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Mon Mar 17 20:06:44 CET 2014    |    Hakuna Matata    |    Kommentare (16)    |   Stichworte: Chevrolet, Gebrauchtwagen, KLAK, Matiz, Sonstiges

Quelle: privatQuelle: privat

Die blaue Flunder

 

Oma braucht ein neues Auto.

Und damit herzlich Willkommen in meinem Blog:

 

"Keine Ahnung und doch ein Auto. - Erfahrungen eines Unerfahrenen."

 

Wir schreiben den Dezember 2008, als sich der bis dato doch recht zuverlässige schwarze Twingo meiner Oma mit Motorenproblemchen in die Werkstatt verabschiedet. Hier und da die üblichen Parkrempler und der obligatorische dicke Kratzer mitsamt eingedrücktem Blech auf der rechten Seite heckwärts der Beifahrertür, was der Parksituation in unserem Hof geschuldet ist. Diese wurde schon dem Vorgänger-Corsa in selber Weise zum Verhängnis. Es braucht ja wiederkehrende Elemente im Leben. :D

 

Der Tankdeckel des Twingos wollte dadurch nicht mehr über längere Distanz in der vom Erfinder ursprünglich angedachten aerodynamisch optimalsten Position bleiben, sondern stellte sich nach spätestens fünf Kilometern in den Wind, wie wir es sonst von Hunden am offenen Seitenfenster aus Hollywood kennen. Wir ließen ihm den Spaß. Ansonsten stand der Renault nämlich noch gut da. Er lief und lief.

 

Was die Motorenprobleme verursachte ist mir entfallen, doch waren sie leider so gravierend, dass ein neues Auto hersollte. Kriterium: Klein. Und natürlich im Budget.

 

Da niemand Lust hatte Händler abzuklappern, wurde im Internet Ausschau gehalten. Von mir. Wie auch bei allen anderen Dingen, die meinen Großeltern in den Sinn kommen und nicht über Kataloge bestellt werden können. Beziehungsweise 'ist im Internet doch alles viel billiger!' - 'Nein Oma, dies und das bekommst du wo anders sicherlich billiger.' - 'Okay. … Schaust du trotzdem mal nach? :) '.

 

 

Autos fand ich schon immer interessant. Jedoch nur, bis man die Motorhaube öffnet; um es mal symbolisch darzustellen. Daher auch der Blogtitel. Ich behaupte Autofahren zu können, aber von der Technik habe ich Ahnung wie Pinguine von der Wüste. Ich definierte Automobile damals über das Design. Und ich war erst 15. Entsprechend suchte ich auch in den einschlägigen Autobörsen. Budgetbereich eingegeben. Häkchen bei Klein- und Kleinstwagen. Suche starten. So ein Kleiner wird schon nicht viel verbrauchen, also wird man da nicht drauf achten müssen und was soll der auch sonst für Macken haben? Was gefiel wurde näher betrachtet. Ich konnte mit der Zeit auch überzeugen, dass ein Kleinstwagen reichen würde. 'Einen Kleinwagen brauchst du nicht.' Mein Faible für (wie sagt man heutzutage so schön:) 'Anti-Mainstream-Autos' sorgte dann letztendlich auch dafür, dass wir losfuhren und uns einen metallicblauen Chevrolet Matiz ansahen. Den sieht man nicht so oft, wie den Corsa oder gar den Twingo. Ehrlich gesagt war mir dieses Modell sogar bis zum Auffinden in der Autobörse gänzlich unbekannt.

 

Auf den Fotos sah der Wagen top aus, er passte ins Budget. Erstzulassung 12/2007. 1500km auf der Uhr. 1500km in einem Jahr? 'Erstmal anrufen. Der hat sich sicherlich vertippt!' Meinem Vater das Inserat gezeigt und das Telefon in die Hand gedrückt. Der Anruf folgte zugleich. Und nada. Nichts. Der Verkäufer bestätigte die geringe Fahrleistung! Es wäre das Fahrzeug seines Vaters gewesen und der war nicht viel unterwegs.

