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Sat Dec 28 19:13:48 CET 2024    |    der_Derk    |    Kommentare (19)    |   Stichworte: 2024, 2025, Capri, Cariad, Cybertruck, Explorer, Frontera, Jaguar, Mobilize Duo, Twizy

2024 Recap2024 Recap

Schon wieder. Das Jahr ist um, und ich hab' - nichts. Es ist autotechnisch bei mir nichts passiert - keine Reparaturen, keine Ausfälle, keine nennenswerten Aufwände. Schauen wir uns daher einfach mal an, was in der Autowelt allgemein so 2024 passiert ist. Nein, das wird natürlich kein vollständiger Überblick, und ja, das Meiste davon ist mir irgendwie negativ aufgefallen, weil das halt am Besten hängen bleibt. Und es könnte satirische Überspitzung beinhalten... 😉
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Tesla Cybertruck
Ein Fahrzeug, dass mir im Grunde genommen relativ egal sein könnte, denn ich werde es aller Wahrscheinlichkeit nach eh nie fahren. Die Medienwelt hat natürlich den großen Hype darum gemacht, sowohl positiv wie auch negativ. Vergessen wir für einen Moment alle Diskussionen über Einarm-Wischer, Hauben-Einklemmschutz, vermeintliche Vorteile von Edelstahlblechen und Beschleunigungswerte von über drei Tonnen schweren Fahrzeugen mit getrailertem Porsche - ein Aspekt kam dabei irgendwie zu kurz: Was ist ein Pickup, und warum ist der Cybertruck genau in der Hinsicht gar nicht mal so ein gute Idee? Ein Nutzfahrzeug wie ein Pickup lebt trivialer Weise von der Nutzbarkeit. Das beinhaltet Modularität - die Karosserie ist zweiteilig, es gibt verschiedene Arten von Kabinen, verschiedene Pritschen oder Alternativen dazu, verschiedene Fahrwerke, Antriebsstränge und Radstände. Der Cybertruck hat nichts davon, es gibt genau eine Variante, ohne signifikanten Mehraufwand nicht veränderbar. Damit ist er nicht die große, neue Alternative zu klassischen Pickups. Er ist viel eher der spirituelle Nachfolger eines Chevrolet Avalanche oder Honda Ridgeline, Fahrzeuge mit einteiliger Karosserie, deren Verbreitung genau aus diesem Grund nicht wirklich groß war.
Unter'm Strich ist die gesamte Aufregung aber mehr oder weniger egal, denn - es ist kein Massenprodukt, es ist mehr der Lamborghini LM002 der Neuzeit. Sehr teuer, sehr selten, und bei Weitem nicht so bedeutend für die Fahrzeugentwicklung wie oft unterstellt.

Fisker Ocean
Kaum da, schon wieder tot. Das dürfte einer der kürzesten Auftritte aller Zeiten für einen Fahrzeughersteller gewesen sein, und das obwohl man anhand des Fertigers (Magna-Steyr) hohe Hoffnungen hätte haben können. Es ist für die wenigen Käufer sicherlich schlecht gelaufen, aber die Geschichte an sich ist beachtenswert, denn sie vermittelt einen schönen Ausblick, welche Fähigkeiten in den kommenden Jahren gefragt sein werden: Die Wartbarkeit und Reparierbarkeit, wenn der Hersteller das Fahrzeug aufgegeben hat. Dass es sich hierbei um eines mit Elektroantrieb handelt ist dabei eher sekundär, es ist mehr eine Softwarefrage. Nicht die Software, die der Kunde sieht. Beispielsweise wurde er nur mit einem Fahrzeugschlüssel ausgeliefert, und sollte dieser defekt sein oder verloren gehen, muss ein neuer angelernt werden. Fraglich ist zum aktuellen Zeitpunkt, wo dieser herkommen soll und wer die Fähigkeiten haben wird, ihn anzulernen (Nachtrag: Wie es der Zufall so will, gibt es hier im Forum eine Lösung). Immerhin kann sich das Fahrzeug auch ohne Kontakt zu seinem "digitalen Zwilling" (das Cloud-Äquivalent) bewegen, fraglich ist allerdings wie man Änderungen vornehmen kann (z.B. Tausch defekter Elektronikkomponenten), ohne dass das Fahrzeug dies zwingend auch seinem nicht mehr vorhandenen Zwilling mitteilen will - abgesehen davon, dass ein Anlernen wieder einmal Software voraussetzt, die nicht so wirklich verfügbar ist. Es gibt die Fisker Owners Association, die sich darum bemüht die entsprechenden Informationen zu sammeln und zur Verfügung zu stellen, aber auch das wird Grenzen haben - und wenn es nur sprichwörtlich die Landesgrenzen sind. Im Grunde genommen bräuchte man Fertigungsunterlagen und Zuliefererinformationen, Dinge die als Privatperson im Allgemeinen überaus unzugänglich sind.
Dank Internet wird man ein paar dieser Vorgänge auf zumeist US-Amerikanischen Kanälen verfolgen können - und bitte nicht falsch verstehen, ich will das Auto nicht totschreiben. Mia Electric, CityEL oder auch SAM haben gezeigt, dass man zumindest dieses technische Niveau weit über das Ende des Fahrzeugherstellers am Leben halten kann, aber beim Fisker Ocean ist die Komplexität um Größenordnungen höher.

