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Fri Jul 01 00:21:47 CEST 2016    |    British_Engineering    |    Kommentare (16)

Europa-Wahl

Europa – kaum etwas erhitzt die Gemüter momentan so sehr wie dieser Begriff. Manchen ist die Gemeinschaft nicht eng genug, andere möchten einen eher lockeren, auf rein wirtschaftlichen Interessen basierenden Verbund und wieder andere sind gerade dabei, dem Projekt den Rücken zu kehren.

Werfen wir einen Blick zurück, in die Zeit, als der Begriff „Europa“ noch fast durchgängig positive Emotionen weckte und bei vielen die intellektuelle Phantasie beflügelte. Ins Jahr 1979, zum Beispiel. Im Mai haben die ersten Europawahlen stattgefunden. 61,99% der Wahlberechtigten in den damaligen neun EG-Staaten sind dem Ruf an die Wahlurnen gefolgt, in Italien sogar 85,5%. Im Jahre 2014 lag die Wahlbeteiligung für das europäische Parlament bei EU-weit 43,09%.

Eine andere Form der Europa-Wahl soll in den kommenden Zeilen vorgestellt werden: die Wahlvorschläge in der automobilen Mittelklasse dieses Jahres 1979.

Aus Italien kommt der Fiat 131 Mirafiori CL 5S. Die Baureihe 131 trägt ihren Herstellungsort, das riesige Werk Mirafiori am Rande von Turin, im Namen. Das „5S“ steht anders als bei Audi nicht für einen Fünf-Zylinder-Motor, sondern für „5 Speed“, also fünf Gänge. Dies ist in der europäischen Mittelklasse ende der 70er Jahre tatsächlich noch eher Ausnahme als Regel. Was die Italiener technisch sonst bieten, ist guter Durchschnitt. Unter der Haube sitzt ein 1,6 Liter Motor mit seitlicher Nockenwelle und 75PS. Ansonsten bietet der Fiat eine geräumige Karosserie, einen mit 400 Litern angenehm großen Kofferraum, eine reichhaltige Serienausstattung, wenig Geräuschdämm-Material und ziemlich dürftigen Federungskomfort. Die Dämpfung fällt nämlich reichlich schwach aus und die starre Hinterachse macht durch gelegentliche Trampelbewegungen auf sich aufmerksam. Das Auto ist bereits seit 1974 im Verkauf, hat aber 1978 eine umfangreiche Überarbeitung mit neuer Front- und Heckpartie sowie total renoviertem Innenraum erhalten. Die mehr als 1.000 deutschen Fiat-Händler bieten den 131 Mirafiori CL 5S für 13.675DM an.

Der Fiat 131 zeigt sich im Alltag als recht rauhes, dafür umso robusteres Fuhrwerk. Nicht ganz zufällig gewinnt Fiat mit ihm 1977, 78 und 80 die Marken-Weltmeisterschaft im Rallye-Sport und der legendäre Walter Röhrl wird mit ihm 1980 Rallye-Weltmeister.

Der französische Beitrag zum europäischen Markt der Möglichkeiten heißt Renault 18TS. Die modern gestylte Limousine ist im Sommer 1978 auf den deutschen Markt gekommen und präsentiert sich durch und durch als Kind der Grande Nation: Das Fahrwerk ist betont weich ausgelegt, die Sitze sind ebenso auf der ganz weichen Welle unterwegs und die 79 Pferdchen ziehen an der Vorderachse. Der Motor hat seine Feuertaufe bereits im Renault 16, der 1979 gerade am Ende seiner langen Karriere steht, bestanden. Er ist aus Leichtmetall gefertigt, hat eine seitliche Nockenwelle und reagiert allergisch auf hohe Drehzahlen, überzeugt aber mit günstigen Verbrauchswerten.

Innen gibt es neben viel Platz ein wohnliches Ambiente mit Velourspolstern in teilweise kräftigen Farben, doch ist der TS das einfachere Modell mit dem 1,7 Liter-Motor. Drehzahlmesser, Gummileisten auf den Stoßfängern oder fünf Gänge sucht man hier vergebens. Dieses bietet nur der teurere GTS. Die 13.865DM sind aber ein fairer Kurs für den Franzosen. Etwas getrübt wird die Freude lediglich durch den unbefriedigenden Geradeauslauf und die hakelige Schaltung.

Die deutschen Farben werden durch den Opel Ascona B 1.9N Luxus vertreten. Er vereinigt mit Gradlinigkeit, Solidität und Zuverlässigkeit eine ganze Reihe von deutschen Tugenden in sich. Der Ascona kann mit allen. Er kommt bei der deutschen Zwei-Kinder-Familie genauso gut an wie beim Pensionärs-Ehepaar mit Satteldach-Garage oder dem (pseudo)sportlich orientierten Vierthand-Nutzer, der ihn mit Breitreifen, Sebring-Spiegeln, Windsplit und Hartgummi-Heckspoiler seinem ganz persönlichen Geschmack entsprechend aufrüstet. Das Fahrverhalten des Asconas ist über jeden Zweifel erhaben. Der Ascona hat auf zigtausenden von Rallye-Kilometern seinen Mann gestanden und lässt sich selbst durch ahnungslose Hektiker hinter dem Lenkrad nicht aus der Ruhe bringen. Der dürftige Federungskomfort ist die Kehrseite der Medaille. Opel hat sich in den 70ern die Kritik an seinen früheren schwammigen Fahrwerken zu Herzen genommen und verfolgt nun den Kurs „hart aber herzlich“.

Mit 1,9 Litern Hubraum schenkt der Ascona großzügig ein. Das zahlt sich durch ein gutes Durchzugsvermögen bei niedrigen Drehzahlen positiv aus. Leider fallen auch die Trinksitten des Motors aus der CIH-Reihe in die Rubrik „großzügig“. 12,5Liter Normalbenzin schickt er durchschnittlich durch seinen Solex-Fallstromvergaser. Genauso wie der Fiat verfolgt auch der Opel eine beachtliche sportliche Karriere, die im Jahre 1982 mit dem Gewinn der Rallye-Weltmeisterschaft durch Walter Röhrl gekrönt wird. Überhaupt sind sich die beiden vom Charakter her recht ähnlich. Der Ascona punktet mit seiner routinierten Verarbeitung und den zahllosen Kombinationsmöglichkeiten aus Motoren, Ausstattungsversionen, Sportpaketen und Zusatzausstattungen, während der Fiat mehr Platz und einen sparsameren Umgang mit dem Sprit bietet. Wer den Ascona mit 1.9N-Motor, Luxus-Ausstattung und vier Türen wählt, ist mit 14.724,01DM dabei.

Großbritannien ist für mich – auch als künftiges Nichtmehr-Mitglied der EU – ein integraler Bestandteil Europas. Außerdem fühle ich mich, wie mein Benutzername schon sagt, dem längst untergegangenen Teil der britischen Automobil-Industrie verbunden. Also muss auch ein Brite in diesem Vergleich vertreten sein. Da für den in seiner Heimat weit verbreiteten Morris Marina hierzulande bereits 1975 der Vorhang gefallen ist, kann dies nur der Austin Maxi sein. Der hat im Jahre 1979 bereits ein ganzes Jahrzehnt auf dem Buckel. Die Karosserie mit vier Türen und großer Heckklappe sowie Ladekante auf Stoßstangen-Niveau ist prinzipiell absolut zeitgemäß, doch zeigen Details wie die sehr steil stehende Frontscheibe, die geradezu zerbrechlich wirkenden Stoßstangen und der chromüberladene Kühlergrill mit den Rundscheinwerfern das Alter des Maxis. Wer die Fahrertür öffnet und sich in den Engländer setzt, macht einen Ausflug in eine komplett andere Zeit. Das Armaturenbrett ist ein absolut gradliniges, mit Holzfurnier belegtes Brett, auf dem verschiedene Kipp- und Zugschalter sowie Kontrollleuchten ziemlich großflächig verteilt sind. Ablagen sucht man abgesehen vom Handschuhfach vergebens. Das Kurshalten geschieht mittels eines großen Lenkrades mit dünnen, bakelit-artigem Kranz, das auch einem alten Henschel-Lastzug gut zu Gesicht stehen würde.

Die meisten der 172 deutschen Käufer des Maxi im Jahre 1978 wird das nicht gestört zu haben, denn das wirklich Spannende befindet sich hinten: Die Rücksitzbank kann nicht nur nach vorn, sondern auch nach hinten umgeklappt werden. So entsteht bei ebenfalls zurückgeklappten Vordersitzlehnen ein praktisches Doppelbett. Der Kofferraum ist im Normalzustand mit 285 Litern relativ klein, kann aber auf mehr als 1300 Liter erweitert werden. Außerdem darf nicht vergessen werden, dass der Maxi gerade mal 4,03m lang ist – gut 30cm weniger als der Renault, Fiat und Opel. Auch beim Preis ist beim Austin weniger offensichtlich mehr. Er kostet in der einzigen in Deutschland lieferbaren Version mit 1,75 Liter-72PS-Motor, fünf Gängen und HL-Ausstattung 12.570DM.

Der Reigen schließt sich mit einem Kandidaten aus Schweden. Das skandinavische Land ist wegen seiner immerwährenden Neutralität im Jahre 1979 noch kein EG-Mitglied, doch ist der Volvo 345GL bei genauerem Hinsehen Inhaber eines Doppelpasses. Volvo hatte nämlich 1975 die PKW-Sparte der niederländischen Firma DAF gekauft und somit nicht nur die ältlichen DAF 66-Modelle geerbt, sondern auch einen fast zuende entwickelten Schrägheckwagen. Dieser DAF 77 wurde 1976 als Volvo 343 auf dem Markt eingeführt und fiel zunächst durch eine ganze Reihe von zweifelhaften Eigenschaften auf. So war auch hier wieder die stufenlose Variomatic von DAF an Bord, die nicht allzu gut zum von Renault zugekauften 1,4 Liter-OHV Motor passte, das Armaturenbrett wirkte weder aufgeräumt noch solide und überhaupt gab es zahllose Klagen über die Verarbeitungsqualität des im niederländischen Born gebauten Fahrzeugs. Volvo arbeitete mit bemerkenswerter Akribie die vielen Mängel des Autos ab und siehe da, das Produkt konnte sich Ende der 70er durchaus sehen lassen. Lediglich der drehmomentschwache, stets angestrengt klingende Motor aus Renaults in den 70ern allgegenwärtiger Reihe Cléon Fonte blieb dem Auto bis zu seinem Produktionsende im Jahre 1990(!) erhalten, auch wenn es in den letzten Jahren zumindest Alternativen gab.