 

Das Interesse unsererseits wurde natürlich größer, und wir vereinbarten einen Termin für den 27.12. Der nächste Samstag sollte es also werden. Auf den Bildern des Inserats gefiel das Auto meiner Oma, und somit fuhren lediglich mein Vater, Opa und ich an jenem Samstag die 1,5h gen Duisburg. Vereinbarte Zeit: 12 Uhr. Ankunft: 11:45Uhr. Da der Verkäufer bereits am Telefon mitteilte, dass es das Auto seines Vaters war und er selbst nicht in der Nähe wohnte warteten wir die 15 Minuten einfach ab. Früher aus dem Haus gehen wird er ja nicht können. Es müsste schon unterwegs sein. Teleporter wurden auch noch nicht erfunden. Und so konnten wir die letzten Sonnenstrahlen genießen. Es war wirklich herrliches Wetter. Das Einzige, das uns langsam zweifeln ließ, war das Viertel an sich. Dreck wo man hinsah. Und während wir die Passanten beobachteten bekräftigte sich der Verdacht immer mehr, dass dies wohl ein eher sozialschwächeres Viertel sein muss. Wir selbst kommen vom Lande, von daher war es ziemlich ungewohnt. Und hier soll ein altes Ehepaar gelebt haben?

 

Der Verkäufer, nennen wir ihn Frank, erschien dann pünktlich. Am Telefon wirkte er sehr nett. Und dies bestätigte sich dann auch beim Aufeinandertreffen. Er führte uns auch gleich in den Hinterhof und ging zielstrebig auf eine der zig Garagen zu, während er begann uns die Geschichte des Wagens zu erläutern.

Seine Mutter hatte den Wagen vor einem Jahr als Neuwagen gekauft. Ehe wir etwas sagen konnten, hatten wir auch schon den Original-Kaufvertrag in der Hand. Nach einem kurzen Blick darauf, erzählte er weiter: Gesundheitlich ging es der Dame leider immer schlechter und sie verstarb im Sommer. Daraufhin wurde das Fahrzeug nur noch von ihrem Mann bewegt. Die geringe Kilometerlaufleistung kam zu Stande, da der Wagen lediglich für Einkaufsfahrten genutzt wurde. Da waren wir mal gespannt, ob der Zustand des Fahrzeugs dies bestätigen konnte.

 

Das Garagentor war mittlerweile geöffnet, Tüten mit undefiniertem Inhalt auf Seite geräumt und Frank hatte sich irgendwie in dieses Auto gequetscht. Es sah aus, als ob neben dem Auto auch der Hausrat einer kompletten Wohnung in dieser Garage Platz gefunden hätte. Er fuhr das Auto heraus und wir machten uns einen ersten Eindruck. Der Lack sah in Ordnung aus. Der Innenraum auch. Einmal waschen und er stände da wie ein Neuwagen. Die 1500km konnte man getrost glauben.

Aber wieso sollte man einen solchen Wagen verkaufen? '2008 war nicht unser Jahr. Der Tod meiner Mutter hat unsere Familie schon ziemlich mitgenommen. Besonders meinen Vater. Als hätte das nicht schon gereicht, nahm uns das Schicksal ihn auch noch. Er verstarb Ende November.', erzählte Frank weiter. Solche Geschichten muss man auch als Außenstehender erst ein mal verarbeiten. 'Aus der Wohnung haben wir schon alles herausgeschafft. Das meiste lagert nun hier in der Garage, wie euch sicher aufgefallen ist. Aber nun wollen wir es abschließen. Wir schauen, was wir davon verkauft bekommen, der Rest kommt weg. Das Auto macht dabei den Anfang. Wir benötigen so einen kleinen Wagen nicht. So gut er auch dastehen mag. Also, wie schaut es aus?'

 

Der Wagen sah gut aus. Seine Geschichte klang plausibel. Der Preis war sehr gut. Es sprach nichts dagegen. 'Wann können wir ihn abholen?'

Somit einigten wir uns darauf, dass wir ihn am ersten Arbeitstag der Zulassungsstelle im neuen Jahr ab- und anmelden würden und ihn am Tag darauf abholen. Wir waren froh, so einen schönen Wagen zu guten Konditionen bekommen zu haben und der Verkäufer, den Wagen loszuwerden. Sogar fast zu seinem Inseratspreis.

 

Silvester war dann auch schnell herum und das Anmelden funktionierte ohne Probleme. Somit machten sich mein Vater und Opa ein weiteres mal auf den Weg. Diesmal um den Matiz abzuholen. Viel zu erzählen gibt es darüber allerdings nicht. Die Autobahn ist zwar nicht sein Zuhause, aber angekommen sind alle heile. Und als er dann endlich im Hof stand, war auch die Oma zufrieden.

