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Tue Mar 25 01:41:03 CET 2014    |    der_Derk    |    Kommentare (6)    |   Stichworte: 2014, AA, Citigo, Énergies Nouvelles, Monaco, Rallye Monte-Carlo, Skoda

... auch wenn's dann doch "nur" die sprichwörtliche Sparversion in Form der Rallye Monte-Carlo des Énergies Nouvelles ist? Sofort, das war eine überaus kurze Überlegung nach Einladung durch Motor-Talk und Skoda - nochmal vielen Dank für diese vermutlich einmalige Möglichkeit.

 

Als einziges Werksteam ist Skoda mit vier Citigo G-Tec angetreten, von denen einer mit Björn und meiner Wenigkeit besetzt wurde. Keiner von uns hat je eine Rallye gefahren, mitgefahren oder war sonstwie daran beteiligt, und das Sportlichste am Skoda dürfte die Optik sein - denn weder seine überschaubare Leistung von 68 PS noch das lang übersetzte Getriebe bieten Rallye-taugliche Voraussetzungen. Aber es geht ja eigentlich auch gar nicht um's schnell Fahren, angekündigt sind eher Verbrauchsoptimierung und Gleichmäßigkeit - das könnte doch eigentlich klappen?

 

 

Nein, zuviel Illusionen haben wir uns da nicht gemacht. Einzig selbst gesetztes Ziel: Wir wollten nicht die Letzten werden - bei einem Starterfeld von 68 Teilnehmern bestand darauf tatsächlich eine geringe Chance.

 

Chronologisch angefangen hat es für mich mittels Flugtransfer nach Lyon über München, Treffen unserer anderen Mitfahrer und Weiterfahrt nach Clermont-Ferrand, dem Startpunkt des ersten Tages. Die Fahrzeuge in der Énergies-Nouvelles-Klasse sind Erdgas-, Autogas-, Hybrid-, Biodiesel- oder E85-getrieben, zusätzlich fahren zwei Tesla Model S und ein Tesla Roadster mit. Die anderen Elektrofahrzeuge haben eine eigene Klasse und weniger weit von Monaco entfernte Startorte, aus, nunja - naheliegenden Gründen, die Anfangsetappe von gut 500 km ist sonst schlecht zu schaffen. Über ein elektronisches Roadbook / Navigationsgerät namens Tripy soll der Veranstalter unsere Fahrt im Auge behalten und wir gleichzeitig wissen wo es lang geht - tolles Teil, der Tripy kann alles!

Allerdings wird kurz vor Start bekannt gegeben, dass der Tripy kein Roadbook enthalten wird, und auch keine Karten. Glückwunsch, der Tripy kann gar nichts. Blick zum Citigo - nein, ein Navi ist auch nicht drin. Wir fahren also in Südfrankreich "traditionell" nach Roadbook in Papierform und Michelin-Atlas. Wer das schonmal versucht hat, kann sich ungefähr ausmalen wie gut wir die Strecken gefunden haben: Leidlich. Énergies nouvelles, navigation ancien...

 

Tag 1: Donnerstag

Anfangsetappe ohne Wertungsprüfung von Clermont nach Aix-en-Provence, Zeitvorgabe: 11:30 Stunden, theoretisch sollten damit die gut 500 km leicht zu schaffen sein - sind sie aber nicht. Die Strecke ist zwar schön zu fahren und anfangs auch leicht zu finden, im Dunkeln hingegen verfransen wir uns zum Schluss komplett in der Ortsdurchfahrt von Éguilles. Alle Wege führen zwar scheinbar irgendwie nach Aix-en-Provence, aber wir brauchen den Richtigen um die beiden Tankstellen für Benzin und Erdgas zu finden, wonach der Tank verplombt wird. Die Benzintankstelle finden wir nicht, die in einem Hinterhof versteckte Gastankstelle finden wir nur, weil unser Service-Yeti davor steht und uns einweist. Wir sind vermutlich das letzte Fahrzeug, der Druck der Tankstelle ist schon abgefallen - es kommen nur 8 kg von 12 möglichen in den Tank. Das Nicht-Auffinden der Benzintankstelle wird uns hinterher in der Verbrauchswertung mindestens einen Platz kosten, denn es fehlen ca. 3,6 Liter - die hinterher natürlich wieder eingefüllt werden, die wir aber nicht in der Wertung verfahren haben. Die Verspätung von einer knappen halben Stunde beschert uns die ersten Strafpunkte.

 

Tag 2: Freitag

Nach ausführlichem Briefing steht heute die erste Etappe von Aix-en-Provence nach Monaco mit zwei Wertungsprüfungen und drei Tankstops an. Wertungsprüfung bedeutet, bestimmte Abschnitte auf der Etappe müssen mit einer vorgegebenen Durchschnittsgeschwindigkeit gefahren werden. Helfen soll uns dabei der extra verbaute Rallyecomputer, der auf einer eingeplanten Strecke zunächst kalibriert wird, und anschließend bei vorgegebener Durchschnittsgeschwindigkeit und Fahrtzeit in den Wertungen die Abweichung in Metern von der soll-Position angibt: Minus, und man muss wieder aufholen, Plus und man ist zu schnell. Klingt auch für uns Rallye-Anfänger einfach, gestaltet sich jedoch im Fahren recht anspruchsvoll - denn die Geschwindigkeitsvorgabe beträgt schon auf der ersten Wertung von Esparron nach Greoux-les-Bains 49 km/h auf 30 km Serpentinenstrecke, ungesperrt, inklusive Ortsdurchfahrten. Schaffbar eigentlich nur unter drei Bedingungen: Bleifuß, Glück und Risikobereitschaft. Letzteres bringen wir nicht auf, am Ende liegen wir 42 Sekunden zurück, das reicht gerade mal für Platz 31. Der Sieger der Wertung liegt um 3 Sekunden daneben.