Für den Volvo, der seit Sommer 1978 auch mit einem sehr leichtgängigen Vier-Gang-Schaltgetriebe angeboten wird, sprechen das gute Platzangebot im Innenraum, der variable Kofferraum samt großer Heckklappe, die ordentlichen Sitze und die vergleichswiese komplette Ausstattung. Allerdings kostet der Wagen auch mit 15.500DM im Feld der Mitbewerber am meisten (obwohl er größentechnisch und vom Motor genau zwischen der Kompakt- und der Mittelklasse liegt), genehmigt sich reichliche 11 Liter des guten Superkraftstoffes und fällt durch eher schwache Fahrleistungen auf. So ist bei Tempo 150 schon das Ende der Fahnenstange erreicht, während die Konkurrenten bis zu 160 (Renault) laufen.

Zum Abschluss stellt sich die Frage, welcher Kandidat es denn nun sein soll. Make your choice …

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Mon Feb 08 17:46:38 CET 2016    |    British_Engineering    |    Kommentare (39)    |   Stichworte: 1995, Fähnchen-Händler, Gebrauchtwagen, Inzahlungnahme, Katalysator, Nissan, Opel, Passat, Prämie, Verschrottung, VW

Nachdem ich im letzten Frühjahr schon einmal ein paar Zeilen zu den Fähnchenhändlern in den 80er Jahren geschrieben hatte, folgen heute ein paar Impressionen aus dem folgenden Jahrzehnt. Auch hier nochmal der Hinweis, dass die Person Alfred Becker sowie sein Gebrauchtwagen-Handel rein fiktiv sind.

Der Morgen hatte nicht gut angefangen. Alfred Becker wurde von der Radionachricht über die Ermordung Jitzchak Rabins am Vorabend in Tel Aviv geweckt. Politik gehörte nicht zu Beckers bevorzugten Interessegebieten. Sie berührte ihn nur soweit, als die Benzinpreise an der Tankstelle und die allgemeine wirtschaftliche Lage im Land betroffen waren. Ging es den Leuten gut, tauschten sie eher ihr altes Auto gegen ein neueres, größeres oder schöneres. Dann lief’s auch für Alfred Becker gut. Dümpelte die Wirtschaft vor sich hin, war’s auch bei Becker mau.

Zum Thema „Israel“ und „Frieden in Israel“ hatte er kürzlich einen Bezug bekommen, als er einen Nissan Bluebird an einen hier lebenden Israeli verkauft hatte. Selten in seinen 37 Jahren im Gebrauchtwagen-Gewerbe hatte er einen Menschen gesehen, der sich dermaßen über das erworbene Auto freute. So waren sie etwas näher miteinander ins Gespräch gekommen. Der Israeli, ein hier an der Universität arbeitender Physiker, hatte erzählt, dass er monatelang eine preiswerte Limousine mit Klimaanlage gesucht habe, die er vielleicht eines Tages in sein Heimatland mitnehmen könne. Er würde gern wieder zurück gehen und durch den nun fast unumkehrbaren Friedensprozess sei das ja im Bereich des Möglichen. Der Bluebird würde ihm bestimmt noch jahrelang gute Dienste leisten. Robust, zuverlässig, im Bedarfsfalle einfach zu reparieren. Und eben mit Klimaanlage versehen, denn die wäre ja im norddeutschen Sommer schon nicht schlecht, in Israel aber fast lebensnotwendig. Becker war froh, einen Käufer für den kantigen Japaner gefunden zu haben. Neun Jahre alt, 125.000km, dritte Hand, kein Kat, der rote Lack schon etwas ausgeblichen, eine nachgerüstete Klimaanlage als einzige Besonderheit.

Das Geschäft war schwieriger geworden in den letzten zwei, drei Jahren. Zu gern erinnerte sich Becker an die Zeit direkt nach der Wende, als die Kunden ihm fast alles aus den Händen rissen. Und das, obwohl die Grenze zur Ex-DDR vom heimischen Hildesheim gut 100km entfernt war. Einen mäßig gepflegten Talbot Horizon, der in sieben Jahren durch nicht weniger als fünf Hände gegangen war, hatte er für stolze 7.200 Mark verkauft und auch an eine Ford Taunus Limousine in Grün-Metallic mit Automatik und vollem RS-Spoilerprogramm dachte Becker lächelnd zurück. Wie viele Wochen hatte dieser Wagen in Beckers wöchentlichem Zeitungsinserat gestanden? Das bizarr ausgestattete Auto hatte die besten Chancen, als Beckers größter Fehleinkauf aller Zeiten in die Annalen einzugehen. Er hatte sogar schon überlegt, ihn einfach der freiwilligen Feuerwehr für Übungszwecke zu schenken. Dann kam aber im Frühjahr nach der Wende ein Familienvater aus Quedlinburg und kaufte den alten Ford im Trainingsanzug ohne Preisverhandlungen innerhalb einer halben Stunde -so als habe er jahrelang auf genau dieses Auto gewartet.

Dies alles lag nun schon eine Weile zurück. Zu Boom-Zeiten hatte eine ganze Reihe weiterer Gebrauchtwagen-Händler aufgemacht: Auto 2000, Star-Car, Auto-Basar Basani und noch einige mehr. Einige waren schnell wieder verschwunden, doch andere schienen genau zu wissen, was sie taten und verfügten offensichtlich auch über Quellen für gute Autos. Bei Star-Car standen immer mal wieder gepflegte Audi 100 C3 oder BMW 5er E28 in der ersten Reihe und auch alte Golf oder Kadett Diesel mit hoher Laufleistung für Niedrigstpreise waren stets im Angebot. Für Alfred Becker dagegen schien die Suche nach guten Fahrzeugen immer mehr zum Kampf zu werden. Viele Hersteller boten ihren Kunden 2.500 oder manchmal sogar 4.000 Mark Prämie an, wenn sie ihren alten Wagen ohne Kat abgaben und einen Neuwagen kauften. Insbesondere Opel und Ford brachten Becker mit dieser Verkaufsstrategie zur Verzweiflung.

Ein gepflegter, älterer Kadett E mit möglichst wenig Rost ließ sich immer verkaufen, doch gingen diese Kadetten oder auch Ascona C und Sierra sehr oft im Rahmen der Verschrottungsaktion zu den Vertragshändlern zurück. Becker sah sie dann oft hinter den Werkstatthallen in einem mit Stacheldraht eingezäunten Areal stehen. Dem Hochofen-Tod Geweihte, die teilweise noch nicht mal die 100.000km-Marke überschritten hatten. Becker kam nur noch zum Zuge, wenn Leute keinen Neuwagen kauften, sondern einfach ein Auto loswerden oder im Segment der Gebrauchten wechseln wollten.

An diesem grauen Novembermorgen, der so schlecht mit der Schreckensnachricht aus dem fernen Israel begonnen hatte, schien sich endlich mal wieder ein für Alfred Becker lohnenswertes Geschäft anzubahnen. Ein alter Knabe kam mit seinem Passat 32B Schrägheck auf den Hof gerollt. Er schälte sich mühsam mithilfe eines Stocks aus dem Passat und kam dann in Beckers Holzhäuschen vorn auf dem Platz. Nachdem er umständlich Platz genommen hatte, nahm er ein dickes Paket aus seiner Aktentasche: ein Serviceheft voller Stempel von „Dost Automobile – dem Schlüssel zur Wirtschaft-lichkeit“, die Neuwagenrechnung von Mai 1984, alle Reparatur-Rechnungen der vergangenen elfeinhalb Jahre, alle TÜV- und ASU-Berichte, ein Original-Volkswagen Lackstift Gambiarot und natürlich der Fahrzeugbrief mit nur einem Eintrag und die Bedienungsanleitungen für das Fahrzeug selbst und das Volkswagen-Radio „Puebla CR“.

Anhand der ganzen Unterlagen hatte Becker nun schon erfahren, dass es sich bei dem Passat des vor ihm sitzenden alten Knaben um ein CL-Modell mit 75PS handelte, dass mit einigen Extras im Frühjahr 1984 21.145DM gekostet hatte und dem letzten Serviceheft-Eintrag vor wenigen Monaten zu urteilen jetzt knapp 90.000km auf der Uhr haben müsste. Becker ließ sich die Schlüssel geben, schenkte dem alten Herrn einen Kaffee ein und ging den Passat anschauen. Was ihn empfing, war Bürgerlichkeit im besten Sinne: Ein rundum gepflegtes Auto mit Kantenschonern an allen vier Türen, Schmutzfängern, nachgerüsteten Hella-Nebelscheinwerfern und Colortweed im Farbton „Saiga“. Am Armaturenbrett kündete ein kleiner Aufkleber vom VAG-Partner davon, wie es mit der Anschnallpflicht zu halten sei: „Es wird gebeten solange angeschnallt zu bleiben, bis das Triebwerk zum vollständigen Stillstand gekommen ist.“

Becker kam zurück in sein Holzhäuschen, bevor der Passat-Eigner überhaupt seinen Kaffee ausgetrunken hatte. Man wurde sich schnell einig. Das Auto wurde für 3.900DM angekauft. Der alte Herr würde fortan auf den gelegentlichen Fahrservice seines Schwiegersohns zurückgreifen und Becker hatte wieder ein gepflegtes, gut verkäufliches Auto mehr auf dem Hof stehen, das die Reihen der frühzeitig gealterten Alfa 75, weit gereisten Mercedes 240D W123 und übel malträtierten Kadett GSI aufwog. So war auch zu verschmerzen, dass am Nachmittag mal wieder jemand vorfuhr, der Becker eine andere Art von älterem Passat andienen wollte: Variant Diesel, 272.000km, vollkommen verschlissene Stoßdämpfer, rutschende Kupplung, aufgerissene Kunstleder-Polster, zerbrochene Seitenverkleidungen im Laderaum, Windschutzscheibe mit sechs Schweizer Autobahn-Vignetten, leere West-Schachteln in allen Ablagen und ein Beleg über einen Ölwechsel im Jahre 1992 bei der „Garage Claude Soumartin, Charleroi“ waren hier die Eckpunkte.

Um diesen Seelenverkäufer halbwegs vorzeigbar zu machen, müsste Beckers Meisterschrauber Milan Sonderschichten schieben. Und das war schon allein deshalb kaum denkbar, weil Milan momentan mehr am Radio die Berichte über den Krieg in seiner Heimat Bosnien-Herzegowina verfolgte als unter irgendwelchen Autos zu liegen. Mehr als ein Mal hatte er schon ein ernstes Gespräch mit Milan geführt. Sogar ans Rauswerfen hatte er schon gedacht. Aber was würde aus dem Laden ohne Milans handwerkliches Geschick werden? Wer würde sich dann um die Perlen aus den Rentnergaragen und die gnadenlos aufgebrauchten Kilometerfresser kümmern?

