BMW E92 335d, ein völlig subjektiver Bericht nach 2 Jahren
So, mein 335d Coupé, Bj 09/2007 befindet sich nun seit zwei Jahren in meinem Besitz. Dabei haben wir mehr als 40tdkm, hauptsächlich auf der A7, gemeisam bereist.
Was kann man über den E92 sagen? Dieses Fahrzeug stimmt mich traurig, ziemlich sogar.
Der geneigte Leser mag nun Verwundert sein, warum der Wagen ausgerechnet Trauer als emotionalen Schwerpunkt auslöst. Doch dazu später.
Der 335d drückt bei mir einfach exakt die richtigen Köpfe, spricht die richtigen Sinne an. Aber beginnen wir von vorne, versuchen wir Ordnung in eine Liebeserklärung zu bringen.
Das Design
Der Dreier ist in seiner Coupéform für mich die Definition von klassischem Design. Formal passt einfach alles: Die kurzen Überhänge, die lange Motorhaube, das knackige Heck. Nahezu alle großen Klassiker bedienen sich dieser Zutaten und das aus gutem Grund. Sie implizieren Kraft, Fokussiertheit und Eleganz. Der E92 trifft dies, meiner bescheidenen Meinung nach, perfekt. Darüber hinaus erreichten die Designer diese Leistung ohne billige Hilfsmittel, ohne Chromkühlerschlünde und LED Glitter, welcher wie Botoxinjektionen und riesige Silikonbrüste nach kurzem Beeindrucken einen faden Nachgeschmack des Modischen und Künstlichen hinterlässt. Der BMW hat nichts dergleichen, sondern einfach nur in sich stimmiges und ruhiges Design. Nahezu jeder Enthusiast sagte mir offen oder hinter vorgehaltener Hand (Hallo A5 Fahrer 😁), dass dieser Wagen das Gefühl hinterlässt, einfach "richtig" zu sein. Nichts scheint affektiert und aufgesetzt, sondern alles integrale Bestandteile eines Ganzen. Highlight sind für mich jedoch neben der klassischen Form die halogen Leuchtringe. Entgegen der weitläufigen Meinung empfinde ich das kalte Licht des Facelifts und moderner BMW als weitaus weniger harmonisch als das warme, gelbliche Licht welches wachsame Augen suggeriert. Insgesamt ist die Front keine, wie heute nur zu oft gewünscht, aggressive Fratze, sondern scheint einem Sportler nachempfunden, welcher mit hellwachem Blick ein verschmitztes "Bring-it-on" Lächeln auf den Lippen hat. Zweites Highlight ist der bombastische Heckabschluss, welcher als 35 mit der doppelflutigen Auspuffanlage und den breiten Heckleuchten unbändige Kraft für mich ausstrahlt. Als Fazit ist es ein stilles Designmonument in einer Zeit der modischen Marktschreier, welches für mich folgende Botschaft ausstrahlt: "Ich könnte, wenn ich wollte, muss aber gar nichts".
Antrieb
Oh, wie nahe Leiden und Genuß zusammen liegen. Der M57 ist ein Wunderwerk der Technik. Ein Motor der vor Kraft nur strotzt und das bei einem wirklich asketischen Trinkgebaren. Zwischen 7.2 und 9 Litern war mein Durchschnittsverbrauch, die meiste Zeit südlich der 8.4 Liter. Für die mächtigen Fahrleistungen eine echte Ansage. Gekoppelt an die hervorragenden Manieren und die exzellente Laufruhe fiel es bereits so manchem Fahrgast schwer, das Verbrennungsprinzip mit geschlossenen Fenstern zu identifizieren. Andererseits ist der 35d gänzlich anders, als von mir erwartet. Wer jemals einen 1.9 TDI mit seinem kurzen, brutalen Drehmomentschüben kennen gelernt hat, wird von den 580 Newtonmetern wirklich erderschütternde Beschleunigung und rohe Gewalt erwarten. Dem ist nicht so. Völlig kultiviert und fast schon unspektakulär liefert das Aggregat seine Leistung, man muss es schon durch Tricks (DS, DTC, 2000 u/min und dann langsames Gasgeben bis zum Vollgas) dazu bewegen, seine wirkliche Eigenschaften zu verraten. Eine Metapher wäre ein Bodybuilder, welcher eine Ausbildung zum Butler an einer exzellenten britischen Schule genossen hat. Leistungswünsche werden diskret aber engültig bedient. In Verbindung mit dem exzellenten Automatikgetriebe kann dieses Verhalten jedoch etwas "unbefriedigend" wirken (Diverse Fahrer nannten es treffend das "Gummiband"😉. Man ist schnell, aber es fehlt der Pathos, das Drama. Das größte Problem des 35d ist jedoch nichts dergleichen, die Nemesis trägt den Namen N54/N55. Dieses Modell als Handschalter beitet eben jenes Drama, den grollenden Klang und den leichten Irrsinn, welcher von echten Enthusiasten gesucht wird. Richard Hammond sagte einst "Driving a Big Lambo is all About Pantomime, Drama. Take this away and you get... What exactly?". Einen V12 Lamborghini als Vergleich zu nehmen mag Größenwahnsinnig wirken, trifft es aber sehr gut. Der 35d ist phantastisch, aber verspielt mangels Handschaltung sein wahres Potential.