 

Es gibt nurnoch 2 Dinge zu erwähnen. Merke:

 

1) Ein Auto ist nie individuell genug. Auch der Matiz blieb nicht vom schönen langen Kratzer auf der rechten Seite heckwärts der Tür verschont. :D

2) Wenn du fünfzehn-einhalb Jahre alt bist und deiner Oma ein Auto suchen sollst, dann könnte dir schon mal klar werden, dass dies eventuell mal dein erstes Auto wird. Bei mir ging das Licht ein halbes Jahr später auf. Vielleicht wäre es ja doch eher ein Kleinwagen geworden? Aber einem geschenkten Gaul, schaut man bekanntlich nicht ins Maul. Und er hat mir viele lustige Geschichten beschert, die mir und meinen Freunden unvergessen bleiben werden. :)

 

To be continued..

 

Hakuna Matata

Hat Dir der Artikel gefallen?

Mon Mar 17 21:44:39 CET 2014    |    Dortmunder 65

Danke für diese nette Geschichte, mein Kopfkino arbeitete recht gut und so etwas macht mir Spaß.

Mon Mar 17 22:03:45 CET 2014    |    Turboschlumpf6

Willkommen unter den Bloggern! Dein erster Artikel ist hervorragend! Ich freue mich schon auf weitere Teile.

Mon Mar 17 22:19:02 CET 2014    |    Andi2011

Moin,

 

Wenn das dein erster Blog ist,dann hast du wirklich Talent!Sehr schön geschrieben und wie dorti richtig meint, das Kopfkino arbeitet die ganze Lesezeit mit.

 

Ich freu mich hier einen neuen Blogger der direkt so super startet zu finden,vielen Dank für den schönen Blog und ich freue mich auf mehr!

 

Grüße

Andi

Tue Mar 18 01:45:40 CET 2014    |    Spiralschlauch132255

Saugut und unterhaltsam geschrieben, bitte mehr davon!

Tue Mar 18 09:06:58 CET 2014    |    PIPD black

Moin,

 

schöner Artikel.

 

Aber stelle bitte die Kommentar-Schriftfarbe um. Schwarzer Text auf dunkelrotem Hintergrund ist kaum zu lesen.

 

DANKE

Tue Mar 18 09:58:11 CET 2014    |    Hakuna Matata

Servus,

 

und danke für die positiven Kritiken. Freut mich, dass es euch gefällt.

 

@Andi2011: Jawohl, dass ist durchaus mein erster Blog. Habe das vorher noch nicht gemacht.

 

@PIPD black: Ist habe es umgestellt. Nun sollte es angenehmer sein.

 

Grüße

Tue Mar 18 11:03:52 CET 2014    |    PIPD black

Sehr schön.

 

Danke dafür.

Tue Mar 18 17:27:22 CET 2014    |    Multimeter20580

Super Story, spannend erzählt.

 

Mir fällt auf, dass uns (mindestens) eine Sache verbindet - wir beide waren schon mal Besitzer eines Fabrikates, dass es heute (oder bald) nicht mehr gibt. (Na gut, bei dir jetzt nur auf Europa bezogen. Bei mir wars ein Saab 9000 :cool:). In deinem (vermutlich) jugendlichen Alter, eine reife Leistung :D

 

Rolli_HX

 

P.S. Ich komme aus bzw. wohne in Ostwestfalen, genauer gesagt der ländlichste Teil davon. Meine Mutter besitzt ein Mehrfamilienhaus in Herne - ich verstehe ausserordentlich gut, was du meinst:

 

Zitat:

Es war wirklich herrliches Wetter. Das Einzige, das uns langsam zweifeln ließ, war das Viertel an sich. Dreck wo man hinsah. Und während wir die Passanten beobachteten bekräftigte sich der Verdacht immer mehr, dass dies wohl ein eher sozialschwächeres Viertel sein muss. Wir selbst kommen vom Lande, von daher war es ziemlich ungewohnt. Und hier soll ein altes Ehepaar gelebt haben?

Das scheint eine allgemeingültige Beschreibung für das Ruhrgebiet zu sein. Ich war am Anfang auch geschockt und sehe es heute als normal an, auch das Jeder sich da duzt als wenn man sich seit Jahrzehnten kennt.

Tue Mar 18 20:32:07 CET 2014    |    Schattenparker48230

Schöne Story! :)

 

Hakuna Matata wünscht Simba! :D

Tue Mar 18 22:28:22 CET 2014    |    Hakuna Matata

@Rolli_HX:

Das ist durchaus eine Erfahrung wert. Beruflich hat es mich nun auch vor einem halben Jahr in eine Großstadt gezogen. Das ist dann schonmal ein ganz anderes Leben als die 20 Jahre vorher im 600-Seelendorf, von dem die nächste Stadt mit mehr als 50.000 Einwohnern 50km weit entfernt ist.

 

@Simba:

Hakuna Matata zurück! :D

Wed Mar 19 20:02:52 CET 2014    |    nick_rs

Sehr interessante geschichte und gut geschrieben :)

Der Matiz ist aber definitiv nicht mein Falls.

