Vorwurf der Nötigung im Straßenverkehr

Hi Leute,

hatte eine etwas unschöne Situation heute.

Folgender Ort, B503, Fahrtrichtung Nord, keine anderen Verkehrsteilnehmer als ein anderes Auto, das vor mir auf der linken Spur unterwegs war, 100er Zone, gute Sichtverhältnisse.
Die Bundesstraße wird in dem Bereich für ca. 350 Meter wieder zweispurig, um dann anschließend wider einspurig zu werden (weitere 50 Meter, bis die linke Spur endet und dann noch weitere 100 Meter, wo an ihrer Stelle Fahrbahnmarkierungen sind).
Ich fahre die Strecke regelmäßig und habe an dieser Stelle schon mehrmals andere Autos überholt und noch problemlos vor Ende der linken Spur rechts einfädeln können. So auch die heutige Intention, als ich mich mit rund 110 km/h Digitaltachowert und guter Differenzgeschwindigkeit genau an der Stelle, wo es wieder zweispurig wird, der Vorderfrau näherte und annahm, dass sie sich dem Rechtsfahrgebot entsprechend relativ zügig rechts einordnen wird, sodass ich sie überholen kann. Nun tat sie das entgegen meiner Annahme bis zur Brücke nicht, sodass ich für wenige Sekunden ihr hinten links relativ dicht aufgefahren bin, abbremsen und meinen Überholansatz abbrechen musste. Durch die Heckscheibe habe ich dabei die Gestikulation mit dem Arm vernommen, dass sie es wohl als etwas aufdringlich aufgefasst hat.
Soweit kein Problem, kann passieren, bin dann hinter ihr rechts eingefädelt und mit ca. 95 km/h Tachowert (immer noch 100er Zone) an der Verengung hinterhergefahren und dabei den Abstand allmählich wieder vergrößert.
Weil ich von der Bundesstraße bald abfahren musste, habe ich dann auch nicht mehr wieder beschleunigt, sodass der Abstand auf über 100, vielleicht sogar 200 Meter anwuchs.
Wie es der Zufall nun aber wollte, nahm die Frau vor mir die gleiche Abfahrt, sodass ich sie in der Ortschaft, an einer Stelle, wo man die Vorfahrt beachten muss, wieder eingeholt habe und direkt hinter ihr stand. Wir fuhren auch anschließend die gleiche Strecke, wobei zwischenzeitlich ein anderes Fahrzeug aufgrund der Vorfahrtsregelung zwischen uns gekommen ist. In einem sehr eng gestalteten Bereich (50er oder 30er Zone, aber nur ca. 20 km/h real möglich), fuhren wir dann wieder für einige hundert Meter ziemlich eng zusammen.
Und wie es der Zufall nun auch wollte, bogen wir sogar auf den gleichen Parkplatz ab und parkten an nahezu der gleichen Stelle. Wegen meines Autos hinter ihr konnte oder eher wollte die Frau beim Vorwärtsparken kurzzeitig nicht nach hinten rangieren, um ihr erstmaliges Einschwingen nach rechts entsprechend der Parkplatzmarkierungen zu korrigieren, sodass unsere Autos für einige Sekunden stillstanden und ich ihr Einparken abwartete. Schließlich entschied sie sich dazu, auf einem anderen Stellplatz in der nächsten Parplatzreihe vor ihr zu parken, während ich ca. 15 Meter entfernt auf der linken Seite der ursprünglichen Parplatzreihe eingeparkt habe.
Als wir beide ausstiegen, kam sie - sichtlich aufgeregt - mir entgegen und meinte, dass man solchen Leuten wie mir den Führerschein abnehmen sollte und dass sie mich wegen Nötigung anzeigen wird. Dabei meinte sie auch, dass sie alles auf Kamera habe und machte ein Foto von meinem Kennzeichen.
Ich war ziemlich verwundert, empfand ich das alles die ganze Zeit doch ziemlich chillig und habe ihr gegenüber lediglich geäußert, dass ich sie nur Überholen wollte. Dann gingen wir getrennte Wege.

