VW-Betriebsratschef: Golf-8-Anlauf ist völlig missraten (12.3.2020)

VW Golf 8 (CD)

Headline: VW-Betriebsratschef: Golf-8-Anlauf ist völlig missraten

Andauernde Produktionsprobleme

Von Jan Petermann, dpa, und Marco Engemann, dpa-AFX

Wolfsburg/Peking (dpa) - 100.000 Stück geplant, 8400 Stück gebaut: Die nicht
abreißenden Produktionsprobleme beim neuen Golf 8 bringen VW-Betriebsratschef
Bernd Osterloh gegen den Vorstand auf.

Auch in Teilen der Belegschaft wächst der Unmut, weil die Fertigung des
wichtigsten Konzernmodells im vergangenen Jahr weit hinter den Plänen
zurückblieb. Hauptgrund waren Software- und Elektronik-Störungen, erklärte die
Mitarbeitervertretung am Donnerstag in der Firmenzeitung «Mitbestimmen».
Zusätzlich verschärft wird die Lage dadurch, dass sich auch die IT-Ausstattung
des neuen Elektroautos ID.3 verzögert.

Beim Aushandeln des Sparprogramms «Zukunftspakt» hatte es heftigen Streit
zwischen Betriebsrat und Management gegeben, der inzwischen aber beigelegt
wurde. Osterloh betonte jüngst, die Beschäftigten trügen geforderte
Produktivitätssteigerungen mit - dies sei auch beim Golf eine «Kraftanstrengung»
gewesen. In China, wo die Coronavirus-Krise VW zu Produktionsunterbrechungen
zwang, entspannte sich die Lage wieder.

Der Konzern hatte den Golf 8 mit viel Digitaltechnik im vergangenen Jahr
vorgestellt. Es war von einer «flachen Anlaufkurve» die Rede - in den Griff
bekommt man die Schwierigkeiten offenbar noch nicht. Osterloh sieht die
Verantwortung vor allem in der Führung: «Hier wollten überehrgeizige Vorstände
zu schnell zu viel Technik in ein Fahrzeug stopfen und sind damit gescheitert.»
Das Management ließ erklären: «Dass wir beim Anlauf mit Herausforderungen zu
kämpfen haben, war bekannt.» Die Produktion werde schrittweise hochgefahren.

Laut Betriebsratschef ist der Start der 8er-Auflage missraten. Die Zahlen seien
ein Trauerspiel. Osterloh sagte, er habe den Eindruck: «Einige Vorgesetzte
machen einen enormen Druck auf uns Beschäftigte. Es ist doch klar, dass so ein
Verhalten krank machen kann.»

Derlei Worte sind für VW-Verhältnisse, wo Betriebsrat und Leitung im Sinne eines
«Co-Managements» oft einvernehmlich handeln, ungewöhnlich scharf. Rund um den
«Zukunftspakt» gab es zwar vor einigen Jahren Scharmützel zwischen dem damals
noch neuen Konzernchef Herbert Diess und Osterloh, die dann aber in einer Art
Burgfrieden endeten. Mit Blick auf die «soziale Kompetenz» einiger Manager beim
Golf-8-Anlauf meinte Osterloh nun: «Viele haben das, manche aber auch nicht. Wer
Druck von oben nach unten einfach weitergibt, dem fehlt diese Kompetenz.»

Man sei «entsetzt, wie nachlässig und schwach der Vorstand weit vor dem Anlauf
das ganze Projekt aufgestellt hat». Erwartet werde jetzt «ein klares Wort von
ganz oben». «Die Transformation ist eine der am schwierigsten zu bewältigenden
Aufgaben, der sich die Autoindustrie stellen muss», hieß es aus dem Konzern. Mit
dem Golf 8 und dem Ausbau der E-Palette seien zwei riesige Projekte zur selben
Zeit zu stemmen.

Berichte über eine eingeschränkte Funktionsfähigkeit bestimmter Elektronik- und
Software-Komponenten hatte es bereits vor knapp einem Jahr gegeben. Das
Unverständnis bei Händlern und Kunden wachse, so Osterloh. So könnten stark
nachgefragte Antriebe oder Farben nach wie vor nicht geliefert werden. «Wie kann
es sein, dass der Golf 8 seit Juli produziert wird und immer noch nicht mit
einem Basismotor im Angebot ist?» Teurere Modelle wie GTD, GTI und R blieben
vorerst aus.

