Berlins ungewöhnlichste Taxis: Tesla Model S (2014)
Berlin – Alte Autos ist Martin Doll niemals gefahren. Der Berliner Taxiunternehmer gönnte sich stets schicke Neuwagen oder zumindest junge Gebrauchte. Trotzdem fühlt sich die Verbrenner-Vergangenheit für ihn wie Steinzeit an. Seit gut einem Jahr ist Doll Tesla-Fahrer – und er ist noch immer begeistert von dem Elektroauto aus Amerika. „Einen besseren Arbeitsplatz gibt es nicht“, schwärmt Doll.
Wir treffen uns an einem kalten Wintermorgen. In seiner Limousine ist es mollig warm. „Ist es so angenehm?“, fragt Doll und demonstriert auf dem riesigen 17-Zoll-Touchscreen, wie er die Ledersitze - auch die im Fond - einzeln beheizen kann. Den mehr als 400 PS starken Elektromotor muss man nicht warmfahren. Für ein Taxi eine irrwitzige PS-Zahl. Doll tritt zur Demonstration aufs Gaspedal und ich werde in den Sitz gedrückt. Rennsport-Feeling in einer Droschke, was für eine Beschleunigung! „Mit Porsche oder Ferrari braucht da keiner kommen“, schwärmt Doll. „Die kannste stehen lassen.“
Nun muss man wissen, dass Martin Doll den klassischen Verbrenner liebte. Seit mehr als 20 Jahren fährt der gebürtige Karlsruher in der Hauptstadt Taxi. Für ihn und seine Kollegen stand der konservative Dieselantrieb eigentlich nie zur Diskussion. Sein erstes Taxi war Anfang der 1990er-Jahre ein Mercedes der Baureihe W124, die Limousine fuhr er 500.000 Kilometer. Danach blieb er Daimler treu, und dem Selbstzünder. „Ich habe nur Diesel gefahren. Als Taxifahrer haben wir das damals gar nicht hinterfragt.“
Prius statt OM651
Erst vor ein, zwei Jahren kam der Diesel in Verruf, und Martin Doll begann zu überlegen. Anlass war sein geliebtes 211er Mercedes T-Modell, die letzte Mercedes E-Klasse, die der 55-Jährige fuhr. Acht Jahre war der Wagen inzwischen alt und hatte 350.000 Kilometer auf der Uhr. Doch vom Nachfolgemodell 212 riet ihm seine Werkstatt ab. Steuerketten-Probleme beim Dieselaggregat OM651 führten häufig zu Motorschäden, der Grund seien gebrochene Plastikteile gewesen, so Doll. So lugte der Taxifahrer zum ersten Mal in seiner Karriere zur Konkurrenz - und landete beim Toyota Prius.
„Mich hat immer geärgert, dass Mercedes nie einen Hybrid im Programm hatte“, klagt Martin Doll. Den Taxifahrern habe Daimler jahrelang die Einführung eines Hybrids versprochen, aber gekommen sei er nie. Toyota habe den Prius indes seit 20 Jahren im Programm und damit bewiesen, dass der Wagen zuverlässig sei. Außerdem rechne sich der geringere Verbrauch für Vielfahrer im Taxigewerbe. Also fuhr er den Toyota Prius Probe und war überzeugt.
Aber dann kam ein Angebot von Tesla. Deren Elektrolimousine war Doll interessehalber schon 2014 Probe gefahren. An die Premiere kann er sich noch gut erinnern. „Ich bin damals aus dem Auto ausgestiegen und habe die Welt nicht mehr verstanden. Ich dachte, ich komme aus der Zukunft zurück.“
Das Problem: In der Ausstattung - Dolls Model S ist ein leistungsgesteigerter P85+ mit diversen Extras - kostet der Wagen an die 100.000 Euro. Zu viel Geld für einen Taxifahrer, aber Martin Doll hatte das Glück, an einen spendablen Mäzen zu geraten: an Jochen Wermuth.
Wahlkampf-Taxi auf Leihbasis
Der Finanzmanager verdiente als Banker Millionen, heute investiert er sein Vermögen in Öko-Firmen. Der Tesla, den heute Martin Doll als Taxi nutzt, sollte eigentlich den Berliner Grünen beim Wahlkampf helfen. Davon zeugt noch die Reklame an den Fahrzeugseiten. Doch dann fand Wermuth keinen Taxifahrer, der den Wagen werbewirksam kutschieren wollte. Bis Martin Doll davon hörte. Nun fährt er auf Leihbasis das taxifolierte Wahlkampf-Auto, auch wenn die Wahl längst vorbei ist. Der Kampf für mehr Elektroautos auf den Straßen geht weiter.