Wie ist in einem solchen Fall die Lage verkehrsrechtlich zu beurteilen?
Ich wünschte mir wirklich, sie hätte alles auf Kamera, wäre da doch außer dem abgebrochenen Überholansatz im zweispurigen Bereich der Bundesstraße nichts zu sehen, denke aber eher, dass sie das einfach nur behauptet hat.
Mal angenommen, sie zeigt mich wirklich an, was müsste ich in dieser Situation beachten?
Punkte in Flensburg oder etwaige Vorstrafen (§ 240 StGB ist immerhin eine Straftat) sind bei mir nicht vorhanden. Hab seit 18 Jahren den Führerschein und es ist auch 18 Jahre her, dass ich mal Punkte bekommen hatte, während ich ca. 200.000 km in der Zeit zurückgelegt habe.
Ein Versuch des Überholens, das Fahren der gleichen Strecke und das Parken auf dem gleichen Parkplatz (berufsbedingt) erfüllen meines Erachtens nicht wirklich den Tatbestand einer Nötigung...

Für Antworten bin ich sehr dankbar.

123 Antworten

Zitat:

@Scimitar83 schrieb am 8. Juni 2024 um 10:00:46 Uhr:


Edit: Hier ist was dazu, was meine Aussage bestätigt: https://...-verkehrsrecht-hamburg.de/.../?...

"Soll ein Fahrzeug überholt werden, darf der Abstand zum Vordermann erst dann verringert werden, wenn zügig an dem zu Überholenden vorbeigefahren werden kann."

Ergo kein Verstoß beim TE.

Das trifft dann aber gerade nicht auf den Sachverhalt zu. Die Dame war (egal ob zu Recht oder nicht) auf der linken Spur und gab kein Signal (z.B. Blinker, nach rechts einordnen) dafür, dass sie gleich Platz macht.

Der TE hat nur angenommen, dass sie gleich rüber zieht. Das ist meines Erachtens nicht von dem Artikel gedeckt, da eben nicht klar ist, dass zügig vorbeigefahren werden kann. Erst wenn die Vorausfahrende erkennbar den Spurwechsel einleitet, ist die Voraussetzung für mich erfüllt.

Edit: ich habe mir Mal die Stelle auf Google angesehen. Die neue Rechte Spur ist auch der Einfädelungsstreifen für die Fahrzeuge von der Fördestraße. Interessant ist, dass der Fahrstreifen weitergeführt wird und nicht der ursprüngliche Fahrstreifen der Bundesstraße. Klar kann man da auch überholen, dafür ist der Fahrstreifen aber meiner Ansicht nach nicht in erster Linie gedacht. Da soll sich eher der Verkehr aus beiden Straßen sortieren.

Bin ich der einzige, der sich die Frage stellt warum man da überhaupt überholen muss?

Wenn man jetzt einfach mal überschlägt.

Die Dame macht den Spurwechsel, braucht dafür 25 Meter. Ideal direkt am Anfang der 350 m, da hast du noch 375 Meter Platz bis zum Ende.

Auf dieser Strecke musst du gegenüber der Dame ca 105 Meter rausholen. Also aufschließen, an ihr vorbei fahren und den Sicherheitsabstand wieder her stellen so das du einscheren kannst.

Also legst du 400 m zurück, bei 100 km/h benötigst du dafür 14,3 Sekunden.

In dieser Zeit darf die Dame nur 300 Meter zurück legen, also muss sie langsamer als 75 km/h fahren. Berücksichtigt man noch die 25 m für den Spurwechsel und ihre Fahrzeuglänge, wirds noch langsamer.

Dabei ist außer acht gelassen, das du ja nicht mit fast 30km/h Überschuss drauf hälst sondern erst noch beschleunigen musst. Hat irgendwie was knappes, da solltest dich schon mal fragen obs das mit dem Überholen da wirklich braucht.

Beim nächsten Uberholvorgang werde ich deine mathematischen Überlegungen mit einfließen lassen.