Jaguar
Zum Jahresende verspürte Jaguar dann das dringende Bedürfnis, sich selbst neu erfinden zu müssen. Das erfolgte mittels Videomaterial, welches eher an einem Trailer für ein Zoolander-Sequel erinnerte als an einen Fahrzeughersteller. "Copy nothing", alles sollte neu und anders werden, und es wurde - dramatische Pause - das Prinzip E-Type in Pink, mithin weder neu noch wirklich anders. Ein Elektrofahrzeug, dessen herausragendes Merkmal wie damals eine monumental lange Motorhaube ist, für die es dieses Mal gar keine technische Notwendigkeit gibt. Ermöglicht unzählige Interpretationsmöglichkeiten, und die wenigsten davon wirkten irgendwie positiv. Gut, ich bin definitiv nicht die Zielgruppe, aber selten habe ich eine Kampagne so wenig verstanden.

Ford Capri
... ist wieder da, und hat natürlich abgesehen vom Hersteller und dem Namen ähnlich viel mit dem alten Modell zu tun wie Mitsubishis Eclipse (Cross) mit dem namentlichen Vorgänger. Es ist eigentlich nur eine weitere Geschmacksrichtung des ID.5. Interessant, dass Ford da noch einen Markt sieht, aber die Zielrichtung scheint ohnehin SUV-only zu sein, wenn man sich die aktuelle Modellpalette und die eingestellten Modelle der letzten Zeit so anschaut.

Opel Frontera
... ist wieder da, und hat natürlich abgesehen vom Hersteller und dem Namen ähnlich viel mit dem alten Modell zu tun wie der aktuelle Suzuki Vitara mit seinem namentlichen Vorgänger. Ich erkenne ein Muster. Okay, die Hersteller haben noch die Rechte am jeweiligen Namen und setzen auf die nostalgischen Gefühle der Käufer, aber wenn wirklich keine Fähigkeiten des alten Modells mehr übrig geblieben sind, wäre es dann nicht langsam doch mal an der Zeit, sich einen neuen Namen auszudenken? Hat bei Daihatsu (Feroza -> Terios) doch auch geklappt. Zugegeben - schlechtes Beispiel, wenn man einen Erfolg nennen möchte. Dennoch werde ich langsam müde von vermeintlichen Reboots, die keine sind.

Ford Explorer
... hat natürlich abgesehen vom Hersteller und dem Namen ähnlich viel mit dem alten Modell zu tun wie der Mustang Mach E mit dem "echten" Mustang, und es gab dieses Jahr auch noch einen zweiten, vollständig anderen Explorer (Hybrid) deutlich höher in der Preisliste. Okay, ich habe einfach keine Ahnung von Namensgebungen und bin 'raus.