Auch beim zentralen Projekt des laufenden Jahres, dem Marktstart des E-Autos
ID.3, gibt es Verzögerungen. Der Wagen soll - zusammen mit dem neuen Elektro-SUV
ID.4 - noch 2020 starten. Beide begründen die elektrische ID-Familie, in die
Milliarden-Investitionen fließen. Offiziell erklärte Volkswagen mehrfach, man
sei beim ID.3 im Plan und werde im Sommer so weit sein. Beobachter berichten
allerdings auch von vielen eigentlich fertigen Autos, die zwischengelagert und
erst später mit dem kompletten Software-Umfang bespielt werden sollen.

Die Probleme beim Golf könnten nach Einschätzung Osterlohs gar neue Risiken für
Jobs heraufbeschwören. «Wir müssen jetzt alle zusammen dafür sorgen, dass der
Golf 8 endlich auf Kammlinie kommt», sagte er. «Ich fordere aber schon jetzt,
dass dieser Anlauf noch einmal genau untersucht wird und dass die
Verantwortlichen im Vorstand für die Software-Fehler und die Verzögerungen
benannt werden. Wer so mit dem Golf spielt, spielt auch mit den Arbeitsplätzen
der Beschäftigten.»

Im weltweit wichtigsten Automarkt China, wo die Coronavirus-Krise auch VW
getroffen hatte, wird die Situation derweil etwas übersichtlicher. Bis auf 2 der
insgesamt 33 Werke im Land seien wieder alle Fabriken am Netz, sagte ein
China-Manager des Autobauers. In den kommenden Tagen wechsle man vielerorts vom
Ein- in den Zwei-Schicht-Betrieb.

«Wenn sich das so fortsetzt, sind wir vorsichtig optimistisch, dass wir im Juni
oder Juli wieder auf Vorjahresniveau sind», hieß es. Die konzerninternen
Lieferketten habe man bisher aufrechterhalten können. Auch Zulieferungen aus
China in andere Weltregionen seien nicht abgerissen. Es gebe nur «ein kritisches
Bauteil», bei dem an den europäischen Standorten aber keine Sorge vor Mangel
bestehen müsse.

Beste Antwort im Thema

Wenn hier manche der Meinung waren, der Golf 8 verkauft sich zu jeden Preis von selbst, nur weil das VW-Logo dran klebt, dann wird man nun eines Besseren belehrt.
Vor allem das neue Bedienkonzept ist völlig daneben, das haben jetzt sogar die Vorstände realisiert, ganz abgesehen von den Softwareproblemen.

337 weitere Antworten
337 Antworten

Der BR-Chef nörgelt. Boar, was für ein Niveau....
Wer in dem Umfeld tätig war wird sehr gut einschätzen können vor welche Art von Mitarbeitern sich so ein BR sehr häufig stellt und was für eine verkehrte Weltanschauung vertreten wird. Eine gute Sache ansich wird missbraucht oft zu Ungunsten der eigenen Belegschaft.

Zitat:

@triumph61 schrieb am 12. März 2020 um 19:28:23 Uhr:


Es wird wohl seinen Grund haben das der A3 noch auf dem altem Bedienkonzept entwickelt wurde, da hat man wohl den Kopf geschüttelt und lieber als letzter presentiert

Wo steht das denn?

Audi war schon immer etwas anders und bediente sich nicht komplett am VW Regal. So war z.B. das Klimabedienteil im alten A3 auch schon ein anderes. Hingegen wurde im Golf, Leon und Octavia nahezu das identische Bedienteil verbaut. Audi hat im neuen A3 meiner Meinung nach vieles richtig gemacht - leider ist er für viele jedoch zu teuer und man wird andere Alternativen suchen.

Zitat:

Vor allem das neue Bedienkonzept ist völlig daneben, das haben jetzt sogar die Vorstände realisiert

Ist dem so? War eher der Meinung, dass nun nach und nach das neue Bedienkonzept in alle Modelle einfließt.

