Bußgeldsystem in Deutschland gerecht oder nicht?
So, ihr habt es nicht anders gewollt 😉
Da keiner in der Lage war in den letzten 48h ein halbwegs spannendes Thema zu eröffnen, liegt es jetzt wohl an mir, selbiges zu tun.
Wie ihr ja alle wisst (oder auch nicht) sieht unser Bußgeldkatalog es nicht vor, die Höhe der Bußgelder an das Einkommen des Täters zu koppeln (wie es z.B. im Strafrecht üblich ist, damit der Täter auch wirklich bestraft wird).
Würdet ihr eine Umstellung der Bußgelder auf Basis von Tagessätzen eher begrüßen oder ablehnen (jetzt nur mal vom Prinzip der Gerechtigkeit betrachtet, und nicht weil das aktuelle System euch billiger kommt)?
Welche Vor- oder Nachteile würdet ihr sehen?
Da das Thema ja schon dann und wann mal Nebenthema war, habe ich ein paar gängige Kritikpunkte schon mal aufgegriffen und kommentiert:
1. Ungerecht. Weil jeder die gleiche Übertretung begangen hat, soll auch jeder dasselbe zahlen.
2. Abgrenzung zu "echten" Verbrechen geht verloren.
3. Hoher Verwaltungsaufwand bei der Umstellung.
Zu 1: Falsch, da jeder gleich bestraft werden soll. Ein 100,- € Bußgeld bestraft den H4ler aber deutlich stärker als den Besserverdiener mit 5000,- € Nettoeinkommen monatlich.
Zu 2: Für "echte" Verbrechen gibt es noch die Möglichkeit der Haft und die Eintragung ins Führungszeugnis, die bei Bußgeldern sinnvollerweise nicht existiert.
Zu 3: Die Umstellung ist eine einmalige Sache, die aufgrund der bereits vorhandenen Bußgeldstruktur relativ "verwaltungsarm" vollzogen werden kann (z.B. 1,- € Bußgeld entspricht 0,1 Tagessätze).
Und zum Schluss noch was rechtliches zum Thema:
§17 OWiG Abs. 3 würde bereits heute eine Grundlage für die Umstellung bieten, wenn man den letzten Teilsatz entfernen würde.
Zitat:
Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters kommen in Betracht;
bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten bleiben sie jedoch in der Regel unberücksichtigt.
Na dann wünsche ich allseits eine faire und spannende Diskussionsrunde.
Beste Antwort im Thema
Zitat:
Original geschrieben von Elchsucher
H4-Empfänger besitzen i.d.R. kein Vermögen. Schau dir mal einen Antrag auf ALGII an.
Du solltest Dir mal die ALG2-Freigrenzen ansehen:
Auto bis 7.000 Euro, eigenes Sparguthaben, Haus- oder Wohnungseigentum (für eine lange Zeit, bevor das Jobcenter da verrechnen kann - im Gegenteil, das Jobcenter muss im ersten Jahr auch noch die Tilgung bei einer laufenden Finanzierung übernehmen), Wohnungseinrichtung (Kleidung, Möbel, Fernseher, ...), ...
Natürlich muss der H4-Empfänger dies gegenüber dem Jobcenter offen legen, aber er darf ein nicht unerhebliches Vermögen haben.
Beantwortet aber nicht meine Fragen:
Muss nicht auch das eventuell vorhandene Vermögen mit einbezogen werden (egal ob H4-Empfänger oder "reich"😉, um auch eine echte und nicht nur populistische Sommerloch-Gerechtigkeit zu erhalten und wie bewertet man Vermögen, damit Strafe für jeden "gleich wirkungsvoll" ist und nicht geschönt werden kann, wie zB. bekannter weise im Unterhaltsrecht manipuliert wird.
TS beziehen sich auch immer auf das Netto-Gehalt, wo ist denn da die Gerechtigkeit, wenn sich ein "hohes" Nettogehalt nur daraus ergibt, weil man 3 Kinder hat und die Frau nicht mitarbeitet, Somit nur deshalb "viel" verdient, weil man jeden Cent auch zur Ernährung einer größeren Familie benötigt - gegenüber einem Single mit gleichem Brutto ohne Kinder, der kostenfrei noch im Hotel Mama wohnt.
Bußgelder auf TS umstellen ist doch nur etwas im Rahmen einer RTL2-Serie. Gerechtigkeit wird es damit auch nicht geben, nur die "Armen" können sehen, dass die "Reichen" mehr bezahlen müssen, was denen aber auch nicht weh tun wird. Unter dem Strich bleibt nichts als eine Neidbefriedigung bei deutlich erhöhten Verwaltungskosten für die "Armen".
Wobei H4 und TS eine wunderbare Sache ist:
Bei H4 zählt ausschließlich der Regelsatz von 380 Euro, die Zusatzleistungen, wie Miete, ... sind kein Einkommen, die bekommt ein H4-Empfänger ohne dass dies eine Wirkung auf die Höhe des TS hat.
Ein Kleinstverdiener, der 760 Euro netto hat, muss zwar seine Miete und alles andere selbst bezahlen und hat eher weniger als ein H4-Empfänger, bekommt aber durch das doppelt so hohe Netto-Einkommen auch den doppelten TS als der H4-Empfänger.
