A4 B6 1.9TDI AVF - Öl in der Ladeluftstrecke - Ursachensuche / mögliche Lösung
Hallo zusammen,
an einer Stelle im Motor habe ich einen Ölfleck entdeckt (siehe Foto, die Stelle habe ich eingekringelt). Ist das normal? Und wie heißt eigentlich das Gerät, wozu ist es da? (siehe Foto, Pfeil).
Das Auto ist ein Audi A 4, Bj. 2004, 131 PS, 132.000 km runter.
Danke und schöne Grüße
[Von Motor-Talk aus dem Thema 'Öl am Motor' überführt.]
Beste Antwort im Thema
Hallo zusammen,
ich gehöre zu den wenigen, die einen Audi A4 B6 1.9TDI AVF mit 131PS am Leben erhalten. Leider kursieren gerade zum 1.9er Diesel viele Falschinformationen und Halbwahrheiten in Internetforen.
Mir geht es vorrangig um das Thema "AGR-Ventil", "Öl in der Ladeluftstrecke", "Öl im Turbolader". Was ich immer wieder lese ist [sinngemäß] folgendes:
"Das AGR-Ventil setzt sich mit Ruß zu, weil es defekt ist" - falsch
"Das Öl in der Ladeluftstrecke kommt vom Turbolader" - falsch
"Die Simmerringe im Turbolader sind kaputt" -falsch
"Das Öl in den Turbo-Schläuchen ist normal und schadet nicht" - falsch
Prinzipiell ist das alles erst mal FALSCH.
Weil ich so dermaßen viel Bulls**t bezüglich der 1.9er Pumpe-Düse-Diesel lese, wollte ich mal meinen Lösungsansatz hier im Forum bekannt machen. Eventuell kann damit einigen Leuten geholfen werden - was ein paar mehr dieser Klasse Motoren am Leben erhält.
Kurze Zusammenfassung von meinem 1.9TDI im Audi A4 B6 (8E):
Mit etwa 180.000km habe ich festgestellt, dass sich große Mengen "Öl" (schwarze Brühe) in allen Schläuchen vom Turbolader sammelt. Teilweise auch so stark, dass sich am Unterbodenschutz, gerade im Bereich vom Ladeluftkühler tropfen sammeln, die auch meinen Stellplatz verschmutzen. Das ging mir damals schon ziemlich auf die Nerven. Auch der TÜV ist nicht gerade von einem Ölteppich am Unterbodenschutz begeistert. Jetzt hat mein Wagen 270.000km gelaufen und das Problem ist unverändert geblieben. Ich habe immer wieder die Ladeluftstrecke zerlegt und gereinigt, aber nach etwa 5.000km geht das Spiel wieder von vorne los.
Im gleichen Zug hatte ich wahnsinnig große Probleme mit meinem AGR-Ventil. Hier haben sich immer wieder große Mengen Ruß gesammelt, ich habe es immer wieder gereinigt und es sogar einmal austauschen müssen, da die Mechanik irgendwann schwergängig wurde und dadurch ein Fehler im Motorsteuergerät hinterlegt wurde (Motorkontrollleuchte gelb).
Die Ladeluftstrecke bei meinem Audi (ist bei VW normalerweise identisch) wie folgt aufgebaut:
Frischluft wird über Luftfilter und Luftmassenmesser angesaugt-> Turbolader -> Langes Rohr in der Front -> Ladeluftkühler ->Quer durch den Motorraum -> AGR-Ventil -> Ansaugbrücke ->Motor. Wo kommt also das Öl bzw. die schwarze Pampe her? Für viele ist die Sache an der Stelle ganz klar, das Öl kommt vom Turbolader. Hier sind angeblich die Simmerringe kaputt, wodurch das Öl, das ja eigentlich die Lager vom Turbinenrad schmieren soll, auf die Verdichterseite gedrückt wird. Bullsh**. Der Turbolader hat ganz sicher keine Simmerringe, denn ein Turbo erreicht Drehzahlen im sechstelligen Bereich. Und so hohen Drehzahlen hält kein Simmerring stand. Auch die Theorie, das im Falle eines Lagerschadens Öl auf die Verdichterseite gelangt ist eher falsch. Ist das der Fall, ist der Turbolader sowieso komplett defekt (und macht keine Leistung mehr) und muss ausgetauscht werden.
