Blitzer-App: Ahndung in der Praxis?

Hallo zusammen,

die gesetzliche Lage bezüglich der Blitzer-Apps auf dem Handy scheint ja nach wie vor nicht ganz eindeutig geklärt zu sein.

§ 23 Abs. 1c der Straßenverkehrsordnung sagt:

Wer ein Fahrzeug führt, darf ein technisches Gerät nicht betreiben oder betriebsbereit mitführen, das dafür bestimmt ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen oder zu stören. Das gilt insbesondere für Geräte zur Störung oder Anzeige von Geschwindigkeitsmessungen (Radarwarn- oder Laserstörgeräte).

Eine einschlägige Seite zu dem Thema schreibt aber auch:

Smartphones mit Auto-Apps sind normalerweise nicht als technisches Gerät anzusehen, das dafür bestimmt ist, Maßnahmen der Verkehrsüberwachung anzuzeigen. Autofahrer sollten trotzdem davon ausgehen, dass die Nutzung einer App als Blitzerwarner bzw. Radarwarner bei einer Polizeikontrolle zu Problemen führen könnte, denn eine letztinstanzliche Gerichtsentscheidung steht noch aus.

Kann jemand eventuell von praktischen Erlebnissen berichten? Sei zum Beispiel über eine Halterung in der Mittelkonsole die geöffnete Blitzer-App zu sehen oder während der Kontrolle gerade das akustische Signal zu hören sein.

Gibt das konsequent 75 Euro Bußgeld + einen Punkt in Flensburg oder wird das nicht derart strikt umgesetzt?

Bevor die Moralapostel kommen: Nein, ich wurde nicht erwischt und versuche nicht mich um eine Strafe zu drücken. Mich interessiert es einfach für die Zukunft.

Beste Antwort im Thema

Meines Erachtens und nach der Meinung mindestens zweier OLG-Senate besteht kein Zweifel daran, dass mit der Formulierung in § 23 Abs. I c) StVO der Betrieb von Smartphones mit Blitzer-Apps während der Fahrt verboten ist.

Bei Äußerungen auf "einschlägigen Webseiten" würde ich genau prüfen, auf welcher Fassung der StVO diese Meinung beruht, also zu welchem Zeitpunkt die Meinung verkündet wurde. Außerdem könnte es auch eine Rolle spielen, ob zu diesem Zeitpunkt die beiden OLG-Entscheidungen bereits gefallen waren. Vielleicht sind die Äußerungen auch einfach von unwissenden Quatschköpfen verfasst, wie es bei manchen Fragestellungen oft anzutreffen ist.

Spätestens seit diesen Gerichtsentscheidungen besteht kein Zweifel mehr, dass auch ein Toaster, der für die Anzeige oder Störung von Verkehrsüberwachungsmaßnahmen umfunktioniert wurde, dem Verbot unterfällt. Die Bestimmung des Gerätes kann durch den Fahrzeugführer selbst getroffen werden. Wenn er dazu sein Handy, Tablett, ein Autoradio oder eben einen Toaster so ausstattet, dass Verkehrsüberwachungsmaßnahmen angezeigt werden können, dann ist dieses Gerät dazu bestimmt. Ein solches Gerät darf er während des Führens eines Fahrzugs nicht betriebsbereit mitführen oder gar betreiben. Deshalb ist es nach meiner Meinung auch egal, ob der Beifahrer den umfunktionierten Toster hält oder betriebsbereit mitführt. Es bleibt illegal.

Es ist wömoglich eine Frage der Zurechenbarkeit, wenn der Fahrzeugführer von diesem Umstand nichts weiß bzw. ihm nicht bewiesen werden kann, dass er davon wusste, dass der Beifahrer ein Geschwindigkeitswarngerät betrieb oder betriebsbereit mitführte. Wenn das Ding aber aktiviert ist, fällt dieser Nachweis nicht ganz so schwer wie wenn es nur betriebsbereit in Nachbars Handtasche steckt. Das dürfte allerdings nicht die typische Situation sein, in der ein Fahrzeugführer erwischt wird.