Geht dieser Kleinstverdiener dann zum Jobcenter und holt sich einen Zuschlag, dass er zumindest auf das gleiche verfügbare Geld eines H4-Empfängers kommt ("Aufstocker"😉, dann ist das auch Netto-Einkommen, was den TS erhöht.
Der Aufstocker hat dann nur das Selbe jeden Monat zur Verfügung, wie ein H4-Empfänger, muss aber aufgrund des 2,5fachen "Netto-Einkommens" auch die 2,5fache Strafe bezahlen - weil es gerechter ist!?
So eine Populismuspauke hat das Trommelfell auf beiden Seiten:
Die klassischen Bußgeldgründe wie Termindruck eines Außendienstlers; Missachtung des Parkverbots, damit der Werkstattwagen mit dem Werkzeug in der Nähe der Einsatzstelle steht; schnell nach der Arbeit noch die Kinder aus dem Kindergarten abholen; langer Arbeitsweg mit dadurch überdurchschnittlicher Chance auf einen Blitzer zu treffen; ...
- das hat ein H4-Empfänger alles nicht.
Für Niemanden ist es leichter, ein Bußgeld zu vermeiden und daher soll es nun "gerechter" sein, dass dieser H4-Empfänger nur ~40% von der Strafhöhe zu zahlen hat, wie ein Aufstocker, der sich an zwei weit auseinander liegenden Putzstellen den Hintern aufreißt, um zwar nicht mehr als ein H4-Empfänger zu haben, aber wenigstens keiner zu sein?
426 Antworten
Zitat:
Original geschrieben von Elchsucher
Ich finde so wie es jetzt ist, werden die Armen überdurchschnittlich hoch bestraft, und die Reichen fast gar nicht.
darf ich fragen, wie oben zitierte aussage gemeint ist? findest du es gut, dass reiche fast gar nicht bestraft werden oder wuerdest du es besser finden, wenn reiche mehr zahlen muessten? ich hatte letzteres angenommen. sollte ich damit falsch gelegen haben, entschuldige ich mich hiermit bei dir.
Zitat:
Original geschrieben von keyser-soeze
darf ich fragen, wie oben zitierte aussage gemeint ist? findest du es gut, dass reiche fast gar nicht bestraft werden oder wuerdest du es besser finden, wenn reiche mehr zahlen muessten? ich hatte letzteres angenommen. sollte ich damit falsch gelegen haben, entschuldige ich mich hiermit bei dir.Zitat:
Original geschrieben von Elchsucher
Ich finde so wie es jetzt ist, werden die Armen überdurchschnittlich hoch bestraft, und die Reichen fast gar nicht.
Mir geht es um gleiche Bestrafung. Nicht um Euro-Beträge. Wenn der eine die Euros nicht mal merkt, der andere aber einen Monat nichts zu beißen kaufen kann, dann sind die € vielleicht identisch, aber die Strafen sehr unterschiedlich. Mit gerecht hat das nichts zu tun.
Ob nun der H4 nur 3,- € fürs zu schnell fahren bezahlt und der Banker die gewohnten 30,- € oder ob der H4ler die gewohnten 30,- € und der Banker 300,- € ist mir lutsche.
Nur die Auswirkungen einer Strafe sollten bei beiden identisch sein.
Du musst dich schon entscheiden, sonst wird das nix mit der Behauptung, dass der Aufwand dafür sich auch finanziell für den Staat lohnt.
Wobei ich mich frage, woher hat nen H4ler Geld für den Sprit um zu schnell zu fahren ? Geschweige denn überhaupt nen Auto.
Wenn man jetzt ansetzt und sagt, aktuelles Strafniveau liegt auf Durchschnittsgehalt und passt nach und und oben an, kommt sicherlich kaum mehr Geld in die Kasse... die Schwarzarbeiter fahren noch mehr schneller und die geizigen Reichen weiter nicht 😁
Zitat:
Original geschrieben von Diabolomk
Du musst dich schon entscheiden, ...
Muss ich das? Habe hier nach Meinungen gefragt. Warum nur? Weil meine Entscheidung noch nicht feststeht vielleicht 😕
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Zitat:
Ich würde die Behauptung aufstellen, dass die Einnehmen die Kosten für den zusätzlichen Aufwand bei weitem übersteigen würden.
Für diese Behauptung musst du dich doch schon für ein Rechenbeispiel mit realitätsnahen Zahlen entschieden haben?
Zitat:
Original geschrieben von Elchsucher
Dann kurz und knapp:Aussage 1 ist falsch, da unwirksam. Bußgelder zahlt der Fahrer und nicht der Halter. Ummeldung somit sinnlos um das Bußgeld zu umgehen.
???? ach so, Entschuldigung für meine Unwissenheit, ich habe da wohl andere Informationen im Ablauf eines Bußgeldverfahrens. 🙄🙄
Wie soll das deiner Meinung nach funktionieren?