Heute nennt sich Doll „Botschafter der eMobilität“, denn er ist längst von den Vorzügen des Elektroantriebs überzeugt. Und vom Autohersteller Tesla. Verspielt wie am ersten Tag wischt der 55-Jährige auf dem riesigen Touchscreen herum, der „Kommandozentrale“ für die meisten Fahrzeugfunktionen. Navigieren lässt sich die Limousine via Echtzeitkarte, darüber hinaus werden live alle verfügbaren Ladesäulen angezeigt, die Tesla zum Re-Charging seiner Fahrzeuge aufgestellt hat.
„Die Zahl wächst stündlich“, sagt Martin Doll. Bereits jetzt könne man in Europa bequem vom Nordkap bis nach Gibraltar beziehungsweise von Holland nach Griechenland reisen. Den Strom, der komplett aus regenarativen Energien stammen soll, bekommen Tesla-Fahrer umsonst. Allerdings gilt das nur für bis Anfang 2017 bestellte Fahrzeuge. Bei Neufahrzeugen geben die Supercharger nur noch eine Art Startguthaben kostenlos ab, die darüber hinaus gehende Nutzung wird berechnet.
Keine Perspektive für Elektro-Taxis?
Immerhin leisten die Supercharger 120 kW. Zum Vergleich: Die „Schnellladestationen“, die die Bundesregierung flächendeckend aufstellen will, kommen auf vergleichsweise spärliche 22 kW.
Überhaupt lässt Taxifahrer Martin Doll an der Bundesregierung und den deutschen Autoherstellern kein gutes Haar. Dass die hiesige Industrie den Elektrotrend „verschlafen“ habe, dieser Mythos sei ein Witz, meint der Berliner. Die deutschen Topmanager mit ihren millionenschweren Jahreseinkommen wüssten sehr wohl, was am Markt gehe. Doch aus Profitgier werde weiterhin an der veralteten Verbrenner-Technologie festgehalten.
Und die Taxifahrer? Könnten nicht mehr von ihnen auf Elektroantrieb umsteigen? Bei wachsender Lade-Infrastruktur wäre das Potenzial enorm, allein in Berlin gibt es 8.000 Taxis. Den Fahrern winke eine beträchtliche Kostenersparnis, meint Martin Doll: Kein Ölwechsel, kaum Bremsenverschleiß sowie eine Spritersparnis von jährlich mehreren tausend Euro.
Trotzdem ist der Tesla-Fahrer skeptisch. „Die Taxi-Branche ist konservativ bis in die Haarspitzen.“ Hinzu kommt: Als Doll sein Tesla-Taxi Mitte 2016 beim Berliner Eichamt vorführte, ahnte er nicht, dass dies vorerst das letzte Tesla-Taxi sein würde. Der Grund: Seit Oktober 2016 gilt eine neue Fassung des deutschen Eichgesetzes. Und die sieht eine nachträgliche Umrüstung zum Taxi nicht mehr vor. Die Autos müssen als Taxi vom Hersteller kommen - was Tesla momentan nicht anbietet, anders als Mercedes, VW oder Toyota. Mit der neuen Fassung des Eichgesetzes wollte der Gesetzgeber Manipulationen, etwa des Taxameters, verhindern.
Auf den selbst ernannten Botschafter der Elektromobilität kommt also noch eine Menge Überzeugungsarbeit zu. Aber Doll leistet sie gerne: „Früher dachte ich, ich hätte Diesel im Blut.“ Heute fließe Strom durch seine Adern.
Technische Daten: Tesla Model S P85+ (2014)
- Motor: Elektromotor
- Leistung: 421 PS (310 kW)
- Antriebsart: Heckantrieb
- 0-100 km/h: 4,2 s
- Drehmoment: 600 Newtonmeter
- Höchstgeschwindigkeit: 210 km/h
- Reichweite: ca. 400 Kilometer
- Leergewicht: 2.100 kg
- Länge: 4,979 m
- Breite: 1,964 m
- Höhe: 1,445 m
- Radstand: 2960, m
*****
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272 Antworten
Also: Nur "leistbar" / fahrbar für den Taxifahrer, da er geliehen / subventioniert ist. Sonst nicht machbar. Gönne es ihm ja, aber mit der Art u. Weise wird man nie beträchtliche Mengen von Taxen elektrifiziert bekommen.
Naja, sind ja noch knapp 2 Jahre bis 2020... wie viel E-Autos bis 1 Mio. in DE müssen bis dahin noch mehr zugelassen werden?!
Zitat:
@PeterBH schrieb am 12. Februar 2018 um 13:09:10 Uhr:
Tesla auf Leihbasis? Immer her damit, dann stell ich meinen Diesel auch in die Ecke. Oder sollte das eher auf Mietbasis ablaufen, denn Leihe ist bekanntlich (§§ 598 ff BGB) unentgeltlich.