Zitat:

mein Verkäufer hat mir bestätigt: Die Qualität der ersten Golf 8 ist schlecht, Stammkunden sollten möglichst noch warten.., spricht Bände

Sorry, aber das ist doch Bullshit. Jedes neue Modell kann irgendwelche Kinderkrankheiten haben, welches spätere Modelle dann nicht mehr haben. Entsprechend kann man Glück oder Pech haben wenn man eines der ersten Autos nach Serienstart kauft. Um seine Nerven zu schonen sollte man lieber eine Zeit lang warten oder den ausgereiften Vorgänger kaufen - war aber eigentlich schon immer so.

Zitat:

@triumph61 schrieb am 12. März 2020 um 19:28:23 Uhr:


Es wird wohl seinen Grund haben das der A3 noch auf dem altem Bedienkonzept entwickelt wurde, da hat man wohl den Kopf geschüttelt und lieber als letzter presentiert

Da ist nichts alt. Das ist die gleiche Technik wie im Golf, die ein anderes Interface bedient. Das war beim 7er schon genauso, gleiche Technik mit unterschiedlichen Bedienphilosophien.

Ähnliche Themen

Ich war heute in einem großen VW-Autohaus in Augsburg und dort gab es nicht einen Golf 8 im Ausstellungsraum. Inconceivable.

Zitat:

@Stancer schrieb am 12. März 2020 um 19:11:15 Uhr:



Es wäre besser gewesen, wenn VW zum einen den Abgasbetrug lückenlos aufgeklärt und alle Kunden sofort entschädigt hätte und zum anderen den Aufbruch ins digitale Zeitalter erst nach Ende des Betrugsskandals ausgerufen hätte !

Mit der Technik weiter wäre man dadurch heute aber auch nicht. Dann hätte man über fehlende Innovation gemeckert. (zumindest ich...)

Zitat:

@triumph61 schrieb am 12. März 2020 um 19:28:23 Uhr:


Es wird wohl seinen Grund haben das der A3 noch auf dem altem Bedienkonzept entwickelt wurde, da hat man wohl den Kopf geschüttelt und lieber als letzter presentiert

die neuen: A3 / Golf / Skoda Octavia / Seat Leon nutzen die gleiche Plattform und teilen sich Sofware. Der A3 hat den (aus meiner Sicht) Vorteil das noch einige physikalische Knöpfe vorhanden sind und nicht nur Touch Only ist. Das OS dürfte im Hintergrund wesentlich gleich sein .

Ich persönlich bin offen für Neuerungen und mich stört auch die neue Technik nicht im Golf.
Aber so desaströs wie es VW gemacht hat und damit umgeht ist unter aller Sau. Das Resultat ist, dass sich die Kongurenz die Hände reibt.
Gott sei Dank hab ich noch etwas Zeit bis zum Fahrzeugwechsel.

Hier in Text und Bild. 😉

heise Autos, 03.03.2020,

Audi A3 2020: Beständige Werte

Den vierten A3 will Audi nur noch als Sportback anbieten. Erstaunlicher ist aber die Entscheidung, ihn innen vergleichsweise konventionell zu gestalten

Von Florian Pillau

"(...)

Schalter für die Junggebliebenen

Das Interieur wirkt mit verchromten Elementen und „Black-Panel-Optik” hochwertig, verwundert aber mit konventionellen Schaltern und Reglern für Heizung und Licht. Das neue Bediensystem, für das sich die technisch baugleichen Modelle VW Golf und Seat Leon so loben, bekommt ausgerechnet das Hightech-Aushängeschild des Konzerns nicht. Ist das neue System nun doch nicht so toll oder ist es gar der neue A3 nicht wert? Betrachtet man den optischen Konservativismus des kommenden A3 könnte man sich sogar vorstellen, dass der A3 im Konzernangebot nun noch stärker für die Junggebliebenen positioniert wurde, die sich vielleicht nicht mehr so gern von neuen Bedienlösungen überzeugen lassen.

Vorstellung Audi A3 = Bilderstrecke => Innenraum ab Bild 12

(...)"

VG myinfo

Zitat:

@thowa schrieb am 12. März 2020 um 17:05:17 Uhr:


Osterloh sagte, er habe den Eindruck: «Einige Vorgesetzte
machen einen enormen Druck auf uns Beschäftigte.

