Motor warmfahren: Komplett durchwärmen oder reicht relativ hohe Motoröltemperatur?

Bzgl. Warmfahren werden ja häufig zwei Theorien geäußert, dass man dies machen sollte, bevor man den Motor (ernsthaft) belastet:

a) Es ist notwendig, weil nur das genügend warme Motoröl überall hinkommt und deswegen nur dann alle Teile des Motors genügend gut geschmiert sind.

b) Es ist notwendig bzw. sinnvoll, weil ansonsten es aufgrund der ungleichmäßigen Erwärmung verschiedener Teile des Motors zu Verspannungen (lokale Druckspitzen) kommt, was dann zu Problemen führen kann.

Theorie a) kann man getrost verwerfen, da das Öl in allen typischen Situationen immer innerhalb von max. 60s überall hintransportiert wird und Öl mit höherer Viskosität (kühleres Öl) tendenziell besser schmiert. Hier reicht es also aus, innerhalb der ersten 60s Drehzahlen deutlich oberhalb der Leerlaufdrehzahl zu vermeiden, z.B. im Leerlauf zu rangieren falls möglich etc.

(Theoretisch wäre es noch möglich, dass zu wenig Öl transportiert wird, wenn es noch kühl ist und die Motordrehzahlen hoch sind; wenn das aber so wäre, dann müsste die Motorelektronik solche Zustände verhindern, was aber fast nirgendwo der Fall ist, weswegen man dies ausschließen kann.)

Bleibt also Theorie b). Die Konsequenz dieser Theorie ist, dass es nicht ausreichend ist, dass das Motoröl z.B. 70° hat (wenn die normale Temperatur z.B. 85° ist) und zwar weder nach Kaltstart noch nach einem Stopp auf der Autobahn, wenn der Motor teilweise schon wieder etwas runtegekühlt ist. Sondern man muss warten, bis die Temperatur des Motoröls nicht mehr ansteigt und dann am besten noch z.B. 1 Minute zusätzlich warten, weil erst dann sichergestellt ist, dass der Motor tatsächlich gleichmäßig durchgewärmt ist. Insbes. wäre es zu vermeiden, nach einem Stopp auf der Autobahn mit Vollgas zu beschleunigen. (Umgekehrt könnte man aber evtl. auch nach den anfänglichen 30-60s Leerlauf nach Kaltstart für einige Sekunden Vollgas geben, da der Motor bis dahin noch relativ gleichmäßig kalt ist..., aber diese Hypothese will ich hier nicht verfechten...; soll z.B. im Rahmen von Rangierarbeiten beim Anliefern von Schiffen etc. so stattfinden).

Meine Frage ist, inwieweit es konkrete Daten bzgl. b) gibt. Ein guter Test dieser Theorie scheint mir zu sein, ob die Häufigkeit von Motorschäden bei Autobahnbeschleunigungsstreifen von Tankstellen deutlich erhöht ist, da dann häufig der Motor stärker belastet wird und der Motor zwar warm, aber eben nicht gleichmäßig durchgewärmt ist.

Oder gibt es sonst noch Daten zu dieser Fragestellung?

67 Antworten

Ist eher die Frage der Konstruktion/ Materialpaarungen. Empfindliche Motoren gab es hauptsächlich früher. Bekannt waren hochgezüchtete Alfa-Motoren, die, wenn kalt getreten, frühzeitig den Geist aufgaben, warmgefahren jedoch Vollgasorgien ziemlich klaglos mitmachen.

Heute hat man meist bessere Kolben und ein besseres Temperaturmanagment. Zudem ist ein sehr heiße Verbrennung durch die Lambdaregelung unterbunden. Moderne Motoren quittieren das meist mit erhöhtem Verschleiß und nicht direkt mit einem Motorschaden, der sich dann halt früher einstellt. Ob jetzt ein Motorschaden bei 200000km oder bei 300000km auftritt, wird und warum eigentlich, ist schwer bis garnicht feststellbar.

Früher waren es Mal die Material Paarungen und auch die fehlende Kontrolle über die Wärmeausdehnung. Da würde Guss- und Leichtmetall wild gemischt. Heute bestehen die meisten Motoren komplett aus Leichtmetall (wobei der Gussblock bei Turbomaschinen wieder im Kommen ist) und durch konstruktive Maßnahmen wird die Wärmeausdehnung in jede Dimension kontrolliert.

Abgesehen davon, durch das moderne Thermomanagement werden die Motoren auch sehr schnell und gleichmäßig warm. Früher dauerte es Mal 5min bis die Nadel sich bewegte und nochmal 5min bis endlich auf Temperatur. Und das nur wenn Last am Motor ist.

Heute braucht mein RAV4 gerade Mal einen knappen Kilometer, bzw. 2min und der Motor ist auf 70°C Kühlwassertemperatur.

Eher gibt's Probleme bei Automatikgetrieben, die brauchen auch Temperatur um gut zu funktionieren, bekommen diese aber deutlich schwerer als die Motoren.

Grüße, DerKolben

Das mit den 70 °C Kühlwassertemperatur nach 2 Minuten ist doch genau das, was der TE zur Diskussion stellt.

Du schreibst zwar, dass „der Motor auf 70 °C Kühlwassertemperatur ist“, aber genau da liegt doch das Problem: Nicht der Motor, sondern lediglich das Kühlwasser ist auf 70 °C. Und das möglicherweise nur im kleinen Kühlkreislauf. Das Öl kann in diesem Fall erst bei 40 °C sein. Massive und damit thermisch träge Bauteile, die weiter weg vom Brennraum sind (z. B. Kurbelwelle) könnten dann noch kälter sein.