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Thu Oct 15 16:17:51 CEST 2015    |    bronx.1965    |    Kommentare (70)

Die Geschichte vom Kauf unseres Opel Monza.

Anfang 2013, ich hatte gerade unseren Hof etwas geleert und einige Omega und einen Rapid meistbietend unter die Leute gebracht, da erreichte mich eine PN eines guten Freundes aus der Schweiz hier auf MT:

"Sag mal, hast Du Bock auf einen Monza? Dein Bengel hat doch da mal was gesagt. Sowas hattet ihr ja wohl noch nicht, oder?"

"!!!!"

Ich: nee, wieso? Er: "ich hab da eine interessante Occasion" Es folgte ein Link, welcher einen guterhaltenen Opel Monza zeigte, der ganz offensichtlich in seinem Leben nur wenige Kilometer zurücklegen musste und auch sonst ein wohlbehütetes Dasein gehabt hatte.

"Verkauf wegen Nichtgebrauch." Diese Aussage machte mich letztendlich stutzig, sowas ist ungewöhnlich. Lange Rede, kurzer Sinn, Telefonat nach CH:"Kümmer dich mal darum, kannst Du den mal anschauen?" Mein Freund konnte und sendete mir 3 Tage später ein knappes Kilo an Daten und Bildern. 🙂 Fazit: guter Zustand, weit besser als das was man hier zu Lande unter 'best offer' verstand.

Nachfrage von mir beim Verkäufer, ja, der ist noch zu haben. Dünnes Eis! 🙄 Anhand von Bildern ein Auto zu kaufen, das hatte ich noch nie gewagt! Egal, getan, der Preis war nicht existenzgefährdend. Also Ticket bei Easy-Jet gebucht! Mein Bengel und ich, jeweils 169 EUR. SXF-Basel. Eigendlich nicht wirklich teuer. 🙂

Freitag Mittag, ich hole den Burschen von der Arbeit ab, ein guter Freund bringt uns zum Airport. Abflug 13:30. Landung 15:10 in Basel. Zugfahrt nach Bern, 90 Km. Alles geht gemütlich, typisch Schweiz. Und das macht mir dieses kleine Land erneut äusserst sympathisch.

In Bern dann eine Fahrt mit einem O-Bus Richtung Wohnort des Anbieters. Dort angekommen musste ich erstmal tief Luft holen, denn der Verkäufer erinnerte mich stark an den Ricola-Kerl aus der Werbung, ("wer hat's versaut? Wer genau?") 😁

Nun denn, Probefahrt gemacht, der Kahn lief gut. Die 3 Gang Automatik befleissigte sich zu diskretem Hochschalten, ohne das charakteristische *Wupp* verschlissender Bremsbänder. Ein wichtiges Indiz, was gern mit muss mal nachgestellt werden erklärt wird. 🙄 Der Verkäufer war dahingehend ehrlich und geizte nicht mit Aussagen! Bremse hinten top, Vorne eher naja! Die Schweizer MFK hatte der Kahn jedenfalls bestanden, wenn auch nicht ohne den Hinweis mit der baldigen Fälligkeit der vorderen Bremse. Ein Zustand, den wir hier daheim umgehend abstellten!

Samstag früh 07:00 Uhr, wir fahren nach Lörrach zum Verzollen, es ist leer, alle 3 Zöllner liegen auf dem Fensterbrett und sind anschliessend rührend bemüht, uns bei dem ganzen Procedere zu unterstützen. Ich hatte bis dato noch nie einen Karren aus einem Nicht-EULand importiert! Ausser vor ca 20 Jahren einen Golf II aus LT. Aber das ist eine andere Geschichte. Kurzum: die Herren waren äusserst fit, boten mir gleich noch die Unbedenklichkeitsbescheinigung § 12 Abs. 4 FZV an. Mittlerweile soll sie nicht mehr erforderlich sein. Europa muss ja auch für was gut sein! 😁

Nachdem wir das durchdekliniert hatten, bestanden die Herren Zöllner noch auf einer Proberunde, mehr aus Vergnügen, denn aus Pflichterfüllung. 🙂 Nur zu gern! Wir drehten also einige Runden mit Monzi auf dem weiträumigen Platz der Abfertigungsstelle. Danach gab es ein deftiges Frühstück, ein Kanister Öl wurde gekauft (schliesslich standen knapp 1000 Km Heimfahrt bevor und erzählen kann man ja viel). Von daher, lieber auf alles gewappnet sein! 😉

Was soll ich sagen, die restliche Heimfahrt verlief völlig unspektakulär. Einmal wurden die Bremsen warm, was eher der langen Standzeit geschuldet war (Verkauf wegen Nichtgebrauch), ein anderes mal monierte die Gemischfabrik selbiges mit etwas Ruckelei. Aber, alle diese Macken verloren sich nach ca 200 gefahrenen Km. Was meine These stützt, ein Auto welches nicht bewegt wird, ist verloren. 😉

Echt lustig waren die zahlreichen Fragen und Aussagen bei unseren beiden Tank- und Raststopps. Von "Was issen das für einer" über "hanoi, do het ihr aber a schönes Käschtle" bis hin zum Schlüsselsatz der Ü-60er: "so einen hatten wir auch mal" war alles dabei. 🙂 Der Sympathie-Faktor war erstaunlich hoch.

Ich würde so einen Trip jederzeit wiederholen, nur die Angebote werden auch dort mittlerweile dünner oder bewegen sich preislich in Regionen, die nicht meine sind. Hobby soll Hobby bleiben. Vom sog. Garagengold oder "Oldie als Investment" halte ich dagegen gar nichts. Aber Jeder wie er mag. 🙂

In diesem Sinne,ich hoffe, Euch hat meine kleine Geschichte gefallen. Bronx.

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Fri Oct 09 21:43:58 CEST 2015    |    MrMinuteMan    |    Kommentare (19)

Es gibt eine Zeit, die mathematisch noch gar nicht so weit weg ist. Und deren Zeitzeugen sogar noch Leben. Quasi direkt um die Ecke. Sagen wir vom Standpunkt 2015 aus vielleicht 40 oder 50 Jahre zurück. Aber wenn wir diese Zeit mit heute Vergleichen, dann kommt es einem vor als ob wir von einer Zeit 400 oder 500 Jahre weiter zurück reden.

Kalter Krieg, Blockstaaten, schon mit Ende 20 das eigene Häuschen, dazu Frau und ungefähr zwei Kinder. Am Sonntag wird zur Kirche gegangen und dann der Wagen gewaschen. Ersteres zumindest auf dem Dorf. Aber Auto von Hand waschen, dass war damals noch groß in Mode. Selbst in einer Szene von Manta Manta ende der 80er kann man noch sehen, wie eine ganze Reihe von Herren wochenends am Straßenrand steht und zur Fußballübertragung im Radio das geliebte Auto wäscht.

Allgemein war das mit dem Auto damals noch irgendwie anders. Mit dem Auto kam die Freiheit. Wer ein Auto hat war was. Die erste Fahrt nach Italien und somit war das Stück Blech mit Reifen sogar so was wie ein Familienmitglied. Ganze Städte wurden dem Auto zu Reifen gebaut. Wer kein Auto hatte wollte eins und wer eins hatte wollte ein besseres.

Das Auto gehörte einfach dazu. Zur Familie, zum Alltag. Unabkömmlich. Und der Autokauf selber war eine Sensation an sich. Mit der ganzen Familie in guten Klamotten zum Händler, dem Herrn Schmidt, Meyer oder Müller im kleinen Autohaus an der Ecke. Das neue Modell bestaunen, welche technische Innovation ist dieses Jahr vom Himmel gefallen? Komplett neue Achskonstruktion, Fahrzeuge ohne Schmiernippel, Vergaser, Motoren bei denen man das Ventilspiel nicht mehr einstellen muss. Eine Innovation jagt die Nächste. Vom Sicherheitsgurt über den Airbag zum ABS.

Der Rost frisst die Fahrzeuge im Gegensatz zu heute zwar quasi im Zeitraffer auf, aber dafür gibts nach 7 Jahren schon das nächste Modell. Und das ist so um Welten besser, dass man den alten Karren dann schweren Herzens aber doch erleichtert an irgend einen Studenten für ein paar Mark verkauft. Zur Not noch mal durchschweißen das Ding und dann wirds auf irgend einer Semesterferienparty irgendwo zwischen Flensburg, Hammerfest, Schottland oder Italien verheizt.

Anschließend kommt der Blechhaufen zu einem Verwerter, wo er wie hingeworfen liegt. Öl sickert ins Grundwasser, Teilegeier kreisen und dann kommt das Ding in den Schredder. Oder weit draußen aufem Dorf wo keiner so genau hinschaut, wird so was auch schon mal in einer Grube verscharrt, einer Scheune vergessen oder anderweitig entsorgt.

Klingt irre. Aber soll so in der Art wirklich alles mal passiert sein. Wenn man sich da heute anschaut.

Der End-Zwanziger mit Eigenheim und 2 Kindern samt Ehefrau ist heute eher eine Randerscheinung. Genau wie die glückliche Familie im Inhaber geführten Autohaus um die Ecke. An die Stelle der gemütlichen kleinen Autobude sind große Ketten getreten, die sich teilweise quer durch die Republik erstrecken mit dutzenden von Filialen in lichtdurchfluteten und durchgeplanten Glaspalästen.

Auch der Autoerwerb an sich hat sich etwas, aeh, verändert. Wer heute unter 75 ist, überlegt sich oft dreimal, ob er überhaupt ein Auto kauft. Auf Motor-Talk sicher etwas schwer vorstellbar, aber gerade wenn ich mich unter meinen Altersgenossen kurz vor und nach 30 umhöre hör ich immer öffter die Worte "naja ich brauch ja eins, aber lieber würd ich zur Arbeit mit dem Fahrrad. Es kostet halt so viel" (original O-Ton!).

Ein anderer Freund meiner Person könnte sich mit seinem Gehalt locker den ersten Benz frisch vom Händler leisten. Wäre früher wahrscheinlich auch so passiert, heute fährt er lieber mit dem Dacia durch die Gegend. Auto? Draußen vor der Tür. Sonst noch Fragen? Die letzte Generation, die das Auto als muss betrachtet, marschiert gerade geschlossen ins Altenheim. Was sie hinterlässt, sieht man auf ebaykleinanzeigen und mobile unter der Rubrik "Rentnerfahrzeuge".