Außerdem kann man sich darüber streiten, wo die Grenze des "betriebsbereiten Mitführens" verläuft. Handy mit nicht aktivierter App in der Tasche? Könnte man wohl schon so sehen. Da ist womöglich noch Graubereich. Allerdings, ebenso wie im vorigen Absatz, eine unwahrscheinliche Situation, dass jemand dabei "erwischt" wird. Um diese Fälle dürfte es kaum gehen.

Obergerichtliche Entscheidungen:
- http://...sprechung.niedersachsen.de/.../bsndprod.psml?...
- http://www.landesrecht-mv.de/.../bsmvprod.psml?...

Da unsere Ordnungshüter auch nur Menschen sind, ist unter ihnen die Auslegung der Vorschriften oft ebenso wenig genau bekannt, wie anderen gewöhnlichen Menschen. Das führt in der Praxis nach meiner Wahrnehmung jedenfalls häufig zu teils krassen Fehleinschätzungen über die Strafbarkeit* oder Ordnungswidrigkeit bestimmten Verhaltens. Oft haben die Ordnungshüter ja auch viel zu tun und scheren sich nicht um jede Kleinigkeit. Das müssen sie von Rechts wegen auch nicht tun (sog. Opportunitätsprinzip).

Weil sie die wesentlich offensichtlicheren, massenhaften Verstöße gegen § 23 Ia) StVO, nämlich das Telefonieren mit Handy in der Hand, ebensowenig verfolgen, schließe ich daraus, dass es um die Verfolgungsdichte bzgl. § 23 Ic) StVO nicht viel besser bestellt ist. Oder eher: noch viel schlechter.

*Hatte letztens eine zumindest fahrlässige (wenn nicht gar mit bedingtem Vorsatz begangene) Körperverletzung mit ärztlichem Gutachten als Nachweis für den "Taterfolg". Der Polizist, der die Strafanzeige aufnahm, war der Meinung, der Täter habe ja nicht absichtlich gehandelt und deshalb sei das nicht strafbar. Deshalb wollte er die Anzeige erst gar nicht aufnehmen. Darin äußerten sich gleich mehrere Verständnisfehler. Es ist auch keineswegs das einzige Beispiel, was mir einfällt...

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@Moddry: ich glaube (!), ja: Die Polizeit darf in diesem Zusammenhang nicht den Zugang zum Handy durchsetzen.

erst einmal ist es ein mobiltelefon. und bevor die polizei gezielt sucht, muss schon mehr als eine vermutung vorliegen.

peso

Gibt es eigentlich irgendwen der mehr als eine Vermutung dazu zu liefern hat?
So richtig mit Tatsachen und möglicherweise wie es zu einer Strafe gekommen ist, wie hoch diese war und was sonst noch die Frage des TE lösen könnte?
Oder alles an Antworten nur heisse Luft und internetwissen?

Moorteufelchen

Hallo!

Zitat:

@Moorteufelchen schrieb am 9. Januar 2020 um 18:38:35 Uhr:


Gibt es eigentlich irgendwen der mehr als eine Vermutung dazu zu liefern hat?
[...]
Oder alles an Antworten nur heisse Luft und internetwissen?

Womöglich verdeutlicht ja - trotz offenbar unter den Mitgliedern weit verbreiteter Nutzung dieser Apps - gerade das Fehlen einschlägiger Erfahrungen die Schwierigkeit der Feststellung und Ahndung derartiger Verstöße!?

Gruß
.SD

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@Moorteufelchen: Deinen Ordnungssinn in Ehren, aber auf die gestellten Fragen kann man streng genommen keine validen Antworten geben:

Zitat:

Kann jemand eventuell von praktischen Erlebnissen berichten? Sei zum Beispiel über eine Halterung in der Mittelkonsole die geöffnete Blitzer-App zu sehen oder während der Kontrolle gerade das akustische Signal zu hören sein.

Was soll man dazu sagen?

