkt unter einer gigantischen Felswand, auf deren Schutthalde hohes Nadelhoz wächst.
Ein paar Stämme liegen bereits, von herabfallenden Brocken zerschmettert...😰

Zelte aufbauen, grillen, Feuerchen, ein paar Pullen Wein...und der MP3-Player ersetzt die Gitarre. Die konnte ich beim besten Willen nicht auch noch in den Flieger packen.

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Am nächsten Morgen scheint die Sonne, und los geht's zu einem herrlichen Fahrtag. Aber erstmal
in die Eisdiele, das muss sein 😁 Zwei Cappuchos, 2 Marlboros, ein Strüdelchen mit Vanilleeis...
Und erstmal in die Karte schauen, wohin es denn eigentlich gehen soll, jetzt wo wir den Osten geknickt haben. Der Plan ist: Dolomiten, Richtung Belluno ins Friaul. Die Wetterapp nickt zustimmend. Yallah!

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Erst gegen abend fängt's dann wieder an zu regnen. Wir flüchten in eine ländliche Pizzeria an der Landstrasse, wo viel los ist, da tanzt der Bär, gewissermassen. Alles lokale Country-Italiener.
Da sind wir also goldrichtig, und wirklich wird es üppig, lecker und günstig. Ein sehr feuchter Pfingstsonntag, also. Ich bleibe bei vino bianco. Die Nacht ist bereits hereingebrochen, unsere Aufklärer kommen zurück: "Ey, Jungs, Spitzen Zeltplatz, aber doch etwas schlammig...richtig rutschig..."

Na super. Also doch lieber noch einen trinken. Um 11Uhr ist Feierabend, wir steigen im leichten Regen auf unsere nassen Böcke, und nach 300 Metern Landstrasse geht es rechts ab in die Pampa. Uiui...da bricht das Heck aus wie nichts. Schön auf dem nassen Grass bleiben, oder mit wenig Gas durch die Pfützen pflügen. Nach ein paar hundert Metern "Enduro speziale" zelten wir am Flussufer. Keiner hat sich lang gemacht. Eine reife Leistung, unter diesen Umständen, nachts in Schlamm und Regen...

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Wir kriegen trotz der Nässe noch ein Feuerchen hin, und trinken den in der Pizzeria gebunkerten Wein und Obstler. Es wird ein lustiger Abend, zumal es zu regnen aufhört und de Mond durchkommt.
Am nächsten Morgen bestätigt sich mit Warnschildern, was ich mir gedacht hatte: "Vorsicht, Überschwemmungsgebiet, plötzliche Flutwellen durch Dammöffnung!" Naja, wr sind alle über 50, irgendwie muss es einen ja erwischen. Wir machen erstmal einen Kaffee, und waschen uns im Fluss.
Ein Wort zum Reifen: Der Anakee III hat einen Querschnitt, der nicht ganz so rund ist wie ein "normaler" Strassenreifen, das geht etwas in Richtung "U". Das heisst, er ist zunächst etwas träge, wird mit steigender Schräglage aber immer leichter und nervöser, was Schräglagenwechsel anbelangt.
Wenn man sich daran gewöhnt hat, ist das gerade für Spitzkehren echt prima. Im echten Gelände aber unterscheidet ihn rein gar nichts von einem Strassenreifen. Es ist ein Strassenreifen mit einem leicht geändertem Querschnitt und einem lustig geschnitzten Profil, Punkt. Im Gelände hat er nichts zu suchen.

Auf dem Wege nach Slowenien verlieren wir uns ein wenig. Zwei von uns sind nach Venedig runter, einen neuen Reifen kaufen, während andere kleine Pässe fahren. Mal regnet es, mal ist's trocken...
Wir wollen uns hinter der slowenischen Grenze wiedertreffen. An einer Tanke in Meduno habe ich gerade den Tank voll und will ihn zuschliessen, da macht es "Klick" und der Schlüssel bricht im Tankschloss ab.
Bündig. Zunächst wird mir gar nicht klar, was das bedeutet. Aber ich habe nur diesen einen Schlüssel von der Verleihe erhalten, und die erst 4 Jahre alte Transe ist mit dem HISS - System ausgestattet. Das bedeutet: Weiterfahrt unmöglich. Und ich stehe mitten in der italienischen Pampa, wo kein Mensch eine zivilisierte Sprache spricht (😁)...Zum Glück hat ein Kollege eine Spitzzange dabei und kriegt das abgebrochene Stück raus. Der Honda-Schlüssel ist elendig lang und hat gewissermassen eine Sollbruchstelle. Mein Kollege (mein lieber, guter) flitzt los, um einen Schlüsseldienst aufzutreiben.
Es ist Pfingstmontag, und es braucht einen besonderen Rohling. Nach Stunden des Wartens kommt er wieder - ohne Erfolg. Ich schiebe die Transe zu einer noch geöffneten Autowerkstatt, setzte mich
bei einem anderen Kumpel hinten drauf und wir fahren zu einem Campingplatz, nach Tramonti di Sotto.
Dieser Campingplatz ist echt eine Wucht. wunderschön, wild, mit netten Menschen, leckeren Pizzen...
hier ist er mal. "Wanderer kommst Du in's Friaul, kehre bei Maria ein" http://www.camptramontina.com/

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Trotz aller Bemühungen will sich meine Laune nicht heben. ich mache mir Sorgen. Was mache ich nur mit der Transe, wenn sie mit diesem verdammten Elektronikmist nicht wieder an's Laufen kommt?
Selbst wenn ich hier einen geeigneten Rohling auftreibe (den ein normaler Schlüsseldienst nicht vorrätig hat), was ist mit der Magnetkennung? Reicht es, dass der Chip in der Nähe des nachgemachten Schlüssels ist, oder muss er das Metall berühren? Nie wieder Leihmotorräder!

Ich schlafe schlecht, das Polyesterzelt ist innen so nass wie aussen, und eine Stange ist schon gebrochen. Am nächsten Morgen habe ich kaum Appetit zum Frühstücken. Einer meiner Kumpels bringt mich die 15 Km zur Transe zurück. Dort lassen der nette Inhaber und seine schweizer Freundin
die Drähte für uns heisslaufen. Endlich findet er einen Dienst für Spezialschlüssel, die Firma Alba. Der ist in Pordenone, 40 Km von hier. Und es ist schon 11Uhr 30, und um 12 Uhr macht er zu!!

Jetzt muss die Kawa aber rennen...uiui...Mittellinie und GAASSS! Selbst Rossi wäre stolz auf uns 😎
Wir schaffen es noch, und bekommen einen perfekt gearbeiteten Zweitschlüssel, allerdings ohne Chip.
Die sehr kompetente Dame hätte ihn zwar auch programmieren können, dafür bräuchte sie aber das Motorrad - und das stand ja 40 Km weiter nördlich! Trotzdem könnte es funktionieren, meinte sie, sofern der Chip am Schlüsselbund ist. Also wieder zurück, in etwas gemässigterem Tempo 😎.
Schlüssel rein, umdrehen, Anlasser....wiuwiuwiuwiwu. Tut sich nix. Dann halte ich den Schlüsselkopf direkt an den Zweitschlüssel: VROUUMMM! Gerettet! Wir brettern zurück zu Maria, lassen die Zelte aufgebaut und lassen das Gepäck zurück. Und dann wird geheizt! Hunderte von Spitzkehren,
unglaubliche Streckenführungen, Spaghetti, Prosciutto, Sauris, die Altoplano di Cazzo (heisst wirklich so), Mann bin ich glücklich...und die Transe fährt ganz vorne mit, trotz der Kälte. Ohne Gepäck fährt sie viel neutraler und das systematische Lenkerflattern beim Freihändigfahren ist wie weggeblasen.
Eine tolle Gegend, das Friaul. Und als Motorradzigeuner mit Zelt lebt man intensiver: Die Kälte, die Hilflosigkeit, aber auch das höchste Glück, spirituelle Momente, Freiheit, Kameradschaft...was ist man ohne Freunde? Ein kleiner Lebensfunken über und unter den Wolken...auf das uns allen noch viele Kilometer beschert seien!

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Abends sind wir wieder bei Maria, es wird schön gegrillt. Am nächsten Morgen geht's wieder auf die Bahn nach Salzburg und München, denn der Flieger wartet nicht. Ich komme nachmittags an, nehme mir ein Hotel am Flughafen, und kaum sitze ich auf dem Bett, schlafe ich tief und traumlos...Bis mich das Shuttle wieder zum Flughafen bringt.

https://www.google.fr/.../...024eba452b5d7!8m2!3d46.2833829!4d12.79603

Als Fazit möchte ich Folgendes bemerken:
Fliegen und Motorradfahren bleibt eine Aushilfslösung für mich.
Es ermöglicht es, Motorräder kennenzulernen, die man sonst nie fahren würde. Die Transe ist z.B. super bequem und passt mir wie angegossen.
Trotzdem: Das einzig Wahre ist das Fahren mit der eigenen Maschine und Ausrüstung...
Alles in allem war es ein teurer Spass: Die Maschine war an nur 4 Tagen einsatzbereit,
dafür waren die 560 Euro Mietkosten ein bisschen happig. Und von den vielen Freikilometern hatte ich nichts: Konnte ja nur 1500 Km fahren in der kurzen Zeit, bei dem Wetter. Ausser dem nachgemachten Schlüssel in Italien wollte die Leihe noch einen neuen Schlüssel in München nachmachen lassen. Auf meine Kosten: 80 Euro. Vom Hotel am Flughafen, den Shuttles, den Flugtickets und der zurückgelassenen Campingausrüstung will ich gar nicht reden...