Zum Teil perfekt gepflegte Fahrzeuge der 90er und frühen 2000er Jahre mit oft lachhaften Kilometerleistungen (BJ 92 und 75.000 KM) die nach dem ableben oder fahruntüchtig werden ihres letzten Besitzers weg müssen weil die Erben nicht wissen wohin damit.

Ringt man sich dann doch durch ein Auto zu kaufen, geschieht das meist aus wirtschaftlichen Zwängen. Meistens beruflichen. Und da ist der freundlich grinsende Verkaufskater im Glaspalast oft die allerletzte Adresse. Geld ist knappe wenn man von Zeitvertrag zu Zeitvertrag hangelt. Entweder ein guter Gebrauchter mit Rest-TÜV oder wer mehr auf der Bank hat plündert die Leasinghalde.

Den hier kommt der nächste kulturelle Umbruch. Wurden viele Autos früher über Privat in den Markt gebracht, ist es heute das Leasing. Irgendwie müssen all diese Autofabriken am laufen gehalten werden, also wird der Wagen erst im Attraktiven Leasingpaket an gefühlt 1 Drittel Privatkunden verliehen und zu 2 Dritteln an Firmen.

Laufzeit 4 Jahre, attraktive Verzinsung, Werkstattbindung, maximale Kilometerleistung pro Jahr und Wertgutachten am Ende der Leasingdauer mit Option auf Kauf über Restwert. Da is überhaupt nix mehr mit "Autoromantik" und dem Geruch von Neuwagen genießen. Ökonomie bis auf den letzten Cent. Und gewaschen wird nicht mehr von Hand am Samstag, sonder für 12 € (wenn überhaupt) in der Waschanlage schnell nach Feierabend.

Hat der Leasingwagen diese erste Hürde genommen, müssen die mit etwa 50- bis 100.000 KM belasteten Reste unters Volk gebracht werden. Rabatte, Rabatte, Rabatte. Umtauschprämie, Geld für Ihren Gebrauchten und wer heute in Lederhosen kommt bekommt nochmal 1.000 € geschenkt. Raus mit der Scheisse, von hinten drücken schon wieder 20 Kombis die von der Firma XY zurückkommen nach und der Hof ist eng.

Der Alltagswagen als Stolz, gar als Familienmitglied? Klar, in ein paar letzten Ecken gibts das sicher noch. Aber ansonsten gilt die Planung bis auf den Cent und möglichst günstig. Wirds der nicht wirds ein anderer. Autos werden einem an jeder Ecke hinter her geschmissen. Die Höfe müssen irgendwie leer werden, bevor sie vor gebrauchten Altlasten zusammenbrechen.

Ist der Wagen dann ein mal in Privathand, wird die Sau weiter gehetzt. Auch hier erfolgen punktgenaue Berechnungen, wie viel der Wagen in Wartung und Verbrauch kostet. Zu verschenken hat heute keiner was. Und auch die Kilometerbelastung. Wer ein Auto heute hat, braucht es. Entsprechend sammeln die Kisten Kilometer.

Die offizielle durchschnittliche Jahresfahrleistung eines deutschen Autofahrers liegt bei etwa 15.000 KM mit Tendenz richtung 20.000 KM. Die Fahrzeuge sammeln Kilometer wie andere Bonuspunkte. Schnell sind die 150.000 überschritten, schon kommen die 200.000. Und damit die ersten Reparaturen. Injektoren tot, Steuergerät fritte, ein Unfall oder irgend ein anderes teures Aggregat können da schnell das aus bedeuten. Investieren oder den nächsten von der Leasinghalde picken? Wieder der Griff zum Taschenrechner. Merke, dass Auto ist nur noch ein Haufen Blech. Ein notwendiges Übel.

Wird die Investition dann zu teuer, landet der Wagen schnell mal beim zertifizierten und umweltschonenden Verwerter. Auf großen Plätzen findet man zum Teil überraschend junge Fahrzeuge, eine kleine Auswahl davon gibts in der Bildergalerie. Alternativ geht der Wagen zum Polen oder Afrikaner. Ab ins Ausland und in Polen wird der Wagen für einen Bruchteil der deutschen Kosten wieder flott gemacht und buckelt dann weitere Jahre.

Oder man fährt den Wagen doch weiter. Warum auch wechseln? Die Zeiten der wirklich großen Innovationen ist vorbei. Der Sprung vom Verbrennungsmotor zum Elektroauto landete irgendwie im Graben und der Wasserstoffwagen lässt sich bitten.

Wo früher komplett neu gestaltete Motoren, komplett neue Achsaufhängungen, neue Sicherheitskonzepte und weniger Wartung (Schmiernippel und Ventilspiel) standen, bietet der neue Wagen heute eine Kaffeetasse die mir sagt ich bin müde, einen Stellmotor mehr im Sitz, ein beheizbares Lenkrad oder eine Verbindung zu Facebook. Steh an der Ampel. Yolo!

In Zeiten von knappen Kassen allerorts, kann man damit privat nur noch Leute mit Geld oder einem wirklich Spleen fürs Auto hinterm Ofen vorlocken. Der Sprung vom Golf 6 zu 7 sieht selbst der Autonarr erst nach dem er zweimal hingeschaut hat, ein Astra H ist jetzt nicht wesentlich anders als ein Astra J und die 0,5 Sekunden mehr Beschleunigung die man vielleicht vom Mondeo MK-4 zu 5 bekommt interessieren kaum einen wenn er mal wieder in der Baustelle vor dem Büro festhängt.

Klar. Bleibt das Design. Aber das ist wieder so eine Sache für Leute, die Autos als "Freund- und Familienmitglied" ansehen. Wie neulich jemand zu mir sagte auf meine Frage was für ein Auto er will: "Hauptsache sicher, es fährt und frisst mir nicht die Haare vom Kopf."

Schöne neue Autowelt. Je nach dem wie mans sieht.

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Sun Oct 04 08:40:39 CEST 2015    |    bronx.1965    |    Kommentare (81)

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Heute haben wir den 3. Oktober.

Der Tag der deutschen Einheit. Dies ist zwar ein Autobezogener Blog, dennoch, ein paar Gedanken zum Datum seien gestattet. Das alles ist jetzt 25 Jahre her, ich war damals halb so alt wie heute, also 25 🙂 Man fuhr Wartburg und Trabant, Moskwitch und Lada, Skoda und Polski-Fiat (den Lizenz-Bau des 125er Italianos), Dacia 1300 und die "geliftete" Variante 1310, welche sich besonders durch unterirrdische Verarbeitungsqualität auszeichnete. An Transportern dominierte in den Strassen der Barkas B-1000, TV 41 aus rumänischer Produktion (Werk Autobuzul), diverse russische Modelle und einige wenige eingeführte VW T3.

Damals wohnte ich noch in Berlin, gegen 18:30 kam die berühmt-berüchtigte Schabowski-Meldung. Alles hörte ungläubig zu und brauchte erstmal Zeit um zu realisieren: was hat dieser Typ da eigendlich jetzt gerade gesagt? Wir dürfen (können) rüber? Einfach so?

Keine Frage, alle hinein in meinen Trabant, ab zur Sonnenallee. Zum kürzeren Ende derselben! 😁 Als wir ankamen war die Bornholmer Strasse bereits offen. An der Sonnenallee spielte sich alles mit etwa halbstündiger Verspätung ab.

Dort angekommen, wurde man förmlich "durchgesaugt" von den Massen und ich musste erstmal realisieren das ich jetzt wirklich "drüben" bin! Die vor Aufregung angeschwollene Blase forderte ihr Recht und ich pinkelte voller Inbrunst erstmal besagtes Schild "you are entering the american sector" an, um zu realisieren: ich bin wirklich hier! Kein Traum, keine Fata-Morgana.

Wir gingen dann die "Sonne" (wie der Berliner besagte Allee in Ost und West gleichermassen nennt) herunter und landeten im Taxi-Eck. Eine typische berliner Eckkneipe. Lustiges Detail: gegen Null Uhr erschien ein Jeep der American Military-Police. Sie suchten, ähnlich wie die Feldjäger der Bundeswehr heute, wahrscheinlich Soldaten die irgendwas verbrochen oder überschritten hatten. 😁
Völlig überrascht von den Ereignissen fingen sie mit uns German Kacksackern eine Unterhaltung an. Auch "German Bolschie" war ein oft gewähltes Attribut. Sie wussten es ja auch nicht besser, genau so wenig wie wir. Die Stimmung lockerte sich merklich, als der "Führende" des Kommandos kurzerhand befahl: Whisky, for all, Asap! Wir sassen bis um Vier am Morgen. 😁

Trotzdem musste man ja am nächsten Tag sein Ding leisten. Um Sieben war also Arbeitsbeginn. Nur, die Hälfte der Kollegen fehlte.

Eines war damals bereits jedem halbwegs aufgeklärten Menschen klar: nichts bleibt so, wie es ist! Es war der Anfang vom Ende. Wie wollte man auch den Leuten eine Weltanschauung erklären, ohne das sich diese die Welt anschauen durften?

Wie habt ihr diesen Tag erlebt? Was habt ihr empfunden? Heraus damit!

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Fri Oct 02 21:13:36 CEST 2015    |    MrMinuteMan    |    Kommentare (15)

Vorweg: Dieser Artikel ist ein Zwei-Personenartikel. Der kursive Teil sind dabei Bronx1965 Anmerkungen zu meinem normal geschrieben Teil. Quasi die "Beobachtungen eines Blechtouristen". Und nun zum Text:

Hoher Besuch aus Berlin hatte sich angekündigt. Nicht der Bundespräsident, nicht die Bundeskanzlerin, nicht der Typ dem das Brandenburger Tor gehört oder der Berliner Bär persönlich standen auf meiner bescheidenen Fußmatte, sondern bronx1965 persönlich. Welch Glanz in meiner marmeladenverklebten Schwartauer Hütte.

An dieser Stelle will ich als der Angesprochene mal anmerken, das wir das schon ewig vor hatten. Ich wollte der wunderschönen Hansestadt, welche sich ja in unmittelbarer Nachbarschaft unseres Minutenmannes befindet, längst wieder einmal einen Besuch abstatten. Die letzte Visite datierte aus dem Jahr 1996. Dementsprechend verblasst waren meine Erinnerungen. Ein ausführlicher Trip durch die Altstadt, auf der sich Rocket als fundierter Kenner von Lübecks Höhepunkten erwies, erneuerte meine latent vorandene Begeisterung für die Hansestadt. Ein gelungener Abend bei unserem Lieblings-Mexikaner rundete den Tag kulinarisch bestens und perfekt ab!