Zitat:

@PeterBH schrieb am 7. Juni 2024 um 13:19:59 Uhr:


Sie verstößt gegen das Rechtsfahrgebot, er nähert sich ihr, kommt ihr eventuell dabei zu nahe. Und wo ist das die Nötigung? Ich lese weder was von längerem drängeln, Lichthupe, Hupe oder sonst irgendwas, was Voraussetzung für eine Nötigung ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass da was kommt, ist ziemlich gering.

je nach Qualität des Aufziehmanövers könnte ich darin auch eine Nötigung sehen. Dürfte auf viele wie ein einschüchternder Wegschiebeversuch wirken.

Irgendwie muß der TE ja auch beim Einparkversuch schon "dicht" gewesens ein.

Ich glaube zwar auch nicht das da was kommt, ab als nichtahndungfähig halte ich es nicht. Auch ein nicht umgehend umgesetztes Rechtsfahrgebot ist da doch keine Entlastung zugunsten des TE. Die Gesamtsituation war im Vorfeld doch falsch vorausgeschaut und abgeschätzt.

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Vielleicht war ja nicht das mißlungene Überholmanöver ausschlaggebend,eventuell hat sie die ganze Situation inklusive gleicher Weg und Parkplatz so empfunden.
Und wegen der eventuell falsch verstandenen Situation hat sie so reagiert.
Manchmal kommt halt eins zum anderen.

Zitat:

@Holger-TDI schrieb am 8. Juni 2024 um 18:16:31 Uhr:


Beim nächsten Uberholvorgang werde ich deine mathematischen Überlegungen mit einfließen lassen.

Er hat damit aber nicht unrecht. Das kann doch nur eine Überholstelle für Fahrzeuge mit deiutlichem Geschwindigkeitsunterschied sein. Bei einer differenzgeschwindigkeit von 15km/h reichn halt die 350m nicht Ansatzweise aus. Es sei denn man hängt dem Vordermann schon zuvor am Kofferdeckel und beim einscheren kann man das Kennzeichen in der Umweltplakette ablesen.

Zitat:

@Steven4880 schrieb am 7. Juni 2024 um 18:26:08 Uhr:


Naja, wenn man kurz den Abstand unterschreitet wird man ja nicht gehenkt.

Es könnte sein das der Henker sich für's Hängen entscheidet 😉

Zitat:

@Holger-TDI schrieb am 8. Juni 2024 um 18:16:31 Uhr:


Beim nächsten Uberholvorgang werde ich deine mathematischen Überlegungen mit einfließen lassen.

Du musst nicht rechnen. Einfach mal nachdenken ob man ohne vorher zu dicht aufzufahren, zu schnell zu überholen und dann zu dicht wieder einzuscheren das ganze klappen kann.

Wenn Zweifel bestehen, einfach dahinter bleiben.

Zitat:

@Astradruide schrieb am 8. Juni 2024 um 20:03:39 Uhr:



Es könnte sein das der Henker sich für's Hängen entscheidet 😉

Man kann gehängt oder gehenkt werden. Ist beides richtig. 😉

Ich denke jedoch dass das hier zuviel des Guten wäre.
Hier sind so viele in diesem Forum die generell immer ausgezeichnet und vorbildlich am Straßenverkehr teilnehmen, dass man ihnen für mindestens ein Jahr die Steuern erlassen sollte… 😁

Man muss ja nicht immer der vorbildlichste Autofahrer sein, aber einfach mal erkennen wann die eigene Aktion nicht die beste war, das würde oft schon helfen.

Yep, man kann sich auch mit Verstand falsch verhalten.

Zitat:

@Bochumer81 schrieb am 8. Juni 2024 um 17:48:23 Uhr:


Bin ich der einzige, der sich die Frage stellt warum man da überhaupt überholen muss?

Wenn man jetzt einfach mal überschlägt.

Die Dame macht den Spurwechsel, braucht dafür 25 Meter. Ideal direkt am Anfang der 350 m, da hast du noch 375 Meter Platz bis zum Ende.

Auf dieser Strecke musst du gegenüber der Dame ca 105 Meter rausholen. Also aufschließen, an ihr vorbei fahren und den Sicherheitsabstand wieder her stellen so das du einscheren kannst.

Also legst du 400 m zurück, bei 100 km/h benötigst du dafür 14,3 Sekunden.