Zur Transalp: Ausser der Schwachstelle des zu langen und empfindlichen Schlüssels, ist sie eine gute und zuverlässige Allround-Maschine. Zum Schnellfahren ist sie etwas zu schwammig, dafür aber bequem, die Bremsen sind nicht gerade bissig, aber zuverlässig. Es handelt sich bei dieser letzten Transe um einen V2 mit Vierventilkopf, anders als die Vorgänger mit 600 und 650 ccm, die sich mit 3 Ventilen pro Zylinder begnügen mussten. Es fehlte ihr eigentlich nie wirklich an Leistung, für nur 680 ccm standen die Pferde auch nach 74000 Km noch erstaunlich gut im Futter. Mit Gepäckrolle
neigt sie systematisch zum Lenkerflattern, ohne Gepäck kann man allerdings auch einen Kilometer freihändig rollen, da schaukelt sich nichts auf.

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Sat Aug 29 16:46:19 CEST 2015    |    TDIBIKER    |    Kommentare (0)

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PHOTOS

Bikers Pennols: Quelques images de la vie d'un petit Moto-Club de la France du sud-ouest.
Bikers Pennols: Ein paar Bilder aus dem Leben eines kleinen Motorradclubs aus Frankreichs Südwesten.

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Pour les Bikers Pennols (et tous les autres) plus d'images:

Le cirque de Navacelles
https://www.flickr.com/.../

Aveyron
https://www.flickr.com/photos/ioanna81/albums/72157662220850401

Und noch mehr Bildchen...Los Pirineos
https://www.flickr.com/photos/ioanna81/albums/72157668182795636

"DROIT ET FIER"

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Sat Aug 22 14:03:51 CEST 2015    |    TDIBIKER    |    Kommentare (25)    |   Stichworte: 1100, BMW Motorrad, R

Juli 2015 kletterte das Quecksilber hier in Süd-Frankreich auf 40 Grad im Schatten, und darüber hinaus.
Kein Wunder, dass man bei solchen Temperaturen im Schatten sitzt, Salvetat trinkt und träumt...
Von hübschen Mädchen, Motorrädern, und allem was das Leben lebenswert macht.

In der hiesigen Bucht (nein, nicht die E-Bay, sondern heisst "le bon coin"😉 tauchte kurz eine R 1100 RT auf.
Rein weiss, mit blitzenden Chrombügeln überall, voll bekoffert und mit allem sonstigen Zierrat.
Sie hatte nämlich früher auf den Champs-Elysée so manchem Staatsoberhaupt als Eskorte gedient,
Chirac, Sarkozy, und vermutlich gar der Angela. OK, auch Ghaddafi...

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Sie war eine Maschine der Republikanischen Garde, einer absoluten Elite-Truppe, und war somit nur zum
Flanieren, Eskortieren, und für Kunststückchen genutzt worden. Die Gardisten dürfen, wenn sie ausscheiden, ihr Motorrad behalten.
So kommt es, dass diese Maschinen manchmal privat feilgeboten werden.
Ich dachte mir, die ist sofort verkauft.
92.000 Km, 2400 Euro, 6/2000 und sieht aus wie frisch aus dem Laden!

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Am ersten Tag dachte ich, da freut sich jetzt jemand.
Am zweiten Tag sagte ich mir, ich brauche doch nicht NOCH ein Motorrad.
Am dritten Tag fuhr ich hin, und nahm sie gleich mit.

Es war meine erste BMW nach 29 Jahren Propeller-Abstinenz. Damals fuhr ich R 60/5 und R 45...
Und gleich war alles wie früher: Die Einscheiben-Trockenkupplung, das Krachen beim Gang einlegen, die heulenden Zahnräder...
Der zweite Gang war verschlissen. Vermutlich weil die Eskorte sich fast ausschlieslich in diesem Gang bewegt.

Als Schelm hatte ich mir beim Abholen gleich ein hellblaues, kurzärmeliges Hemd angezogen: Sehr witzig, wie alle plötzlich
genau 90 fuhren, sobald ich im Rückspiegel auftachte, und rechts ran fuhren, wenn ich den Blinker setzte...
Ich habe immer diese Beamten der Gendarmerie bewundert, die bei fast jedem Wetter im kurzärmeligen Hemd fuhren.
Da entdeckte ich zwei kleine Hebelchen in der Verkleidung: Das ist die Warmluftheizung!

Zunächst brauchte meine neue Gefährtin einen Namen. Weiss, deutsch, mit üppigen Formen: Da denkt der Franzose gleich an
Wagners Walküren. Sie sollte also GUDRUN heissen, und mich auf Europa's Strassen sicher tragen. Und im Zweifelsfall lieber zur Walhalla als zur Hel...

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Stolz wie Oskar fuhr ich sie zunächst mal die 250 Km ans Mittelmeer, wo die Jungs aus dem Moto Club schon zelteten.
Danach gleich in die Dordogne, mit Pascal auf seiner MV Agusta. Uiui...der Hautständer setzte in jeder Linkskurve gefährlich auf,
dass die Funken nur so stoben.
Der Auslager war schon spitz wie ein Messer gefeilt.
Erst danach entdeckte ich den Drehknopf, um das Fahrwerk an meine 120 Kg anzupassen.

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Bei einer kurzen Tour in der Umgebung sah ich dann Tropfen auf dem Boden. Gudrun lief aus!
Mhm: Kein Benzin, kein Wasser, kein Öl...DOT 4!
Die Bremsschläuche waren löchrig, und es war schon fast null Bremsflüssigkeit im Behälter.
Oh Mann!

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Ich habe ihr gern die schimmernden neuen Stahlflexe gekauft, wie Geschmeide für meine dicke Diva,
auch wenn ich schlucken musste:
Fast 4 Meter Bremsschlauch insgesamt! Von den Hebeln zur ABS-Zentrale unterm Tank, und von dort zu den
3 Radbremsbrücken.
Dazu musste Gudrun zunächst mal entkleidet werden. Unter ihrer schmucken Robe sah Gudrun ganz anders aus...

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Aber jetzt, mit neuen Bremsen, sollte die Bewährungsprobe stattfinden: 4000 Km durch Europa, mit Frau und Gepäck!
An den beiden ersten Tagen ging alles gut. Am dritten Tag, in der Nähe von Lille, hing ein Tropfen an der Ölablassschraube des Paralevers. Leider hatte ich keine Zeit, mich darum zu kümmern. Also, Zewa wisch und weg...
Am Nachmittag sah alles immer noch relativ trocken aus. Dann ging es nach Belgien und über Antwerpen nach Holland.
Bei Venlo auf die A 40 und schliesslich auf die A2. Die deutsche Autobahn! Die letzte Oase, wo Mann ganz legal den Hahn aufmachen darf! Einmal kurz 200 Km/h...da kam ein mahlendes Geräusch von den hinteren Kegelrädern. Und dann ein Hopsen, Knacken und Knirschen.
Oh Mann!

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Also Standstreifen und da...lief alles Öl aus dem Hi-Radgetriebe in einem dicken Schwall auf den Reifen, der in Getriebeöl badete,
und das Öl tropfte ebenfalls von den Bremsbelägen, von den Koffern...Ein Stückchen schwarzen Plastik war mal die Dichtung,
die ich jetzt zerrissen und halbiert in der Hand hielt. Sicher waren auch die Lager im Eimer, es klang wie rollende Kugeln.
Mit 40 zur Ausfahrt, und dann die paar Kilometer zur unserer nächsten Etappe. Ohne Hi-Rad Bremse, immer in der Angst, das Hi-Rad könnte blockieren (da hilft keine Hand an der Kupplung, wenn die Kegelräder festgehen, steht das Rad).
Mit dem Bordwerkzeug war da natürlich nichts zu machen. Aber wozu hat man seine deutschen Freunde? Willem kam und brachte Werkzeug. Nobby ludt uns zum Essen ein, um uns aufzuheitern...aber ohne Explosionszeichnung, ohne Teile, ohne Spezialwerkzeug, ohne Internet?
Beim Telefonieren machte man uns auf die BMW-Notfallnummer aufmerksam. Eine Super-Sache: Jeder BMW-Eigner wählt
die +49 89 14 379 479, und wird kostenlos zur nächsten Vertragswerkstatt geschleppt. Eine halbe Stunde später
stand der X5 mit Hänger auf dem Hof, Gudrun fuhr nach Hakvoort in Münster, und meine Frau und ich waren zwei Asphaltcowboys ohne Ross und Eskorte...so eine Notfallnummer hat Yamaha nicht. Böse Zungen behaupten, Yamahas brauchen auch keine...😉

Die Reparatur war schnell und sehr professionnel durchgeführt, und der Preis noch human: 350 Euro. Dank an Herrn Elskamp,
den Werkstattleiter. Mehrere Lager, Dichtungen, Simmerringe.

