Rechtliche Frage: Winterreifen im Sommer und Fahrlässigkeit

Audi A4 B9/8W

Hallo zusammen,

kennt sich hier jemand vielleicht juristisch etwas aus?
Ich fahre momentan einen Audi Leihwagen wegen Lieferterminüberschreitung.
Der hat noch Winterreifen drauf (keine Ganzjahresreifen).

Soweit ich weiß ist das Fahren von Winterreifen im Sommer nicht verboten, aber bei Temperaturen um 30° gefährlich und im Falle eines Unfalls fahrlässig mit den entsprechenden Folgen.

Der bestellte Wagen ist ein Dienstwagen und ich muss jetzt mit dem mit Winterreifen bereiften Wagen meinen Job im Außendienst machen. Den Wagen einfach stehen lassen geht also nicht.

Ich reagiere da ein wenig empfindlich, weil ich schon mal an einem schweren Unfall mit Personenschaden beteiligt war inklusive Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen mich.
Glücklicherweise hat ein von der Statsanwaltschaft in Auftrag gegebenes Gutachen, das ganz klar ausgesagt hat, dass ich keine Möglichkeit hatte, den Unfall zu verhindern am Ende dazu geführt, dass die Ermittlungen eingestellt wurden.
Das hat aber fast ein Jahr gedauert. So was belastet sehr. Brauche ich nicht noch mal!!!
Und die Erinnerung daran fährt jetzt ständig im Hinterkopf mit.

Wie ist denn hier die rechtliche Lage? Muss mir mein Arbeitgeber aufgrund der Führsorgepgflicht ein Fahrzeug mit Sommerreifen zur Verfügung stellen und verhalte ich mich möglicherwerise persönlich fahrlässig wenn ich im Auftrag meines Arbeitgebers im Sommer mit Winterreifen fahre?

43 Antworten

Schon klar Uwe ... und gäbe es Semislicks der Dimension 295/80 R 22,5, - ich erzielte ein noch verantwortungsvolleres Ergebnis in punkto "kürzester Bremsweg".

Werter Gruß
Richard

Wonach soll er denn fragen?

Danach, wo denn geregelt ist, dass die Nutzung von Bereifung die vom Gesetzgeber als „wintertauglich“ eingestuft wird, im Sommer nicht zulässig ist?

Zitat:

@Rigero schrieb am 9. Juli 2022 um 12:07:51 Uhr:


Schon klar Uwe ... und gäbe es Semislicks der Dimension 295/80 R 22,5, - ich erzielte ein noch verantwortungsvolleres Ergebnis in punkto "kürzester Bremsweg".

Wie schon geschrieben, es ging mir nicht um die Bewertung, ob Winterreifen zu verantworten sind oder nicht.

Gruß

Uwe

Zitat:

@Gummihoeker schrieb am 9. Juli 2022 um 12:09:43 Uhr:


Wonach soll er denn fragen?

Danach, wo denn geregelt ist, dass die Nutzung von Bereifung die vom Gesetzgeber als „wintertauglich“ eingestuft wird, im Sommer nicht zulässig ist?

Naja, er kann z.B. fragen, wie sich im Schadenfall unter verschiedenen juristischen Aspekten betrachtet allgemein anerkannte Sachverhalte oder "Stand der Technik", wie die deutliche Verlängerung des Bremswegs eines Winterreifens bei hochsommerlichen Temperaturen auf seine persönliche Haftung oder die des Arbeitgebers auswirken können.

https://www.meinauto.de/lp-bremsweg-autosicherheit (hier gibt es mal einen Vergleich: Sommerreifen im Winter und umgekehrt Winterreifen im Sommer sowie im Vergleich noch Ganzjahresreifen)

So kann es z.B. sein, dass man zwar gegen kein offizielles Gesetz verstößt, aber berufsgenossenschaftliche Unfallverhütungsrichtlinien nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Diese können nämlich, um Regelungslücken zu schließen, herangezogen und sozusagen hilfsweise einem Gesetz gleichgestellt werden. Ein Fachanwalt wird wohl eher abschätzen können, welche Bereiche berührt sein könnten, ob in der Rolle als Fahrer oder als Mitarbeiter, und auf welcher Rechtsebene Probleme drohen (oder eben auch nicht).

