Diesel-Abschaltventil
Es betrifft meinen S203 C 200 CDI mit Motor 611/962. Fz. von Mai 2001. Nach vielen km habe ich nun doch ein Problem, zu dem ich gerne die Meinung der Kenner hier wüsste. Das Wichtigste:
Vor ein paar Tagen begann es ohne Vorwarnung: Der Motor startet normal, läuft gleichmässig bei 900 RPM ca. 5 Sekunden, und stoppt dann. Tank ¾ voll, Batterie fast neu. Keine Fehlermeldung.
Bisherige Fehlersuche:
- Vermutung Luft in den Leitungen: Zuerst Dichtungsringe erneuert, dann auch Kraftstofffilter und alle Kraftstoffleitungen Zufuhr ganz neu eingebaut. Ausgiebig mit Diesel gefüllt. Gleiche Symptome.
- Niederduck- und Hochdruckpumpe betrachte ich für unwahrscheinlich. Keine Lecks zu sehen, sie arbeiten wie gesagt zunächst (erste 5“) normal.
- Auslesen OBD, oder Druckmessungen: Auto steht bei mir in abgelegenem Landhaus in Andalusien. Um auszulesen, müsste ich es ca 20 km in eine hoffentlich kompetente Garage schleppen lassen. Das werde ich tun, aber erst, wenn ich alle anderen brauchbaren Optionen geprüft habe. Siehe Fortsetzung.
Meine letzte Vermutung betrifft nun das Abschaltventil. Ich verstehe darin das Ventil, das die Treibstoffzufuhr stoppt, wenn man den Motor ausschaltet: Ein solches wäre Y75 (Bild 1). Dieses ist bei meinem nicht mehr verbaut. Ich vermute, es ist durch eine erweiterte Funktion des Druckregelventils (Y 74 auf Bild 1) ersetzt worden, welches ja ohnehin sowohl Druck im Rail als auch Diesel-Rücklauf kontrolliert.
Das heisst, ich versuche als Nächstes, dieses zu ersetzen. Es sitzt hinten am Rail und ist mit zwei Torx angeflanscht (Bild 2).
Meine Frage: Findet Ihr das plausibel und folgerichtig, oder seht Ihr andere, näherliegende Erklärungen? Vielen Dank für Eure Inputs!
9 Antworten
Moin,
die Common-Rail-Diesel werden nicht mehr durch ein Abschaltventil gestoppt. Das Motorsteuergerät (MSG) stoppt die elektrische Ansteuerung der Injektoren und ohne Einspritzung stoppt der Motor sofort.
Das beim CDI 1 verbaute Abschaltventil diente der Unterbrechung der Kraftstoffzufuhr um z. B. bei längerem Schubbetrieb die Aufheizung des Kraftstoffs durch die unnötige Hochdruckerzeugung mit Abströmung am Druckregelventil zu begrenzen.
Das Druckregeklventil ist KEIN Abschaltventil, eher das Gegentreil, hat zwei Funktionen, relativ einfach erklärt:
1. Ohne Bestromung hält es maximal etwa 90 bar durch eine Kugel, die von einer Feder auf eine Öffnung gedrückt wird und diese verschließt. Das verhindert, das die Rail in Standzeiten leer läuft.
Wenn die Hochdruckpumpe zu fördern beginnt drückt dies die Kugel auf und ein Ringspalt bestimmt, wieviel Kraftstoff aus der Rail zum Rücklauf abfließen kann.
2. Wenn das MSG ein plausibles Signal vom Kurbelwellensensor erkennt legt es Spannung an eine Spule im Druckregelventil um den Ringspalt zu verkleinern, es fließt weniger Kraftstoff zum Rücklauf, der Raildruck steigt. Wenn etwa 230 bar erreicht sind und ein Signal vom Nockenwellensensor die Synchronisation ermöglicht beginnt der CDI 2 mit der Einspritzung.