Und:

Zitat:

Gibt das konsequent 75 Euro Bußgeld + einen Punkt in Flensburg oder wird das nicht derart strikt umgesetzt?

Auch darauf kann man kaum vernünftig antworten, obwohl hier zumindest die Frage klar wird. Doch: ob Verstöße gegen § 23 Ic) StVO

konsequent

bestraft werden, setzte ja einen Abgleich zwischen der Anzahl festgetstellter Verstöße mit der Anzahl geahndeter Verstöße voraus. Eine solche Statistik gibt es leider nicht.

Deshalb könntest Du Dich durchaus mäßigen, wenn der Themenbereich mit Antworten erschlossen wird, die sich erkennbar ernsthaft um das Thema bemühen.

Vielen Dank.

die polizisten, die ich kenne, haben auch eine blitzer app in verwendung. man muss ja die besonders gefaehrlichen stellen kennen, da ja nur dort berechtigt gemessen wird. ich habe mal ein wenig recherchiert, es gibt eine software fuers navi, dort werden die festen und oft genutzten standorte angezeigt. ist mal eine ganz andere variante. seitdem die kommunen selbst blitzen duerfen handelt es sich um reine abzocke.

peso

Jedenfalls kann der Kontrollbeamte nicht fordern, das Mobiltelefon zu entsperren, bei der Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit scheidet ein Eingriff in das Fernmeldegeheimnis regelmäßig aus. Auch ein schon entsperrtes Telefon darf er nicht durchsuchen - rechtlich nicht einmal einen Blick auf den Startbildschirm werfen. Dazu wäre zumindest der Anfangsverdacht einer Straftat erforderlich... im Gegensatz du den "Oldschool" Blitzerwarnern, die auf einem Funkempfänger aufgebaut waren hilft da auch kein Rückgriff auf das Telekommunikationsgesetz...

@ TE
Welchen Hintergrund hat Deine Fragestellung ? Möchtest Du dich in Zukunft darum kümmern das das Gesetz besser umgesetzt wird, oder möchtest Du einen dein Gewissen erleichternden Freifahrschein erwirken ?

Die Umsetzung des Gesetzes ist schwer, deshalb halten sich die Ahndungen auch in Grenzen, es wird Ausnahmefälle geben in denen es zur Geldstrafe und zum Punkt kommt. Im Verhältnis zur Anzahl der Nutzer vermutlich im Promille-bereich. Es bleibt somit jedem offen wie er damit umgeht. Vernunft ist gefragt.

Aber ich denke das Dir und den Diskutanten auch so bekannt.

Zitat:

@Fellnasentaxi schrieb am 10. Januar 2020 um 01:03:11 Uhr:


Jedenfalls kann der Kontrollbeamte nicht fordern, das Mobiltelefon zu entsperren, bei der Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit scheidet ein Eingriff in das Fernmeldegeheimnis regelmäßig aus. Auch ein schon entsperrtes Telefon darf er nicht durchsuchen - rechtlich nicht einmal einen Blick auf den Startbildschirm werfen. Dazu wäre zumindest der Anfangsverdacht einer Straftat erforderlich... im Gegensatz du den "Oldschool" Blitzerwarnern, die auf einem Funkempfänger aufgebaut waren hilft da auch kein Rückgriff auf das Telekommunikationsgesetz...

Das musst Du aber belegen? Wenn die Rennleitung beispielsweise den konkreten Verdacht hat, kann sie m.E. das Telefon sicherstellen und eine richterliche Entscheidung herbeiführen. Wenn Du hier "rechtlich" aufführst, würde mich dieses "rechtlich" interessieren.

peso

Zitat:

Das musst Du aber belegen? Wenn die Rennleitung beispielsweise den konkreten Verdacht hat, kann sie m.E. das Telefon sicherstellen und eine richterliche Entscheidung herbeiführen.
peso

können Sie von mir aus machen (auch wenn ich dieses Szenario für höchst unwahrscheinlich halte).
Dann wird mein Handy nach der Sicherstellung per Fernzugriff von mir komplett gelöscht - ergo: A....karte für die "Ermittler" 😁