Ob‘s am Ende wirklich eine Auswirkung hat, weiss ich aber auch nicht. Nur, dass in der Produktion die Motoren mal kurz auf Funktion getestet werden, auch gerne mal mit einer Volllastkurve. Und da hat niemand die Zeit, die Dinger erstmal vorsichtig warm zu fahren.

Zumal die Anzeigen seit geraumer Zeit eh nur Käse anzeigen.

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Zitat:
@DerSprechendeKolben schrieb am 17. August 2025 um 06:30:47 Uhr:
Früher waren es Mal die Material Paarungen und auch die fehlende Kontrolle über die Wärmeausdehnung. Da würde Guss- und Leichtmetall wild gemischt. Heute bestehen die meisten Motoren komplett aus Leichtmetall (wobei der Gussblock bei Turbomaschinen wieder im Kommen ist) und durch konstruktive Maßnahmen wird die Wärmeausdehnung in jede Dimension kontrolliert.

Mein Punkt ist, dass unabhängig vom Material die Ausdehnung (zu) unterschiedlich ist aufgrund der Ungleichmäßigkeit der Erwärmung und dass dies zu Problemen führen kann.

Vollgas gibts bei mir nur, wenn der Motor richtig warm ist und das kann dann eben

10 - 15 Minuten dauern. Mich drängt ja keiner, in der Ruhe liegt die Kraft.

Zitat:
@DerSprechendeKolben schrieb am 17. August 2025 um 06:30:47 Uhr:
Heute braucht mein RAV4 gerade Mal einen knappen Kilometer, bzw. 2min und der Motor ist auf 70°C Kühlwassertemperatur.

Wassertemp...miss dann mal die Öltemp, die hat sich da nämlich noch kaum wesentlich erhöht :-) Da brauchst schon einige km.

Ist mir soweit klar. Nur ist heute in einem Motor auch Mal gerne 0W20 oder gar 0W16 drin, kein 10W-40-Sirup.

Dieses dünnflüssigen Öle schmieren nicht so gut und führen auch zu vermehrter Verölung des Ansaugtraktes via Kurbelgehäuseentlüftung.

Deswegen werden die insbesondere dann nicht verwendet, wenn man 300 TKM erreichen will.

Diese Öle sind einer der hochgradig fragwürdigen Maßnahmen der Autohersteller, um 1, 2 Zehntel bei den WLTP-Werten runterzukommen. Egal, ob das dem Motor auf lange Sicht schadet oder nicht.

Da die Motoren zuviele individuelle, aber relevante Unterschiede aufweisen...Benzin-/Dieselmotor... Sauger/Turbo... Alteisen/Moderne Konzeption...etc. ....lässt sich die Fragestellung pauschal nicht beantworten.

Grundsätzlich lässt sich heute wie gestern sagen, das man den Motor unter 60°C Öltemperatur bis max. 3000 UpM drehen sollte.

Richtig ist, dass diese 60°C heute im modernen Motorenbau, aufgrund verbesserter Kühlkonzepte( 4-5 statt 2-Stufig), Materialien etc., in wesentlich kürzerer Zeit erreicht werden als früher.

Die letzte Schmierstelle im Motor ist mit heute üblichen 0/5W-X innerhalb von nur 2-5 Sekunden erreicht.

Zitat:
@jw61 schrieb am 17. August 2025 um 12:45:03 Uhr:
Die letzte Schmierstelle im Motor ist mit heute üblichen 0/5W-X innerhalb von nur 2-5 Sekunden erreicht.

Plausiblerweise ja. Die 30-60s, die ich erwähnt habe, beziehen sich darauf, dass es, vor allem bei kühleren Temperaturen oder gar unter 0°, durchaus dauert, bis die Ölversorgung sich wirklich eingschwungen hat.

Bei meinem OM654.916 Motor z.B. dauert es über 30s (bei ca. 15-20° Anfangstemperatur), bis die Motorölstandsanzeige nicht weiter absinkt, d.h., dass es offenbar so lange dauert, bis das Öl aus der Ölwanne überall hin gut verteilt ist.

Deswegen mache ich den Motor sofort nach dem Einsteigen an und versuche, ihn nicht vor 30s über 1000 Umdrehungen zu bringen (Rangieren geht auch im Leerlauf).

Aber vielleicht ist das auch übertrieben. Wenn nicht, ist das eine sehr einfache Maßnahme, um unnötigen Verschleiß zu begrenzen.

Zitat:
@1000PS schrieb am 17. August 2025 um 12:33:53 Uhr:
Dieses dünnflüssigen Öle schmieren nicht so gut und führen auch zu vermehrter Verölung des Ansaugtraktes via Kurbelgehäuseentlüftung.
Deswegen werden die insbesondere dann nicht verwendet, wenn man 300 TKM erreichen will.

Kommt immer auf den Motor an. Die Toyota-Hybriden fahren damit ohne Probleme ihre 300tkm, normalerweise deutlich mehr. Auf der anderen Seite killt man damit jeden sportlich getrimmten Hochleistungsmotor. Motoröl muss immer zum Motor passen. Die Weisheit, dass ein dickeres Öl immer besser, bzw. zu weniger Verschleiß führt, ist auch schon überholt. Gerade Motoren mit bedarfsgesteuerter Ölpumpe können dickeres Öl schnell übel nehmen.

Grüße, DerKolben

Zitat:
@DerSprechendeKolben schrieb am 17. August 2025 um 13:18:43 Uhr:
Gerade Motoren mit bedarfsgesteuerter Ölpumpe können dickeres Öl schnell übel nehmen.

Wohl nur, wenn es nicht für den Motor freigegeben ist?

Wird wohl so sein. Nur wird man halt kein freigegebenen 40er-Öl finden, wenn der Motor für ein 20er-, maximal 30er-Öl konzipiert wurde

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