Fahrerflucht oder Sachschaden? Wie ist eure Meinung?
Hallo ihr lieben,
ich habe eine Frage. Die ist an sich völlig unabhängig davon welches Fahrzeug man fährt. Mich interessiert aber eure Meinung/Einschätzung.
Mir steht ein Einspruchsverfahren bevor. Vorgeworfen wurde mir Fahrerflucht.
Folgendes ist passiert. Ich parkte mein Auto bei mir zu Hause (Miethaus mit drei Parteien). Nachdem ich mein Auto abgestellt hatte, haben mein Ex und ich das Auto entladen. Während er Dinge aus dem Kofferraum holte, habe ich unsere schlafende Tochter (Rücksitz hinter dem Fahrer) "entladen". Sie war zu dem Zeitpunkt noch ein Säugling und lag in der Babyschale. So musste ich vor dem entladen zuerst den Gurt lösen und den Tragegriff der Schale nach oben stellen. Ich hob die Schale dann aus dem Auto, schloss die Tür und schloss das Auto ab. Mein Ex und ich sind dann gemeinsam in meine Wohnung. Während ich mich um die kleine kümmerte ging mein Ex mit dem Hund runter. Unten wurde er dann von einem Nachbarn angesprochen mit dem Hinweis ich hätte einen Unfall verursacht. Er war auch am Auto schauen, konnte aber wegen der schlechten Lichtverhältnisse (Ende Oktober, abends um ca 21 Uhr, keine Straßenbeleuchtung) nichts von einem Schaden erkennen.
Er meinte der Nachbar verlangt das ich nach unten zu kommen habe, ich fragte ihn ob er denn was von einem Unfall mitbekommen hatte, er meinte nein. Ich meinte dazu, was wir uns da jetzt im dunklen anschauen sollen, ich wohne dort und es machte nach meiner Meinung mehr Sinn sich das am nächsten Vormittag anzuschauen. Ich habe dann weiter gemacht und bin duschen. Nach dem Duschen meinte mein Ex es hätte jemand an der Tür geklopft. Er hat aber nicht geöffnet. Kurz drauf standen zwei Polizeibeamte vor meiner Tür. Personalien aufnehmen. Haben die beiden gemacht. Ich fragte den Beamten ob er mir jetzt Fahrerflucht unterstellen will. Er nickte und ich war baff. Baff nur weil ich zwei Jahre zuvor einen Fuchs mitgenommen hatte und keine polizei kam, und vor 5 Jahren auch keine polizei kam als eine Kollegin auf einem Privatparkplatz mein Auto berührte.
Schaden am nächsten Tag meiner Versicherung gemeldet. Am nächsten Morgen auch den Schaden begutachtet. Da war ein hauchzarter Kratzer im Klarlack. So zart, den konnte ich nicht mal per Foto festhalten. Gutachter hat sich meine Versicherung gespart, wegen dem geringen Schaden.
Verhandlung ein Jahr später. Zeuge behauptete einen lauten Knall gehört zu haben. Gegenüber der Polizei behauptete der Zeuge er hätte mich noch auf dem Parkplatz angesprochen, bei der Vernehmung hieß es er hatte mich nicht angesprochen. Er sah mehr Personen aus meinem Auto aussteigen die real anwesend waren. Mein Zeuge (Ex) wurde gar nicht erst vorgeladen. Staatsanwaltschaft erklärte, das wäre unnötig weil der Zeuge eh befangen wäre 😮
Polizeibeamte konnte natürlich nur den Bericht ablesen und sich an nichts mehr erinnern.
Ein Antrag meines Anwalts, meinen Zeugen anzuhören und dafür die Verhandlung zu unterbrechen, wurde abgelehnt.
Verurteilung: 2.400€ Geldstrafe und zwei Monate Fahrverbot (mit der Begründung im Januar 2017 hatte ich einen Punkt und 100€ zahlen dürfen weil ich ein Smartphone in der Hand hielt. Das Fahrverbot soll mir die Möglichkeit geben über mein Verhalten im Straßenverkehr nachzudenken. Ansonsten keine Punkte oder sonst was).
Laut Versicherung war das ein Bagatellschaden. Ich habe von Anfang an gesagt ich habe es nicht mitbekommen, kann es natürlich nicht ausschließen, das die Tür weiter auf ging beim reinbeugen um den Gurt zu lösen und dabei das andere Fahrzeug berührt hat. Der schaden lag bei 140€. Geschädigte hat das fiktiv abrechnen lassen und der Richterin erzählt er musste das nicht reparieren lassen, polieren hat gereicht und er wäre auf seinen Anwaltskosten sitzen geblieben.
Es gab nie eine Korrespondenz mit einem Anwalt, wenn dann hätte die Versicherung die Kosten übernommen.
Sorry für den Roman. Wie seht ihr das? Ist das Sachbeschädigung oder Fahrerflucht?