Jetzt war mir klar: Gudrun ist ein Eskort-Girl mit Zicken. Wie würde es weitergehen, was kommt als nächstes?
Ich sah mich schon mit einem kapitalen Getriebeschaden am Col de la Schlucht in den Vogesen, am Col de la Faucille im Jura,
Am Iseran oder in der Einöde des Zentralmassifs, wo nur der Wind über die erloschenen Vulkane heult und am Tag zwei Autos fahren...

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Vorsorglich habe ich aus dem Landmaschinenshop Mähdrescher-Getriebeöl eingefüllt. 85 W 140.
Das soll Gudrun am liebsten mögen.

Der langer Rede kurzer Sinn: Sie hat uns brav nach Marburg getragen, wo ein anderer Freund sich gerade zu einer
Motorradtour nach Tallin, der Hauptstadt Estlands, rüstete. Auch allein mit Reisedampfer, Frau und Gepäck. Ich sollte doch mitkommen. Aber das wollte ich Gudrun jetzt doch nicht zumuten, die östliche Steppe plus die westlichen Hügel hätten ihr vielleicht den garaus gemacht. Danach Karlsruhe, die Vogesen, das Jura, das Rhone-Tal, Chambéry. Das Zentralmassif, die Dordogne....

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Yes! Wir haben es geschafft. Und Gudrun ist uns jetzt die liebste Reise-Eskorte.
Ausser der Warmluftheizung (die Luft wird vom Ölkühler vorn in der Verkleidung durch Winddruck zum Fahrer geführt)
hat Gudrun ein paar andere nette Extras. Z.B. das mechanische Cruise-Control 🙂. Das ist ein Schräubchen, mit dem man
beim Fahren den Gasgriff in einer beliebigen Position arretieren kann. Zum freihändig durch die Landschanft pflügen...oder
für die Dienstpistole, sofern der Fahrer Rechtshänder ist. So eine Schraube hatte ich damals an der R60/5.

Oder die Ultraschallpfeifen an den Sturzbügeln, zum Wild vertreiben.
Sie verbraucht unter 6 Liter bei voller Zuladung.
Mit dem 26 Liter-Tank macht das eine Reichweite von 450 Km...

Nur bei sehr schneller Kurvenhatz kann Gudrun nicht mithalten, da ist die Bulldog besser, aber eben nicht so bequem. Die Bulldog dient jetzt mehr für die Mittelstrecke, für Fernreisen wird es Gudrun sein.

Yamahas haben keine Notfallnummer. Die brauchen aber auch keine 😁

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3. Juni 2016: Die Gudrun hat jetzt 102.000 Km auf der Uhr, und ich habe ihr gerade eine neue Kupplung von Sachs spendiert und ein gebrauchtes M94 Getriebe in Silber (Das M97 war schwarz). Dank netter Mitmenschen halten sich die Kosten in Grenzen, allerdings ist es viel Arbeit. Bin gerade beim Zusammenbauen und mache eine Pause. In einer Woche wird sie zu neuen Horizonten Aufbrechen:
Über Lourdes nach Santander, über die Picos d'Europa nach Santiago de Compostella, und bis zum Cap Finisterre...die Reise ist erst zu Ende, wenn man für seine Eskorte nicht mehr zu Opfern bereit ist.

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Sat May 30 19:48:29 CEST 2015    |    TDIBIKER    |    Kommentare (14)    |   Stichworte: 1100 Bulldog, BT, Yamaha

Korsika. Schon 2 mal waren wir mit dem Mopped da. Ich ausserdem schon zum Wandern. Die "Insel der Schönheit", wie
sie mit Beinamen heisst, zieht uns immer noch magisch an. Und diesmal sollte es wieder klappen. Und dann kam alles ganz anders.

Pfingsten 2015. Je älter man wird, desto weniger können unsere Betriebe ohne uns. Der Druck ist stark, die Arbeit türmt sich.
Viele von uns hatten nur das lange Pfingstwochenende. Und die Fähre von Genua nach Korsika dauert lang und hat bestimmte Abfahrtzeiten. Zuviel verlorene Zeit. So wollten wir einfach nur gemeinsam Fahren. Am Freitag vor Pfingsten mussste ich bis 5 Uhr arbeiten. Hatte gerade das Nôtigste aufs Mopped gezurrt. Die Anderen grillten irgendwo am Bodensee. Ich sollte sie an der Alpen-Südseite treffen. Wo genau? Inch' Allah, man telefoniert...Die komplette Lederrüstung ist ungewohnt. Schwer und zwickt. Komme mir vor wie ein Ritter auf seinem Schlachtross. Normalerweise fahre ich eher in Jeans und Jet-Helm...Das Schlachtross, die brave Bulldog, hat auch ein paar Kg mehr als gewohnt. Von mir will ich gar nicht reden...😛 Wie weit werde ich heute wohl kommen? Ich bestelle mir ein Hotelzimmer in Montpellier, und los geht's! Zunächst einmal durch Albi in Richtung Millau. Die grandes Causses leuchten im Abendsonnenschein. Es handelt sich um ein karges Hochplateau, das traditionell als Schafsweide genutzt wird. Da das Hotel ab 9 Uhr nicht mehr aufnimmt, muss ich es etwas gehen lassen. Kein Problem: Die Bulldog hat zwar nur 65 PS, aber die sind praktisch immer vorhanden, sobald man rechts dreht...Dagegen sind Dosen eben nur bewegliche Verkehrhindernisse (Spass jetzt😎).
Der "Gouffre de Padirac" und der "Gouffre de la fin du Monde" bleiben schnell hinter mir, das Klima wird mediterraner, und schon taucht Montpellier vor mir auf. Zum Touren hat die Bulldog zwei Nachteile: keinen Hauptständer - und noch nicht mal einen Gepäckträger.
Und einen Treiber, der zu faul ist, da mal Abhilfe zu schaffen. Aber naja - es geht auch so.
Das Arena-Hotel liegt im Industriegebiet an der A9 und ist für einsame, müde Reisende sehr empfehlenswert: Für 50 Euro gibt's
ein sauberes, modernes Zimmer, nette Leute an der Rezeption, gegenüber ein Steakhaus, morgens eine Tanke, und die direkte Verbindung nach Barcelona A9, Clermont-Ferrand A75, oder Marseille A9. Im Zimmer klingelt mein Telefon:" Komm mal zum Bernhardino - oder zum Lago Maggiore - St-Bernard Laaaagoooo Machhhhiiiii" Tuuuuuuuut. Verbindung weg.Ein Blick auf die Karte:
Der Lago ist bei Mailand, Und von den Bernhardspässen gibt es gleich 3: Den kleinen und grossen Bernado, und den Bernadino. Dazwischen liegt die Hälfte der Alpen...Ich bin ja erst mal in Frankreich, daher mach ich mir nichts draus, bis nach Turin muss ich sowieso. Also, nach dem Frühstück geht's bei strahlendem Sonnenschein frohen Mutes gen Osten. Bei Orange verlasse ich die Autobahn und fahre die sehr schöne Strecke nach Gap.

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Da tauchen am Horizont die ersten Giganten auf: Die Alpen! Atemberaubend. Da kommt man aus dem fröhlich warmen Rhone-Tal, und diese finsteren Bergriesen wirken wie aus einer anderen Welt. Und dem ist auch auch so: Die Raumzeit verändert sich, Die Alpen machen aus einer halben Stunde Für 70 Km gar 2 Stunden,
wenn's schlecht lâuft. Die Temperatur sinkt, die Winterhandschuhe werden ausgepackt, die Orte sind dünner gesät. Und aus der romanisch-provenzialischen Lebensfreude wird nordische Trägheit. In der Nähe von Gap war ich mal mit einem Studienkollegen auf einem 2500er: Lang ist her. Damals hatten wir unsere Hâmmer wie Eispickel benutzt um eine verharschte Schneechwächte zu erklettern. Ein Wunder, dass wir damals keine Lawine ausgelöst hatten...
In Gap tanke ich und von Gap geht's nach Briançon, unserer alten Hochburg, die von unseren Lieblingspässen umgeben ist: Col de la Madeleine, Col de la croix de fer, und viele andere. Heute halte ich mich nicht auf, der Tank ist noch voll, und ich fahre direkt durch nach Montgenevra und Italien.

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Jetzt stellt sich die Frage: Wo mag wohl der Rest der Bande hingefahren sein? Da klingelt das Telefon:
" Wir treffen uns in Varese, zwischen Lago Maggiore und dem Lago di Como, zwischen Lugano und Novara...." Wow, das ist ja weiter als Mailand! Egal, ich habe jetzt ein festes Ziel: Meine alten Kumpels sind in Varese, bzw. werden abends dort sein, und ich muss nicht mehr einsam durch die Landschaft reiten, wie bisher...