Mazda 3
Bei wem sich in den letzten Jahren der kleinvolumige, aufgeladene Dreizylinder als Feindbild etabliert hat - es sind nach kurzem Screening des Forums nicht Wenige - für den hat Mazda als neue Einstiegsmotorisierung in der Kompaktklasse einfach mal einen 2.5er Vierzylinder auf die Vorderachse geworfen. Mal sehen, ob die Zielgruppe wirklich so groß ist.

Volksdaten bei Volkswagen
Sozusagen als Last-Minute-Einwurf hatte der diesjährige CCC noch einen mehr oder weniger überraschenden Datenreichtum bei Volkswagen, bzw. Cariad gefunden - hier die heise-Zusammenfassung. Muss ich mir auch erst noch im Detail anschauen, aber ist schon ein schlechter Start wenn die genutzte Cloud dann keine eigene war, sondern AWS.

Was kommt 2025?
Für mich persönlich interessant wird die Rückkehr des Twizy in Form von Mobilize Duo und Bento - weniger als Ersatz für meinen Twizy, als vielmehr in der Hoffnung, dass Renault möglichst viele Komponenten des Vorgängers übernommen hat, und damit wieder eine halbwegs brauchbare Ersatzteilversorgung aufbaut. Suzuki versucht es erstmals vollelektrisch mit dem E-Vitara - wiederum ohne Bezug zum ursprünglichen Vitara, aber immerhin relativ dicht am aktuellen. Und wir dürfen gespannt sein, was bei der angekündigten Fusion von Honda, Nissan und Mitsubishi herauskommt.

Wie habt ihr das Jahr wahrgenommen, und worauf freut ihr euch im kommenden? Was auch immer es ist oder wird - lasst das Jahr gut ausklingen, wir lesen uns 2025. Spätestens am Ende... 😉

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Sun Oct 11 19:38:18 CEST 2020    |    der_Derk    |    Kommentare (11)    |   Stichworte: Getriebe, Renault, Renault Twizy, Twizy

Es ergab sich eine mittlerweile eher seltene Gelegenheit, sich am Auto mal wieder die Finger dreckig zu machen. Ausgerechnet natürlich an dem Neusten, mit der geringsten Anzahl an potentiellen Fehlerstellen: Dem Twizy. Wie im damaligen Artikel schon geschrieben, hat Renault hier doch die eine oder andere unnötige Sollbruchstelle versteckt, und die Gelegenheit war günstig, eine davon zu beseitigen: Das fehlende Getriebe-, bzw. Motorlager.
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Zum technischen Hintergrund muss ich etwas weiter ausholen, in voller Länge ist das Ganze an dieser Stelle beschrieben. Die Kurzfassung: Der Motor ist im Twizy direkt an ein Getriebe mit einer festen Übersetzung angeflanscht, das auch das Differential beherbergt. Das Getriebegehäuse dient dabei gleichzeitig als Motorlagerschild. Dem aufmerksamen Beobachter wird allerdings auffallen, dass da gar kein Lager ist...

Üblicherweise hätte man einen normalen, beidseitig gelagerten Motor genommen, ebenso wie ein Getriebe mit einer beidseitig gelagerten Eingangswelle. Während der Entwicklung hat da aber scheinbar nochmal ein Controller den Roststift angesetzt, und der verantwortliche Ingenieur hat daraufhin nicht energisch genug mit dem Finger an die Stirn getippt; Herausgekommen ist dabei das Weglassen von zwei Lagern. Die Getriebewelle ist rückseitig gelagert, und läuft zum Motor hin lediglich in einem Simmering (Bild 3). Der Motor ist ebenfalls nur rückseitig gelagert (Bild 4). Motor- und Getriebewelle treffen sich in einer Verzahnung, die nicht nur den Längenausgleich des Rotors aufnehmen darf, sondern auch direkt dessen Gewicht. Wir haben also einen zweiteilige Welle mit zentralem Schiebestück, aber nur äußerer Lagerung - und größtenteils vergessener Montagepaste, mithin entsprechendem Rostbefall, zur Abrundung des Gesamtkunstwerks. Das ist nur scheinbar genial - suboptimal - immerhin billig ganz großer Käse.