Mein Anwalt sagt das darf sich das Gericht aussuchen wie die das sehen.
Habt ihr iwelche Tipps, Tricks oder kennt Paragraphen die meine "Unschuld" unterstreichen können?
Beste Antwort im Thema
Berufungsverfahren gewonnen. Ich wurde freigesprochen.
19 Antworten
Kenne schon 2 solcher Fälle mit ähnlichen Begründungen wie Deine. Da scheint die Justiz knallhart. Wenn Du Dich vom „Unfallort“ entfernst, hast Du schlechte Karten.
Wenn mit Deinem Anwalt allerdings Verfahrensfehler vorliegen, könntest Du evtl. etwas erreichen. Ob Dir das weitere Anwaltskosten wert ist, musst Du selbst einschätzen. Aber ich denke in Deutschland raubst Du besser eine Bank aus, dann wirst Du weniger bestraft...
Naja, ist es denn ein Verfahrensfehler wenn die Justiz einen Zeugen ablehnt mit der Begründung der ist eh befangen? Oder die Staatsanwaltschaft es überhaupt nicht gejuckt hat das die Zeugen sich alle widersprochen hatten? Problem ist, denke ich, Fahrerflucht ist in den Paragraphen schwammig ausgedrückt. Oft steht da was von fließender Verkehr oder beim ein- und ausparken. Viele sagen das ist doch eher Sachbeschädigung weil das Auto gar nicht mehr lief und bereits abgestellt war.
Ich weiß das das sehr teuer für mich wird. Ich habe aber keine andere Wahl. Ich bin alleinerziehende Mama und habe zwei Jobs. Selbst zwei Monate Fahrverbot würde bedeuten gar kein Job mehr und Harzt 4. Überstunden aufbauen ist auch nicht möglich wegen Gehaltsbasis.
Finde es einfach unmöglich ohne Gutachten und zeugen die plötzlich was anderes aussagen.
Grundsätzlich sind die Ermittlungsbehörden angewiesen. "in alle Richtungen" zu ermitteln. Das beinhaltet also nicht nur das Sammeln belastender Merkmale (Indizien, Fakten, Aussagen), sondern auch entlastender Merkmale.
Die Wertung obliegt nicht dem Staatsanwalt, sondern dem Gericht.
Das war die Theorie.
In der Praxis stehen Deine Chancen auf eine Anerkennung eines Verfahrensfehlers auf sehr dünnen Beinen.
Du erwartest hier eine seriöse Rechtsberatung? Das hier ist ein Autoforum und kein Rechtsforum. Meinungen zählen bei justiziellen Bewertungen nicht. Wenn du aber so fragst: Ganz klar Fahrerflucht! Und ich hätte dich auch angezeigt. Mir stinkt es nämlich gewaltig, dass ich schon häufig auf Parkplätzen mein Auto mit Schäden wiederfand, aber der A.... von Verursacher einfach weg war.
Zitat:
@mkfdfk schrieb am 21. September 2019 um 23:09:31 Uhr:
Er meinte der Nachbar verlangt das ich nach unten zu kommen habe, ich fragte ihn ob er denn was von einem Unfall mitbekommen hatte, er meinte nein. Ich meinte dazu, was wir uns da jetzt im dunklen anschauen sollen, ich wohne dort und es machte nach meiner Meinung mehr Sinn sich das am nächsten Vormittag anzuschauen. Ich habe dann weiter gemacht und bin duschen...
Naja, Prioritäten setzen und Verantwortung übernehmen sieht halt anders aus.
Hätte doch ganz anders laufen können...
Wie soll denn z.B. der Geschädigte einen Schaden am nächsten Tag noch nachweisen...
Aber bestimmt haben alle Seiten was gelernt daraus.
Zitat:
@mkfdfk schrieb am 21. September 2019 um 23:09:31 Uhr:
Mir steht ein Einspruchsverfahren bevor. Vorgeworfen wurde mir Fahrerflucht.
Meiner Kenntnis nach gibt es kein gerichtliches "Einspruchverfahren". Ein Einspruch- manchmal auch Widerspruchsverfahren richtet sich gegen einen behördlichen Verwaltungsakt (z.B. einen Steuerbescheid).
Du befindest Dich jedoch in einer strafrechtlichen Sache. Gegen ein Urteil kann, je nach Entscheid des Gerichts, Berufung oder Revision eingelegt werden.
Im Falle der Berufung wird das Verfahren sachlich neu durchgeführt. Bei einem Revisionsverfahren wird lediglich der Ablauf des Verfahrens auf Formfehler überprüft. Die Sache wird hingegen ignoriert.