Nach etlichen Autobahnkilometern auf den unglaublich teuren italienischen Autobahnen (finde ich als Franzose, und das will schon etwas heissen) und gefühlten 10 Mautstationen weiter, fahre ich in Novara ab und will den Rest per Landstrasse erledigen.
Schwerer Fehler. Kilometerlanger Stop&Go, und dann beginnt es zu regnen. Vareses ist eine Enttâuschung: Ein hässliches Verwaltungskaff mit Präfektur. Viel schlimmer: Von den Jungs weit und breit keine Spur. Ich stelle mich unter und konsultiere das Handy: Da ist eine SMS: "Komm nach Cannobio" Ja, aber verdammt, das ist ja am Westufer des Lago Maggiore! Muss ich den ganzen Weg zurück? Ich rufe mal an, da heisst es:" Wir kommen dir entgegen nach Stresa..." Ich fahre immer nasser in die einbrechende Dunkelheit, jetzt wieder Autobahn. Ich habe den intuitiven Fahrstil der Italiener schon kopiert: Einmal nehme ich die falsche Abfahrt, und schiebe das Mopped einfach 30 Meter zurück, wieder auf die Autobahn (pssst - das bleibt unter uns 😉)

Dann endlich ein Zeltplatz, und da sehe ich schon von weitem die dicke GTR 1000, die meine Kumpels mir als Verkehrsschild an die Strasse gestellt haben! Gelobt seien sie, die Brüder! Jetzt hat alle Not ein Ende, und ich kriege noch auf dem Mopped eine volle Flasche lokales Bier in die Hand gedrückt, welches ausgezeichnet schmeckt. Die anderen haben die Zelte schon aufgebaut. Ich habe im Regen so gar keine Lust auch nur abzupacken, sondern gehe erstmal mit den anderen in die Pizzeria...ein verhängnisvoller Fehler.
Denn zuerst gibt ein Bier sich das andere, danach gibt sich ein Weissweinchen ein Rotweinchen und dann wieder ein Weissweinchen - noch ein paar Bier und ein Grappa...und plötzlich stelle ich fest, dass ich schon lange nicht mehr so betrunken war. Ich lege mich einfach so wie ich bin in eines unserer Zelte und, kaum habe ich den Zeltboden berührt, begebe mich ohne weitere Umstände
laut schnarchend und in Lederjacke in das Land der Träume....
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Am Morgen ist mir doch etwas frisch...es ist saukalt, bevor die Sonne ganz aufgeht und die ganze Pracht des Lago Maggiore vor meinen staunenden Augen entfaltet. Diesen Sinn für überschwengliche Pracht besitzt der Italiener in höchstem Mass. Ahhh - erst mal einen Cappuccino! Dieses Getränk war eigentlich von den Österreichern als Kapuziner (Kaffee mit Sahnehäubchen) erfunden worden, aber natürlich von den Italienern zu dem Genuss verfeinert worden, den heute jeder kennt. Dann los zum Frühstücken: Kleine Runde Mopped fahren, zu einer Bar direkt am See. Bei Clubsandwich, Bacon und Rührei beruhigt sich der Vorschlaghammer in meinem Kopf.
Witzig: Auf der Cocktailkarte sehe ich den Harvey Wallbanger....keine Ahnung was das sein mag - jedenfalls nix für mich heute morgen 😛
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Am Nebentisch sitzen 12 junge Frauen in Leder, die so ganz unsere Kragenweite wären: Fahren alle blitzende rote Ducatis, und eine fährt eine grüne Ninja. Ein Frauen-Moppedclub aus Mailand. Also, lächeln und winken...und dann auf in die Berge! Bei Stresa geht ein winziges Strässchen (🙂) Nach Arola, und von da aus weiter nach Biella. Also, Gas! Die Serpentinen sind uneinsichtig und die Strasse nicht viel breiter als ein Wirtschaftsweg. Von oben kommen uns manchmal Moppeds entgegen: Das kann schon mal eng werden. Der Italiener bevorzugt SSP's, wie der Franzose Rennräder. Die Ducatis, MV's, R1 und Fireblades gehen zwar gut, sind für diese engen Winkel aber doch suboptimal. Von hinten schliesst so eine Truppe auf, mit mächtig Gas auf den kurzen Geraden, ordentlichen Bremsmanövern und etwas Gewackel in den Kurven. Der Italiener nennt sie "Smanettoni", was man mit "Gasfreaks" übersetzen könnte. Da 25 Minuten Rennstrecke ungefähr 50 Euro kosten, geht's dann zum Knieschleifen auf Strassen zweiter Ordnung...aber SSP's sind nicht für Strassen zweiter Ordnung ausgelegt. Die sind nicht wirklich schneller als unsere Packesel. Trotzdem fahren wir gutmütig rechts 'ran. Schliesslich sind wir hier nur Gast...nur werden sie jetzt noch ein bisschen langsamer, weil die Radien sich noch mehr verengen. So sind wir in der blöden Situation, dass die SSP's innen fahren und wir aussen, nur dass wir ohne Anstrengung doch schneller sind als die...
Also halten wir an und rauchen uns eine, bis die Strasse wieder frei ist. Kurze Zeit später ist Stau. Jemand winkt uns an der Kolonne vorbei. Der Stau war von einer Ambulanz verursacht. Davor lag eine verbeulte grüne SSP, vielleicht eine Ninja, mit den Hufen in der Luft.
Und direkt dahinter eine geplättete Ducati, die langsam ihren rauchenden Tankinhalt auf die Strasse verteilte, bis das Benzin unter der Leitplanke ins Tal tropfte. Von den Fahrern keine Spur mehr....jedenfalls ein schockierendes Bild, was uns mahnt: Strassenverkehr ist keine Rennstrecke.

Nach vielen schönen Kilometern sind wir schliesslich im Aosta-Tal, haben schon eingekauft, und suchen nach einem geeigneten Platz um die Nacht zu verbringen. Wir fahren in ein Endtal, aber die Berghänge sind zu abrupt, da ist Essig mit Zelten. Egal: Dort hat nämlich gerade ein Rennen stattgefunden: Über 200 Ps starke Renault 5, gegen Eigenbauten. Das Fahrerlager ist noch da, der Sekt steht auf dem Tisch, und wir haben die Gelegenheit mit den Piloten zu reden: Besonders mit 2 Pilotinnen 🙂. Die tragen jetzt nicht etwa Asbestanzüge, sonden knackige, hautenge Jeans und Sandalen mit hohen Absätzen. Cool, extrem cool. Ich lasse mir von Einer ein hübsches Fleckchen auf meiner Karte zeigen, hauche mein "Grazie" und die Erscheinung entschwebt mit wiegenden Hüften....
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Dann das Übliche: Ausschwärmen, Platz suchen, Zelte aufbauen, Feuer machen, Grillen...diesmal an einem verlassenen Haus von 1915,
an einem zugewachsenen Waldweg 1 Km von der Strasse entfernt, mit Wasserfall. Keiner macht sich lang, das Gras ist trocken, und nach dem Essen sitzen wir wir noch bei Wein und Wasser und singen schwermütige Lieder. Einer erzählt etwas von der Blair Witch, und nachts in meinem kleinen Armeezelt denke ich an den Typ, der das Haus mal erbaut hat, wie er wohl gestorben ist, schlafe ein und träume von Skeletten, die irgendwie noch leben...
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Am nächsten Morgen ist der Spuk vorbei und wir trennen uns wieder. War zu kurz dieses Jahr. Ich fahre über den Forclaz und Chamonix
zurück. Die Gletscher rund um das Massif des Montblancs sind eine Augenweide und ein Blickfang. Hier mal das "Mer de Glace".
Die Bulldog, die doch mit ihren Ixil-Tüten heiser bellt, scheint nur ein dünnes Ameisenstimmchen zu haben, angesichts dieser Naturgewalten. Wer sind wir, die wir Jahr für Jahr die Pässe der europäischen Gebirge erklimmen? Ein bisschen Schall und Rauch,
schon bald vergessen. Trotzdem fahren wir immer wieder, solange wir noch einen Lenker halten können. Denn der Weg ist auch das Ziel.

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Wed Dec 31 15:46:10 CET 2014    |    TDIBIKER    |    Kommentare (38)    |   Stichworte: 2014 Zero SR, SR, Zero Motorcycles

Sind E-Bikes die Zukunft?

3 (8,1 %) Na klar! Je eher desto besser!
15 (40,5 %) Die haben eine Daseinsberechtigung
11 (29,7 %) Da fehlt noch die Infrastruktur
3 (8,1 %) Wenn's kein Benzin mehr gibt
5 (13,5 %) Haaau mir ab mit sowas...

Blasse Mutter Ruhr. Und das im Dezember. Der Tag wird zur Nacht, und die Nacht ist taghell erleuchtet. Untertage sowieso, übertage auch. Untertage tropft es, sobald die Pumpen im Bergwerk nicht mehr laufen. Übertage fällt der Regen ungehemmt auf das Kamener Kreuz. Und genau da befinde ich mich jetzt, mit meinem alten Transporter, dem alten 5 Zylinder Pumpe-Düse. Rechts meine Frau, hinter mir mein Wolfshund, der sich fragt, was er hier soll. Und der vermutlich seine sonnigen südfranzösischen Hügel vermisst, so schauerlich heult er manchmal.
Ich hingegen weiss, was ich hier soll. Es ist Heiligabend, aber es wird keine Weihnachtsgeschichte.
Es geht auf die A2, Abfahrt Castrop-Rauxel, zu MKM Motorrad. Da soll ich mal ein Elektro-Motorrad probefahren. Der Himmel ist um 10 Uhr immer noch so grau wie der Asphalt, und es giesst stetig und unaufhörlich, dazu ein steifer Nordwestwind. Anti-Moppedwetter.
« Was soll’s, wir sind ja nicht aus Zucker » fällt mir ein Spruch von damals ein, als ich noch ganzjährig das Ruhrgebiet unsicher machte.
Und « Viel Feind, viel Ehr’ ». Ich werde wohl noch mit ‘nem bisschen Wasser fertig, aber was ist mit dem E-Mopped ? kann das auch Wasser ab?
Kurzschluss, spontane Entladung der Batterie inklusive Grillparty mit dem Fahrer als Wurst ?
Genug Power hat die Batterie auf jeden Fall...
Man sieht, ich habe keine Kenne von E-Moppeds, und stehe der ganzen Sache dann doch eher skeptisch gegenüber.
Bei MKM ist’s dann warm und trocken.