Nach einem entspannten Donnerstag, kamen wir zum Höhepunkt seiner Audienz hier oben. Ein Trip nach Hamburg! Und da Bronx noch einen Auspuff für seinen Renault Megane brauchte, war klar wohin die Reise geht. Pilgertour zu Deutschlands größtem Schrottplatz! Kniefall vor dem Gott des Blechgemetzels.

In Berlin gibt es schon lange keine 'do it yourself' Schrottplätze mehr. Von daher war die Tour eh gesetzt! Visuell und Ergebnisorientiert.

Also rein in den Bus und runter nach Norderstedt. Besser gesagt, so zick-zack quer rüber. Vernünftige Ost-West Verbindungen sind Schleswig-Holstein selten geläufig, daher gings erst mal auf der 1 runter und dann durch den Hamburger Speckgürtel wieder mühsam nach oben.

Wobei mir mal wieder auffiel, wie verworren und verbaut die Hamburger City ist. Auch die Dauerbaustellen auf der BAB weckten das altvertraute "Willkommen daheim"-Gefühl! Alles wie in B.

Vor Ort angekommen herrschte erstaunlich viel Betrieb. Vom brandneuen Golf bis zum alten Elch stand alles auf dem Gästeparkplatz und zwängte sich durch den Eingang. Auch Bronx und ich marschierten durch den Eingang ins Gebäude. Disneyland für Altblechfreunde, nur ohne grinsende 2 Metermaus mit Ohren wie eine sowjetische Abhörstation. "Willkommen auf dem Spielplatz" waren meine Worte und das war es auch. Den das ist es im Grunde. Ein riesiger Spielplatz für Altblechfreunde.

Gucken, sehen, staunen, schrauben.

Und auch Bronx erwischte es am Eingang, wie es jeden erwischt der das erste mal auf dem Platz steht. "Man is dat ein riesen Jelände!" kann man seine Reaktion zusammen fassen. Vor uns erstreckten sich Reihe um Reihe an ausgedienten Altfahrzeugen. Beginnend mit ein paar KA und Fiesta MK-4 am Eingang, zog sich das Programm über Volkswagen, Mercedes und BMW die Reihe herunter. Und dann kam noch mal so eine Parade dahinter.

Da hast Du den Nagel auf den Kopf getroffen! Ich war schier erschlagen von den ungeheuren Mengen an "Schlachtfahrzeugen"!

Mit einer Mischung aus 50 % Ehrfurcht und 50 % Erstaunen durchschritten wir die Wandelgänge des freiluftigen Altblechvatikans. Einmal bis hinter zu den Merceden, unterwegs einen Granada ohne Dach bestaunend, dann an den alten US-Cars vorbei und zur Oldtimerecke. Vorbei am letzten aufbäumen der britischen Automobilbaukunst (Rover 75) zur Oldtimerecke. Trabant, tote Raubkatzen und ein orangener Opel Rekord E Caravan sowie ein DKW Munga der scheinbar jahrelang im freien stand.

Der Rekord tat weh, die Rover 75 (formal und innenraum-technisch betrachtet) die letzten, verschwenderisch und scheinbar ohne Kosten-Diktat gestalteten Limousinen, erinnerten mich daran, in was für einer grenzenlos verschwenderischen Gesellschaft wir hier leben. Opulentes Leder, Memory-Sitzverstellung, allein die elfenbeinfarben unterlegten Instrumente mit ihrer wunderschönen Grafik sind, neben dem Wurzelholz und scheinbar aus dem vollen gefrässten Türöffnern, haptische und visuelle Highlights. Alles weggeschmissen, aus vorbei. Die Sitze teilweise aufgeschlitzt, nur um an die Heizmatte zu kommen, Instrumenten-Tafeln zertreten, ausgehebelt, es blutet einem das Herz.

Reihe um Reihe, Auto um Auto. Alt, ausgedient, ausgeschlachtet. Die toten Veteranen der Straße, wie viele Millionen Kilometer hier wohl schon versammelt waren? Ungläubiges Staunen über diesen und jenen Typen. Ein Blick hier rein, ein Blick dort rein, ein Foto von dort und da drüben. Was es nicht alles gibt. Sogar einen Kadett E Caravan haben wir noch gefunden. Diesen Eimer hätte Bronx genau so gern mitgenommen, wie ich den Fiesta MK-1 der völlig derangiert unter einem MK-5 ruhte.

Oh ja, der Kadett C-Van (ein CLUB) hatte es mir angetan. Die neuralgisch-bekannten Stellen weitgehend ohne Rost, die Karo-Sitze mit den Seitenwangen, originales Radio drinn-aus! Cut! Vorbei! Du kannst nicht alles retten. 🙄

Doch, wir hatten ja was vor. Auspuff. Für einen Renault Megane. Dies bedeutet erst mal gebückte Gangart, um unter die einzelnen Fahrzeuge zu schauen wer seinen Auspuff überhaupt noch hat und in welchem Zustand der ist. Als der entsprechende Wagen gefunden war. Ja, da war erst mal nix.

Rauschten vorher noch im Minutentakt Gabelstapler vorbei, um die Autos auf den Seziertisch zu heben, herrschte auf ein mal Mittagspause. Nach einer Viertelstunde des Suchens fanden wir dann doch einen Meister der Metallgabeln der uns den ausgedienten Megane auf den Tisch hob. Bronx schraubte hinten, ich vorne und beide verrenkten wir uns den Rücken unter diesem Eimer.

Nach einiger Zeit hat der Meister hinten dann seine Muttern ab und ich meine abgerissen. Nicht nur die Muttern, auch der komplette Steg an dem sie hingen war ab. Wer mich kennt, weiß das bei mir öffters was kaputt geht. Aber an der Kiste störte das niemanden mehr. Das Corpus Delicti ließ ich schnell in einem Twingo verschwinden, danach fummelten wir den Auspuff raus. Hallali, die Sau ist tot!

Sehr sehr geniale Aktion, für die ich mich auch an dieser Stelle noch mal herzlich bedanke. So viel machst du doch gar nicht kaputt, wie immer erzählt wird! 😁

Mit unsrer Trophäe und den zwei Einkaufswagen schlichen wir zurück zum Hauptausgang. Das war der erste Durchgang. Krempel ins Auto, Türen zu und schon rollte der Überraschungsgast des Tages auf den Hof. Volker, stillecht in seinem alten Volvo, kam auf den Hof gerollt, bewarf uns mit Keksen und ein paar launigen Sprüchen. Zeit für die zweite Runde.

Ein äusserst entspannter Mensch, der scheinbar in sich selber ruht, auf Anhieb sympathisch.

Beginnend bei den alten Ford, zogen wir also wieder wie vorhin unsre Runde. VW, Mercedes, US-Cars, Oldtimer und Exoten. Exoten. Volker drehte sich auf seiner Achse. Den Lada kenn ich doch! Kannte er doch! Und kennt sonst keiner. Ein echter Lada Forma. Gut, nichts nach dem man sich umdreht. Aber, ein Lada Forma. Volker hatte derweil Augen wie Untertassen. Den kennt er doch.

Defakto war dieser Lada wohl der einzige Forma in ganz Schleswig-Holstein und Volker daher bekannt, dass er eine weile in seinem Landkreis lief und ihm immer wieder über den Weg lieg. Der alte Russe lag demnach lange besoffen hinter einer Händlerscheune, bis sich jemand erbarmte und den Wagen auf die Straße zurück brachte. Einige Zeit kreuzte der rote Russe dann durch das Herz von Schleswig-Holstein bis er eines Tages verschwand. Und hier auf dem Platz wieder auftauchte. Um eine Motorhaube ärmer und viel Rost reicher. Weitergehend wurde sogar vermutet, dass es der einzige Forma sein könnte, der noch in Deutschland lief. Also, wer kennt hier noch einen Lada Forma der derzeit noch fährt?!

Phänomenale Geschichte, ich hab Tränen gelacht! Der Mann kennt scheinbar jeden Lada-Kutscher dort.

Aber, genug von Form und Forma. Proforma ging es weiter, auch Volker wollte noch etwas sehen. Mal zu den Nutzfahrzeugen, dann zu dem großen Berg der Autos "ausgeschlachtet und bereit zur Presse". In der Zwischenzeit ging uns Bronx wie ein Kind im Süßigkeitenladen verloren. Der Gute suchte noch nach einem Radio, fand aber keins. "Die Herren MinuteMan und Volker werden gebeten, den kleinen Bronx aus der Radioabteilung abzuholen."

Wisst ihr, was schlimm ist: es liegen tausende Radios dort herum, nur ohne Code ist nix! Kein Bordbuch, somit auch kein Code. Und alles wird gepresst! Obwohl es noch funktioniert. Ich suchte nach einem CD-Player mit Display im Einbaugerät. Nope! Keine Chance.

Volker erwehrte sich derweil tapfer seiner Kaufgelüste. "Ich hab eh kein Geld dabei". Bis wir zu Volvo kamen. Erst ein unschuldiger Blick ins Auto. Dann ein Blick zu mir. Dann eins ins Auto.

"Du, wie viel Geld hast du denn dabei?"
"Genug, wieso?"
"Kannst du mir was leihen?"
"Wieso?"
"Dieses Rollo hier."
"Geht klar."

Während ich unsren OP-Wagen um den Volvo zirkelte und mit dem Ausbau begann, hirschte Volker um den Volvo rum. Türen auf, Türen zu. Oh was ist das denn?

"Du."
"Ja."
"Hast du noch mehr Geld?"
"Hab ich wieso?"
"Die Fußmatten..."
"Geht in Ordnung."

Also noch die Fußmatten zu dem Gepäckraumrollo dazu. Als ich gerade das Rollo am herausreichen zu Bronx war, tönte es von hinten in etwa wie: "Man is das ein schickes Rücklicht."

Ok, ich machs kurz. Wir habens auf die Liste gepackt. Und zu Volkers Ehr, ich hatte das Geld schneller wieder als ich es vermissen konnte. Aber mit dem Rücklicht hatten wir uns einen geschossen.

Befestigt war das ominöse Lampengebilde mit drei Stegen, die über Muttern an die Karosse gepresst wurden. Für Mutter Nr. 1 benötigte ich keine 5 Minuten. Aber die zwei anderen. Volvo benutzt da wohl spezielle, lange Nüsse. Damit geht das sicher auch schnell. Hatten wir aber nicht. Nur mich, ein paar Basiswerkzeuge und meine langen ET-Finger. Die nicht leuchten.