Erbe
Und nun kommen wir zu dem, was mich, wie eingangs genannt, so traurig stimmt. Die Klasse des 335d ist eine aussterbende Art. BMW macht seit einigen Jahren, meiner bescheidenen Meinung nach, alles Falsch. Bis auf den Sechser und Z4 gefällt mir momentan kein Fahrzeug der Marke wirklich. Der neue Dreier ist meiner Meinung nach eine Aberration der Hölle und das Vierer Coupé sieht nach viel Bling-Bling aus. Anstatt die absolut genialen reihensechszylindrigen Stilikonen zu pflegen und den Nimbus als besten Motorbauer der Welt zu kultivieren plant man dreizylindrige Frontantriebsminivans. Nun mag es nur mir so gehen, dass bei dieser Zusammenstellung das kalte Grausen aufkommt aber vielleicht bin ich ja auch ein automobiler Dinosaurier? Mich interessieren keine "In-Car-Apps" und sollte mein Auto mir jemals anbieten, die aktuellen "Tweets" vorzulesen, werde ich eine Fiskars Axt durch die Mittelkonsole jagen, versprochen. Für solche Spielereien habe ich den SQ5, welchen ich als emotionslosen aber nützlichen Dienstwagen angeschafft habe. Mein Herz liegt aber an einem ehrlichen, leichten und geradlinigen Sportgerät. Das Wort "Sportlich" ist einer der überdehntesten Begriff der modernen Marketing Machalla, aber es gibt die Sportlichkeit noch. Manche Autos haben 5 Fahrwerkssetups zu Wahl? Ich habe eins, welches passt. Der "Moderne" 2.0 Liter Turbo FSI im Gold VI GTI meines Cousins, braucht mehr als mein Dreiliter Reihensechser Biturbo, welcher den GTI wiederrum unangespitzt in den Boden stampfen würde, sollte mir denn dannach sein. Bitte BMW, wenn ihr das lest, dann baut einen Wagen mit vier Sitzen, zwei Türen, weniger als 1,5 Tonnen Gewicht, Schaltgetriebe, einer Hinterachssperre, einem Reihensechser und klassischem Design bei weniger als 10 Litern Durchschnittsverbrauch ohne IRGENDWELCHEN ADAPTIVEN MUMPITZ und weist die Händler an, jeden Kunden, welcher bei dem Modell nach "BMW-Apps" frägt, sofort vom Hof zu jagen.
My two cent 🙂
PS: Zur Technik: Alles läuft seit 2 Jahren wunderbar. Keine Beanstandungen bis auf das Klappergeräusch aus der Mittelkonsole vorne links.
Beste Antwort im Thema
So, mein 335d Coupé, Bj 09/2007 befindet sich nun seit zwei Jahren in meinem Besitz. Dabei haben wir mehr als 40tdkm, hauptsächlich auf der A7, gemeisam bereist.
Was kann man über den E92 sagen? Dieses Fahrzeug stimmt mich traurig, ziemlich sogar.
Der geneigte Leser mag nun Verwundert sein, warum der Wagen ausgerechnet Trauer als emotionalen Schwerpunkt auslöst. Doch dazu später.
Der 335d drückt bei mir einfach exakt die richtigen Köpfe, spricht die richtigen Sinne an. Aber beginnen wir von vorne, versuchen wir Ordnung in eine Liebeserklärung zu bringen.