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Eine ganz Menge Moppedvolk steht da schon im geräumigen Laden und harrt der Dinge, die da kommen sollen. Links ist ein geiles kaltes Buffet aufgebaut, und rechts spielt eine Liveband. Der Inhaber scheut sich nicht, selbst in die Saiten zu greifen und sogar seine Stimmbänder zu bemühen, vom Feinsten. Fehlt bloss das Mopped, um das es ja ging.

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« Wie jetzt, Probefahren ? Motortalk ? ich weiss von nichts… » Na, das kann ja heiter werden.
Endlich schiebt er dann aber doch eine Zero RS mit holländischer Nummer in den strömenden Regen raus. Netter Typ. Ob ich denn ‘nen Helm hätte. « Nö ». Dann krieg’ ich glatt noch einen modernen Klapphelm verpasst.Ob ich überhaupt ‘nen Füherschein hätte, schon mal Mopped gefahren wäre ?
« Joa, so ab und an… » Na, dann wär ‘s ja gut.
« Aber Moment mal, wie funktioniert das jetzt ? » frage ich, und komme mir selbst ein bisschen dämlich dabei vor. »Schlüssel um und Ständer hoch, dann leuchtet so’n kleines grünes Symbol im Cockpit. Handbremse ist rechts oben und Fussbremse rechts unten… » Na super, wieder was gelernt... Tatsächlich ist die Zero RS so einfach wie ein Kinder-Laufrad. Leicht, handlich und passt perfekt . Keine Kupplung, keine Gangschaltung, einfach Gas und fäddich.
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Ich muss daran denken, wie wir die GS in Spanien getestet haben – im Flussbett vergraben und so.
Stelle mir gerade vor, ich fahre die ZEro in den Rhein-Herne Kanal, den Datteln-Hamm Kanal, oder in die Emscher - und mache da den Zitteraal.
Aber jetzt heisst es « GO ! ». Beim leichten Drehen des Gasgriffs spürt man, dass die Fuhre vorwärts will, also Visier runter, Füsse hoch, und ab geht’s ins leere, nasse Industriegebiet. Hahn voll auf !
Die 60 PS ziehen sahnig am gezahnten Riemen, und das Mopped geht ab wie Schmitts Katze. Völlig lautlos.
Dickes Drehmoment. Irres Gefühl. Schon zieht der Regen horizontale Schlieren übers Visier.
Gas weg vor der Kreuzung. Die Zero RS rollt unbeeindruckt weiter. Keine Motorbremse, nichts.
Also in die Eisen, die auch ohne ABS selbst im strömenden Regen beide gut verzögern, gut dosierbar,
Prima. Ich fahre die RS 12.5. Die neue 13.5 hat schon alle Helferlein. Als alter Hase brauche ich diesen Schnick-Schnack aber nicht. Links geht’s nach Recklinhausen, und da hat’s auch Kurven. Die RS legt sich spielerisch leicht, nicht zu doll wegen der Nässe, aber das Fahrwerk ist Top. Alles in allem fast zu einfach. Ich stelle sie wieder bei MKM auf den Hof, den extrem soliden Seitenständer ausgeklappt. Lew und Wolfgang sind auch schon da.

Die Zero soll, so wie sie da steht, 11.000 und ein paar Kosten. Die neue 13.5 ungefähr 15.000.
Dafür gibt’s ein E-Bike, das einfacher als ein Pedelec ist, bei jedem Wetter fährt und schneller als viele Motorräder ist. 150 Km Reichweite sollten ausreichend sein. Auf die Batterie gibt’s 5 Jahre Garantie. Also, man kann nichts schlechtes über die Zero sagen. Eigentlich ist alles Top...

Dann besichtige ich mal die tollen Moppeds, die bei MKM so rumstehen. Erster Blickfang ist die Münch Mammut TTS 4. Ist denn da noch mehr ? Jawoll ! Eins meiner Traumbikes, die Mondial Piega.
Dahinter steht eine MV, die nur in 11 Exemplaren gebaut wurde. Extrem umgebaute Harleys.
Getunte Uralt-Boxer mit Rennverkleidung. Eine R 1100 RT mit nur 40.000 Km für ‘nen Appel und ‘n Ei.
Neue Triumph’s mit dem 2.3 Liter-Block werden gerade probegefahren. Eine wunderhübsche 900 SS
wartet nur darauf, dass man ihre Stummellenker packt …und all diese motorisierten Männerphantasien sehen aus wie neu, wie aus dem Ei gepellt. Diese offenen Edelstahltüten, die Vergaser mit den offenen Ansaugtrichtern – besser geht’s nicht. Aber irgendwie überkommt mich jetzt so’n komisches Gefühl. Denn die Zero hat all diese Motorräder im Grunde zu Alteisen gemacht.

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Ich muss an Dampfloks denken. An schmierige Heizer, die mit schwarzen Pfoten den Kessel mit Kohle füllen, um mit langen Abgasfahnen und Donnergetöse ein paar Km/h mehr rauszuholen.
Das waren wir, auf unseren Benzinhengsten. Mit schwarzen Klamotten und schwarzen Fingern Motoren zum Leben erwecken, ihr vibrierendes Herz spüren, und im Donnergrollen des Auspuffsounds zu immer mehr Speed angefeuert werden.
Bei der Zero ist das anders. Die tut, was sie soll, perfekt, ohne Gestank und Gezeter.
Leuchtsymbole, Ruhe, im 6 Uhrstau unserer Metropolen ein perfektes Werkzeug zum zur Arbeit fahren.

Ich verabschiede mich von Lew und Wolfgang und fahre im Bulli über die leere, nasse Autobahn zurück. Es läuft gerade « mixed emotions » von den Stones.

Zwei Tage später sitze ich bei Freunden. « Was hasse denn Heiligabend gemacht ? »
« Da war ich in Castrop-Rauxel, ein Elektro-Motorrad testen. »
« Für Dich ? » Ute lacht sich schief. »Jau ! In den Pyrenäen sind auch überall Steckdosen… »
Und Mattin, der immer nach 200 Km tanken muss, sagt : « Super. Dann bin ich ja endlich nicht mehr der Einzige, der allen Anderen den Schnitt versaut... »
Da weiss ich nix drauf zu erwidern. Ausser vielleicht, dass ich mir keine Zero kaufen werde.
Für Pendler sehr empfehlenswert, ist sie nichts für TDIBIKER. Noch nicht. Vielleicht, wenn die Pyrenäen einst mit Schnelladestationen übersät sind...
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Wed Oct 02 18:37:11 CEST 2013    |    TDIBIKER    |    Kommentare (22)    |   Stichworte: SR125 XL350R CX500 XJ900 BT1100

Wieviel PS sollten es sein, um Spass zu haben?

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Liebe Mit-Talker und Freundes des motorisierten Zweirades,

Lewellyn ist fast allen hier im Forum bekannt, als Kenner seltener Motorräder, Tourguide,
und Verwalter der Frequently Asked Questions. Er fährt eine BMW und bietet im Bikertreff Touren an.

Die 2014er MTBTT soll in die Pyrenäen führen, und um den wilden Südwesten Frankreichs zu erkunden (bislang waren die Seealpen sein Jagdgründe) hat er auf meine Einladung hin kurzerhand einen Flug gebucht. Ich wollte mit ihm mal meine Hausstrecken fahren, er hat das Quartier besichtigt und für gut befunden.

Aber der eigentliche Reiz des Aufenthaltes sollte im "Entschleunigen" liegen.
Denn wenn man ständig um die 100 Pferde in der Hand hat, und diese auch ausnutzt, kann man sich meist zwar an die Beschaffenheit des Asphaltes (oder Schotters😁), die Verkehrsdichte, die Menge und Qualität der Kurven erinnern, aber die grandiose Landschaft und viele nette Details bleiben einfach auf der Strecke.
Zudem waren da praktische Gründe:
Es wartet bei meinen drei "Dicken" die XJ 900 auf ihre Wiederauferstehung, die CX 500 auf ihre Versicherungsplakette, und nur die 1100er Bulldog war tourenfit. Es blieben also zur Auswahl, zum gemeinsamen Touren:

SR 125
XL 350 R
BT 1100

Salat, Schaf, und Wolf Mops. Immerhin eine total disparate Besetzung. Kann man mit diesen so völlig verschiedenen Untersätzen zusammen fahren und Spass haben?

