Gewährleistung Gebrauchtwagen
Hallo zusammen,
ich benötige mal Eure Hilfe bei folgendem Sachverhalt:
Meine Frau hat im Februar 2006 einen Polo Highline TDI vom VW-Händler als Gebrauchtwagen gekauft. EZ: 04/03, 18900 km (nachgewiesen!) für 10800 EUR. Das Auto hatte laut Fahrzeughistorie und Aussage vom Händler einen leichten Seitenschaden hinter sich, bei dem die linke Seite neu lackiert bzw. die Tür ausgetauscht wurde. Bei der Probefahrt fielen stark "rubbelnde" Bremsen auf, die im Kaufvertrag vermerkt und bis zur Abholung beseitigt wurden. Soweit, so gut.
Im Juni ließ sich bei dem Polo kein Gang mehr einlegen; Diagnose "Schaltbetätigung defekt". Die Kosten von 120 EUR wurden vom Händler nicht übernommen,--> der Hinweis auf Gewährleistung wurde abgelehnt, da diese "nur für Mängel, die bereits beim Kauf vorhanden waren, gelte".
Ebenfalls im Juni wurden erneut die Bremsscheiben gewechselt, da diese wieder einen kräftigen "Schlag" hatten. Diesmal auf Ersatzteilgarantie von VW.
Im Oktober trat wieder ein starkes "Rubbeln" der Bremsen auf; diesmal recherchierte der Freundliche ein wenig näher und kam zu dem Schluss, dass bei dem früheren Seitenschaden scheinbar eine Radnabe beschädigt wurde und dadurch die aufliegende Bremsscheibe alle paar 1000 km ebenfalls beschädigt "krumm" ist. Kosten:487 EUR.
Sämtliche Reparaturen wurden aufgrund der Entfernung bei einem anderen VW-Händler durchgeführt, als bei dem wir das Fahrzeug gekauft haben.
Wir haben jetzt einen Brief an den Verkaufsleiter des Autohauses mit der Bitte um Kostenübernahme der Radnabe und Bremsscheiben sowie der erneuten Prüfung von Gewährleistungsansprüchen bei der Schaltbetätigung geschrieben. Heute kam vom Autohaus die Antwort, dass man sich kulanterweise mit 50% an den Kosten für die Radnabe und Bremsscheiben beteiligen wolle, für die Schaltbetätigung aber weiterhin keine Kosten erstattet werden.
Unserer Meinung nach fällt der Defekt der Schaltbetätigung unter die Gewährleistungspflicht des Händlers und der defekt der Radnabe bzw. der Bremsscheiben ist eine Folge des früheren Seitenschadens und muss ebenfalls zu 100% übernommen werden, da die im Kaufvertrag vermerkten"rubbelnden Bremsen" vor Abholung scheinbar nicht ordentlich repariert wurden.
Ich brauche mal dringend Tipps für das weitere Vorgehen. Was meint Ihr dazu???
(Viel Text, ich weiß... Und Golf-Forum statt Polo-Forum, da es vorrangig um die Gewährleistung geht und sich hier ja viele Fachkundige rumtreiben)
Danke + Gruß, G.O.L.V.
5 Antworten
Zitat:
Unserer Meinung nach fällt der Defekt der Schaltbetätigung unter die Gewährleistungspflicht des Händlers
NEIN! laut aktueller rechtsprechung des BGH zumindest nein... ob das ergebnis des bgh mit dem gesetzgeberischen willen vereinbar ist, ist ne andere sache (so wie es die herrschende Lit. sieht und ich genauso: absolute fehlentscheidung des BGH)... das hilft dir nicht weiter, da nunmal der bgh der auffassung ist, dass der verkäufer weiterhin die ursache bzw. die schadensanlage für einen aufgetretenen mangel nachweisen muss... sodann wird erst vermutet dass dieser grundmangel bei gefahrübergang vorlag...
das problem an der sache ist, dass dein getriebe nachweislich bei gefahrübergang in ordnung war. es kommen also für das getriebeproblem mehrere ursachen in betracht: einmal ein fahrfehler... und dann noch evtl. irgend ein grundmangel...
solange du also nicht nachweisen kannst, dass ein grundmangel hier vorlag, wird auch nicht vermutet dass diese schadensanlage von anfang an vorlag...
die entscheidung des bgh ist sehr verbaucherfeindlich... eigentlich sehr untypische für den bgh, da er sonst meist zu gunsten der verbraucher entscheidet... aber solange sich der bgh der kritik der literatur stellt, werden auch sämtliche instanzen dem bgh folgen...
das einzige was dir bleibt: ein gutachter muss feststellen, dass das getriebeproblem als alleinige ursache nen grundmangel hat...
zum bremsenproblem:
solltet ihr vereinbart haben, dass der unfallschaden behoben wurde, dann musst du auch ein auto erhalten, bei dem der unfallschaden repariert wurde... das es sich weiterhin um ein unfallfahrzeug handelt, ist hier bedeutungslos... ihr habt ja keinen kaufvertrag über ein unfallfreies auto abgeschlossen, sondern ein kaufvertrag über ein auto mit behobenem unfallschaden...
folglich liegt hier also ein mangel vor... hier sehe ich eigentlich weniger probleme... das problem mit den rubelnden bremsen trat ja bereits im juni auf... also noch zu der zeit in der die beweislastumkehr eingreift... dein händler muss also nachweisen, dass die radnabe bei gefahrübergang noch i.O. war...
solltest du rechtschutzversichert sein, würde ich zum anwalt gehen... bzgl. der bremsen hast du gute chancen...
bzgl. des getriebschadens keine... aber auch da kann es dein anwalt probieren... immerhin ist ist es herrschende Meinung, dass auch hier die beweislastumkehr greifen würde
... u.a. auf Deine Aussage hatte ich gehofft :-)! Die Aussage zur Gewährleistung überrascht mich; es stellt sich mir ernsthaft die Frage, warum ich dann überhaupt einen Gebrauchten beim Händler kaufe. Bisher dachte ich, dass sich der höhere Preis mit der Gewährleistung rechtfertigen lässt (Auto innerhalb der ersten sechs Monate defekt, ab zum Händler und auf seine Kosten heile machen; halt ähnlich wie beim Neuwagen ...) Vielleicht war ich da ein wenig zu naiv.
