Minimalistisches Navi von Beeline
Der eine oder andere von euch hat vielleicht, so wie ich, des öfteren mal eine Möglichkeit gesucht, sich bei der Navigation durch ein Navi unterstützen zu lassen, konnte sich aber nicht mit den klobigen und zumeist hässlichen Lösungen anfreunden, die der Markt so anbietet. Ich selber finde sowohl die klassischen reinen Navis als auch handybasierte Lösungen hässlich. Auf Tourenbikes mit Verkleidung ist das sicher weniger ein Faktor, da fällt so ein zusätzliches Gerät nicht so auf, aber gerade an Choppern und schlankeren Bikes sieht so ein Ding blöd aus und verschandelt sowohl die Idee eines Bare Bones Choppers als auch die Optik jedes Naked Bikes. Ich habe mir letzten September eine Navi Lösung von Beeline zugelegt und dachte mir, ich schildere mal meine Erfahrungen.
Schaut es euch malHIER an.
In kurzen Worten:
Das Beeline nutzt Navigationsdaten von Google Maps, die über eine App auf dem Handy abgefragt werden. Die Hardware ist dann ein kleiner „Puck“ mit monochromem Display, dass man sehr elegant und unauffällig auch an spartanischen Bikes anbringen kann. Planen kann man Strecken auf der App oder man kann .gpx Dateien draufspielen. Es gibt auch einen „Improvisationsmode“ bei dem einem immer nur die Richtung auf´s Ziel zu angezeigt wird. Welche Strasse man nimmt bleibt einem selbst überlassen.
Meine Erfahrungen:
Ich bin es gewöhnt „Kopfnavigation“ mit gelegentlichen Kartenstopps zu machen. Das setzt allerdings gute Vorbereitung und ein sehr gutes Gedächtnis voraus. Auf den längeren Touren letzthin bin ich mit der Methode dann doch sehr an meine Grenzen gestossen. Auch das Navigieren in fremden Städten ist irgendwann nicht mehr sinnvoll machbar. Ich habe mich deswegen auf dem Tourenbike durch Google Maps vom Handy unterstützen lassen, in dem ich die Voice Commands über Bluetooth über die Anlage habe laufen lassen. Das geht im Prinzip ganz gut, allerdings bringt das einige Probleme mit sich. So werden die ersten Worte einer Ansage immer verschluckt, denn die Bluetooth Verbindung wird immer temporär unterbrochen (vermutlich um Strom zu sparen). Vermeiden kann man das, indem man Musik hört, dann bleibt die Verbindung bestehen. Allerdings hat man dann immer laut Musik laufen, was gerade in der Stadt ziemlich nervig sein kann. Jedenfalls sind die ersten Worte meist so etwas wie „In 300m …“ und wenn einem diese Info fehlt, ist das schon ziemlich blöd. Ein weiteres Problem ist, dass Frau Google teilweise sehr mit fremden Sprachen hadert. Wenn sie also irgendwelche französische Strassennamen eingedeutscht vorträgt ist es so gut wie unmöglich rechtzeitig drauf zu kommen, von was sie da eigentlich redet.
Da kommt jetzt das Beeline ins Spiel. Das Beeline ersetzt auf keinen Fall ein volles Navi mit grossem Display, dass einem einen Teil der vorausliegenden Strecke und alle Manöver bildlich darstellt und mit Voice Commands unterlegt. Es ist aber für Leute wie mich, die im Prinzip wissen wo es lang geht, aber nicht jede einzelne Abbiegung auf einer 450km Strecke im Kopf behalten können, eine super Unterstützung! Das Beeline wird über die App, nicht über die Einstellungen mit dem Handy gekoppelt, dadurch kann das Handy sogar weitere BT Verbindungen Eingehen, d.h. man kann theoretisch parallel Google Maps laufen lassen und sich die Voice commands über BT einspielen lassen. Allerdings müsste man sicher sein, dass die Strecken auch die gleichen sind…
Ich habe das Ding auf lokalen Runden und auf einem Dolomiten-Faak Trip getestet, und war im grossen Ganzen sehr zufrieden damit. Ich gehe mal auf die Stärken und Schwächen im Einzelnen ein.
Die Hardware
Für die Anbringung am Bike gibt es ein halbes Dutzend Halter von Beeline. Ausserdem kann man die Halterungen teilweise mit GoPro Halterungen verbinden und sich auf die Art und Weise auch eigene Lösungen ausdenken. Ich habe z.B. eine GoPro Basisplatte auf die Blinddeckel am Dash geklebt und eine kleine Halterung die ich dort einclipsen kann. Damit sitzt der Puck super und lässt sich mit einem Handgriff nahezu spurlos entfernen. (siehe Bilder). Ich finde die Halterungen sind wirklich schön und je nach Variante sehr sehr unauffällig.