Zunächst haben wir Salat und Schaf bemüht. Lewellyn hat sofort Spass an der 125er gefunden, auch wenn sie unter diesem ausgewachsenen Mannsbild doch etwas filigran wirkte😁😁

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Die SR und die treue 350er haben uns bei gutem Wetter ins Segala geführt: Die Aveyronschlucht, die Viaurschlucht,
Rocher des Anglars, das Château de Thuriès, das Ferroduc und Viaduc de Tanus...

Am nächsten Tag hatte ich dann ein Einsehen, Lew durfte den Mops fahren. Da musste ich mit der 350er schon ganz schön kämpfen, in den Kurven bei Najac, damit er im Rückspiegel kleiner wurde er sich nicht zu sehr langweilte😁.
Da wurde sie mal ein bisschen gedreht und verbrauchte ein wenig mehr als normal...

Lew meinte, der Mops wäre ein bisschen schwammig: Da fehlen vorn 0,3 Bar...und recht hatte er!
Am höchsten Punkt des Massifs (512 M) tat die XLR dann keinen Muckser mehr...kein Benzin mehr...
und natürlich keine Tanke weit und breit. Nur der Wind heult über die einsamen Hügel...

Wir haben dann die XLR zu einem sicheren Ort geschoben und gerollt, und dann habe ich den Mops genommen, und Lew hintendrauf! Satte 220 Kg Lebendgewicht in Socken steckt die Bulldog locker weg. Nach 2 Km goss es allerdings in Strömen....hatte zum Glück eine 2-Teilerkombi auf dem Mopps.
Lew kriegte die Hose-ich die Jacke 🙂

Danach war Basteltag:
-Die XLR mit dem T4 abholen und auftanken. dabei stellte ich fest: kein Öl mehr drin...hat wohl nicht nur Sprit, sondern auch ein wenig mehr Öl genommen als normal. Ein Liter 10W40, und sie ist wieder auf Minimum 🙂. Erfahrene Biker sagen: Lieber etwas zu wenig, als viel zu viel 🙂...

-Die CX wieder zum laufen bringen:Luft drauf, Auftanken, Öl, Batterie ausbauen, destilliertes Wasser drauf, abschmieren...20 Meter schieben, Berg runter rollen WWWRRRUUMMM! Geiler 80er Jahre Sound
aus den kurzen Töpfen. Naja, ab und an mal eine Fehlzündung...

-Danach hat Lew mal das Quad ausprobiert.

Am nächsten Tag musste ich (etwas) arbeiten. Lew bat sich die SR aus. Die ist Klasse für das Motorradwandern auf den weissen Strecken. Als ich nachmittags, von der Arbeit kommend, die steile
Strecke am Steinbruch hochfuhr, kam mir ein grüner Blitz entgegen! Ich hatte kaum Zeit, mit der Lichthupe zu grüssen, da war er auch schon wieder hinter der nächsten Kehre verschwunden, der Lew! 125er mögen langsam sein, wenn's Berg rauf geht...Berg runter geht die Lutzie ab, wenn man sich traut!

Abends hat Claire wieder für uns gekocht, und wir haben uns mit Rosé unter die Milchstrasse gesetzt
und Podcasts über schwarze Löcher gehört, während wir Sternschnuppen vorbeiziehen sahen.
Ein helles Aufglühen, und wieder Nacht und Zikaden.

So, nu issser wieder in Deutschland, ich sitze hier immer noch im MT- T-shirt und freue mich an den deutschen Moppedzeitungen, die er mir mitgebracht hat. Endlich wieder Lektüre aus dem Lande des Motorrades! Und fand die drei Tage wirklich toll. Es geht nichts über das Fahren mit routinierten, guten Leuten. Und Lew ist sicher einer der Besten! Nochmal, Danke Lew.


Mon Sep 02 16:24:07 CEST 2013    |    TDIBIKER    |    Kommentare (14)    |   Stichworte: 1100 Bulldog Spanien

Ende August, das Wetter hier in Süd-Frankreich ist herrlich. Die Brombeeren sind reif, die Sonne
steht am blauen Himmel, September geht die Arbeit los, aber jetzt ist noch August...

Abends stehen dann die Sterne am Himmel, die ganze Milchstrasse, es ist schon 22 Uhr...
Da ruft mich ein ein alter Kumpel an, André, ein bekannter Name in der hiesigen Motorradszene.
Er und sein Bruder René sind die "Guzzi-Brüder".
Ob ich nicht kurz nach Spanien herüberwollte,
Christophe hätte ihn überredet, angesichts des guten Wetters und seiner neuen GS. Drei Tage, in unserem alten Hotel..."Du weisst schon 😉 *zwinker*."
"Wann get's los?"
"Morgen früh...."
"Spinnst Du?"
"Kommst Du?"
"OK"

10 Uhr soll's losgehen, ich fahre diesmal ohne Gepäck, nur mit Werkzeug, Regenklamotten (es soll ja schön bleiben) und Wasserflasche.

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Keine Wechselsachen, nix, drei Tage kann man wohl im eigenen Saft schmoren, zumal es genug Tümpel auf dem weg gibt, und das Hotel hat auch 2 Swimming-pools.
OK. Wenn die Guzzi Brüder 10 Uhr sagen, bedeutet das meistens: "Trink noch einen Kaffee, ich muss nur eben schnell die Ventile einstellen😁" Aber diesmal ist wirklich nur schnell Öl nachkippen angesagt.

Denn Christophe steht schon mit seiner GSA 1200 (GS 1150) full Options auf'm Hof. Seine Tochter hinten drauf. Inklusive Schminkköfferchen. Christophe ist alter Endurist und Grobstoller-freak, seine Waffe ist
normalerweise die KTM 450. Deshalb hat seine GS auch Speiche und grobe Stollen, alles nur vom Feinsten. Dann brummt auch ein Flat-Four und gesellt sich zu uns. Aus unerfindlichen hat René die 1100 Goldwing vom Seitenwagen geschraubt und die 1000 SP zuhause gelassen. Nu, denn.
André's 850er Le Mans III erwacht zum Leben, seine Frau klettert hinten drauf, und es geht über Landstrasse die 200 Km zu den Pyrenäen und der spanischen Grenze.

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Wir fahren "Old-school" d.h. etwas über der erlaubten Geschwindigkeit...😉 Die GS ist hinten.
An der Tanke trödel ich ein bisschen, die anderen sind schon weg, da geb' ich Gas und von weitem sehe ich die GS Koffer. Ich klemm mich dahinter und muss sagen: Prima Windschatten!
Wo ich doch mit Jethelm und Hochlenker fahre.

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Dann geht's die Pyrenäen hoch, die GS ist hinten.
Dann geht's die Pyrenäen runter, die GS ist hinten.
Endlich hört die Strasse auf, und wir fahren Piste. Die GS ist vorn! Und zieht eine 15 Meter hohe
und 100 Meter lange Wand aus Staub und kleinen Steinen hinter sich her. Wir nehmen alle Gas
weg *hüstel, Spotz" und fahren ohne Sicht weiter, immer der Wolke nach.
Nach 8 Km wird der Schotter tiefer, vorn hat sich die Wolke gelegt.
René jammert über seinen "frisch gereinigten Luftfilter"😁
Wir suchen einen Pfuhl, um uns den Staub aus den Ohren zu waschen.
Die GS übertreibt dabei ein bisschen...

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Bis zu den Köfferchen eingegraben, versucht Christphe sie freizuschaufeln.
Der Vorteil ist, er hat sogar Badehose und Sandalen in den Koffern, was die Arbeit angenehmer gestaltet.
Zum Glück ist die Besatzung von Goldwing und Bulldog da, um ihm aus der Patsche zu helfen.
Die Besatzung der Le Mans hat schon ein Wasserloch aufgetan und suhlt sich in der Brühe, während wir noch Hand anlagen.

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Eine Guzzi Le Mans mit Stummeln und Sozia im Gelände zu fahren, ist nicht jedermanns Sache.
Für André die leichteste Übung.
Abends im Hotel versorgen wir zuerst unsere braven Hengste.

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Die Le Mans wirft ordentlich Öl vom Hinterradgetriebe auf die schmalen Reifen.
André zuckt die Achseln. Solange noch was drin ist...😎
Dann vergnügen wir uns mit Cana Lemon und Sangria, nach dem Essen mit Cuba libre... Fortsetzung folgt.

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Trotz Cuba libre fällt das Aufstehen leicht, denn wir befinden uns in einer der schönsten Gegenden
Europas. Ich will jetzt nicht über die Geologie reden, die springt Jedem direkt ins Auge. Schliesslich befindet sich ebendort der geologische Nationalpark der Pyrenäen. Die Berge, wie blaue Elefanten am Horizont. Die Schluchten und Canyons mit ihren Wasserfällen...einfach unbeschreiblich. Ich habe meine Zelte schon an vielen Orten aufgeschlagen, aber die Sierra de Guara ist einfach magisch.
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Die Bulldog hat ihr Öl noch über Minimum, Die GS wurde im Bach gesäubert. Die brave GL 1100, mit ihrer selbstgebauten Gabelversteifung, die jedem deutschen TüV-Prüfer die Haare zu Berge stehen lassen würde, macht mahlende Geräusche im 5ten Gang. René beschliesst, im 4ten zu fahren. Die Le Mans hat auch Morgens noch Öl im Hinerradgetriebe. André vermutet, dass da Getriebeöl über den Kardantunnel in die Kegelräder sifft und über die Entlüftung herausgedrückt wird. Er muss es wissen, er kennt die Maschine wie seine Westentasche.