Wie merkt man das überhaupt?
Unliebsamer Alterungseffekt dieser Sparmaßnahme: Die auf Verkantung laufende und wandernde Verzahnung zwischen Motor und Getriebewelle fräst sich im Betrieb 'runter, und rutscht irgendwann durch. Begünstigt wird das Ganze bei lastloser Fahrt, dann ist es auch durch lautes Brummen vernehmbar. Unter Last (Schub oder Zug, also bei Beschleunigung oder Rekuperation) stabilisiert sich die Verbindung zumindest soweit, dass die Geräusche ausbleiben. Wer aber viel segelt, oder auch während der Fahrt auf N schaltet, dürfte das Geräusch kennen. Den finalen Zustand merkt man, sobald man mit aufheulendem Motor in's Leere tritt und der Schub ausbleibt.

Wie sieht die Abhilfe aus?
Praktischer Weise hat der Getriebehersteller (Comex) immerhin den Platz für das Lager vorgesehen. Im Nachbarforum (siehe obiger Link) hat jemand dafür einen passenden Lagerhalter gedreht, und das dazugehörige SKF-Kugellager ist am Ende wahrscheinlich das teuerste Lager im ganzen Twizy (Bild 2). Die Reparatur lohnt allerdings (natürlich) nur, solange auf beiden Seiten noch genug Verzahnung stehen geblieben ist, was bei meinem nach 26000 km dankenswerter Weise der Fall war. Wir hatten aber auch Kandidaten mit ähnlichem Kilometerstand dabei, deren Verzahnung 'runter war. Dann bräuchte man zusätzlich noch einen neuen Motor und eine neue Getriebeeingangswelle - und während der Motor alleine schon teuer ist, sieht es im Moment auch so aus, als wenn die Getriebeeingangswelle nicht mehr einzeln bestellbar ist, sondern nur noch zusammen mit dem ganzen Getriebe. Das wäre dann nach Renault-Werkstattsätzen betrachtet vermutlich ein wirtschaftlicher Totalschaden.

Wie hoch ist der Einbauaufwand?
Das hängt sehr vom eigenen Werkzeugpark ab. Es muss immerhin keine elektrische Verbindung angefasst werden (auch wenn diese mit 58 V im Prinzip noch berührsicher sind), man braucht also keinerlei Ahnung von Strom zu haben. Das Heckpanel muss ab (Smartfahrer kennen das), das Getriebe muss natürlich 'raus, aber immerhin darf der Motor drinbleiben (Bild 6). Der größte Aufwand ist das Planen der Auflagefläche für den neuen Lagerhalter, denn die Guss-Innenseite der Getriebewand ist darauf natürlich nicht vorbereitet. Nebenbei ist natürlich eine Hebebühne vonnöten, wobei die im Falle des Twizy auch die Form eines Gabelstaplers, einer Ameise oder eines Hubwagens haben kann (Bild 1). Der linke, hintere Querlenker inklusive Rad muss losgeschraubt werden, danach kommt man mit sehr gelenkigen Fingern (oder sehr kreativen Knarren-Verlängerungen) an die Verschraubungen von Motor und Getriebe .
Das demontierte Getriebe kann dann entleert, geöffnet und bearbeitet werden. An Material wird neben dem Lagerhalter und dem neuen Lager noch ein Dichtungssatz (Getriebedichtung und drei Simmerringe, Renault-Bestellnummer 908300841R), 1 Liter Getriebeöl nach Wunsch, und das übliche Verbrauchsmaterial in Form von Montagepaste, Reinigungsmitteln etc. benötigt, der gesamt-Materialwert lag für mich bei ca. 100 Euro. Nicht gezählt wurde der Arbeitsaufwand von ca. 3 Stunden sowie die tatkräftige Unterstützung anderer Twizy-Fahrer mit gleichem Problem, aber ungleich besserer Werkstattausrüstung. An dieser Stelle noch einmal vielen Dank 🙂.