Ich habe meinen Turbolader im eingebauten Zustand untersucht, den Ölrücklauf zerlegt, das Spiel vom Turbinenrad geprüft und die Leichtgängigkeit vom VTG-Gestänge sichergestellt. Für 270.000km ist mein Turbolader noch relativ gesund. Daher habe ich das Problem woanders gesucht.
Ich bin auf ein kleines Röhrchen links oben am Ventildeckel gestoßen. Das kleine Röhrchen führt wird direkt zwischen Ansaugseite vom Turbo und Luftfilterkasten angeschlossen. Und schon hier ist ALLES voller schwarzer Brühe. Dabei handelt es sich um die Kurbelgehäuseentlüftung. Diese ist dafür zuständig, die anfallanden Gase, die sich während der Verbrennung an den Kolbenringen vorbeidrücken, abzuleiten. Früher war das relativ einfach gelöst, die KGE war einfach ein Rohr, welches an einem Ende offen war. In Zeiten von Umweltschutz leiten moderne Fahrzeuge die anfallenden "Blowby-Gase", die natürlich extrem umweltschädlich sind, in den Brennraum und verbrennen diese. Die Blowby-Gase bestehen natürlich nicht nur aus (Ab)Gasen, sondern auch aus Ölnebel, unverbranntem Kraftstoff und Kondenswasser. Altern die Kolbenringe, wie bei meinem Motor sehr wahrscheinlich, erhöht sich natürlich auch die Menge an Blowby.
Bingo. Da haben wir den Übeltäter. Die ganze schwarze Brühe aus meiner Ladeluftstrecke kommt aus dem Kurbelgehäuse. Aber ist es nicht grundsätzlich so, dass die Kurbelgehäuseentlüftung einen Ölabscheider integriert hat, der das umgehen soll? Naja, nicht wirklich. Ich habe mir einen neuen Ventildeckel (KGE gibts nicht einzeln zu kaufen) im Autohaus bestellt und mir das System einmal angesehen. Es gibt da eine Membran, die ist mit Sicherheit auch dafür da, ein wenig Öldämpfe abzuhalten, aber wirklich effektiv kann das Ganze nicht sein. Schon garnicht bei einem Motor mit der hohen Laufleistung.
Was ist denn eigentlich so schlimm an ein bisschen Öl? Naja, das Öl sammelt sich zum einen im Ladeluftkühler. Dadurch wird der Luftdurchsatz verringert und dementsprechend leidet die Motorleistung. Zum anderen wird die stark verschmutzte Luft ins AGR-Ventil geleitet, mit rußhaltigen Abgasen vermischt und in den Brennraum geleitet. Dadurch verschmutzt das AGR-Ventil und die Einlassventile. Daraus folgt wieder Leistungsverlust. Ich habe bisher noch nicht meine Ansaugbrücke zerlegt. Wahrscheinlich erwartet mich aber eine böse Überraschung.
Was mir ebenfalls noch aufgefallen ist: Die Kurbelgehäuseentlüftung sitzt in direkter Nachbarschaft zum Luftmassenmesser, wodurch auch hier alles von einem feinen Ölfilm überzogen ist. Zum Thema verschmutzter Luftmassenmesser und Leistungsverlust gibts ein paar schöne Beiträge im Dieselschrauber-Forum.
Also kann man prinzipiell sagen: Das Öl in der Ladeluftstrecke hängt mit der Verschmutzung des AGR-Ventils zusammen und kann durchaus einen Leistungsverlust hervorrufen.
Wie will ich das Problem nun lösen? Relativ einfach. Im Zubehör gibt es sogenannte Oil-Catch-Cans. Verbreitet sind die normalerweise bei Benzin-Direkteinspritzer-Motoren, weil hier die Einlassventile besonders häufig und stark verkoken und eine Catchcan häufig helfen KANN. Im Dieselbereich gibts es gerade im deutschsprachigen Raum relativ wenig zu dem Thema. Bei den Amis sieht es da anders aus. Hier kann man teilweise bereits beim Neuwagenkauf eine Catchcan installieren lassen.
Ich habe mich also auf die Suche nach einer passenden Catchcan gemacht. Hier gibt es das Provent 200 System von Mann und Hummel. Das Provent ist als richtiger Ölabscheider ausgelegt und für Motoren von bis zu 250kW ausgelegt, richtet sich glaube ich also eher an große Dieselmaschinen als an kleine PKW. Das Provent 200 hat 25mm Schlauchanschlüsse und passt damit perfekt zum 1.9TDI.