Wir halten in einem Ort, mit seiner Festung aus dem 9. Jahrhundert nach Christus, die von Arabern erbaut wurde. Dort bleiben stolze alte Spanier vor der Le Mans stehen, stellen Fragen, wollen sie gar kaufen...Dazu muss man wissen, dass diese Maschine in Spanien unter Franco der Traum einer ganzen Generation war. Damals gab es kaum schwere sportliche Maschinen in Spanien, die damaligen Motorradfans mussten mit Sanglas vorlieb nehmen. Aber auf der Rennstrecke von Montjuic, in Barcelona, kamen sie mit den schnellen Guzzis, MV's, Tritons und Dresdas in direkten Kontakt. Damals wurde an der Rennstrecke gezeltet, Es gab keine Trennung zwischen Paddock und Publikum, alle waren gleich begeistert, und jeder Abend endete in einer Mega-Fiesta, zwischen Sangria, Joints, kulturellem und genetischem Austausch🙂
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Die Jungen bleiben eher vor der elefanthaften GS stehen und bewundern die Zusatzscheinwerfer,
wie Brillianten für eine dicke Diva (400 Euro/Stück), das Mäusekino, die Koffer...
Vor meiner Bulldog bleibt fast niemand stehen...da zweifelt man doch am Verstand dieser Spanier! 🙄😁, zumal Renés Eigenbau-GL auch nicht bewundert wird.

Als Ausblick mochte ich folgendes sagen: Solange das Motorrad Eigeninitiative erlaubt, sei es technisch, sei es fahrtechnisch, solange man improvisieren und selbermachen kann, ist es nicht tot.
Es ist ein formidables Mittel des Brückenschlags zwischen Kulturen, zwischen Generationen, ein Gerät des Kennelernens, des Austausches. Lasst uns weiter Hügel erklimmen, Flüsse durchqueren, selbst
die angemessene Geschwindigkeit bestimmen 😉, an den Dingern basteln und mit anderen Benzingespräche führen. Die junge Generation ist schon in den Startlöchern, Gott sei Dank. Amen und aus.
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Fri May 24 13:31:31 CEST 2013    |    TDIBIKER    |    Kommentare (5)

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Pfingsten, 2013. Die Jungs kommen extra aus Deutschland, um mit mir zu fahren. Normalerweise komme ich nach Deutschland. Diesmal kommt der Berg zum Propheten, wie man so schön sagt. Aber ich will ihnen schon entgegenfahren, das ist klar. Ein Blick aus dem Fenster: Eine gewaltige Cu-Nimb löst die nächste ab, dazwischen mal ein Blaues Loch, dazu giesst es wie aus Eimern. Extreme Windböen, Aufwinde, Fallwinde und 12 Grad Mittags. Ist das jetzt die globale Erwärmung, oder schon der Beginn der nächsten Eiszeit? Sowas kennt der Südfranzose nur aus "the day after". Ein Blick auf das Regenradar - gleich kommt's noch dicker. Also schnell auf den Bock und los. Die Anderen zelten irgendwo zwischen Dijon und Besançon, ich fahre erstmal in die grobe Richtung Clermont-Ferrand. Schön auf Nebenstrecken. Nach einer Stunde ist die Kombi durch, und meine 15 Jahre alte "Held Strada" beginnt sich vollzusaugen. Gut, dass die Papiere und alles, was einen Micro-Chip besitzt, in Gefrierbeuteln wasserdicht verpackt sind. In Aurillac traue ich meinen Augen nicht. Das ist kein Regen mehr - es schneit! Dabei fahre ich unten im Tal, auf der grossen roten Landstrasse! Zum Glück dann ein Tunnel.
Am Ausgang ist Schneesturm, mit Sichtweiten unter 10 Metern. Ich fahre flugs in den nur für Personal bestimmten Servicebereich und warte den Schauer ab, zittere mich warm. Zum Glück bleib's nicht liegen.
Dann kommt sogar ein Wolkenloch - und weiter geht's, diesmal mit Spass. Der Metzeler Roadtec Z6, sehr langlebig, rutscht ein bisschen, gerade wenn's nass ist, bleibt dabei aber gutmütig. So mag ich das. Ich treffe meine lieben langjährigen Freunde und Fahrtgenossen in Roanne, und wir übernachten im goldenen Adler in Thiers: Recht empfehlenswert, mit einer grossen Garage für die Moppeds und einem netten, wenn auch geschäftstüchtigen Aubergisten. Vor allen Dingen ist gut geheizt!
Am nächsten Morgen ist trocken, wir überqueren die A 75 auf Nebenstrecken und sind dann im Nationalpark der Vulkane der Auvergne. Da fehlen eigentlich die engen Kurven und Spitzkehren, weil die etwa 12000 Jahre alten Asche- und Lavaschichten nur ein sanftes Relief bilden. Aber danach, bei Besse, Superbesse und so weiter, geht's dann richtig zur Sache. Bis es wieder regnet...Im Cantal, im Aubrac, glotzen uns die zotteligen Hochlandkühe an. Moppedfahrer - bei dem Wetter? Aber es passt schon. Gerade wenn man sich ein warmes Aligot mit etwas Schweinernem gönnt. Das wärmt von innen. Bei Puy Mary sind die Cols geschlossen - zuviel Schnee. Wir fahren auf der sehr schönen "Route des Crêtes" nach Süden...

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dann kommt der Sonnentag, den wir uns verdient haben. Und genau an der richtigen Stelle. In den Gorges du Tarn. Wie immer einfach wunderschön, und ein Paradies für Moppedfahrer. Wir zelten oben auf dem Plateau, finden halbwegs trockenes Holz, und grillen. Bei knapp 1000 Höhenmetern friert das Wasser in den Tassen nur nicht, wenn man viel Pastis als Frostschutz zugibt. So etwas hat der Südfranzose noch nicht erlebt. Oder vielleicht sehr viel früher, als der Cro Magnon auf den Neandertaler traf...🙂

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Sat Oct 13 21:13:31 CEST 2012    |    TDIBIKER    |    Kommentare (7)    |   Stichworte: 1100 Bulldog, BT, Yamaha

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Anders als Afrika, ist Europa ein Kontinent für Hektiker. Mit einer 125er ist da nicht viel zu machen.
Höher, schneller, weiter. Was die Moppeds angeht: teurer, stärker, dicker. Besonders mit meinen deutschen Bros&Sis geht es immer richtig zur Sache. Jedes Jahr fahren wir eine gute Woche zusammen. In dieser einen Woche fahren wir aber mehr als manch Einer im ganzen Jahr.
Bis zu 5000 Km, bis zu 8 Länder....
Und zwar seit mittlerweile 30 Jahren. Das läuft immer auf dieselbe Art und Weise ab. Der erste Tag ist Anfahrt. Meist treffen wir uns irgendwo in Deutschland. Für mich sind das gut 1350 Km...
Anreise ist einfach auf den Bock klemmen und los, so schnell und wenig ermüdend wie es gerade geht.
Also Autobahn oder gerade, schnelle, bereite Strasse. Nach 500 Km geht das los mit den Schmerzen.
Dann sind es nur noch 850 Km🙂

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Haben wir uns erstmal wiedergefunden, geherzt und geküsst, und auf unser Wiedersehen
ordentlich angestossen, geht es dann am nächsten Morgen los. Wohin? Dahin wo die Sonne scheint und Kurven warten, sich klare Flüsse, Wälder und Wiesen zum Lagern anbieten...
In's Gebirge. Und jetzt nicht etwa via Autobahn, sondern je kleiner die Landstrasse, je schmaler der Pfad, desto besser. Denn nur da kann der diesjährige "Spitzkehrenkönig" ausgefahren werden.
Gegen 6 Uhr wird dann eingekauft, und mit den von Wein und Bier beschwerten Lastkrafträdern
nur so weit gefahren, bis wir einen guten Lagerplatz finden. Dann gibt es in der Abenddämmerung
meist noch eine kleine Enduroeinlage mit unseren 300 Kg Moppeds, die auch immer für viel Spass sorgt, besonders bei denen, die schon mit der Büchse Bier und der Kamera in der Hand auf den fatalen Fehler des Kameraden warten😎
Das weitere Programm des Abends: Zeltaufbauen, Feuerchen, grillen, Mucke machen, singen, (Zeltaufbauen😎)....
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Ist ein Bach oder Fluss in der Nähe, umso besser. Dann gibt es auch eine richtige Morgenhygiene.
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Aber das eigentliche Spannende passiert dann. Faahhnn...Pässe fahren im Hochgebirge.
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Nach all diesen Kilometern, Entbehrungen, Gefahren und Völlereien
hat man sich dann auch ein wenig Entspannung verdient. Man gönnt sich ja sonst nix😉😉

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Hoffe diese Bilder haben euch Lust gemacht auf unsere Art des Motorradreisens. Liebe Grüsse und bis demnächst in den Alpen oder Pyrenäen, TDiBiker
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Thu Oct 11 15:51:58 CEST 2012    |    TDIBIKER    |    Kommentare (14)    |   Stichworte: 125, SR, Yamaha

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A.D. 2011
Liebe Biker,

Eines Tages im Jahre 1996 wollte meine Frau, die begeistert hinten drauf mitfährt, eine eigene Maschine.
Sie durfte nur 125er fahren. So kam es, dass wir beim selben Yamaha Händler, bei dem ich zwei Jahre zuvor eine fast neue XJ 900 erstanden hatte, eine ganz neue grüne SR 125 kauften.