Hat es sich gelohnt?
Zunächst mal - ja. Wir haben bei der Gelegenheit noch das Differential geshimmt um das Anfahr-Klackern loszuwerden, mein Twizy hat jetzt keinerlei Brummen mehr im lastlosen Betrieb, und die Resonanz bei ~63 km/h in Form eines leicht schrillen Pfeifens ist auch weg - insgesamt ist er innen jetzt so leise wie vermutlich noch nie. Wie lange das so bleibt ist natürlich ungewiss, viele Erfahrungswerte gibt es noch nicht. Für Außenstehende verbessert sich leider nichts, denn alle beschriebenen, akustischen Phänomene sind im Vorbeifahren so gut wie nicht wahrnehmbar, bis zu dem Moment an dem die Welle durchrutscht...

Was sonst noch war
Ein anderer Aspekt des Schraubertreffens war die Bremsenwartung; festgegangene Bremskolben und eine hängende, nicht-so-wirklich-automatische Nachstellung der Handbremse in den hinteren Kolben treffen irgendwann jeden Twizy - nur meinen im Moment noch nicht 😉.

Nebenbei konnte ich aber noch ein nerviges Klappern in der linken Tür beseitigen (Bild 7). Irgendwie hat es ein Steinchen geschafft, durch die Ablauföffnungen des Seitenpanels 'reinzukommen und in diesem bei jedem Öffnen und Schließen der Tür auf sich aufmerksam zu machen. Wenn man den Außenspiegel und alle sichtbaren Schrauben 'rausnimmt, ist das Panel nur noch an 7 oder 8 Kunststoffnasen geklipst und muss mutig abgerissen werden...

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Fri Dec 27 12:18:05 CET 2019    |    der_Derk    |    Kommentare (42)    |   Stichworte: L7e, Renault, Renault Twizy, Twizy

Ein mehr oder weniger ereignisarmes Autojahr 2019 neigt sich dem Ende - abzüglich dieses Beitrages hat es nur für einen weiteren gereicht. Falls noch Leser übrig geblieben sind: Es gibt doch noch was Neues zum Jahresabschluss 😉.

Wobei... "Neu"... Nunja. Vor mittlerweile sechs Jahren hatte ich das kurzzeitige Vergnügen, einen Twizy fahren zu dürfen. Seitdem schaue ich gelegentlich nach, wie teuer die Exemplare gebraucht so sind und wann sich das Ganze überhaupt lohnen könnte. Um ein wenig vorzugreifen: Letzteres dürfte annähernd nie passieren. Aber wir sind ja zum Spaß hier...

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Nach einem Blick auf die Jahresfahrleistungen meines Motorrades zeigte sich recht schnell: Das lohnt eigentlich nicht mehr. Der Käuferandrang für eine fast 25 Jahre alte Suzuki war allerdings überraschend hoch, damit wurde ein Stellplatz wieder frei.

Wirklich günstig sind die Twizies immer noch nicht. Ich hatte mir eine Grenze von 4500 Euro gesetzt, und konnte sie mit diesem 2012er Exemplar (bei einer Laufleistung von 24000 km) einhalten. Die Suche geriet etwas länger als geplant, da in vielen Fällen der Erhaltungszustand doch zu Wünschen übrig ließ, und ich ursprünglich auch auf die Alufelgen und das Glasdach Wert gelegt hatte. Ersteres ist aber am Ende egal, und letzteres ist natürlich nicht wirklich Glas, sondern Kunststoff - und jedes angetroffene Exemplar war blind und verkratzt.

Nun hatte ich im alten Artikel ja geschrieben, dass man hier endlich mal ein Fahrzeug hat, an dem so gut wie nichts kaputt gehen kann - denn er hat im Grunde genommen nichts. Immerhin 'nen Airbag, aber so Kleinigkeiten wie ABS, ESP, ASR, Bremskraftverstärker, Heizung - nicht für Geld und gute Worte. Ein Jahr nach Marktstart war die Annahme vielleicht auch noch nicht so verkehrt, die letzten Jahre haben jedoch gezeigt: Auch bei diesem elektrischen Minimalismus gibt es immer noch diverse Teile mit Ausfallpotential, die der Gebrauchtkauf-Interessent auf dem Schirm haben sollte:

Die Bremsen
Haben eigentlich nicht viel zu tun, haben aber dennoch eine eher kurze Standzeit. Warum Renault nicht in's Teileregal gegriffen hat und beispielsweise die Garnitur eines Twingo verwendet hat, wird wohl ein Geheimnis bleiben. Die vier Scheiben des Twizy gibt es natürlich ausschließlich von Renault, nicht von Drittanbietern - und im Falle der Scheiben hinten bekommt man diese nur zusammen im Paket mit Radlager und Achsschenkel. Alleine der Teiletauschpreis für diese beiden Seiten kommt in vierstellige Regionen, damit schwappt dem arglos im Service-Bereich wartenden Kleinstwagen-Kunden zum ersten Mal der Kaffee über.