Zu den Bremsen: Es wurde nicht vereinbart, dass der Unfallschaden behoben wird (das war bereits geschehen), sondern dass die defekte Bremse repariert wird. Wortlaut Kaufvertrag: "Bremsen werden geprüft und ggbfls. erneuert". Das Problem an der Sache ist nun, dass der Defekt an der Bremsen ducrh die defekte Radnabe verursacht wurde, die wiederum vermutlich bei dem Seitenschaden beschädigt wurde. Aber beweis das mal... Damals wurden die Bremsscheiben ersetzt und damit war der Mangel ja auch erstmal beseitigt....
Zitat:
Bisher dachte ich, dass sich der höhere Preis mit der Gewährleistung rechtfertigen lässt (Auto innerhalb der ersten sechs Monate defekt, ab zum Händler und auf seine Kosten heile machen; halt ähnlich wie beim Neuwagen ...) Vielleicht war ich da ein wenig zu naiv.
egal ob gebrauchtes auto oder neuwagen...
selbst beim neuwagen ist das so... angenommen du kaufst die nen nagelneuen golf 5 (unterstellt vw hat keine garantie gegeben... mittlerweile gibt es wieder die herstellergarantie), fährst mit dem auto nette 4 wochen... plötzlich geht dir dein motor flöten...
du gehst zum händler und sagst: hier mein motor ist putt... die beweislastumkehr würde dann für dich bedeuten, dass WIDERLEGLICH vermutet wird, dass der motor bereits bei gefahrübergang putt war...
was wird dir der händler sagen? "ja und... der motor war doch bei gefahrübergang noch in ordnung" also was heisst das? dein händler hat die vermutung widerlegt...
dann sagst du: ja halt! möglich dass der motorschaden aufgrund eines grundmangels kaputt gegangen ist... ja das wäre möglich... aber es wäre auch möglich, dass du den motor kaputtgefahren hast, aufgrund eines fahrfehlers...
also was sagt dann ein guter anwalt zu deinem händler: "ja hier! möglich dass ein grundmangel die ursache für den motorschaden war..."
ein guter anwalt des händler wird dann erwidern: "aha... kennen sie die BGH-entscheidung zur reichweite der beweislastumkehr nicht? mein mandant hat die vermutung, dass der motor bereits bei gefahrübergang defekt war widerlegt. nun beweisen sie mal, dass für den motorschaden ein grundmangel ursächlich war... wenn ihnen dies gelingen sollte, dann wird vermutet dass dieser grundmangel bereits bei gefahrübergang vorlag!"
so traurig es klingt, so wenig entspricht diese bgh-entscheidung dem gesetzgeberwillen... sie ist einfach nur lächerlich und selbst mit dem wortlaut des gesetzes nicht vereinbar... aber der BGH hat gesprochen... und in der praxis werden alle dieser sichtweise folgen :-(
bleibt am ende nur noch der weg zum BVerfG *G*
und das ist sowohl bei nem gebrauchtwagen so, als auch bei nem neuwagen. ein wesentlicher unterschied zw. gebrauchten sachen und neuen sachen ist, dass der verkäufer bei gebrauchten sachen die gewährleistungsfristen auf 12 monate beschränken kann, während er bei neuen sachen an 2 jahre gebunden ist...
gott sei dank hat vw wieder die garantie eingeführt. da ist es eben anders. es wird halt garantiert, dass das auto innerhalb der garantiezeit absolut fehlerfrei ist.
schau doch einfach mal in den vertrag rein: vielleicht hat dir dein händler auch ne garantie versprochen... solltest du nur auf gewährleistungsrechte "beschränkt" sein, gilt das obige
aber vielleicht ist das ja ein trost: soll dein anwalt dem einfach schreiben... evtl. schreckt es ja deinen händler ab, er ist nicht in kenntnis der BGH-entscheidung und nimmt alles auf die eigene kappe...
dein anwalt muss selbstverständlich das beste für dich raushandeln. da muss er sich halt eben auf die ansichten der Literatur stützen, die dir im falle des getriebeschadens ansprüche zusprechen würden.
zurück zu den bremsen:
es müsste halt vereinbart worden sein, dass ein unfallschaden behoben wurde. das problem ist aber auch hier wieder: ist die radnabe nicht vielleicht bei dir verbogen worden. es handelt sich ja bei solchen sachen um mängel die eigentlich typischerweise jederzeit hätten auftreten können. allerdings bedeutet das noch lange nicht, dass die beweislastumkehr auch hier nicht greifen tut. sie würde nur dann nicht eingreifen, wenn es sich um einen mangel handelt, der eigentlich einem technischen laien bei übergabe hätte auffallen müssen. es kann von dir nicht erwartet werden, dass du nen reifen abschraubst und die radnaben untersuchst...
in meinen augen solltest du hier keinerlei probleme haben.
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Vielen Dank für die ausführliche Auskunft!