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Genau, während ein Fachanwalt „Regelungslücken“ konstruiert und es auf einen Rechtsstreit anlegt, sollte der TE sich schon einmal nach einem neuen Arbeitgeber umsehen.

Nochmals:
Ich verstehe die Frage des TE in der Richtung, ob IHM im Schadensfall eine Vollhaftung oder Mithaftung auferlegt werden kann, wenn er quasi gezwungenermaßen auf WR im Sommer unterwegs sein muss,
Hier sind die absoluten Bremswerte erst einmal sekundär, wenn sie natürlich auch in der Gesamtgefährdung mit hineinspielen.

Als erster Teil dürfte Unstrittig sein das es KEIN gesetzliches Verbot gibt, Winterreifen im Sommer zu fahren.
Von daher wird es auch im Schadenfall keine gesetzliche Sanktion deswegen geben können, es fehlt einfach die Grundlage dafür.
Allerdings könnte möglicherweise eine Versicherung im Schadensfall die Kaskoleistung verweigern oder kürzen. Bitte richtig verstehen - nicht die Haftpflichtleistung aber eben die Kasko, also die Regulation des eigenen Schadens.
Und das machen die Versicherer dann meist „mal einfach so“ mit der Begründung das man eben „fahrlässig“ oder gar „grob fahrlässig“ handelt wenn man wissentlich mit eben solcher,“ nach dem Stand der Technik“ ungeeigneten Bereifung unterwegs ist.
Um dagegen anzugehen bedarf es dann meist einer gerichtlichen Klärung.

Das alles dürfte den TE als Fahrer des bereitgestellten Dienstwagens erst mal wenig kümmern.
Seine Frage geht dahin ob IHM, eine Mitschuld oder Mithaftung vorgeworfen werden kann, wenn er wissentlich auf solcher Bereifung unterwegs ist.

Und m.M.nach sollte eine Mitteilung über die ungeeignete Bereifung an den Arbeitgeber als Halter und Bereitsteller ausreichen um den TE hier vorsorglich zu entlasten.

Aber das Thema ist wirklich zu komplex um hier von „Laien“ belastbar beurteilt zu werden.
Ich gebe hier nur das wieder was ICH in so einem Fall machen würde.

Und die Kaskoleistung interessiert ihn genau wie bei einem Audi Leihwagen? Mehr als die Kaution/Eigenanteil zahlt er da sowieso nicht.

Zitat:

@kasemattenede schrieb am 9. Juli 2022 um 13:23:28 Uhr:


Allerdings könnte möglicherweise eine Versicherung im Schadensfall die Kaskoleistung verweigern oder kürzen. Bitte richtig verstehen - nicht die Haftpflichtleistung aber eben die Kasko, also die Regulation des eigenen Schadens.
Und das machen die Versicherer dann meist „mal einfach so“ mit der Begründung das man eben „fahrlässig“ oder gar „grob fahrlässig“ handelt wenn man wissentlich mit eben solcher,“ nach dem Stand der Technik“ ungeeigneten Bereifung unterwegs ist.

Auch wenn ich deinem Beitrag grundsätzlich zustimme, zu dem Punkt doch noch eine Anmerkung:

Fahrlässigkeit ist kein Ausschlussgrund bei der Vollkasko, sondern ganz im Gegenteil der "übliche" Fall in dem die Vollkasko leistet: Selbstverschuldeter Schaden eben.

Bei der groben Fahrlässigkeit (die ich hier nicht sehe, aber darauf kommt es ja nicht unbedingt an...) sieht das anders aus. Da ist in den Muster-AKB des GDV die Formulierung enthalten "Bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Schadens, sind wir berechtigt, unsere Leistung in einem der Schwere Ihres Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen". Allerdings wird bei vielen neueren Verträgen auf die Einrede der groben Fahrlässigkeit verzichtet (ausgenommen bei Alkohol- oder Drogenkonsum).

Für den TE ist das, wie du ja schon geschrieben hat, aber eh kein Thema. Das trifft eher den Arbeitgeber bzw. Verleiher.

Aus meiner Sicht sind im Falle eines Unfalls keine Konsequenzen für die TE zu erwarten, wenn er mit Winterreifen unterwegs ist. Sicher kann er natürlich nicht sein, denn gerade im Falle eines Unfalls wird oft unberechtigt eine zu hohe Geschwindigkeit vorgeworfen. Wenn dem gefolgt wird und mit Kombination der Winterreifen ist natürlich nicht optimal. Zugegeben, ein unwahrscheinliches Szenario.