Die Pucks gibt es in verschiedenen Farben. Schwarz wird es für die meisten tun. Für BMW Fans gibt es ein silbernes Gehäuse. Nur Chrom gibt es leider nicht 😁. Ich habe das Schwarze Modell aus Kunststoff genommen, auch weil es leichter ist. Davon abgesehen, der Teufel ist ein Eichhörnchen. Das schwerere Metallene Modell macht bestimmt böse Macken, wenn es einem mal beim Abnehmen oder einbauen ausrutscht und auf was lackiertes prallt (und es wird!!) Schön ist, dass der Puck aus den Halterungen mit einem Dreh raus ist und man ihn auf verschiedenen Bikes mit verschiedenen Halterungen verwenden kann.
Die Batterie hält ewig. Ich glaube Beeline verspricht 30 Stunden. So lange habe ich nie gewartet. Es reicht jedenfalls Dicke.
Das Display
Das monochrome Display ist auch bei grellem Licht gut abzulesen. Nachts leuchtet es auch. Ein kleiner Nachteil: Es leuchtet wenn sich das Handy auf Nachtbetrieb umstellt, springt also nicht an wenn man z.B. durch einen Tunnel fährt oder wenn gerade Sonnenfinsternis ist. Da das Handy aber auch GPS Daten braucht, hat man im Tunnel vermutlich eh keine vernünftigen Angaben.
Die App
Die App ist einfach und relativ Intuitiv bedienbar. Streckenplanung ist viel besser als mit Google Maps. Man kann eine Strecke berechnen lassen, und nachträglich Wegpunkte einbauen, oder man kann sequenziell eine Strecke aufbauen. Das einspielen von .gpx Dateien ist super easy. Was die App leider nicht bietet (mein letzter Wissensstand) ist wie bei Calimoto oder Scenic kurvige Strassen etc. als Parameter einzugeben. Man kann aber wie gesagt diese Apps nutzen, um eine Strecke zu erstellen, und sie dann auf die Beeline App übertragen. Autobahnen und Mautstrassen etc. lassen sich aber natürlich abwählen wie bei Google Maps auch.
Die Navigation
Die Richtungsanzeige, die Distanzanzeige, die Anzeige der Ausfahrt aus dem Kreisel etc. funktioniert wirklich gut. Man muss sich an den Rhythmus ein wenig gewöhnen, aber wenn man den Groove erst mal drin hat geht es wirklich easy. Der Pfeil zeigt ja erst mal immer in Richtung der Strasse, neigt sich also immer ein wenig hin und her. Der Punkt zeigt dann in welche Richtung und in etwa in welchem Winkel die nächste Abbiegung kommt. Kurz vor der eigentlichen Kreuzung, also ca. 50-150m vorher „kippt“ der Pfeil in die Richtung in die die neue Strasse führt. Man gewöhnt sich also daran, an oder kurz vor der Kreuzung noch mal hinzusehen. Das hilft, wenn es mehrere Optionen gibt, und der Punkt nicht ganz eindeutig zu deuten war. Das funktioniert umso besser, je besser die aktuelle Genauigkeit der GPS Position ist.
Hier zeigt sich eine der Schwächen des Systems. Am Anfang hatte ich grosse Probleme, weil die Positionsbestimmung sehr schlecht war. Das Google Maps hat mich immer wieder fehlpositioniert und dachte ich bin irgendwo zwischen 50 und 100m von meiner tatsächlichen Position entfernt und hat dann irgendwelche sinnlosen Richtungen angezeigt. Ich weiss bis heute nicht, ob es an den ersten paar Tagen ein Problem mit der GPS Ortung gab, oder ob sich das Beeline erst „eingewöhnen“ musste, aber es war fast unbrauchbar. Dann ging es irgendwann und seither funzt es gut. Gelegentlich, in Gegenden mit schlechter Abdeckung passiert es noch, aber auch das ist etwas an das man sich gewöhnt. Wenn der Richtungspfeil mal kurz etwas sehr unplausibles anzeigt fährt man einfach weiter. Dann fängt es sich wieder. Davon abgesehen ist es in der Lage neu zu berechnen. Es ist also kein Beinbruch, wenn es doch recht gehabt hätte.
Ein weiterer kleiner Schwachpunkt ist, dass man immer nur die nächste Abbiegung angezeigt bekommt. Wenn man, z.B. in einer Ortschaft zwei sehr kurz hintereinanderliegende Abbiegungen hat und diese NICHT erwartet, kann man schon mal übersehen, dass da noch was kam. Auch weiss die Datenbasis von Google manchmal nicht so genau was eine Abbiegung und was nur eine Kurve ist. In Österreich z.B. hat das System mir jede Serpentine auf einer Bergstrecke als Abbiegung angezeigt. Das war kein Problem, weil man ja eh nirgendwo sonst lang fahren konnte. Blöder ist, dass es manchmal eine abknickende Vorfahrt als Abbiegung anzeigt und manchmal nicht.