Das Ladegerät
Ludt ursprünglich mit 2,5 kW, wodurch aber im Sommer Endstufentransistoren und Kühlkörper getrennte Wege gehen konnten, was zum mehr als unfreiwilligen Stillstand führt. Es gibt eine zweite und dritte (Software-)Version des Ladegerätes, diese lädt nur noch mit 2 kW und bringt in Version 3 ein Batteriemanagement mit, um auch den 12 V-Akku aus dem Fahrakku bei Bedarf laden zu können (der sonst meistens mit angeschlossenem Netzstecker ge- und zuweilen überladen wird). Es ist daher erstrebenswert, die zweite oder dritte Version vorzufinden, denn auch dieser Teiletausch spielt sich natürlich wieder in vierstelligen Preisgefilden ab, und der Kaffeestand kommt dem Becherrand wiederum bedenklich nahe.

Die 12 V-Batterie
Ausnahmsweise mal nicht so teuer, aber dennoch gerne kaputt. Wie erwähnt soll es mit der zweiten Ladegeräte-Generation besser geworden sein. Wer sich jetzt fragt, wozu ein Elektroauto eine in Twizy-Kreisen gerne "Bleianker" genannte Starterbatterie braucht, die nichts startet: Weil die Bordelektrik auf 12 V läuft, der Fahrakku aber auf 58 V Nennspannung. Für 12 V bräuchte man einen relativ potenten DC/DC-Abwärtswandler, und der ist schlichtweg teurer als eine allseits bekannte, fertig entwickelte und zugelassene Ladeelektronik mit geringerer Leistung. Der 12 V-Akku puffert den Strombedarf der leider nicht-LED-Fahrzeugbeleuchtung, und schaltet die Traktionsbatterie an den Rest des Fahrzeugs an.

Die Seitenscheiben
Über diese hatte ich mich im alten Artikel ebenfalls schon ausgelassen, und bin nach wie vor der Meinung: Überflüssig. Ganz besonders aus Sicht des Erhaltungszustands, denn die Scheiben verriegeln mittels Metall-Lasche hinter den vorderen Plexiglasscheiben (und zerkratzen diese zwangsläufig), am oberen Karosserierahmen mittels Magneten (und zerkratzen diesen zwangsläufig), sowie an der Tür in der gebräuchlichsten Version mittels Kederleiste (welche einfach in die Tür gespaxt ist, und die Leiste ist nicht rostfrei). Sollte man bei seiner Suche Wert auf ein Seitenscheiben-loses Exemplar legen, reduziert sich die Auswahl beträchtlich. Sollte man allerdings welche nachrüsten wollen, werden für eine sehr überschaubare Materialansammlung erstaunlich hohe Preise aufgerufen.

Die Reichweite
Ja, es sind nur je nach Streckenprofil und Schwere des rechten Fußes 50-80 km. Da ich für den täglichen Arbeitsweg in Summe nur 26 km benötige, sehe ich da keine Probleme auf mich zukommen. Es ist ja noch genügend motorisiertes Gerät für längere Strecken vorhanden...

Die Batteriemiete
Gibt es natürlich immer noch, und während es in den Anfängen mindestens 30 Euro pro Monat waren, geht es aktuell nicht mehr unter 50 Euro. Wer wirklich sparen will, nimmt lieber einen älteren Kleinwagen. Mittlerweile kann man die Batterie zwar kaufen - über einen extrem komplizierten Verhandlungsprozess zwischen Renault-Bank, einem willigen Händler und dem bedürftigen Kunden - was ich aber erstmal nicht vor habe. Bei einer 8 Jahre alten Batterie klingt die gemietete Variante irgendwie sicherer.

