Brennraumtemperaturen unter E85 (für Theoretiker)
Ich hab mir nochmal ein paar Gedanken zum Thema Brennraumtemperaturen im E85-Betrieb gemacht:
Folgendes Szenario:
Ein Standart 4-Zylinder Saugmotor, indirekteinspritzer, ohne Turbo, Kompressor oder Selbstaufladung. Lambda 1 soll gehalten werden.
Wird dieser Motor nun mit E85 statt Benzin betrieben, muss (auf welchem Weg auch immer) mehr Kraftstoff eingespritzt werden (egal jetzt, ob 35% oder 45%).
Wird Lambda 1 gehalten, sollte sich die Verbrennungstemperatur nicht erhöhen,oder?
Unter E85 kommt aber mehr Kraftstoff zum Einsatz als unter Benzin, müsste dann nicht ,durch die größere Verdunstungskälte, eine niedrigere Ausgangstemperatur vor der Zündung vorliegen?
Und wenn die Verbrennungtemperatur gleich ist, so müsste doch die Verbrennungsendtemperatur niedriger sein, als unter Benzin.
Also geringere Brennraumtemperatur unter E85???
Oder hab ich was übersehen?
Beste Antwort im Thema
@Pustefix
Ich hab eine gewagte Theorie zum Thema "LPG brennt heisser" und die ist vermutlich haltbar.
Sagt der Umrüster "Temperatur identisch, Ventilsitze gasfest, alles kein Thema" und es passiert was, dann ist der Umrüster aus Sicht des Kunden schuld. Sagt er "es brennt etwas heisser, bitte nicht so heizen" und der Kunde kommt nach nem Jahr mit verbrannten Ventilen oder völlig verdengelten Ventilsitzen, dann heisst es "ich hab Ihnen doch gesagt nicht so schnell!!1". Auf die Idee "Umrüster hat Mist gebaut" kommt der Kunde mangels Fachkenntnis nicht.
Mir ist keine Messung bei korrektem Lambda bekannt, bei der LPG heißer verbrennt wie Benzin. Das heisst nicht, dass es die nicht geben kann - aber bisher war JEDE Quelle der Ansicht, wenns Lambda passt, dann passt auch die Temperatur. Die Flammtemperaturen sind eben sehr identisch.
Davon ab sind z.B. Abgasthermometer erfunden worden, kosten 80-150 Euro in der Bucht. Seit Euro 4 mit Breitband-sowie Sprungsonde lassen sich die Wagen zudem einfacher abstimmen - die Fuel Trim Werte per OBD ausgelesen und gut ist, Breitband-Lambdas (sofern verbaut) funktionieren auch im Volllastbereich. Wenns der Umrüster nicht macht, Scangauge II kostet mit 150 Euro nicht die Welt und dann wird der eben so lange getreten, bis die Fuel Trims passen und die Arbeit sauber abgeschlossen ist.
Bei Alkohol würd ich das ähnlich halten - Fuel Trims beobachten, wenns Lambda stimmt dann ist alles im Lot. Das Thema steht übrigens im nächsten Frühling an, dann kommt in meinen Dicken Exx als Startbenzin. Und vorher werde ich GANZ sicher Scangauge II haben um die Fuel Trims im Auge zu haben und nicht ungewollt meine (sequenzielle) Gasanlage mit zu verstellen. Umschaltbare Kennfelder für Normalbenzin, Gas und Ethanol (eigene Fuel Trim Werte, z.B. Drehzahllimit bei Alkohol wenn die Einspritzdauer ohne neue Düsen/Druckregler nicht reicht) gibts leider nicht.
148 Antworten
@Kung Fu
Zitat:
Was war nochmal mit der Einspritzmenge? Oder der anderen "Verdunstungskälte" (bin zu faul das Fachwort zu googeln) von E85?
Also doch die "Verdampfungskälte" und die Einspritzmenge.
Richtig?
Es ist kein Wasser im E85 (nach Din), es entsteht aber mehr Wasser bei der Verbrennung.
Richtig?
Da muss es doch irgendwo ne einfache Antwort geben.😉
Es entsteht kein Wasser sondern Wasserdampf als Abgas bei der Verbrennung - so wie auch bei der normalen Benzinverbrennung. Kühlwirkung gibts aber nur, wenn eine Flüssigkeit verdampft.
Und die Verdampfungskälte ist fürn Arsch ums direkt zu sagen.
Verdampfungswärme Alkohol: 42 kJ/Mol
Verbrennungswärme Alkohol: 1368 kJ/mol
Macht 3% Unterschied ob das Ding als Flüssigkeit verbrannt wird oder vorverdampft. Relativ zu anderen Kraftstoffen ists viel, aber absolut gesehen wenig. Etwas Anfettung und damit "Ballastgas" senkt weit mehr.
Ja, klar als Dampf!!!
(siehe vorangegangene Beiträge)
Zitat:
so wie auch bei der normalen Benzinverbrennung.
Nö, nach der hier oft zitierten Formel, müsste bei E85 mehr Wasser (ja, als Dampf) entstehen, als bei Benzin.