Also Pfoten in den engen Metallkasten, Schraubenschlüssel dazu und dann liebevoll tasten, ziehen, führen, gleiten und drehen. Millimeter für Millimeter. Ich fluche und taste. Taste und fluchte. Bronx halt meine Jacke. Meine Hand füllt den kleinen Raum komplett aus, die Muttern bewegen sich nur Millimeterweise auf ihren vom Dreck der Jahre verstaubten Stegen. Weiter. Weiter.

Irgendwann kommen sie. Ich bau sämtliche Lampenaufsätze ab. Wieder 5 Millimeter mehr gewonnen. Tasten, fühlen, drehen. Weiter. Immer weiter. Langsam kommt es. Zeit, Raum, Volker, Bronx und alles um mich rum verschwindet. Nur ich, meine Hand und der enge Raum zum fummeln. Weiter. Weiter. Schraube Nr. 2 löst sich.

Mein Rücken tut weh, meine Hand sieht aus wie scheisse und die Sonne sinkt am Horizont. Aber da ist noch eine. Und hier wird nicht aufgegeben. Also weiter. Wieder das Spiel, wieder das quälend langsame vorwärtsziehen der Schraube. Die Oberhaupt meines Daumens ist längst abgerissen, am benachbarten Zeigefinger bildet sich ebenfalls eine Blase. Doch es kommt. Langsam. Ganz langsam.

Nach einer Zeit, in der Kaiser und Könige geboren wurden und in der Königreiche erobert und wieder verloren gingen ertönt es. Das Geräusch des Sieges. Pling. Metallmutter fällt auf Metallkarosse. Das Licht ist lose. Schwester Bronx nimmt die Lampe ab, ich meine Hand aus dem Gehäuse, Volker reicht mir meine Jacke. Geschafft. Verschwitzt aber glücklich.

Mit einem Einkaufswagen voller Volvo streben wir zum Ausgang. Ein langer aber erfolgreicher Nachmittag geht zu Ende. Bis zum nächsten mal. Wir kommen wieder!

Und das ganz sicher! Ein selten geniales Wochenende, Kiesow hat was! Ergänzen möchte ich noch den Imbiss am Entree, die Currywurst von der Länge eines Nachschalldämpfers für bescheidene 3,50 EUR kann man sich getrosst geben. Besonders wenn man, wie wir, eine zweite Runde (Volvo) vor hat. 🙂

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Tue Aug 25 22:54:19 CEST 2015    |    British_Engineering    |    Kommentare (31)

„Vielvölkerstaat“, „Tito“, „Adria“, „Cevapcici“ und „Autoput“ waren die Stichwörter, die meist als erstes kamen, wenn in den 70er oder 80er Jahren die Rede auf Jugoslawien kam. Diese vielen bekannte, mit einem denkbar finsteren Ruf behaftete Straße war es, die es hunderttausenden von Gastarbeitern aus Deutschland, Österreich und anderen angrenzenden Staaten erlaubte, in den Sommermonaten mit der ganzen Familie und schwer bepackt in ihre Herkunftsländer zum Sommerbesuch zu fahren. Und im Gegenzuge vielen westeuropäischen Urlaubern den Weg per Auto an die jugoslawische Adria, nach Griechenland und in die Türkei ebnete.

Der Bau dieses als Straße der Brüderlichkeit und Einheit (auf Serbokroatisch Autoput Bratstvo i jedinstvo) bezeichneten Betonbandes begann kurz nach dem zweiten Weltkrieg. Die Straße war von der Staatsführung des sozialistischen, aber blockfreien Jugoslawien dazu auserkoren worden, zum Symbol des Vielvölkerstaates und des jugoslawischen Fortschrittsglaubens zu werden. Sie wurde in erster Linie von Soldaten und an Arbeitseinsätzen teilnehmenden Jungendlichen erbaut, aber es kamen auch Zwangsarbeiter zum Einsatz. Das erste, 382km lange Teilstück des als sogenannte Halbautobahn erstellten Autoput wurde am 27.7.1950 zwischen Belgrad und Zagreb eröffnet.

Da diese Straße angesichts der immer mehr werdenden Gastarbeiter in den 60er und frühen 70er Jahren schnell an ihre Kapazitätsgrenze kam, wurde in den 70ern mit dem Ausbau zu einer zweispurigen Autobahn begonnen. Hierzu erhielt Jugoslawien finanzielle Hilfen vom IWF. Am Ende war eine 1180km lange Straße mit verschiedenen Ausbau-Qualitäten (Landstraße, Schnellstraße, Autobahn mit zwei Spuren je Richtung etc.) entstanden, die das Land von Jesenice im Norden bis Gevgelija im Südosten durchquerte. Im Norden auf österreichischer Seite schlossen sich die Zubringer-Straßen der „Gastarbeiter-Route“ an. Besondere Merkmale des Autoputs waren das vom Überfahren der Betonplatten herrührende Papamm-Papamm-Geräusch, die gerade Streckenführung und leider die sehr vielen Unfälle.

Der Autoput galt jahrelang als die gefährlichste Straße der Welt. Hier starben in manchen Jahren mehr Menschen als auf allen deutschen Autobahnkilometern zusammen. Gründe hierfür waren neben den sehr langen zu überwindenden Entfernungen auch die teilweise monotone Streckenführung, das extreme Verkehrsaufkommen, die übermüdeten Fahrer mit ihrem teilweise äußerst riskanten Fahrstil und nicht zuletzt die Vielzahl an vollkommen überladenen Fahrzeugen. Es kam immer wieder zu Frontal-Zusammenstößen mit sechs, acht und mehr Toten. Auf dem österreichischen Teil dieser Gastarbeiter- und Touristenstrecke wurden Mitte der 70er Jahre neunsprachige (sogar Persisch war dabei) Flugblätter verteilt, die auf die Gefahren hinwiesen und einige elementare Verhaltensregeln mit auf den Weg gaben.

Besonders gefürchtet war die Leobener Umfahrung, eine gut ausgebaute Straße mit langgezogenen Kurven, Tempo 80 und Überholverbot. Hier war, egal ob von Norden oder Süden kommend, etwa die Hälfte der Strecke erreicht. Die Fahrer waren müde und wollten nur noch ans Ziel kommen. Zeitweise standen auf den 12km den Leobener Umfahrung Abschleppfahrzeuge an fast jeder Seitenstraße. Und sie mussten dort nicht lange auf Kundschaft warten. Von der Eröffnung der Leobener Umfahrung im Jahre 1965 bis zum Sommer 1975 starben auf diesen 12km allein 62 Menschen. Zeitweise wurde für jeden Verkehrstoten ein weißes Holzkreuz aufgestellt. Wie die Straßenränder hier aussahen, kann sich jeder vorstellen.

Nicht unbedingt gefährlich, aber trotzdem alles andere als angenehm waren die oft sehr langen Staus an der österreichisch-jugoslawischen Grenze. Sommers erreichten sie nicht selten eine Länge von 40 und mehr Kilometern. Dies bedeutete bis zu 18 Stunden Wartezeit.

Trotz dieses von Unfällen, Fahrzeugwracks, Überfüllung, Stress und manchmal handfestem Ärger geprägten Images hat der Autoput mich persönlich stets fasziniert. Diese Straße war die Lebensader schlechthin für den Verkehr von und nach Südosteuropa. Fast alle fluchten über sie, aber sie war gleichzeitig unersetzlich. Und sie vermittelte dieses spezielle „Unterwegs-Sein“.

Ein einziges Mal durfte ich selbst eine längere Strecke auf ihm zurücklegen – allerdings nicht als Fahrer, sondern als Mitfahrer in einem Bus, der auf dem Weg nach Kroatien zu einer Jugendfreizeit war. Ich habe diese Fahrt im Sommer 1990, nur wenige Monate vor Ausbruch des Balkankrieges, in lebhafter Erinnerung. Mich berührte diese Mischung aus für mich fremd klingenden Ortsnamen, die ich zuvor auf keiner Straßenkarte gesehen hatte, und dem unglaublich dichten Verkehr, der sich teilweise aus bizarren Vehikeln wie geschundenen alten Ford Transits mit hoch beladenen Dachgepäckträgern und mühsam dahin kriechenden betagten LKWs mit dem Schriftzug Rába Diesel im Kühlergrill zusammensetzte. Heute fasziniert er mich, weil er zum Einen Geschichte ist (er wurde nach dem Zerfall Jugoslawiens und dem entsprechenden Krieg wie eine moderne Autobahn aus- und umgebaut) und ich zum Anderen beruflich öfters mit Menschen aus den jugoslawischen Nachfolgestaaten zu tun habe.

1958km waren es z.B. allein von Hannover bis nach Gevgelija, dem südlichsten jugoslawischen Punkt des Autoputs. Hier war aber für viele noch lange nicht Schluss, wenn die alte Heimat Alexandroupoli, Edirne oder Denizli hieß. 2450km hinter dem Lenkrad eines Ford 17M P7oder Opel Rekord D. Wie viele Griffe zur Lenkradschaltung, zur Fensterkurbel und zur Lichthupe waren das? Das Zeitalter der Klimaanlagen lag jedenfalls noch Jahrzehnte in der Zukunft. Und wenn die 12 Jahre zuvor in Köln-Niehl oder Genk eingebauten Stoßdämpfer unter der Last mehrerer Telefunken-Portabel-Fernseher, ITT-Radios und Möbel-Unger-Sonderangebote kollabiert waren, wurde es richtig haarig. Manch einer saß einen oder mehrere Tage in einer jugoslawischen Autowerkstatt und legte sein Geld in Pivo-Bier an. Auch für denjenigen, der mit seinem jungen Datsun Bluebird und Tabbert Markgraf am Haken unterwegs war und nun plötzlich eine neue Datsun-Lichtmaschine brauchte, war die Lage nicht besser. Orte wie Slavonski Brod oder Vranje fanden sich jedenfalls im Händlerverzeichnis nicht.

Ich möchte an dieser Stelle alle einladen, ihre persönlichen Erfahrungen mit und auf dem Autoput zu erzählen. Oder einfach ein wenig zu diskutieren.