Der Ausblick
Ich habe den Twizy seit 'ner Woche und noch keine Ahnung, wie gut sich das Ganze im Alltag so machen wird. Zum Sparen taugt er nicht, höchstens wenn ich den X3 als Vergleich dagegen setze - aber auch dann müsste man erstmal den Anschaffungspreis wieder 'reinfahren, insofern - nö. Das muss man als Spaß und/oder Hobby verstehen.

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Mon Nov 25 11:03:15 CET 2013    |    der_Derk    |    Kommentare (31)    |   Stichworte: elektrische Mobilität, Elektrofahrzeug, L7e, Renault, Renault Twizy, Twizy

Der Nächste bitte: Nach Mia und Fluence war diesmal Renaults Twizy an der Reihe. Ja, er ist klein, nein er hat keine Heizung, und er erinnert frappierend an einen BMW C1-Roller, dem man zwei zusätzliche Räder angeschraubt hat. Oder aber an einen halben Smart. Wir hatten, wie für den Experten unschwer erkennbar, die besser ausgestattete Version mit Türen, nachgerüsteten Seitenscheiben und Alufelgen, serienmäßig hat er all' das nicht. Motorseitig war der "mittlere" 8 kW-Antrieb verbaut, aktuell hat man m.W. die Wahl zwischen 4 und 13 kW.

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Die klassischen Autobewertungskriterien sind hier etwas schwer ansetzbar, deshalb fasse ich es einfach mal in zwei Kapiteln zusammen:

Der Verriss
Zwischen 8000 und 9000 Euro sind eine Menge Geld für diesen Haufen Plastik. Das Mobiliar erinnert an die Inneneinrichtung des Break-Dance vom nächsten Weihnachtsmarkt, diesem voraus hat es einzig die Längsverstellbarkeit. Hinten sitzen ist angeblich möglich, aber nur sportlichen und möglichst schlanken Mitfahrern zu empfehlen. Die Seitenscheiben klingen im ersten Moment sinnvoll, verlieren aber alle Sinnhaftigkeit nach der Erkenntnis, dass man sie bestenfalls mit dem Ärmel beschlagfrei halten kann, eine Lüftung oder gar Heizung gibt es nicht. Noch dazu ist die Handhabung dieser Nachrüst-Teile (Magnethalter oben ausklinken, Verschluss vorne mit separatem Schlüssel öffnen) einfach nur nervig. Zugig bleibt es trotzdem, und ich erwähnte schon: Heizung ist nicht, also gerade in dieser Jahreszeit gilt: Warm anziehen. Irgendwas fehlt noch gegenüber den anderen gefahrenen E-Autos... Ah ja, das Kompressorrattern des elektrischen Bremskraftverstärkers - einen solchen hat der Twizy nicht, also sollte man etwas beherzter zutreten. Noch mehr Dinge auf der "gibt es nicht"-Liste: Eine Federung, auch wenn diese Teile in der Aufhängung optisch gut sichtbar vorhanden sind, muss es sich um Attrappen handeln, den man fällt gefühlt in jedes Schlagloch hinein und muss sich mühsam aus diesem befreien. Die Plastikschüssel von Fahrersitz macht sich das zweite Mal negativ bemerkbar, denn auch dessen nicht vorhandene Polsterung gibt sich keine Mühe, eine Nachlässigkeit des Straßenbaus vor dem Fahrer zu verbergen.
Die Fahrleistungen sind - naja. Immerhin besser als beim Mia, aber zur Auszeichnung gereicht das nicht so recht. Wenn man es tatsächlich mal auf 84 km/h laut Tacho geschafft hat, setzt die Spaßbremse in Form der Abregelung ein, trotz durchgetretenem Pedal geht die Leistungsanzeige zurück.
Normalerweise sind Elektroautos leise, dieses hier aber - zumindest innen - nicht. Zum Großteil natürlich durch Windgeräusche, aber auch der Motor klingt als säße man auf einem Moulinex-Pürierstab.