Nach der kurzen Mittagspause muss die erste Tankstelle angesteuert werden - noch unauffindbarer als die erste, man muss in ein Busdepot mit Eingangsschranke, durch eine Halle des Depots hindurch zur ersten Gas-Säule, die den Citigo voll bekommt (und noch in Franc abrechnet...), und hinaus über das Förderband der Buswaschstraße. Die zweite Tankstelle für Benzin sollen wir anfahren, brauchen es dann aber doch nicht, weil kein Benzin verbraucht wurde - das kostet uns die Minuten, die uns hinterher mal wieder fehlen -> Strafpunkte.

 

Tag 3: Samstag

Heute stehen zwei Etappen auf dem Programm, jeweils mit zwei Wertungsprüfungen, und einem kleinen Ausflug über die Italienische Grenze - tolle Strecken und Landschaften, und sogar das Wetter spielt mit bei 19 Grad und Sonnenschein. Den Rallyecomputer lassen wir ab heute außen vor, denn punktemäßig reißen können wir hier eh nichts - und fahren nach Gefühl macht es doch auch irgendwie entspannter. Nicht zuletzt sollen 60% der Endwertung nach Verbrauch gewertet werden, entsprechend ziehen wir uns aus dem Kampf um Sekunden zurück - fast. Heutiges Ziel lautet: Diesmal nicht in der Wertung von den nachfolgenden Teams überholt werden, die in 2 Minuten Abstand starten. Das klappt sogar, wenn man verdrängt dass der Citigo mehr als die ersten beiden Gänge hat, in jeder Spitzkehre die Tiefen des ESP auslotet - und im Kopf dazu der Soundtrack zu Need for Speed läuft :D.

Die Sollzeiten für die Durchschnittsgeschwindigkeit sind dennoch unerreichbar, besonders da in der zweiten Etappe Regen einsetzt und zum Schluss zur Dunkelheit noch Nebel mit maximaler Sichtweite von 30 Metern dazu kommt. Ebenfalls im Regen, nun aber wieder ohne Nebel, findet noch das Gleichmäßigkeitsfahren im Yachthafen statt: Eine kurze Pylonenstrecke zweimal durchfahren, wenn möglich mit derselben Zeit. Hätte besser geklappt, wenn wir schon beim ersten Mal gewusst hätten was den Zielpunkt darstellt -> Strafpunkte.

 

Tag 4: Sonntag

Letzter Tag, letzte Aufgabe, außerhalb der Wertung: Slalom fahren im Yachthafen von Monaco. Dass da dann tatsächlich die beste Zeit zählte, haben wir erst hinterher erfahren - eine irgendwie recht sinnlose Zielvorgabe, angesichts eines Starterfeldes welches von Lotus Elise bis Toyota Hilux reicht.

 

Es hat am Ende wahnsinnig Spaß gemacht, auch wenn natürlich zu keinem Zeitpunkt Aussicht auf Erfolge in den Wertungen bestand - dabeisein ist alles, und ganz ehrlich: Die Strecken waren auch viel zu schön, um sie getrieben vom Tripmaster, Rallyecomputer und dem darauf stattfindenen Kampf um Sekunden und Kilometer durchzuhetzen. Das Endergebnis zeigt, dass letztendlich die Sparsamkeit keinen Erfolg brachte, sondern perfektes Zeitmessequipment, -Management und eine große Portion Bleifuß - die letzte Wertung wurde im Nachhinein gestrichen, weil niemand die Zeitvorgabe geschafft hat.

Der Erdgas-Citigo klingt vielleicht nicht gerade nach einer Idealbesetzung für Passstraßen, hat sich aber unter'm Strich ganz annehmbar geschlagen - zwar streckenweise quälend langsam, aber ausreichen komfortabel - und tatsächlich sparsam. Denn wenn man den Blick von der Gesamtwertung weg zur Verbrauchswertung (PDF) wendet, stehen wir mit Platz 11 gar nicht mal übel da - und hätten es in die Top Ten geschafft, wenn man uns nicht die 3,6 Liter zusätzlich berechnet hätte, die wir gar nicht verfahren haben. Im Kapitel Driver Performance (PDF), dessen Berechnungsschlüssel mir nicht geläufig ist, reicht es immerhin für Platz 17 - passend zur Startnummer, es ist doch schön dass es für jeden eine Nische mit zufriedenstellendem Wertungskapitel gibt ;).

 

Insgesamt - eine tolle Veranstaltung, und wir haben unser Ziel erreicht: Gesamtwertung Platz 65 von 68, nicht auf dem letzten Platz :).

 

 

*(Bilder 3, 4 und 6 stammen mit freundlicher Genehmigung von Daniel Roeseler)


Tue Mar 25 06:48:47 CET 2014    |    RRRoadrunner15

Ein toller Bericht. Hat Spaß gemacht ihn zu lesen.

Tue Mar 25 16:58:36 CET 2014    |    Duftbaumdeuter36

Sehr schöner Bericht, danke dafür!

 

Das mit den Gas-Tankstellen ist sehr Interessant, da soll mal einer über die Verhältnisse in Deutschland meckern :D

Deine Antwort auf "Einmal Rallye Monte-Carlo fahren..."

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