Wenn dem TE kein Fahrzeug mit Winterreifen fahren möchte, bleibt ihm eigentlich nur, das Ganze eskalieren zu lassen, indem er mit seinem Vorgesetzten spricht und wenn dieser nicht entgegenkommend ist, ihn aufzufordern, eine schriftliche Weisung zu erteilen, dass der TE mit einem Fahrzeug mit Winterreifen zu fahren hat.

Dann muss er Arbeitgeber Farbe bekennen. Entweder setzt er sich doch für den TE ein oder aber der TE hat etwas Schriftliches in der Hand und die Firma kann sich im Falle eines Falles nicht rausreden.

Das Ganze empfiehlt sich natürlich nur dann, wenn der Arbeitgeber ein Fahrzeug stellen muss.

Dem Arbeitgeber nur irgendwelche Hinweise zu geben, bringt nicht viel und falls er doch reagiert, dann zieht sich das so lange hin, dass sowieso wieder Winterreifen angesagt sind.

Eine schriftliche Weisung zu fordern, hat den Vorteil, dass der TE sich nicht verweigert, aber eine zeitnahe klare Entscheidung bekommt.

Gruß

Uwe

Da es sich um einen Leihwagen handelt, frage ich mich, warum der TE sich nicht an den Verleiher wendet

Zitat:

@Eierlein2 schrieb am 9. Juli 2022 um 15:36:28 Uhr:


Da es sich um einen Leihwagen handelt, frage ich mich, warum der TE sich nicht an den Verleiher wendet

Es ist kein Leihwagen, sondern ein Fahrzeug aus dem Firmenfuhrpark. Dort hat er seine Bedenken schon geäußert und die geben ihm kein Fahrzeug mit Sommerreifen oder Ganzjahresreifen.

Das der TE etwas missverständlich formuliert. Im Ausgangsbeitrag war es ein Leihwagen und erst später hat er das dem Firmenfuhrpark geschrieben.

Gruß

Uwe

Hiho

es ist vollkommen Legal mit Winterreifen im Sommer zu fahren . Was die Versicherungen im Schadensfall daraus machen kann was ganz anderes sein .(und selbt mit Sommereifen im Sommer würde DIE versuchen einem nen Strick daraus zu drehen damit sie ja weniger bezahlen müssen)

Wie sieht das denn eigenlich aus wenn die LING LONG Sommerreifen 15m mehr Bremsweg haben als die Michelin Winterreifen bei Tempo 100 auf trockener Strecke ? ..das wird dir dann auch eine Versicherung erklären können(oder auch nicht) warum sie halt nicht in voller Schadenshöhe begleichen wollen ....

Gruss Dirk

@hk_do und @Gummihoeker haben die Lage korrekt dargelegt. Es gibt kein, aber auch gar kein Problem mit Winterreifen im Sommer, es stellt keine Fahrlässigkeit dar.

Vor Gericht wird immer der eine, entscheidende Punkt durchgekaut: wäre der Unfall vermeidbar gewesen bei regelkonformem Verhalten? z.B. bei überhöhter Geschwindigkeit: das Fahrzeug wäre nicht aus der Kurve geflogen/hätte den Fußgänger nicht erwischt usw. bei 100 km/h statt 130 km/h.

Aber der Fall , daß ein Winterreifen im Sommer unfallursächlich (!) war, wird der beste Anwalt nicht herbeireden können. Ein Winterreifen mit gutem Profil ist garantiert so sicher wie ein abgefahrerener oder total ausgehärteter Sommerreifen (der ja auch uneingeschränkt erlaubt wäre)

BTW: Wenn Winterreifen im Sommer fahrlässig wären, was macht man dann an einem sonnigen Januartag, wenn es mal 20 Grad draußen hat?

Im Januar bei 20 Grad Außentemperatur - hier dürfte die Temperatur der Fahrbahn aber erheblich weiter von 20 Grad sein als im Sommer. Die Winterkälte steckt im Boden und es wird ein Temperaturausgleich zur warmen Lufttemperatur erfolgen. Damit dürfte sich ein Winterreifen in dieser Situation anders verhalten als im Sommer, wo die Temperaturen der Fahrbahn annähernd gleich zur Lufttemperatur sind oder sogar darüber liegen.

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