Die Catchcan wird zwischen KGE und Ansaugung vom Turbo angeschlossen. Der Preis ist mit knapp 200€ sehr abschreckend, bei einem großen Internetauktionshaus gibt es aber auch schlechte Fälschungen für unter 20€.
Ich habe mir eine solche gefälschte Catchcan (kann ich nicht empfehlen) zusammen mit 2m 25x35mm Schlauch, 25-40mm Schlauchschellen und drei 25mm 90-Grad-Winkeln bestellt. Wer das ganze Nachbauen möchte: Unbedingt darauf achten, dass alle Schläuche beständig gegen Kraftstoff und Öl sind.
Böse Überraschung: Beim A4 B6 gibts kaum Platz für eine so große Catchcan und die dicken Schläuche. Ich habe deswegen die Frontstoßstange abgebaut und Platz unter dem Frontscheinwerfer auf der Beifahrerseite gefunden.
Ich habe mir aus 2mm Stahlstreifen einen Halter angefertigt und schwarz lackiert, um das ganze sicher und unauffällig im Motorraum zu befestigten. An der Stelle lassen sich auch die Schläuche sehr komfortabel zur Kurbelgehäuseentlüftung führen. Zum befestigen habe ich passende Löcher mit Gewinde gesucht, da ich um keinen Preis irgendwas am Fahrzeug bohren will.
Die Catchcan hat um unteren Ende eine Öffnung, über die das Öl abgeleitet werden kann. Das Öl wollte ich in einem separaten Behälter auffangen, ich habe aber einfach keinen Platz mehr dafür gefunden. Fürs erste sollte ein einfacher Schlauch dafür herhalten, den ich bis unter die untere Motorabdeckung führe und mit einer Schraube und Schlauchschelle verschließe. Ich werde das Ganze noch weiter optimieren.
Das anfallende Öl bzw. die Flüssigkeit sollte man auf keinen Fall wieder dem Motor zuführen. Hierbei handelt es sich wie bereits erwähnt auch um Kraftstoff und Kondenswasser. Diese Flüssigkeiten verdünnen das Motoröl und haben hier nichts zu suchen. Auch wenn ich alle paar Monate die Flüssigkeit ablassen muss, ist es mir das Wert.
Aktuell fehlen mir noch Schläuche, daher habe ich das System noch nicht in Betrieb genommen. Ich würde gerne eure Meinung dazu hören und werde berichten ob alles funktioniert und wie effektiv das System arbeitet.
Cheers
40 Antworten
Zitat:
@garrettv8 schrieb am 7. Mai 2020 um 09:36:52 Uhr:
vor fast 20 Jahren sind VW wegen vereister KGE die kleinen Motoren verreckt da wurde dann ne Heizung nachgerüstet
Stimmt, kann mich dunkel daran erinnern. Waren glaube ich die 1.4er...
@jamie 1 Liter auf 10 tkm? Ist sicher im Rahmen, hängt auch vom Fahrprofil ab. Ein deutliches Symptom der gealterten KGE ist u.a. erhöhter Ölverbrauch. Die KGE muss auch nicht komplett defekt sein, sondern sie kann einfach mehr Toleranz entwickeln, also sozusagen leicht defekt sein. Die verbauten Kunststoffe verändern im Laufe ihres Lebens Materialeigenschaften, sie können verhärten bzw. versteifen.
Ich habe ein AVF und AWX mit 400.000km und 350.000km und Ventildeckel noch immer der Originale.
Auch wenn mans nicht hören will einfach AGR deaktvieren per Software und man umgeht das Problem. (Ja illegal es merkt trotzdem kein Mensch)
Wie gehören denn AGR und KGE zusammen??? Das AGR ist doch für das Nachverbrennen der Kurbelgehäusegase, also BlowBy zuständig. Wenn man das AGR deaktiviert, so kommt doch trotzdem noch der Ölnebel aus dem Ventildeckel in die Ansaugung des Laders. Nur wird nichts mehr davon in den Ansaugkrümmer geleitet, also dort entsteht keine Ölpampe mehr. Aber das Öl im Ansaugschlauch des Laders bleibt, worum es hier ja eigentlich eingangs auch ging.
Oder hab ich da einen gedanklichen Fehler begangen?