Und der Spruch "sauber" sollte besser zugeklebt werden, bei dem Zustand des Fahrzeuges. Zumal ein Tesla nicht einmal sauber im Betrieb ist, der Dreck wird nur wo anders produziert.
Wird sich auf absehbare Zeit ändern, der Anteil der Regenerativen erhöht sich ständig.
Mit einer Lüge auf der Tür würde ich nicht herumfahren müssen. 0 % Emissionen ist eben komplett falsch, selbst wenn der Strom aus der Steckdose kommen würde und aus dem nichts heraus entsteht.
Dass es hinten keinen Mitteltunnel gibt, ist echt eine richtig tolle Sache und es verblüfft mich, dass ein normaler Fronttriebler einen riesigen Mitteltunnel hat, obwohl da gerade mal ein Auspuffröhrchen nach hinten geht. Das könnte man mit etwas Willen gut verstecken.
Ist mir auch aufgefallen........Taxifahrer an Navi: In die nächste Waschstraße bitte........Navi an Taxifahrer: rasier dich erst mal......
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Zitat:
@v8.lover schrieb am 12. Februar 2018 um 13:23:08 Uhr:
Also: Nur "leistbar" / fahrbar für den Taxifahrer, da er geliehen / subventioniert ist. Sonst nicht machbar. Gönne es ihm ja, aber mit der Art u. Weise wird man nie beträchtliche Mengen von Taxen elektrifiziert bekommen.
Naja, sind ja noch knapp 2 Jahre bis 2020... wie viel E-Autos bis 1 Mio. in DE müssen bis dahin noch mehr zugelassen werden?!![]()
Also in Amsterdam ist es anscheinend schon machbar, wenn man sich die Anzahl MOdel S als Taxis ansieht.
Aber in DE sagt man mittlerweile immer gerne: Ne geht nicht. Vor allem weil die Autokonzerne nicht wollen und die Lobby den Politikern vordiktiert, dass sie am besten auch nicht wollen sollen...wegen der Arbeitsplätze und attraktiven Posten in der Wirtschaft nach der Politik-Karriere.
Unsere Taxiunternemer schauen nicht auf "Beste" Arbeitplatz, Sie gönnen sich billigste/wirtschaflichste Dacia.
Ich personlich möchte keine schnellste Taxi, ich will lebendig am Ziel kommen!!!
Gruß. I.
Zitat:
@bermuda.06 schrieb am 12. Februar 2018 um 13:28:20 Uhr:
Zitat:
@v8.lover schrieb am 12. Februar 2018 um 13:23:08 Uhr:
Also: Nur "leistbar" / fahrbar für den Taxifahrer, da er geliehen / subventioniert ist. Sonst nicht machbar. Gönne es ihm ja, aber mit der Art u. Weise wird man nie beträchtliche Mengen von Taxen elektrifiziert bekommen.
Naja, sind ja noch knapp 2 Jahre bis 2020... wie viel E-Autos bis 1 Mio. in DE müssen bis dahin noch mehr zugelassen werden?!![]()
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Also in Amsterdam ist es anscheinend schon machbar, wenn man sich die Anzahl MOdel S als Taxis ansieht.
Aber in DE sagt man mittlerweile immer gerne: Ne geht nicht. Vor allem weil die Autokonzerne nicht wollen und die Lobby den Politikern vordiktiert, dass sie am besten auch nicht wollen sollen...wegen der Arbeitsplätze und attraktiven Posten in der Wirtschaft nach der Politik-Karriere.
Taxiunternehmen sind keine gemeinnützigen Vereine, auch in Amsterdam nicht. Die müssen Geld verdienen. Scheinbar sind die Anreize in anderen europäischen Ländern anders organisiert, als in Deutschland.
Schon folgender Satz zeigt, dass es politisch einfach nicht gewollt ist:
"Seit Oktober 2016 gilt eine neue Fassung des deutschen Eichgesetzes. Und die sieht eine nachträgliche Umrüstung zum Taxi nicht mehr vor. Die Autos müssen als Taxi vom Hersteller kommen."
Da hatten MB und VW wohl Angst, dass die Taxiunternehmen demnächst nicht nur auf einen Prius umsteigen sondern womöglich auf ein E-Auto-Taxi.
Zitat:
@bermuda.06 schrieb am 12. Februar 2018 um 13:44:17 Uhr:
Und die sieht eine nachträgliche Umrüstung zum Taxi nicht mehr vor. Die Autos müssen als Taxi vom Hersteller kommen.