Da Du keine elektrische Pumpe im Tank hast kannst Du z. B. in Deiner besonderen Situation einen Test mit Fallkraftstoff machen. Dazu benötigst Du ein Gefäß, das sich mit Diesel gefüllt an der senkrecht gestellten Motorhaube aufhängen lässt und unten einen Ablauf hat der mit einem Schlauch an den Kraftstoffanschluss am Kraftstoff-Wärmetauscher (Nr. 60, Kraftstoffvorwärmung im Bild) vor dem Kraftstofffilter ansgeschlossen ist.
(Rasenmähertank, Trichter, Behälter mit Ablaufhahn...) Die Schwerkraft drückt den Diesel dann in die Leitungen zum Kraftstofffilter und zur Vorförderpumpe. Das Gefäß selbst und die Schläuche sollten sauber sein, der Diesel auch. Da Du vor dem Kraftstofffilter arbeitest hält dieser eventuellen Schmutz auf.
Mit diesem Test kannst Du erkennen, ob der Fehler an mangelnder Kraftstoffversorgung vom Tank liegt. Falls es ein Leck in den benutzten Leitungen gibt drückt der Fallkraftstoff meist hier auch etwas raus. Im Normalbetrieb herrscht vor der Vorförderpumpe Unterdruck, Lecks lassen Luft hinein, aber Kraftstoff tritt nicht aus
Gruß
Pendlerrad
Oh, das ging aber rasch. Und klingt sehr kompetent, Chapeau!
Dank deiner Angaben kann ich mir also die Suche nach Ersatz-Druckregler sparen. Dann sehe ich mal, mit wieviel Aufwand der Test verbunden ist. Habe allerdings schon versucht, das Auto abschüssig zu stellen (hinten hoch, Steigung etwa 10%). Gleiches Ergebnis.
Ansonsten dürfte es wohl nicht ohne Fehlerauslesen gehen. Seltsam, dass das Display dazu nicht von einer "Störung" berichtet.
Herzlichen Dank
Lykurg
Das Display meldet eher Elektrikausfälle an Lampen oder Komplettausfall von Systemen.
Wenn der Tank leer gefahren wird und der Motor letztlich abstirbt gibt es auch im MSG keine Fehlermeldung, fehlender Kraftstoff ist ja kein ungewöhnlicher Fall.....
Auch eine Unterbrechung oder das vollständige Ausbleiben des Signals vom Kurbelwellensensor wird vom MSG leider häufig nicht als Fehler erkannt.
An der Kraftstoffanlage genügt ein unter der Schelle eingerisser Schlauch oder ein deformierter / verlorener O-Ring. Auch ein Riss im Filtergehäuse oder undichter Verschluss am Deckel kann vorkommen. Da hier Unterdruck herrscht tritt meist kein Kraftstoff aus. Die durchsichtigen Leitungen zeigen aber, das Blasen sich vergrößern.
Viel Erfolg!
Pendlerrad
Das reicht für das Ventil.
Leitung F erneuert?
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Ja, db, Leitung F ist ab Filter neu. Suche noch andere Fehlerquellen; Druckregelventil Y74 ist gemäss Pendlerrad nicht verantwortlich.
Den Dichtsatz kann man aber erneuen.
PS Wenn der aus geht und man startet gleich neu springt der so fort wieder an?
a) Neue Dichtringe sind bei den neuen Leitungen mit enthalten, muss die nicht nochmal wechseln.
b) springt nicht sofort wieder an, sondern nach etwas Orgeln.
So. Habe den von Pendlerrad vorgeschlagenen Versuch nun doch durchgeführt. Siehe Bild. Habe zwar nicht an der Vorwärmung angeschlossen, sondern am Eingang Filter. Sollte bei 36°C Aussentemperatur kein Problem sein.
Siehe Foto. Ca 1l feinster Diesel war in der Flasche. (Die Maserung auf dem Bild stammt von einem Sonnensegel).
Ergebnis: Genau dasselbe. Erstmal orgeln bis alles gefüllt, dann 5" Lauf, und Schluss. Wieder und wieder.
Die Idee mit der Leitung brachte mich dazu, auch zu testen, wieviel eigentlich von der Förderpumpe (13) geliefert wird. Habe Ausgang in eine Flasche geführt (habe inzwischen genügend gebrauchte Treibstoffleitungen 🤗) und Menge über Zeit gemessen. Es ergab ca. 60 cc in 10", das wären rund 20 Liter in einer Stunde. Und das bei Anlasserdrehzahl. Anders gesagt: Reichlich.