Die Lobhudelei
😁 <- Das ist der durch ausgiebige Fahrtests einer größeren Testgruppe ermittelte Gesichtsausdruck nach einer Twizy-Fahrt, wissenschaftlich haltbar. Im Gegensatz zu vielen anderen Elektrofahrzeugen versucht er gar nicht erst ein vollwertiges Auto zu sein, insofern nimmt man auch seine Nachteile eher in Kauf. Er beschleunigt nicht spektakulär, aber ausreichend, hat eine gar nicht so üble Kurvenlage und ist trotz einfachster Inneneinrichtung und geringen Verstellmöglichkeiten für sehr kleine und sehr große Fahrer gleichermaßen passend. Man hat die Wahl zwischen der Transportmöglichkeit eines Single-Wocheneinkaufs oder eines Beifahrers (für diesen immer noch deutlich besser, als sich beim C1 von außen an die Kabine zu klammern...), was angesichts der Größe voll ausreichend ist. Die Reichweite von ca. 70 km bei Temperaturen von unter 10 Grad steht kaum hinter dem Fluence zurück und deckt die Strecken ab, die man mit einem Fahrzeug diesen Formates üblicher Weise fahren würde - und das Alles sieht auch noch so aus, wie man sich eine moderne, städtische Bewegungsform vorstellen könnte. Die 230V-Lademöglichkeit ist fest am Fahrzeug verkabelt, innerhalb von ca. 3 Stunden ist auch der Akku beinahe wieder voll. Lässt man die überflüssigen Seitenscheiben weg, genügt die Frontscheibenheizung (sofern man den Schalter im rechten Lenkstockhebel findet) auch für den Durchblick, und die Handhabung der Schwenktüren ist dann deutlich einfacher.
Weiterhin ist die Wartung erwartbar unaufwendig. Servolenkung, Bremskraftverstärker? Ist nicht. Heizung, Kühler, Klimaanlage? Gibt's nicht. Motoröle, Getriebeöle? Letzteres wird zwar vorhanden sein, aber über die Fahrzeuglebensdauer vermutlich nicht ersetzt werden müssen. Reifen, Bremsen? Werden nicht nennenswert belastet. Hier ist tatsächlich mal ein Auto, an dem kaum etwas kaputt gehen kann.

Was man dem Twizy, bzw. Renault ebenfalls hoch anrechnen sollte: Im Gegensatz zu Audi Urban Concept, Opel RAK-e und VW Nils kann man ihn kaufen...

Die Zusammenfassung
Ja, man kann über ihn lachen und ihn nicht als Auto betrachten. Aber es ist immer erfrischend, wenn sich ein "Auto" nicht so ganz ernst nimmt, und unter dem Gesichtspunkt des Rollerersatzes macht sich der Twizy echt nicht schlecht. Das Wesentliche ist: Er sieht futuristisch aus und kann auf seine Art Fahrspaß vermitteln, der größte Rückhaltfaktor jedoch ist leider sein Preis. Gar nicht mal so sehr der Kaufpreis, BMWs C1 lag da nicht wesentlich vorteilhafter, und der Wertverlust ist offensichtlich gering. Aber die 50 Euro Akkumiete (zuzüglich Stromkosten, je nach Beschaffungsmöglichkeiten) verhageln jede Kalkulation, mehr vertankt man mit einem Smart bei derselben monatlichen Fahrleistung auch nicht...

Kleine Korrektur: Es war sogar nur die 8 kW-Version, wird aber trotzdem bei 80 km/h abgeregelt 😉
Korrektur, Teil II: Doch die 13 kW-Version, die tatsächlich dauerhaft nur 8 kW hat...


Blogempfehlung

Mein Blog hat am 04.12.2013 die Auszeichnung "Blogempfehlung" erhalten.

Blogautor(en)

der_Derk der_Derk

Relax-Ing.

Smart

... Oder einfach kurz Derk. Nein, das ist kein Schreibfehler.
Meine ganz alltäglichen Begleiter: Wahlweise Mini Paceman, Smart Roadster oder Renault Twizy. Und wer mehr wissen will, muss fragen... ;)

Frisch hereingestolpert:

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