Ich weiss, dass ein Bekannter von mir (Inhaber eines Taxiunternehmens in Hamburg) bereits 2012/2013 (also in der Pre-Tesla-Zeit) Mühe hatte Gebrauchtfahrzeuge zum Taxi umzurüsten. Blockiert wurde also schon damals.
So sieht ein amtliches Taxi aus und nicht anders: http://oudemercedesbrochures.nl/Taxi_Vorteile_1194duits.html
Zitat:
@Goify schrieb am 12. Februar 2018 um 13:26:21 Uhr:
[...]
Dass es hinten keinen Mitteltunnel gibt, ist echt eine richtig tolle Sache und es verblüfft mich, dass ein normaler Fronttriebler einen riesigen Mitteltunnel hat, obwohl da gerade mal ein Auspuffröhrchen nach hinten geht. Das könnte man mit etwas Willen gut verstecken.
Mein jetziger hat auch keinen hinteren Tunnel und ich glaube mein ehemaliger Fiat Idea hatte ihn auch nicht.
Zitat:
@Goify schrieb am 12. Februar 2018 um 13:55:41 Uhr:
So sieht ein amtliches Taxi aus und nicht anders: http://oudemercedesbrochures.nl/Taxi_Vorteile_1194duits.html
Da paßt aber die Überschrift
Zitat:
Berlins ungewöhnlichste Taxis
nicht dazu. Es müßte ja sonst heißen:
Zitat:
Berlins gewöhnlichste Taxis
.
Wobei so ein Tesla ja auch nicht ungewöhnlich im Sinne von spektakulär ist. Jedenfalls optisch tritt er nicht sonderlich hervor. Was ihn für den Taxi-Betrieb eigentlich tauglich erklärt. Allenfalls die Praktikabilität wäre noch (er)klrärungswürdig......aber darauf geht der Artikel ja überhaupt nicht ein. Hauptsache schneller als Porsche und Ferrari vom Stand weg.

Zitat:
@Goify schrieb am 12. Februar 2018 um 13:55:41 Uhr:
So sieht ein amtliches Taxi aus und nicht anders: http://oudemercedesbrochures.nl/Taxi_Vorteile_1194duits.html
Das ist ja schön, dass Benz quasi noch "DAS Taxi" sein möchte, so wie VW mal DAS Auto war. Nur solange sie es weder hin bekommen eine elektrische Alternative anzubieten, noch an die Zuverlässigkeit und Kosteneffizienz eines Prius ran kommen, werden langfristig immer mehr MB Taxikunden abwandern.
Zitat:
@bermuda.06 schrieb am 12. Februar 2018 um 13:44:17 Uhr:
Schon folgender Satz zeigt, dass es politisch einfach nicht gewollt ist:
"Seit Oktober 2016 gilt eine neue Fassung des deutschen Eichgesetzes. Und die sieht eine nachträgliche Umrüstung zum Taxi nicht mehr vor. Die Autos müssen als Taxi vom Hersteller kommen."
Da hatten MB und VW wohl Angst, dass die Taxiunternehmen demnächst nicht nur auf einen Prius umsteigen sondern womöglich auf ein E-Auto-Taxi.
Bullshit!
Was mich an diesem Artikel am meisten 'beeindruckt' ist die lächerlich mickrige Leistung der Strom'zapfsäulen' von 22 kW.
Unfassbar. Sowohl unsere deutschen Autohersteller, allen voran in der Person des VW Chefs, als auch unsere Politiker sind total unehrlich mit ihrer E-Auto-Politik. VW Müller besitzt sogar die Frechheit, uns Verbraucher zu beschimpfen wegen unserer Kritik an der VW - Dieselschweinerei..., wir könnten ja seine Elektroautos kaufen.
Na klar, kaufen wir doch gerne- Fahrzeuge,
- die auf dem Weg von Frankfurt nach Hamburg spätestens in Hannover schlapp machen und dann an 22 kW- Säulen eine halbe Ewigkeit brauchen, bis wir weiter fahren können
- deren Akkus in der Energie-/Ökobilanz KATASTROPHAL ausfallen (Herstellung und Entsorgung)
- von denen niemand weiß, wie lange die Akkus halten und
- deren Austausch den Autobesitzer vermutlich in arge finanzielle Nöte bringen wird.
Setzt die zu niedrig angesetzten Feinstaubgrenzwerte (unsere Autos haben mit 7 % eh nur einen marginalen Anteil an dem Dreck in der Luft, unsere Büros sind 10x höher belastet, als unsere Luft auf der Straße ) etwas höher, damit die Autohersteller die Abgastemperatur ihrer Dieselfahrzeuge reduzieren können und damit die NOx Belastung des Diesels gegen NULL runter fahren können.
Unsere Luft ist schmutzig, Automobilindustrie und Politiker sind mit Abstand schmutziger.