Es muss also was anderes sein.
Übrigens: Der Drehzahlmesser kriegt doch sein Signal vom Kurbelwellensensor. Da der normal anzeigt, glaube ich, den kann ich als Fehlerquelle ausschliessen.
Moin,
das Bild zeigt, dass Du noch keinen echten Fallkraftstoff hast. Es fehlt die Belüftung der Flasche, sie wird beim Abpumpen zusammengezogen. In dieser Form könntest Du aber mit etwas äußerem Händedruck auf der vollen Flasche leichten Überdruck aufbauen (so viel wie Deine Konstruktion verträgt...) und bei stehendem Motor nach Kraftstoffaustritt an den Leitungen oder dem Filtergehäuse suchen.
Ein zweiter Schlauch, der zum Boden der Flasche führt und zur Umweltluft offen ist könnte zu echtem Fallkraftstoff verhelfen. Du könntest auch den Boden der Flasche abschneiden und diese nur als großen Trichter nutzen.
Erst wenn der Kraftstoffbehälter oben belüftet ist kann eine Kraftstoffsäule mit etwas Höhe entstehen, die keinen Unterdruck mehr erzeugen lässt. Dies könnte mit der Zeit auch Kraftstoffaustritt aus kleinen Lecks sichtbar machen.
Wenn auch mit wirklich frei zulaufendem Kraftstoff das Abstellen bleibt kann auch eine hydraulische Sicherheitsabschaltung wirken, die zu keiner Anzeige führt.
Die Erklärung ist etwas länger:
An der Hochdruckpumpe, den Inlektoren und am Druckregelventil läuft Kraftstoff in den Rücklauf. Der wird gesammelt und läuft zur linken Tankhälfte zurück. Dort sitzt im Tank eine Saugstrahlpumpe. Der Kraftstoff wird durch eine Düse geleitet und der entstehende Kraftstoffstrahl saugt Kraftstoff, (am Ende auch Luft), aus der linken Tankhälfte an und die Summe wird in die rechte Tankhälfte geleitet. (Venturi-Prinzip)
Für den Betrieb der Saugstrahlpumpe ist etwas Gegendruck erforderlich, daher steht der Rücklauf bei Motorbetrieb unter leichtem Druck.
Am Eingang der Hochdruckpumpe sitzt ein federbelastetes Ventil, die Feder schiebt einen Koben vor den HDP-Einlass, der ist ohne Vorförderdruck zu. Der Vorförderdruck wirkt auf diesen Kolben und schiebt ihn gegen den Federdruck zurück, bei einigen Bar Vorförderdruck ist der Einlass HDP geöffnet. Die Vorbelastung des Vorförderkreises mit der Feder dient der schnelleren und besseren Entlüftung.
An der Rückseite des Kolbens liegt aber zusätzlich zur Feder auch der Rücklauf an, der Druck im Rücklauf verstärkt die Federwirkung. Das Ventil überwacht dadurch den Rücklaufdruck. Wenn der Rücklauf versperrt oder unzulässig verengt ist und der Druck über das normale Maß steigt wird die HDP vom Rücklaufdruck verschlossen. Die Vorförderpumpe hat ein Überdruckventil, bei zu viel Gegendruck pumpt sie im Kreis.
Der Sinn ist einfach erklärt:
Die an der Hochdruckseite herrschenden Drücke erfordern feste Leitungen. An den Rücklaufstellen entspannt sich der Kraftstoff auf das sehr niedrige Druckniveau der Saugstrahlpumpe, das können die Schläuche des Rücklaufs aushalten. Bei verstopftem oder abgeknicktem Rücklaufschlauch würde der Hochdruck die Schläuche bersten lassen, daher muss die Förderung der HDP bei zu hohem Rücklaufdruck automatisch abgestellt werden.
Wenn Du den Rücklauf von der Rail zum Tank abnimmst und in Dein Gefäß führst kannst Du ausschließen, das Deine Saugstrahlpumpe einen Einfluss hat.
Gruß
Pendlerrad