Das Design
Der Dreier ist in seiner Coupéform für mich die Definition von klassischem Design. Formal passt einfach alles: Die kurzen Überhänge, die lange Motorhaube, das knackige Heck. Nahezu alle großen Klassiker bedienen sich dieser Zutaten und das aus gutem Grund. Sie implizieren Kraft, Fokussiertheit und Eleganz. Der E92 trifft dies, meiner bescheidenen Meinung nach, perfekt. Darüber hinaus erreichten die Designer diese Leistung ohne billige Hilfsmittel, ohne Chromkühlerschlünde und LED Glitter, welcher wie Botoxinjektionen und riesige Silikonbrüste nach kurzem Beeindrucken einen faden Nachgeschmack des Modischen und Künstlichen hinterlässt. Der BMW hat nichts dergleichen, sondern einfach nur in sich stimmiges und ruhiges Design. Nahezu jeder Enthusiast sagte mir offen oder hinter vorgehaltener Hand (Hallo A5 Fahrer 😁), dass dieser Wagen das Gefühl hinterlässt, einfach "richtig" zu sein. Nichts scheint affektiert und aufgesetzt, sondern alles integrale Bestandteile eines Ganzen. Highlight sind für mich jedoch neben der klassischen Form die halogen Leuchtringe. Entgegen der weitläufigen Meinung empfinde ich das kalte Licht des Facelifts und moderner BMW als weitaus weniger harmonisch als das warme, gelbliche Licht welches wachsame Augen suggeriert. Insgesamt ist die Front keine, wie heute nur zu oft gewünscht, aggressive Fratze, sondern scheint einem Sportler nachempfunden, welcher mit hellwachem Blick ein verschmitztes "Bring-it-on" Lächeln auf den Lippen hat. Zweites Highlight ist der bombastische Heckabschluss, welcher als 35 mit der doppelflutigen Auspuffanlage und den breiten Heckleuchten unbändige Kraft für mich ausstrahlt. Als Fazit ist es ein stilles Designmonument in einer Zeit der modischen Marktschreier, welches für mich folgende Botschaft ausstrahlt: "Ich könnte, wenn ich wollte, muss aber gar nichts".
Antrieb
Oh, wie nahe Leiden und Genuß zusammen liegen. Der M57 ist ein Wunderwerk der Technik. Ein Motor der vor Kraft nur strotzt und das bei einem wirklich asketischen Trinkgebaren. Zwischen 7.2 und 9 Litern war mein Durchschnittsverbrauch, die meiste Zeit südlich der 8.4 Liter. Für die mächtigen Fahrleistungen eine echte Ansage. Gekoppelt an die hervorragenden Manieren und die exzellente Laufruhe fiel es bereits so manchem Fahrgast schwer, das Verbrennungsprinzip mit geschlossenen Fenstern zu identifizieren. Andererseits ist der 35d gänzlich anders, als von mir erwartet. Wer jemals einen 1.9 TDI mit seinem kurzen, brutalen Drehmomentschüben kennen gelernt hat, wird von den 580 Newtonmetern wirklich erderschütternde Beschleunigung und rohe Gewalt erwarten. Dem ist nicht so. Völlig kultiviert und fast schon unspektakulär liefert das Aggregat seine Leistung, man muss es schon durch Tricks (DS, DTC, 2000 u/min und dann langsames Gasgeben bis zum Vollgas) dazu bewegen, seine wirkliche Eigenschaften zu verraten. Eine Metapher wäre ein Bodybuilder, welcher eine Ausbildung zum Butler an einer exzellenten britischen Schule genossen hat. Leistungswünsche werden diskret aber engültig bedient. In Verbindung mit dem exzellenten Automatikgetriebe kann dieses Verhalten jedoch etwas "unbefriedigend" wirken (Diverse Fahrer nannten es treffend das "Gummiband"😉. Man ist schnell, aber es fehlt der Pathos, das Drama. Das größte Problem des 35d ist jedoch nichts dergleichen, die Nemesis trägt den Namen N54/N55. Dieses Modell als Handschalter beitet eben jenes Drama, den grollenden Klang und den leichten Irrsinn, welcher von echten Enthusiasten gesucht wird. Richard Hammond sagte einst "Driving a Big Lambo is all About Pantomime, Drama. Take this away and you get... What exactly?". Einen V12 Lamborghini als Vergleich zu nehmen mag Größenwahnsinnig wirken, trifft es aber sehr gut. Der 35d ist phantastisch, aber verspielt mangels Handschaltung sein wahres Potential.