Um es gleich vorweg zu nehmen - die SR hatte einen lauen Lenz in ihrer Garage. Nur sehr selten
durfte sie mal ein wenig Frischluft schnuppern.

Bis ich eines Tages mit meinem guten Freund JJ sprach. Der hat Familie in Marokko.
Sein Schwiegersohn, der Hamid, ist ein Berber aus der dortigen Steppe. Ein Wort gab das andere,
und so beschlossen wir, mit dem Motorrad dorthin zu fahren. Das Problem war:
JJ hat nur eine Kymco 125. Trotzdem ist er ein echter Biker im Herzen und Gründungsmitglied
unseres Moto Clubs. Da erinnerte ich mich der schnuckeligen kleinen Yamaha meiner Frau.
Jau, wir würden gemeinsam zu den Berbern fahren, mit Kymco und Yamaha!

Allerdings hatte ich einige Bedenken. Würde das kleine Maschinchen meine 110 Kg
plus Gepäck so weit, auf einen anderen Kontinent, tragen?

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Unser MC, Der Bürgermeister, und das ganze Dorf gaben uns eine rauschende Abschiedsparty.

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Am nächsten Morgen regnete es in Strömen. Während die anderen ihren Rausch ausschliefen,
machten JJ und ich uns auf. Gen Süden, immer gen Süden! Doch da standen uns als natürliche Barriere
zunächst einmall die Pyrenäen im Weg. Auf einer 125 wird man genauso nass wie auf einer grossen Maschine! Und kalt ist es auch, selbst wenn man z. T. nur mit 40 Km/h die Bergflanken hinaufkriecht...

Wenn man den Pyrenäen- Hauptkamm überquert, wird normalerweise das Wetter schlagartig besser.
Diesmal nicht! Es regnete nur umso heftiger.
Völlig durchnässt nach 6 Stunden fahren machten wir Pause in einem spanischen Busunterstand.
Da warf uns eine plötzlich Windböe beide Mopeds um! JJ brach es einen Blinker ab, und mir den Kupplungshebel. Zum Glück konnte ich mit dem Stumpf noch kuppeln. Das fing schon gut an.

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In Albaloa de Cinca kamen wir bei der charmanten Maria Eugenia unter, und konnten unsere
nassen Klamotten gegen Feuchte tauschen. Es wurde Ostersonntag. Um 5 Uhr morgens ging es los
mit Kirchenglocken und Singen. Wir haben uns dann schnell auf die Moppeds geschwungen und
sind mit der aufgehenden Sonne losgefahren. Gen Süden, immer gen Süden! Von der Calle auf die Pista. Immer schön auf Nebenstrecken. Wenn man so gemütlich durch Zentralspanien tuckert, mit einem Durchschnitt von 60 Km/h, sieht man viele verlassene Fincas, verlassene Pueblos,
kilometerlange Brandschäden, und einmal sogar - ein verlassenes Kraftwerk!
Das hätte Prima als Fimkulisse für eine Postapokalypse getaugt: Als Garage für den Challenger
von Mad Max, immer auf der Suche nach Benzin. Wir haben das Problem nicht:
Meine SR braucht 3 Liter auf 100 Km, hat also eine Reichweite von gut 300 Km. Die Kymco
schafft dank ihres grösseren Tanks sogar 400.

Am dritten Tag, in den andalusischen Olivenhainen, brach mein Kupplungshebel ganz.
Ich bin dann ohne Kupplung in die nächste Stadt gefahren, wo ich einen Husquvarna
Hebel in einem Landmaschinenshop aufgetrieb. Den haben wir solange mit dem Leatherman
bearbeitet (Säge und Nagelfeile), bis er einigermassen passte.

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Witzig: In Andalusien bestand unser Frühstück ausser dem obligatorischen Olivenöl auf Brot,
nur aus Schweinereien mit mehr oder weniger Chilis und Pepperonis:
Während es auf der anderen Seite des Mittelmeeres gar nix schweinernes mehr gibt: Ist alles Hallal....
Das ist die Schweinegrenze an Europas Südseite.
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Dann endlich Malaga, die Küste, Gibraltar und die Fähre!
Die Überfahrt nach Ceuta dauert ungefähr 45 Minuten.

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Ceuta ist eine spanische Enklave auf dem schwarzen Kontinent.
Am Zoll nach Marokko wimmelt es dann von selbsternannten Helferlein, die Dir deine Fahrzeugpapiere abnehmen wollen, um Dir gegen ein kleines Bakschisch die Formaltäten zu erleichtern. Denn die Frau des Zollbeamten ist eine Nichte zweiten Grades ihres Vetters.
Sonst würde es stundenlang dauern...Aber mit oder ohne Hilfe - lang ist es immer.
Marokko ist ein Königreich, und Mohammed der sechste seines Namens hat alles im Griff.
In jedem Bui-Bui hängt sein Foto...das ist Pflicht.

Manche Hauptstrassen sind asphaltiert und richtig gut zu fahren. Nur manchmal, vor Brücken,
merkt man das man nicht in Europa ist. Da wird als "sleeping policeman" einfach ein Haufen Erde auf die Strasse gekippt. Das hält dann bis zum nächsten Regen.
Ah ja. Wenn es regnet, dann regnet es. Und manche Hauptstrassen sehen dann nicht mehr
wie eine Hauptstrasse aus. Sondern wie eine Tapirsuhle😁

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In den Restos hat man die Wahl zwischen Coca, Kawa oder Athei. Der exzellente Pfefferminztee
ist immer vorzuziehen. Wein trinken in der Öffentlichkeit ist verboten. Ich habe es einmal geschafft,
in einem Motel nach westlichem Vorbild, eine Flasche Wein zu bestellen. Das geht so: Du bestellst
eine Cola, und der Kellner bringt Dir versteckt eine offene Flasche Wein, die Du dann unter den Tisch stellen musst. Heimlich giesst Du Dir dann das Colaglas mit Rotwein voll...
Ich nehme an, das sich diese Regeln in den Badeorten an der Küste sehr gelockert haben. Im Inland sind Sie gültig!
Das Essen ist gut und reichlich. Kouskous, Tadjin, Kefta...nur sollte man immer eine volle Packung Smecta dabei haben. Die afrikanischen E-Colis haben leichtes Spiel mit verzärtelten europäischen Därmen.😁

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Nach der Hauptstrassse ging es über Nebenstrecken zu unseren Berbern. Diese sind befahrbar wenn es trocken ist, auch mit Strassenmoppeds. Nach dem Regen kommt selbst eine Vollenduro nicht durch, weil der Tonboden die Räder blockiert.
Da geht der Lehm bis zu den Achsen. Das beste und einzige Verkehrsmittel ist der Esel.
Um zu den Weidegründen von JJ's Familie zu kommen, müssen wir 5 Kilometer auf dieser Art Piste fahren.
Da wurde erstmal ein Schaf für uns geschlachtet, und wir mussten essen, bis wir fast platzten. Wobei der Familienvorstand
uns immer die besten Stücke mit der Hand auf den Teller legte. Immer mit einem freundlichen Nicken und dem Wort: "Kull" (iss).
Wir konnten "Baraka" oder "ssaffi" (genug!) sagen, so viel wir wollten 😉

Bei den Schafshirten auf dem Lande macht der Islam durchaus Sinn, wie die christliche Religion
im 19. Jahrhundert in Europa. Wenn man Schafe hütet, bringen die 5 Gebete einen gewissen Rhytmus in den Tag, ein bisschen sprituellen Überbau, in ein ansonsten recht monotones Leben.
Nahrung produzieren, essen, beten...manchmal in die Stadt reiten, manchmal besuchen und besucht werden, manchmal dem Ruf des Muezzin folgen und in die Moschee gehen, und anschliessend auf den Sukh, kaufen was man nicht selbst produzieren kann und verkaufen was man produziert hat....der Islam hat dieselbe Rolle wie damals die Kirche bei uns.

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Wir hatten in Mekhnes geschäftlich zu tun, und haben natürlich die Gelegenheit genutzt, für die Familie einzukaufen. Auf dem Sukh, wo lokale Erzeugnisse feilgeboten werden.

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Wie es weitergeht, ist persönlich, und auch ein bisschen politisch, und gehört nicht hierhin.
Nur soviel, dass wir nach 16 Tagen und 3800 Km ohne nennenswerte Panne wieder in unser kleines gallisches Dorf zurückgefunden haben. Das wurde dann wieder eine Mega-Fiesta, bis in den frühen Morgen!😛😛😛😛😛😛
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