Zitat:

@olli4321 schrieb am 10. Januar 2020 um 13:49:31 Uhr:



Zitat:

Das musst Du aber belegen? Wenn die Rennleitung beispielsweise den konkreten Verdacht hat, kann sie m.E. das Telefon sicherstellen und eine richterliche Entscheidung herbeiführen.
peso

können Sie von mir aus machen (auch wenn ich dieses Szenario für höchst unwahrscheinlich halte).
Dann wird mein Handy nach der Sicherstellung per Fernzugriff von mir komplett gelöscht - ergo: A....karte für die "Ermittler" 😁

Mach dir mal keine Sorgen. Auch wenn du es löscht, finden sie noch einiges. Die Frage ist nur, wieviel Energie wollen sie da reinstecken, um dir die unerlaubte Nutzung solcher Apps nachzuweisen.

Zitat:

@olli4321 schrieb am 10. Januar 2020 um 13:49:31 Uhr:



Zitat:

Das musst Du aber belegen? Wenn die Rennleitung beispielsweise den konkreten Verdacht hat, kann sie m.E. das Telefon sicherstellen und eine richterliche Entscheidung herbeiführen.
peso

können Sie von mir aus machen (auch wenn ich dieses Szenario für höchst unwahrscheinlich halte).
Dann wird mein Handy nach der Sicherstellung per Fernzugriff von mir komplett gelöscht - ergo: A....karte für die "Ermittler" 😁

Schön, klein Olli will spielen. 😁
Wenn es jemand will und kann, weiß er über dein Handy wann bei dir das letzte Mal Winde abgegangen sind, egal ob du da was löscht oder nicht. Da wird nämlich nichts gelöscht, da wird nur Speicherplatz zum überschreiben frei gegeben. Du musst dein Handy schon zerstören.

Ich als Laie würde dein Handy einfach ausschalten und die SIM entfernen, dann kannst Fernzugriff machen solange du willst.

Ich wüsste eh gerne mal, warum man so eine App benutzen sollte. Wenn ich mich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen halte, werde ich in der Regel nicht geblitzt. Sollte es doch rechtmäßig passieren, so habe ich nicht aufgepasst oder vorsätzlich die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten und muss die Konsequenzen meines Handelns hinnehmen.
Und Abzocke gibt es eh nicht. Oder wird jemand, unter Androhung von Gewalt, gezwungen schneller zufahren als erlaubt ?

Finde ich auch, vor allem in Zeiten, wo Navis einen ja auch warnen können, wenn man zu schnell unterwegs ist. Was völlig legal ist.

Ich verstehe es eigentlich auch nicht bzw. vertrete die Auffassung, dass man es nur verstehen kann, wenn man in Wahrheit jede Gelegenheit nutzen möchte, sich nicht an die Regeln zu halten ohne erwischt zu werden.

Ich nutze die App und kann nur immer wieder wiederholen, dass die am zuverlässigsten vor Gefahrenstellen warnt.
Mir brauchen auch nicht wieder sie zu kommen, die dann sagen, dass man erst die Stelle sichern soll und ja Gefahren von weitem sieht. Stauenden verschieben sich, geht man frühzeitig vom Gas, so wird der Verkehr hinter einem auch langsamer und fragt, sich, warum man langsamer wird und einem rauscht so ggf. der Hintermann nicht ins Heck und minimal für die Umwelt tut man auch was, wenn man rollen lässt und nicht stark bremsen muss - aber ob es messbar ist? ;-)
Es reicht wenn einer den Notruf wählt und ausreichend Helfer vor Ort sind. Es müssen nicht alle um die Unfallstelle drumherum stehen und einer kann dann eben in der App 3x für die Meldung klicken, um auch die mit älteren Navi warnen zu lassen.
Zuverlässig ist Blitzer.de eigentlich nur bei festen Blitzern. Mobile Blitzer sind oftmals nicht mehr vorhanden oder noch nicht gemeldet. Also ein Grund permanent zu schnell fahren zu wollen kann diese App nicht sein.

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