Fazit
Das Beeline ersetzt auf keinen Fall ein „Voll-Navi“ mit rundum Glücklich Service. Wer also nur Trottelnavigation gewöhnt ist und schon mal seinem Navi in den Fluss oder den Wald gefolgt ist, der wird damit nicht glücklich. Wer hingegen im Grossen Ganzen weiss wo er hin muss, dem kann das Beeline eine tolle Unterstützung sein. Für Leute wie mich, die lieber hundert mal anhalten um auf eine Karte oder das Handy zu schauen als sich ihr Bike mit so einem hässlichen Navi zu verschandeln ist es eine tolle Option!
Einen Punkt sollte man auf jeden Fall bedenken: Das Navi ist anders als ein klassisches Navi nicht autark. Es braucht aufgrund seiner Nutzung von Google Maps als Database eine Datenverbindung. Der Vorteil wiederum ist, dass man keine Kartensätze teuer dazu kaufen oder updaten muss. In Europa bieten ja mittlerweile eigentlich alle Mobilfunkanbieter Datenroaming ohne Zusatzkosten, von daher ist das eigentlich kein Problem. In abgelegenen Gegenden könnte es evtl. zu Problemen mit der Abdeckung kommen, ich hatte das Problem noch nicht. Ich habe leider versäumt mal zu schauen, wieviel Daten beim Betrieb gesaugt werden. Was ich weiss, ist das die Beeline App, obwohl sie die Google Maps Database verwendet, deutlich weniger Akkuleistung frisst als die Google Maps App! Die hat mir das Handy immer sehr schnell leergesaugt, das Beeline gar nicht.
Ich hoffe das war für den einen oder anderen interessant. Auf YouTube gibt´s ansonsten noch etliche Erfahrungsberichte.
Ciao
Kwik
31 Antworten
Danke Kwik
deine Mühe ist einen Kommentar wert.
Deine Beschreibung spricht mich an und deckt sich mit meiner Erfahrung als Kartenfahrer der einem Newbie Beelinefaher drei Tage lang hinterher gefahren ist.
Echt beeindruckend, das kleine Ding.
Einzig der mögliche Datenverbrauch auf einer zweiwöchigen Seealpentour ist ein echter Unsicherheitsfaktor.
Guten Morgen,
danke für die zahlreichen Erfahrungen, hier noch einmal mein aktueller Beitrag:
1. Nach anfänglicher Begeisterung ist diese inzwischen ziemlich abgekühlt, davon abgesehen, dass die Anzeigen o.k. und ausreichend sind, ist es doch so, dass ich mein Smartphone sowieso immer, mehr oder weniger geladen, bei mir habe, wenn ein Navi benötigt wird, ist es dank SP connect schnell drauf, ab IPhone 11, glaub ich, ist das IPhone auch mehr oder weniger wetterfest, ich habe von SP eine Wetterschutzhülle für den Fall der Fälle, das Beeline ist ständig leer, weil, wie ich schon bemängelt hatte, eine Ladehalterung zur permanenten Stromversorgung am Bike immer noch nicht verfügbar ist.
2. Ich stimme einem der Vorredner zu: zur Eisdiele brauch ich kein Navi, für die lange tour ins Unbekannte ist die Anzeige doch sehr minimalistisch. Da liefert das Motorrad Navi von Garmin oder TomTom. bzw. das Smartphone mit genügend Datenvoulumen dann doch bessere Informationen.
Fazit: Das Ding liegt seit zwei Monaten bei mir in der Schublade und kommt nicht mehr zum Einsatz.
Zum Thema SP connect, dass auch einer meiner Vorredner aufgegriffen hatte:
1. auch ich will hier keine Werbung machen.
2. Ich fahre seit gefühlt 100 Jahren Motorrad, habe immer Mehrere, alles Harley's mit sehr rauhem Lauf, und habe viele Systeme ausprobiert. SP, das ist das wichtigste, hält immer und zuverlässig das Mobilgerät am Bike! Das "Anti-vibrations" Zubehör dämpft zuverlässig das Harley Gerödel, das Display ist auch bei niedrigen Drehzahlen ablesbar. Wie bei allen Systemen, gibt es auch hier natürlich einen Nachteil: Das kabellose Laden mit Magsafe geht mit dieser Hülle nicht, d.h. die kabellose Familienladestation geht nur, wenn man die Hülle abbaut. Inzwischen habe ich auch unsere andern Fahrzeuge (Autos, boot, Fahrrad) mit den entsprechenden Haltern ausgerüstet, so dass ich immer schnell das Smartphone überall anbauen kann. Sehr praktisch.
3. SP connect gibt es bei Louis Motorradzubehör... Gruß M