Ausgangslage: Verantwortlicher Fahrer = Millionär, Auto (Bentley) ist auf geringverdienenden Großvater zugelassen um dem einkommensabhängigem Bußgeld zu entgehen. Bentley parkt falsch. Wie gehts weiter?
Ticket ausstellen ohne €-Betrag, dann den Fahrer ermitteln und anhand dessen Einkommen erst die Höhe des Verwarnungsgeldes festlegen? Wie soll denn hier ein verantwortlicher Fahrer ermittelt werden? Der Halter (Großvater) sagt, er ist gefahren = Bußgeld z. B. 5,- € da Geringverdiener.
Andere rechtskonforme Lösungsvorschläge Herr Elchsucher?
N.T.
Mein Vorschlag wäre:
Bei Halterhaftung Bußgelder stark erhöhen, mit der Möglichkeit der Nennung des tatsächlichen Verantwortlichen
Bei Fahrerverstößen Übergang zu Tagessätzen.
Zitat:
Original geschrieben von Enterich2003
Andere rechtskonforme Lösungsvorschläge Herr Elchsucher?
Fahrtenbuch für Fahrzeuge die mehr als einen Fahrer haben.
Oder bei einem Fahrer: Fahrer = Halter (wie bei Versicherungen namentlich angegeben).
Somit würde sich der Fahrer immer feststellen lassen.
Zitat:
Original geschrieben von buggymaxi
P.S.: Ob Du bisweilen "bla blubb" erzählst, darüber könnte man trefflich streiten. 😉
Bla blubb,...bla blubb..,bla blubb,bla blubb,bla blubb.....!
Zitat:
Original geschrieben von Diabolomk
Für diese Behauptung musst du dich doch schon für ein Rechenbeispiel mit realitätsnahen Zahlen entschieden haben?
Ja, da ich nicht davon ausgehe, dass höhere Kosten entstehen werden, ist es egal ob die Bußgelder insgesamt höher oder niedriger werden.
Aufwand = 0 bedeutet keine Mehreinnahmen notwendig, somit beide Wege möglich.
Zitat:
Original geschrieben von Elchsucher
Ja, da ich nicht davon ausgehe, dass höhere Kosten entstehen werden, ist es egal ob die Bußgelder insgesamt höher oder niedriger werden.Zitat:
Original geschrieben von Diabolomk
Für diese Behauptung musst du dich doch schon für ein Rechenbeispiel mit realitätsnahen Zahlen entschieden haben?Aufwand = 0 bedeutet keine Mehreinnahmen notwendig, somit beide Wege möglich.
Also vorhin schreibst du noch, du gehst davon aus, dass die Einnahmen die höheren Ausgaben für den zus. Aufwand decken und jetzt gibt es keine höhren Ausgaben 😕 Ist Dir zu warm?
Das Bussgeldsytem zu ändern scheitert doch schon an den Politikern.
Die einen sind dafür, die anderen dagegen, wie soll sowas in trockene Tücher gebracht werden.
Es ist von vorne herein zum scheitern verurteilt.
Was mit Petitionen passiert wissen wir ja...
...sie werden ignoriert.
Zitat:
Original geschrieben von Diabolomk
Also vorhin schreibst du noch, du gehst davon aus, dass die Einnahmen die höheren Ausgaben für den zus. Aufwand decken...
Wenn ich keyser-soeze zustimmen würde, dass ein zusätzlicher Aufwand entsteht um die Bußgelder in Tagessätze umzurechnen, hättest du recht.
Da ich aber behaupte 10,- € heutiges Bußgeld = 0,1 TS fällt für diese einfache Formel der Mehraufwand, den keyser-soeze prognostiziert, in meiner Rechnung garnicht erst an.
Somit keine höheren Ausgaben.
Sollten diese tatsächlich anfallen, müsste man über eine Erhöhung nachdenken. Dies würde aber arm und reich betreffen und somit keine Seite benachteiligen.
Zitat:
Original geschrieben von FabJo
Was mit Petitionen passiert wissen wir ja...
...sie werden ignoriert.
😕 wenn die nötige Anzahl an Mitzeichnungen nicht erfolgt, was erwartest Du? 😕
Zitat:
Original geschrieben von Elchsucher
Wenn ich keyser-soeze zustimmen würde, dass ein zusätzlicher Aufwand entsteht um die Bußgelder in Tagessätze umzurechnen, hättest du recht.Zitat:
Original geschrieben von Diabolomk
Also vorhin schreibst du noch, du gehst davon aus, dass die Einnahmen die höheren Ausgaben für den zus. Aufwand decken...Da ich aber behaupte 10,- € heutiges Bußgeld = 0,1 TS fällt für diese einfache Formel der Mehraufwand, den keyser-soeze prognostiziert, in meiner Rechnung garnicht erst an.
Aber der Mehraufwand für die Einkommensfeststellung fällt weiter an...
Und bisher war dir egal ob:
Zitat:
Ob nun der H4 nur 3,- € fürs zu schnell fahren bezahlt und der Banker die gewohnten 30,- € oder ob der H4ler die gewohnten 30,- € und der Banker 300,- € ist mir lutsche.
Aber witzig, dass hier wieder der Banker genannt wird. 😎