Zitat:
Oder hab ich da einen gedanklichen Fehler begangen?
nein ist schon alles richtig so...deshalb macht man sinnvollerweise beides oder wenigstens die KGE...dann hat man zumindest trockenen Russ 😉
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Zitat:
@Scarface0664 schrieb am 7. Mai 2020 um 18:40:22 Uhr:
Auch wenn mans nicht hören will einfach AGR deaktvieren per Software und man umgeht das Problem. (Ja illegal es merkt trotzdem kein Mensch)
Käse. Es ist nicht nur illegal, sondern es trägt auch nichts zur Behebung des Problems bei.
Richtig, das AGR hat nichts mit dem direkten Weg des Öls und anderen Dingen von der KGE zur Verdichterseite des Turbos zu tun.
Hallo Leute,
endlich einmal jemand, der das Thema erneut anspricht und auf Fehlinformationen hinweist.
Ich fahre einen 3BG mit selbem Motor und 250 tkm Laufleistung. Auch ich habe mit dem Problem einer versifften Ladeluftleitung zu kämpfen und habe bereits eine Catch Can von Ebay an die KGE angeschlossen (einfach in Serie zum "Ölabscheider" im Ventildeckel). Dieser sammelt allerdings nicht so viel Öl wie gewünscht. Es ist dennoch weiterhin reichlich Öl in der Ansaugleitung zu finden, der Verbrauch is ca. bei 200 ml pro 1000 km. Turbolader ist bereits aus Verschleißgründen neu gekommen.
Aufgefallen ist, dass im Standgas relativ hoher Druck im Motor zu sein scheint (lautes bollern aus dem Öleinfüllstutzen am Ventildeckel). Der Ölverbrauch dürfte ebenfalls ansteigen, wenn der Wagen länger im Standgas läuft, da er dann blau zu qualmen beginnt.
Nun meine Fragen an euch:
1) Kann sich die KGE im Ventildeckel zusetzen? Soll ich sie (da dannach ja eine Catch Can ist) komplett zerlegen und einfach als durchgängige Verbindung zum inneren des Motors nutzen (Membran raus)
2) Ist jemand von euch Mechaniker bei VW und hat Erfahrungen mit Kolbenringverscheiß bei den PD Motoren mit höherer Leistung? (bzw. hat bei diesem Problem die Kolbenringe getauscht und eine Linderung des Problems festgestellt)
2) Sind euch bereits verkokte Ölabstreifringe beim TDI untergekommen?
Vielen Dank im Vorhinein für eure Auskunft, bin schon etwas verzagt mit meinem VAG Produkt.
Cheers, Mike
P.S.: Fehlerspeicher natürlich leer und Drehmoment auch voll da.
Eigentlich bist du hier im falschen Forum, das hier ist der A4 B6/B7 Bereich. Du müsstest ins VW Passat B5 Unterforum.
Ja die KGE kann sich zusetzen. Wir du die Reparatur angehst, ist deine Sache. Eigentlich kann man den Ventildeckel zumindest bei B7 nicht öffnen, der ist komplett zu. Es haben aber trotzdem schon ein paar Leute gemacht und die Membran getauscht. Das System muss danach natürlich wieder dicht verschlossen werden.
Die TDI Motorblöcke von VW sind in der Regel bis ins hohe Alter sehr zuverlässig und laufen gut. Von Kompressionsverlust oder Verkokungen in größerem Stil habe ich bisher nichts gehört.
Hallo Andy,
obwohl ich nicht Audi fahre, bin ich davon ausgegangen, dass ich für den gleichen Motorkennbuchstaben auch hier Auskunft bekomme.
Danke dennoch für deine Antwort.
Hat jemand bereits Erfahrung mit dem Öffnen des Ventildeckels und Tausch der KGE Membran beim AVF?
LG Mike
Die KGE-Ventile zu entfernen ist kontraproduktiv. Alles was durch die KGE (auch ohne Ventil) geht, geht fast ausschließlich durch den Brennraum über die AGA verloren. Das intakte Ventil sorgt für korrekte Druckverhältnisse im KG und für geringere BlowBy-Raten, es spart damit auch Ölverbrauch ein, der bei höheren BlowBy-Raten mit ansteigt.
A4 1.8T BFB, 80% Kurzstrecke, Longlife.
So hats bei mir ausgesehen.