Und es heisst schon lange nicht mehr Fahrerflucht...ist nämlich diskriminierend. Es lautet "Unfallflucht" weil sich von Zeit zu Zeit auch mal Frauen, also FahrerINNEN, unerlaubt vom Unfallort entfernen und somit ggf. die Ermittlungen erschweren 😉
Ich würde evtl. bei einem anderen Anwalt vorsprechen und eine 2. professionelle Meinung einholen. Von dieser wiederum würde ich die weiteren Schritte abhängig machen.
Zitat:
@OlliBe. schrieb am 22. September 2019 um 13:25:19 Uhr:
Du erwartest hier eine seriöse Rechtsberatung? Das hier ist ein Autoforum und kein Rechtsforum. Meinungen zählen bei justiziellen Bewertungen nicht. Wenn du aber so fragst: Ganz klar Fahrerflucht! Und ich hätte dich auch angezeigt. Mir stinkt es nämlich gewaltig, dass ich schon häufig auf Parkplätzen mein Auto mit Schäden wiederfand, aber der A.... von Verursacher einfach weg war.
Ich erwarte keine Rechtsberatung, wo steht das bitte? Ich Frage nach Meinungen.
Ich war auch schon Opfer einer Fahrerflucht. In dem Fall war die ganze Fahrerseite rot und ich blieb auf dem schaden sitzen.
Es gibt aber einen riesen Unterschied zwischen Unfall verursachen, mit offensichtlichem Schaden und dann bewusst "flüchten" in der Hoffnung keiner hat was mitbekommen und sieht den Geschädigten nie wieder, und Unfall verursachen mit einem Schaden von 140€ wo niemand am Auto etwas mitbekommen hat und der Geschädigte durch polieren den Kratzer im Klarlack selbst beseitigen konnte UND der Verursacher "in seine Wohnung flüchtet".
Vielleicht sollte man nicht alle über einen Kamm ziehen?!
Zitat:
@laserlock schrieb am 22. September 2019 um 20:48:32 Uhr:
Zitat:
@mkfdfk schrieb am 21. September 2019 um 23:09:31 Uhr:
Mir steht ein Einspruchsverfahren bevor. Vorgeworfen wurde mir Fahrerflucht.Meiner Kenntnis nach gibt es kein gerichtliches "Einspruchverfahren". Ein Einspruch- manchmal auch Widerspruchsverfahren richtet sich gegen einen behördlichen Verwaltungsakt (z.B. einen Steuerbescheid).
Du befindest Dich jedoch in einer strafrechtlichen Sache. Gegen ein Urteil kann, je nach Entscheid des Gerichts, Berufung oder Revision eingelegt werden.
Im Falle der Berufung wird das Verfahren sachlich neu durchgeführt. Bei einem Revisionsverfahren wird lediglich der Ablauf des Verfahrens auf Formfehler überprüft. Die Sache wird hingegen ignoriert.
Und es heisst schon lange nicht mehr Fahrerflucht...ist nämlich diskriminierend. Es lautet "Unfallflucht" weil sich von Zeit zu Zeit auch mal Frauen, also FahrerINNEN, unerlaubt vom Unfallort entfernen und somit ggf. die Ermittlungen erschweren 😉
Ich würde evtl. bei einem anderen Anwalt vorsprechen und eine 2. professionelle Meinung einholen. Von dieser wiederum würde ich die weiteren Schritte abhängig machen.
Entschuldige, ich meine Berufung.
Ich habe bereits andere Meinungen eingeholt. Der eine sagt das ist Sachbeschädigung weil das Fahrzeug bereits abgestellt war und der Motor nicht lief. Der andere sagt man muss mir die "Unfallflucht" nachweisen was i.d.R. mit einem Gutachten erfolgt.
Gutachten war der Versicherung aber zu teuer weil der schaden gering war. So wurde nur nur nach "hätte wäre könnte" verurteilt.
Zitat:
@mkfdfk schrieb am 27. September 2019 um 09:12:03 Uhr:
... UND der Verursacher "in seine Wohnung flüchtet".
Vielleicht sollte man nicht alle über einen Kamm ziehen?!
Ob Du in Deine Wohnung oder auf den Mond flüchtest, ist rechtlich irrelevant.
herzlichen Glückwunsch!
Erstaunlich!
Nö.
Das Berufungsgericht hat nur seinen Job richtig gemacht und belastende und entlastende Indizien und Beweise entsprechend gewichtet und ist dann auch dem alten römischen Grundsatz "in dubio pro reo" gefolgt.
Amtsgerichte fällen gerade im Bereich Straßenverkehr oft genug Hau-Ruck-Entscheidungen ohne tiefergehende Würdigung der Umstände des Einzelfalls.
Von den Foren-Fachjuristen wurde auch übersehen, dass Unfallflucht ein Delikt ist, das auch einen Vorsatz beinhaltet. (Auch wenn dieser i.d.R. sehr kurzfristig gefasst wird.)
Zitat:
@laserlock schrieb am 30. September 2019 um 21:01:26 Uhr:
herzlichen Glückwunsch!
Dankeschön