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Sun Jun 07 16:30:56 CEST 2015    |    British_Engineering    |    Kommentare (15)

Wir kennen uns jetzt seit fast 37 Jahren. Auch wenn du nicht das erste Auto warst, mit dem ich nach meiner Geburt aus dem Krankenhaus nach Hause gefahren wurde und ich niemals ein Exemplar von dir selbst besessen habe, bist du ein ganz besonderes Auto für mich. Du bist eigentlich ein ganz gewöhnliches Mittelklasse-Auto, in verschiedenen Ländern hergestellt und von der vorderen Stoßstange bis zum Auspuffendrohr darauf ausgelegt, preisgünstig produziert und kostensparend unterhalten zu werden. Technische Raffinessen sind dir fremd. Dein Fahrwerk stammt in weiten Teilen aus deinem Vorgänger, dem auf den Waschbrettpisten dieser Welt bewährten Renault 12, unter der Haube arbeiten teilweise alte Motor-Haudegen mit seitlicher Nockenwelle aus der Serie Cléon-Fonte und auch dein stets etwas hakeliges Getriebe war nicht gerade das, was man State of the Art nennt. Egal, deine Qualitäten sind und waren andere.

Für mich bist du vor allem eines: Das erste Auto, das ich als richtig begehrenswert angesehen habe. Und das im zarten Alter von 5 Jahren. Okay, ich geb’s ja zu, als Dreijähriger fuhr ich auf den Ford 17M P7b eines meiner Onkel ab, aber das war etwas Anderes. Den fand ich einfach wegen seiner imposanten Karosserieabmessungen, dem vielen Platz innen und seinen (aufpreispflichtigen) Liegesitzen großartig. Aber mein Onkel schimpfte oft über die Unzuverlässigkeit des großen Fords und so musste dieser Wagen bald wieder gehen. Mir als kleinem Autofan dämmerte, dass solch ein alter, sperriger Ford nicht der Weisheit letzter Schluss war. Da hinterließest du als moderner Wagen der späten 70er gleich einen ganz anderen Eindruck. Deine moderne Karosserie mit der schrägen Front, das großzügige Platzangebot, die mit Veloursstoffen bespannten Sitze, die Wischer an den Scheinwerfern und als Gipfel allen automobilen Genusses die elektrischen Fensterheber vorn. Das hatte Stil. Zum ersten Mal sah ich dich in der Garage meines Kindergarten-Freundes Christoph. Seine Familie hatte dich als GTS-Modell in Braun Metallic kurz nach der Markteinführung gekauft.

Solch ein Auto wünschte ich mir auch für meine Familie. Meine Eltern hatten aber mit zwei kleinen Kindern sowie einem gerade gekauften und umgebauten Haus andere Sorgen als ein neues Auto. Außerdem war der 1968er Käfer einfach nicht totzukriegen. Als wir zweieinhalb Jahre später, Anfang 1981, wirklich ein neues Familienauto brauchten, versuchte ich meinen Vater von dir zu überzeugen. Er wollte aber statt elektrischen Fensterhebern und fünf Gängen lieber einen Motor haben, der auch jenseits der 300.000 Kilometer-Marke noch laufen würde und einen in Stein gemeißelten Wiederverkaufswert. Deshalb wurde ein gebrauchter Mercedes 200D W123 angeschafft. Der war kein schlechtes Auto, doch wusste ich als begeisterter Spieler von Autoquartetts, dass mit diesem Wagen fahrleistungsmäßig so gar kein Staat zu machen war.

Die Jahre vergingen, ich lernte andere interessante Autos kennen (wer kann sich als Kind schon der Faszination eines Porsche 911 oder eines Mercedes der S-Klasse entziehen?) und irgendwann hatte ich selbst einen Führerschein. Da kreuzten sich unsere Wege erneut. Du warst mittlerweile schon lange kein gesuchter Typ auf dem Gebrauchtwagen-Markt mehr. Du liefst noch vereinzelt als Kombimodell in fünfter Hand mit mindestens drei eingefahrenen Türen, rostigen Radläufen und aufgescheuerten Sitzflanken deine letzten Runden, doch in den meisten Fällen warst du schon zum Alteisen geschickt worden. Eine Bekannte hatte aber ein Exemplar von dir aus den Händen ihrer Eltern geerbt. Sie hatten sich einen deutlich neueren Volvo 740 Kombi gekauft und da warst du quasi übriggeblieben. Bei einer Kirchenveranstaltung bekam ich an einem Tage im Frühjahr 1993 von dieser Bekannten die Schlüssel in die Hand gedrückt mit den Worten „Kannst du mal bitte die Getränke holen? Nimm meinen Wagen. Das ist der bordeauxrote Renault Kombi auf dem Parkplatz.“

Es war schon etwas Besonderes, das Lieblingsauto aus Kindertagen einmal selbst zu fahren. Schon auf den ersten Metern merkte ich, wie sehr du dich von einem rein pragmatischen Passat oder einem kantenlosen Vectra unterscheidest. Es machte einfach Spaß, mit den zwei verschiedenen Schlüsseln für Türen und Zündung herumzuhantieren, auf deinen sehr weichen Sitzen Platz zu nehmen und dich mittels eines geradezu rührend dünnen Lenkrades über die Straßen der niedersächsischen Tiefebene oder die Route National N9 (so weit bin ich leider nicht gekommen) zu steuern. Dein Motor erinnerte mich mit seinem etwas mürrischen Klang zunächst an einen Flic irgendwo in der französischen Provinz, doch dann lernte ich dich als genauso zuverlässig und rechtschaffen kennen. Du bist ein Auto, in das ich einstieg und dann den dringenden Wunsch verspürte, sofort nach Gibraltar oder an einen anderen weit entfernten Ort aufzubrechen. Mit dir kann ich mir vorstellen, den ganzen Tag auf Landstraßen dritter Ordnung unterwegs zu sein und dabei jede Menge Spaß zu haben. Sicherheitsgurt-Schlösser, die an langen Peitschen auf dem Mitteltunnel montiert sind, Hupe am Blinkerhebel, sanft wogende Federung, Sitzbezüge aus Cordsamt? Das sind die Ingredienzien französischer Autos aus den 70er und 80er Jahren.

Es gäbe noch viel über dich erzählen. Ich will es hier nicht zu sehr ausdehnen, eines nur noch: Du bist viele Jahre einer der treuesten Diener des französischen Staates gewesen. Egal ob Verbrecher in der Gegend des Waldes von Compiègne gejagt oder beim Coer Rouge und Les Pompiers Leben gerettet wurden, du warst als Einsatzwagen oder Mädchen für alles stets dabei. Erst in der zweiten Hälfte der 90er Jahren, nach gut 20 Jahren, endete in vielen Fällen deine aktive Dienstzeit. Das muss dir, wie so vieles Andere, erst einmal einer nachmachen.

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Sat Mar 28 20:35:00 CET 2015    |    MrMinuteMan    |    Kommentare (41)

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Es betrifft jeden Autofreund und Fan. Ob man nur Prospekte, Teile oder gleich das ganze Auto sammelt. Ob dünner Infoflyer oder dicke Fahrertür. Ganze Karosse, mit oder ohne Teile. Vom Winterreifen bis zum Radio, am Ende muss all das ganze Zeug, die ganzen Spielzeug und das Werkzeug irgendwo hin. Und dann stellt man wieder fest: Ich hab keinen Platz!

Egal wie groß das Gelände wird oder wie viele Billys man zusammen lötet, irgendwie ist nie genug Platz. Mal eben auf der Messe. Ein Teil hier, ein Teil da, ein paar gratis Probezeitungen und die große Deutschlandkarte dies gratis vom ADAC gab. Man kommt nach Hause und schon gehts wieder los. Wo hin mit dem Scheiss? Ich hab keinen Platz und dafür wesentlich zu viel Zeug.

Und mal von etwas trennen? "Die Rückleuchten gibts heute überhaupt nicht mehr, die jetzt zu verkaufen ist heller Wahnsinn." "Die Türpappen find ich nur alle 5 Jahre. Ich brauch keine und hab schon 3 Sätze, aber ich nehm sie vorsichtshalber mal mit. Sind doch auch grad so günstig."

Jeder kennt es, jeder hat es, aber keiner spricht darüber: Platzprobleme.

Egal ob Student in der zwei Zimmerwohnung oder Ingenieur und Familienvater im Landsitz. Mit dem Besitz wachsen die Besitztümer und irgendwie scheint der Kampf gegen den Platzmangel immer ein Kampf gegen Windmühlen. Wer Platz hat schafft an bis er keinen Platz mehr hat und dann platzt die Bude irgendwann aus allen Nähten.

Und dann auch noch die Frage, wie das Zeug korrekt verstaut wird. Prospekte werden im feuchten Keller wellig, aber wenn man die Dinger alle in die gute Stube trägt, hat man selber bald keinen Raum mehr dort.

Zudem, es ist ja nicht nur das Autozeug: Ein Erbe hier, ein Erbe da und schon muss man neben all den schönen Dingen ums heilige Blechle auch noch Omas 34 Wischtücher, dass gute Porzellan und dutzende Bücher unterbringen. Den alten Flatscreen von Opa, Onkel Herberts Briefmarkensammlung und die geliebten Sammeltassen von Oma.

Wegschmeißen und wegwerfen ist oft zu Schade. Und verkaufen? Egal ob Autoteile oder Porzellan, Fernseher oder Modellbausammlung. Es gibt einfach zu viel Zeug und jeder hat scheinbar selber einen Keller voll Kram den er nur noch loswerden möchte. Auf EBay und ähnlichen Plattformen stapeln sich die Angebote zu DVD-Playern, Autoteilen, Geschirr und abgenutzter Babykleidung. Kinderwagen, Bildschirme, Möbel.

Zeug was mal teuer bis sauteuer war und der heilige Gral des Konsum, wird mittlerweile hinter her geschmissen. Die alte Löweröhre? Hat vielleicht mal 3.000 DM gekostet, aber hier, nimm gratis. Der Toshiba-DVD Player? Läuft noch super. Kann aber kein Blue-Ray. 10 € und weg mit der Scheisse. Und immer wieder das Bild vom in der Wildnis ausgesetzten Röhrenfernseher und Kühlschrank. Geschenkt ist noch zu teuer.

Selbst scheinbar seltene Dinge wie die Rückleuchten eines Passat B2 oder die Lederausstattung für den Ford KA sind teilweise schwer loszubekommen. Wenn man nicht unbedingt das super-seltene-Sonderteil hat, bleibt man oft auf seinen Sachen sitzen.

Und so stapeln sich die Keller weiter voll. Immer mehr Kram, immer mehr Zeug. In der Hoffnung das man es doch ein mal braucht oder irgendwie los wird.