Erbe
Und nun kommen wir zu dem, was mich, wie eingangs genannt, so traurig stimmt. Die Klasse des 335d ist eine aussterbende Art. BMW macht seit einigen Jahren, meiner bescheidenen Meinung nach, alles Falsch. Bis auf den Sechser und Z4 gefällt mir momentan kein Fahrzeug der Marke wirklich. Der neue Dreier ist meiner Meinung nach eine Aberration der Hölle und das Vierer Coupé sieht nach viel Bling-Bling aus. Anstatt die absolut genialen reihensechszylindrigen Stilikonen zu pflegen und den Nimbus als besten Motorbauer der Welt zu kultivieren plant man dreizylindrige Frontantriebsminivans. Nun mag es nur mir so gehen, dass bei dieser Zusammenstellung das kalte Grausen aufkommt aber vielleicht bin ich ja auch ein automobiler Dinosaurier? Mich interessieren keine "In-Car-Apps" und sollte mein Auto mir jemals anbieten, die aktuellen "Tweets" vorzulesen, werde ich eine Fiskars Axt durch die Mittelkonsole jagen, versprochen. Für solche Spielereien habe ich den SQ5, welchen ich als emotionslosen aber nützlichen Dienstwagen angeschafft habe. Mein Herz liegt aber an einem ehrlichen, leichten und geradlinigen Sportgerät. Das Wort "Sportlich" ist einer der überdehntesten Begriff der modernen Marketing Machalla, aber es gibt die Sportlichkeit noch. Manche Autos haben 5 Fahrwerkssetups zu Wahl? Ich habe eins, welches passt. Der "Moderne" 2.0 Liter Turbo FSI im Gold VI GTI meines Cousins, braucht mehr als mein Dreiliter Reihensechser Biturbo, welcher den GTI wiederrum unangespitzt in den Boden stampfen würde, sollte mir denn dannach sein. Bitte BMW, wenn ihr das lest, dann baut einen Wagen mit vier Sitzen, zwei Türen, weniger als 1,5 Tonnen Gewicht, Schaltgetriebe, einer Hinterachssperre, einem Reihensechser und klassischem Design bei weniger als 10 Litern Durchschnittsverbrauch ohne IRGENDWELCHEN ADAPTIVEN MUMPITZ und weist die Händler an, jeden Kunden, welcher bei dem Modell nach "BMW-Apps" frägt, sofort vom Hof zu jagen.
My two cent 🙂
PS: Zur Technik: Alles läuft seit 2 Jahren wunderbar. Keine Beanstandungen bis auf das Klappergeräusch aus der Mittelkonsole vorne links.
36 Antworten
Zitat:
Original geschrieben von jwl1
..... und eine Sperre würde nicht schaden, aber da dürfen die nicht M-Fahrer wohl auch in Zukunft von träumen.
Sperren gibts doch zum Nachrüsten? 🙂
Also mir macht mein E92 auch Spaß. Auch wenn meine(r) recht Fehleranfällig und zickig ist 😁 😉
Dem 35d fehlt halt der Sound. Das ewige Leid des Diesels halt.
Ich fand den 335d bei der Probefahrt auch richtig gut. Der relativ niedrige Verbrauch in der Leistungsklasse und die dadurch ordentliche Reichweite machen das Fahrzeug auf jeden Fall interessant.
Als Reise-Autobahn-Kilometerfresser eine gute Wahl.
Ich suchte damals allerdings ein Fahrzeug, das hauptsächlich als Spaßauto dienen sollte. Bin dann e92 335i und e92 335d ausgiebig probegefahren. Beide Fahrzeug sind wirklich gut, keine Frage, aber als Spaßauto meiner Meinung nach nicht zu gebrauchen. Für den Alltag aber echt top.
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Seh ich auch so. Verbrauchstechnisch wirklich super. Spaß macht das Fahrzeug auch. Sound ist natürlich nicht gerade toll, aber das erwartet man bei einem Diesel ja auch nicht. Ich kann das Fahrzeug auch nur empfehlen. Klar, als Spaßauto ist der e92 natürlich eher nicht so der Hit, aber für den Alltag auf jeden Fall zu empfehlen.quote]
Original geschrieben von Matze1109_E36
Ich fand den 335d bei der Probefahrt auch richtig gut. Der relativ niedrige Verbrauch in der Leistungsklasse und die dadurch ordentliche Reichweite machen das Fahrzeug auf jeden Fall interessant.
Als Reise-Autobahn-Kilometerfresser eine gute Wahl.
Ich suchte damals allerdings ein Fahrzeug, das hauptsächlich als Spaßauto dienen sollte. Bin dann e92 335i und e92 335d ausgiebig probegefahren. Beide Fahrzeug sind wirklich gut, keine Frage, aber als Spaßauto meiner Meinung nach nicht zu gebrauchen. Für den Alltag aber echt top.
Der Bericht ist mir wie aus der Seele geschrieben..
trifft derart in's schwarze in ALLEN Belangen BMW betreffend..