Aber egal, also du bist der Meinung, die niedrigre Brennraumtemperatur folge aus der größeren "Verdunstungskälte" und der höheren Einspritzmenge?
Klingt logisch!
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Es entsteht mehr Wasserdampf aber mit einer Temperatur von 2000 Grad. Wie soll er damit was kühlen.
Ja man muß schon genau rechnen, -60K unterm Strich klingt nicht viel, allerdings wird bei realen Motoren die Materialbelastung auch ziemlich scharf an die Grenze getrieben.
Deswegen hatte ich die "Wassertheorie" ja auch beerdigt.
2000 bzw. bis zu 2600Grad sind die Brennraumspitzentemperaturen. Also das absolute Max dieser Verbrennung. Mit ordentlich Wasser drinn würde man die eh nicht erreichen.
Naja, beim Material waren wir ja nicht. So 800Grad sollten normale Auslassventile beim Otto schon ne Weile aushalten.
Also -60Kelvin unter E85. Ist doch mal ne Aussage!🙂
Zitat:
Original geschrieben von GaryK
Und die Verdampfungskälte ist fürn Arsch ums direkt zu sagen.
Die Anfangstheorie war eigentlich mal gewesen, dass das Ethanol vor der Verbrennung gasförmig wird und so das Gemisch runterkühlt.
Wenn wir von einem funtionierenden Motor (inkl. Einspritzsystem) aus gehen, sollte der Kraftstoff schon vor Zündung vergast sein.
Sollte der Kraftstoff zum Zündzeitpunkt noch flüssig sein, wird das Ding eh nicht laufen.
Daraus folgte die Theorie, dass die stärkere "Verdunstungskälte" in Verbindung mit der größeren Einspritzmenge (um Lambda1 zu halten) zu einer Absenkung der anfänglichen Brennraumtemperatur führen könnte.
Danach kam das Wasser ins Spiel, aber das scheint ja nun wiederlegt.
Also "Verdunstungskälte" + Einspritzmenge?
Oder hat jemand noch ne Idee?
O.T.:
Ich find´s klasse, wie viele sich an diesem doch recht theoretischen und noch dazu absolut praxisfernen Thema beteiligen.
Für mich ist das Wasser nicht wiederlegt. Wo nimmts denn die 2000°C her? Die Energie kommt aus der Verbrennung und wird abgeführt, oder?
Ob 2000 oder 3000 grad ist doch egal. Jedenfalls sind die Verbrennungsprodukte bei ihrer Entstehung annähernd so heiß wie die Verbrennung selbst - nehm ich mal laienhaft aber doch stark an.
Je länger die Gase im Brennraum bleiben, umso heißer wird er. Also das Gegenteil von Kühlung.
Schau nach "Adiabater Flammtemperatur". Für die meisten Brennstoffe in Luft liegt diese bei etwa 1950°C. Den größten "Hebel" hast du mit dem Kraftstoff/Luftverhältnis. Bei etwa 0.85 hast du meist maximale Leistung, bei etwa 1.07 den minimalen Verbrauch. Der Kat arbeitet nur bei 1.0.
Zitat:
Original geschrieben von saturn78
Wenn wir von einem funtionierenden Motor (inkl. Einspritzsystem) aus gehen, sollte der Kraftstoff schon vor Zündung vergast sein.
NÖ. Lies mal was zum Thema Einspritzventile. Da steht was von "Tröpfchengrösse". Bei Vergasern wird auch nur zersteubt... Da die Temp. Ethanol/Benzin doch weit weit auseinanderliegen.
Ja, klar die Düsen/Ventile zerstäuben.
Aber nach:
Gemischbildung (Verwirbelung mit der Ansaugluft),
Ansaugen (in den heißen Zylinder, weitere Verwirbelung) und
Verdichtung (noch heißer, Verwirbelung unter Druck), sollte eigendlich nix Flüssiges mehr übrig sein.
Sonst stimmt etwas ganz fundamental nicht.
doch, es ist nach wie vor was flüssiges. Es ist nur so klein, dass es der Tropfen schafft von außen nach innen abzubrennen. Wenn das vollständig und homogen verdampfen würde, dann könnte der Schichtlademotor (die ersten FSIs oder Mitsubishis GDIs) nicht funktionieren. Weiterhin wären dann die Stickoxide eines Gasmotors nicht kleiner als die eines Benziners - die NOxe kommen zum Teil aus der inhomogenen Kraftstoffverteilung. Außerhalb der Tröpfchen eher mager, in der Nähe der Tropfen eher fett. Was für mehr CO und NOx sorgt als eigentlich zu erwarten wäre.
Übrigens steigt der Siedepunkt einer Flüssigkeit bei höherem Druck an, zudem kühlen Tropfen beim Verdampfen aus. Dem entgegen steht die Oberflächenenergie, die sorgt bei ganz kleinen Tropfen dafür, dass die leichter verdampfen. An der Gemischbildung nebst Verbrennung ist etwa ein halbes Dutzend physikalischer Effekte beteiligt, trivial ist was anderes 😉