Mir wird übel.

Zitat:

@myinfo schrieb am 13. März 2020 um 01:33:42 Uhr:


Hier in Text und Bild. 😉

heise Autos, 03.03.2020,

Audi A3 2020: Beständige Werte

Den vierten A3 will Audi nur noch als Sportback anbieten. Erstaunlicher ist aber die Entscheidung, ihn innen vergleichsweise konventionell zu gestalten

Von Florian Pillau

"(...)

Schalter für die Junggebliebenen

Das Interieur wirkt mit verchromten Elementen und „Black-Panel-Optik” hochwertig, verwundert aber mit konventionellen Schaltern und Reglern für Heizung und Licht. Das neue Bediensystem, für das sich die technisch baugleichen Modelle VW Golf und Seat Leon so loben, bekommt ausgerechnet das Hightech-Aushängeschild des Konzerns nicht. Ist das neue System nun doch nicht so toll oder ist es gar der neue A3 nicht wert? Betrachtet man den optischen Konservativismus des kommenden A3 könnte man sich sogar vorstellen, dass der A3 im Konzernangebot nun noch stärker für die Junggebliebenen positioniert wurde, die sich vielleicht nicht mehr so gern von neuen Bedienlösungen überzeugen lassen.

Vorstellung Audi A3 = Bilderstrecke => Innenraum ab Bild 12

(...)"

VG myinfo

wie schon mal gesagt vor paar Wochen, man hat sich intern mit Händen und Füssen gewehrt das Bedienkonzept der neuen Golf mitzumachen nach den schlechten Erfahrungen mit dem A6 und den Reaktionen der Kunden auf das komplette Touchsystem. Nun das scheint keine unkluge Entscheidung gewesen zu sein.

Ich bin Golf Fan und Golf-Fahrer über alle Generationen ( z.Zt. Golf 7). Aber das „Touch und Taps“-System beim G8 treibt die Kunden zu A3 und Octavia..., schon irre, dass man sich freut, wenn ein Auto noch richtige Schalter hat....( ich vermute, dass „Touch und Taps“ allerdings extrem billig in der Herstellung ist).

Ich hoffe das VW mit dem Golf 8 richtig auf die Nase fällt und die Kunden scharenweise weglaufen. Wer den Golf so wunderbar entfeinert und unnützen , nicht funktionieren Mist verbaut gehört nach meiner Meinung einfach abgestraft.
Da passt ja gar nichts zusammen. Die Autohäuser haben kaum Vorführer, der Konfigurator läßt kaum eine Auswahl zu .
Viel Dinge sind noch nicht verfügbar . Die meisten Dinge lassen sich nicht miteinander konfigurieren und die Darstellung was in welchen Paketen enthalten ist , ist absolut undurchsichtig. Genauso das die GT Serie auch erst , wenn überhaupt sehr spät verfügbar ist. Das ist alles andere als Professionell . Mir ist es noch nicht gelungen meinen Wunsch Golf zu konfigurieren. Und der Gipfel für mich persönlich ist das ich keinen Handschalter mehr bestellen kann und VW mich zwingen will DSG zu fahren. Nein Danke !

Zitat:

@asma2002 schrieb am 13. März 2020 um 18:08:07 Uhr:


Ich hoffe das VW mit dem Golf 8 richtig auf die Nase fällt und die Kunden scharenweise weglaufen. Wer den Golf so wunderbar entfeinert und unnützen , nicht funktionieren Mist verbaut gehört nach meiner Meinung einfach abgestraft.
D

Das hoffen sicherlich die in Produktion des Golfs beschäftigten Mitarbeiter auch, damit sie nicht mehr so oft ins Werk zur Arbeit rennen müssen.

Diese gravierenden und massiv kundenfeindlichen Fehlentscheidungen des selbstherrlichen VG Diess - und seines willfährigen Aufsichtsrats - könnte VW mit dem verunglückten Golf 8-Anlauf und dem noch schlechteren, vielleicht ganz desaströsen ID.3 in die nächste große Krise führen - und hoffentlich bald zur Ablösung dieses arroganten Herrn,
der Deutschlands geduldige Autofahrer zu Elektro-Narren umerziehen möchte....

Ähnliche Themen