In dieser Zeit darf die Dame nur 300 Meter zurück legen, also muss sie langsamer als 75 km/h fahren. Berücksichtigt man noch die 25 m für den Spurwechsel und ihre Fahrzeuglänge, wirds noch langsamer.

Dabei ist außer acht gelassen, das du ja nicht mit fast 30km/h Überschuss drauf hälst sondern erst noch beschleunigen musst. Hat irgendwie was knappes, da solltest dich schon mal fragen obs das mit dem Überholen da wirklich braucht.

Platz ist genug da. Man braucht wirklich keine allzu großen Rechenkünste, um das zu erkennen. Um 100 Meter auf 400 Meter gut zu machen (400 Meter Strecke ggü. 300 Metern des Überholten), wird ein Geschwindigkeitsverhältnis von 4 zu 3 benötigt. Wenn der Vodermann mit 80 unterwegs ist reichen entsprechend bereits 107 km/h dafür aus.
Ich habe an exakt dieser Stelle schon oft andere Verkehrsteilnehmer überholt, ohne dass es dabei besonders knapp wurde oder die Abstände zu gering waren. Die Straße ist dort gut ausgebaut, man fährt nicht direkt in den Gegenverkehr, die Sicht ist gut.

Allerdings betrachte ich die von dir vorausgesetzten 50 Meter Abstand vor dem Aus- und Einscheren als weltfremd. Das macht man vielleicht auf Autobahnen (wobei Brummi-Fahrer nicht mal das machen, da werden auch nur 5 bis 10 Meter genutzt). Nicht aber im gewöhnlichen Verkehrsgeschehen. Für gewöhnlich reichen bereits 25 Meter problemlos aus. Man unterschreitet für ein Paar Sekunden den Abstand, ist sogleich bereits auf einer anderen Spur und wenn man einschert hat man eh eine deutlich höhere Geschwindigkeit als der Überholte, sodass der Abstand auch nach nur wenigen Sekunden bereits wieder riesig ist.
Weil das Überholen eine Situation erhöhter Aufmerksamkeit ist, besteht dadurch keine besondere Gefahrensituation, wenn man den normalen Abstand kurzzeitig unterschreitet. Ist dieser doch eher auf Dauerfahrten ausgelegt.

Ich gebe auch zu, dass ich den erlaubten Mindestabstand für einige Sekunden unterschritten habe, aber des rechtfertigt meines Erachtens nicht den Tatbestand einer Nötigung.

Ein Sicherheitsabstand kann jede zehntel Sekunde relevant werde. InD einem Sichtschattenm (nach vorne) passiert was, Vorderfrau/mann wirft den Anker und man fährt rein.

In Deiner Situation ist zunächst entscheidend wie die andere Person es wahrgenommen hat ... anschl. beurteilt das der Richter. Wichtig ist es dem Richter schönzureden. Man muß sich im klaren darübers ein das nicht alle menschen das selbe Gemüt haben.

Wie hat da mal einer zu dem geschrieben der von den Grünen wegen eines „leisen“ Knall von seinem Auspuff (Mercedes Sportflitzer) angehalten und mit einem Knöllchen verwarnt wurde:

„Du wolltest Aufmerksamkeit haben, Du hast sie bekommen.“

Ansonsten muss ich wohl zu dem „dicht Auffahren“ nicht mehr dazu sagen. Sind sich halt keiner Schuld bewusst. Teilweise noch nicht mal wenn ein Unfall daraus folgte und Unschuldige zu Schaden kamen.

Auch wenn für dich 50 Meter Abstand bei 100 km/h unrealistisch erscheinen, ist es doch das was gefordert wird und als Unterschreitung wie du es als normal ansiehst mit 75€ und einem Punkt zu buche schlägt.

Sicher fahren Lkw auch dichter auf, aber wenn sie erwischt werden zahlen sie auch und bei den Punkten geht dann das Gejammer los, der Job ist in Gefahr.
Und oft genug knallt es ja auch, sie die Staus auf den Autobahnen, die kommen nicht durch genug Abstand.

Sicher ist es schwer Abstände im dichten Verkehr zu halten, aber unnötig erschwert wird es durch die Helden die in jede kleine Lücke reinziehen weil es ja passt und schon nicht so schlimm ist.

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