Geschrieben von einem großen, wunderbar erhaltenen Lederchefsessel für 20 €. Krempelschwemme hat halt auch ihr guten Seiten 😉

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Wed Mar 25 23:41:49 CET 2015    |    British_Engineering    |    Kommentare (44)    |   Stichworte: billig, Fähnchen-Händler, Fiat, Gebrauchtwagen, ohne Garantie, rostig

Fähnchen-Händler sind nicht nur hier im Forum in aller Munde. Sie gab es auch schon vor 30 Jahren in jedem Industriegebiet, nur hießen sie damals eher Heinz, Lothar oder Alfred als Murat oder Yilmaz. Diese Namen sollen nur Beispiele sein, ich möchte hier keine Vorurteile schüren, da ich bislang nur gute Erfahrungen mit Fähnchen-Händlern gemacht habe. Der Fähnchen-Händler meines Vertrauens hat sicherlich auch eine weit entfernte Kinderstube gehabt, heißt aber nicht Murat oder Yilmaz. Dieser Artikel soll lediglich zeigen, wie sich die Fahrzeuge, das technische Drumherum und die Garantie-Bestimmungen in den letzten 30 Jahren verändert haben, die Branche aber sonst ihr Gesicht weitgehend behalten hat.

Sowohl die Personen Alfred Becker als auch die Gewellthaarige sind frei erfunden.

Alfred Becker macht keiner etwas vor. 27 Jahre Erfahrung im Autohandel, seit zehn Jahren selbstständig, Gebieter über 40 bis 60 Gebrauchtwagen. Wer einen billigen Kadett mit ein paar Monaten Rest-TÜV braucht, geht genauso zu Alfred Becker wie derjenige, der seinen im harten gewerblichen Alltag aufgeriebenen Taunus Turnier loswerden möchte. Die Rosstäuscher, die Bleifuß-Indianer, die automobilen Allesverwerter, die Sonntagsfahrer und die Scheckheft-Fritzen – Alfred Becker kennt sie alle. Auch die Mittvierzigerin mit den dunklen, welligen Haaren, die sich gerade festen Schritts dem hölzernen Verkaufshäuschen nähert, hat Alfred Becker schon in seinem automobilen System eingeordnet: Berufstätige Frau, gutes Einkommen, wahrscheinlich alleinlebend, auf der Suche nach einem zwei- oder dreijährigen Scirocco oder einem Golf Cabrio. Er geht in Bruchteilen einer Sekunde durch, was er ihr anbieten könnte. Golf Cabrio sieht gerade schlecht aus, aber ein 81er Scirocco steht auf seinem Kiesplatz. Rot Metallic, keine 50.000km auf der Uhr, aber nur ein lascher 60PS-Motor unter der Haube. Egal, er will’s versuchen.

„Guten Tag, ich möchte meinen Wagen verkaufen. Steht draußen. Wollen Sie mal schauen?“ Ach, jetzt geht das Spiel wohl andersherum. Möchte bestimmt ihren Scirocco verkaufen, weil sie sich in ein neues Golf Cabrio verliebt hat. 112PS Einspritzmotor, komplett in weiß, wer kann dazu zu schon nein sagen? Alfred Becker drückt seine Zigarette aus und geht mit der Frau nach draußen. Sie führt ihn zu HI – YC 671. Da ist aber nichts mit Scirocco. Es ist ein Fiat Ritmo, frühes Modell, fünf Türen, 75PS, lackiert in „Bernstein“. „Was geben Sie für den?“

Mein Gott, die hat Power, denkt Becker. Noch gar keine Angaben zum Auto gemacht, aber schon nach seinem Preis fragen. Ach Mädel, das kenne ich doch alles. Nach ein paar Sätzen und einem Gang um das Auto sieht Becker klarer. Baujahr 1979, von ihr als Vorführwagen beim Fiat-Händler gekauft, 105.000 Kilometer, die ersten beiden Jahre scheckheftgepflegt, danach Wartung nach Bedarf, Rostansätze an beiden Vordertüren sowie unterhalb des Heckfensters, leichter Streifschaden an der rechten Hintertür, hinten ein verblichenes D-Schild und ein paar Aufkleber, die ihre Weltsicht erläutern: „Ich bin Energiesparer“ und „Alles frisch“. Becker lässt sich die Schlüssel geben. Fahrertür auf - knarrt. Türfangband müsste mal gemacht werden. Innenraum mit Geruchsnote „Lord Extra“. Motorhaube auf – letzte Motorwäsche scheint schon eine Weile her zu sein, letzter Ölwechsel vor vier Monaten bei 99.000 Kilometern. Na, wenigstens hier scheint alles einigermaßen okay zu sein. Kurzer Wackeltest, Stoßdämpfer anscheinend in Ordnung. Ob die schon mal getauscht wurden, weiß die Gewellthaarige nicht so genau. Motor einmal starten, Standgas geben, Gänge durchschalten, Kupplung kommen lassen, bis auf den leicht rutschenden Keilriemen alles ohne Befund. TÜV hat der orangefarbige Ritmo noch neun Monate. Wäre bei einem Kadett oder Golf wahrscheinlich kein Problem, sofern es keine offensichtliche Grotte ist. Aber einen Ritmo mit nur noch neun Monaten TÜV will keiner.

„3.300 Mark“. Becker hat in seiner dicken Schwacke-Liste geblättert und die Pros und Contras dieses sechsjährigen Ritmos kurz abgewogen. Der Fiat steht optisch nicht gut da, aber verwahrlost ist er nicht. Wenn er den für 4.000 auf den Platz stellt, wird ihn schon einer mitnehmen. Einen 79er Kadett D oder Golf gibt es für den Preis nicht und der Ritmo gilt rein technisch als robust. Allerdings machen die Radlager öfters vorzeitig schlapp. Da kann man dann schnell ein paar gebrauchte aus einem Unfallwagen einbauen. Wenn nur der Rost an diesen Wagen nicht wäre! Eigentlich müsste er den orangen Ritmo noch Probe fahren, aber da ist jetzt keine Zeit für. In einer halben Stunde kommt der Interessent für den milanbraunen 280SE W116. Und der ist ein besseres Geschäft als der Ritmo der Gewellthaarigen.

„So wenig? Der läuft doch noch tadellos. Mich hat er überall gut hin gebracht. Der Ritmo wird doch sogar noch gebaut, den kann man immer noch als Neuwagen beim Händler kriegen.“ Becker runzelt die Stirn. „Ja, den gibt es noch neu zu kaufen, aber Ihrer ist ehrlich gesagt nicht übermäßig gepflegt, er hat die Marke von 100.000 Kilometern schon überschritten, was beim nächsten TÜV-Termin in neun Monaten ist, weiß keiner und der dürfte auch keinen bleifreien Sprit vertragen. Naja, und die Leute wollen lieber einen Kadett, einen Escort oder halt wie alle einen Golf haben.“

„Dann werde ich den Ritmo wohl privat verkaufen. Ich habe ja noch ein paar Tage Zeit, bevor mein neuer Ford Escort Turnier geliefert wird. Ich verkaufe den Ritmo nur, weil ich wegen der Kinder einen Kombi brauche und einen Diesel möchte, denn die ganze Kat-Diskussion nervt mich momentan. Den Ritmo habe ich nach der Scheidung gekauft, war der beste Kompakte, den ich für das Geld kriegen konnte. Also, wenn sie den nicht wollen, ich werde den schon selbst los. Und Bleifrei verträgt er übrigens auch.“

Hat die ihren Ex auch so in die Mangel genommen? Becker greift zu seiner Zigarettenschachtel. Dem Geruch des Ritmos nach zu urteilen scheint sie ja auch zu rauchen. Er hält ihr die Schachtel hin. Kann ja mal nett sein. In diesem Augenblick ärgert sich Becker, dass er keine filterlosen mehr raucht. Davon würde sie bestimmt keine wollen. Sie greift zu und kramt ihr Feuerzeug raus, bevor er ihr Feuer anbieten kann. Während des gemeinsamen Friedenskippchens einigt man sich auf 3.450 Mark. HI- YC 671 wird am nächsten Tag abgemeldet werden. Dann wird auch Milan einen Blick auf den Ritmo werfen, Beckers jugoslawischer Meisterschrauber. Milan kennt nicht nur jeden Zastava auf dem Balkan mit seiner Fahrgestellnummer, sondern flickt auch alle Fünfthandmühlen wieder so zusammen, dass sie Becker gewinnträchtig unters Volk bringen kann. Ohne Milan wäre seine Bude schon längst zu.

Als die Gewellthaarige nach der Klärung aller Details und einem festen Händedruck Beckers Holzhaus verlassen hat, greift er zum Telefon. Mal schnell die Anzeige für die nächste Wochenendausgabe mit Automarkt aufgeben. Schorse ist sofort am Apparat. „Hallo, Alfred hier. Gleiche Anzeige wie letzte Woche, aber der 78er BMW 6er und der Talbot 1510 müssen raus. Sind verkauft. Dafür ein Fiat Ritmo neu rein.“ Becker gibt die Daten durch. Milan, Schorse, so läuft’s mit dem Geschäft.

Der bernsteinfarbige Ritmo hat den Check bei Milan bestanden. Am Unterboden muss ein wenig entrostet werden, dann etwas Unterbodenschutz drauf und die allzu offensichtlichen Roststellen an den Vordertüren etwas ausbessern. Mehr ist nicht drin für den Preis. 4.150 Mark, ohne Garantie, aber mit zwei Jahren TÜV. Der Ritmo kommt in eine der hinteren Reihen. Da steht er dann Spiegel an Spiegel mit den Geringgeschätzten der automobilen Gesellschaft, den Makelbehafteten, den billigen Jakobs. Für die nächsten Tage und Wochen werden ein Passat Variant, der mit seinen 154.000 Kilometern in gerade mal drei Jahren ein Autoleben im Zeitraffer führt, und ein in Ehren ergrauter, aber versoffener Volvo 264 seine Nachbarn sein. Der Passat findet nach einiger Zeit Anschluss bei einer jungen Familie, während der Volvo immer mal wieder angeschaut wird, aber mit durchschnittlich 14 Litern Super verbleit allenfalls im Dunstkreis von Mineralöl-Magnaten und Tankstellenbesitzern neue Freunde finden könnte.

Der Ritmo wird nach zwei Monaten an einen jungen Mann verkauft. Der hat genug von Mamas asthmatischem Renault 5 mit 845 Kubik und 36PS. Vielleicht hatte aber auch Mama einfach genug von seiner Fahrweise und ihm den Renault wieder entzogen. Aus HI –YC 671 wird SHG – DL 980 und Alfred Becker hat sowohl den Ritmo als auch die Gewellthaarige bald wieder vergessen. Er kennt sie ja alle, die Autokäufer und Verkaufswilligen.

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