 

Außerdem ist das Leben zu kurz um kleine langsame Autos zu fahren :D

Wed Mar 19 21:03:47 CET 2014    |    Hakuna Matata

Mein Fall war er auf lange Sicht dann auch nicht mehr, nachdem ich 18 wurde. :D

Da musste erstmal etwas größeres her.

Wed Mar 19 23:25:26 CET 2014    |    Schattenparker48230

Ich hab den Artikel nochmal gelesen. Hat mehr Spaß gemacht als vorhin bei der Arbeit :D

 

Zum Matiz: Ich habe zwei Erfahrungen damit:

1) Einmal hatte ich so ein Ding als Mietwagen. Er hat mich und 2 Freunde von Berlin nach Hamburg zu einem Konzert und zurück gebracht. Erstaunlicherweise hat das Ding 2 Liter mehr gesoffen, als ich aus versehen das Shell Ultra 100 Millionen Oktan getankt hab.

Mein Kumpel schuldet mir seitdem (2009) immer noch 20€, die ich wohl nie wieder sehen werde.

 

2) 2010 bin ich in einem Matiz in der Phase zwischen Abi und Studium Pizza ausgefahren. Ich habe den Dreizylinder in der Zeit zu schäzen gelernt. Mit meiner Fahrweise soff er in Berlin um die 10 Liter. Aber das war mir egal, denn der Wagen gehörte der Firma. Dafür war der Motor im Stadtverkehr erstaunlich spritzig. Hat Spaß gemacht! Dennoch schließe ich mich Nick an. Ein Matiz ist nicht meine Art, Auto zu fahren. Lieber gehe ich pleite, weil ich eine 200PS-Schleuder unterhalten muss.

 

Schöner Blog!

Mich würde noch interessieren, warum du dich "Hakuna Matata" genannt hast. Antwort auch gerne per PN, wenn du das nich öffentlich machen willst. Ist ja ne recht persönliche Sache. Ich schreibe dir dann gerne auch ein paar Zeilen, warum ich Simba bin ;)

Thu Mar 20 16:47:04 CET 2014    |    Hakuna Matata

Ich fand, dass es kein schlechtes Auto war, aber letztendlich es ist immer eine Frage des Fahrprofils. In der Stadt ist der Matiz sicher besser aufgehoben als bei uns im hügeligen Westerwald. 2 Mitfahrer + Fahrer sind auch noch akzeptabel, aber wir waren damit des öfteren zu fünft unterwegs. Das war ein Spaß, vorallem bis sich endlich mal alle angeschnallt haben. :D Dementsprechend viel schluckte er dann auch. 6,5Liter waren drin, aber auch mal 10,5. Der Schnitt pendelte sich dann bei ziemlich genau 8 Litern ein.

 

Zu meinem Nutzernamen muss ich dich wohl etwas enttäuschen. Da steckt keine große Geschichte hinter. Ich wollte nur mal einen neuen Namen nutzen. Nicht den Immergleichen aus anderen Foren etc. Wie ich dann auf Hakuna Matata kam, weiß ich garnicht mehr. Fand ihn aber ganz interessant, weil es mal was anderes war und ich das Motto sowieso toll finde. :) Das strahlt eine gewisse Lebensfreude aus, dass vielen Leuten heutzutage meiner Meinung nach fehlt. Und wenn der Name nur einer einzigen Person ein Schmunzeln ins Gesicht gezaubert hat, dann hat es sich schon gelohnt. :)

Fri Mar 28 01:06:46 CET 2014    |    el lucero orgulloso

Sehr feiner Blogartikel - Glückwunsch zum gelungenen Debüt!

 

Den Matiz kenne ich vor allem aus Polen, wo er noch früher als Daewoo an jeder Ecke stand und das gefühlt häufigste Auto auf den dortigen Straßen war.

 

Für mich wäre er auch nix, denn mich sprechen nur ganz wenige Klein(st)wagen an, wobei dieser nicht dazu gehört.

Dennoch kann ich mir vorstellen, dass er deinen Großeltern gut diente und bin gespannt auf eine Berichte zu den Erlebnissen mit der blauen Flunder! :)

Fri Mar 28 02:07:11 CET 2014    |    Schattenparker48230

Zitat:

Den Matiz kenne ich vor allem aus Polen, wo er noch früher als Daewoo an jeder Ecke stand und das gefühlt häufigste Auto auf den dortigen Straßen war.

FSO, nicht Daewoo, wenn ich bitten darf ;)

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