Winterreifen abfahren?

Saab 9-5 I (YS3E)

Hallo,
beim letzten Reifentest hat Stiftung-Warentest empfohlen, Winterreifen, die sich für den nächsten Winter nicht mehr eignen würden, ggf. über die Sommerzeit abzufahren. Die Sommerreifen meines 3.0 tid habe ich beim letzten Wechsel weggeschmissen, die Winterreifen haben jetzt noch etwa 4 mm Profil. Wäre es tatsächlich sinnvoll, diese bis nächsten Winter auf den Felgen zu lassen oder sind die erwartenden Nachteile als zu gravierend anzusehen? (Das Auto wird, auch mit Sommerreifen, selten schneller als 140 gefahren und so gut wie nie schneller als 160.)

Gruß, daral

26 Antworten

@ Alle

Besten Dank für Eure Beiträge, durch die ich - wie sonst immer - viel dazu gelernt habe. Nun kann (und muss) vor dem Hintergrund des auf diese Weise vermittelten physikalischen, technischen und juristischen Wissens die Entscheidung getroffen werden!

@ Hensenwernersen

Die Empfehlung bei Stiftung-Warentest gibt es wirklich (letzte Nr., Reifentest, S. 73, unten rechts).

Grüße, daral

Moin moin,

da ich mit der "schwarzen Magie" mein täglich Brot verdiene, möchte ich hier auch mal etwas Hintergrundwissen in die Diskussion werfen.

Viel Richtiges ist schon gesagt worden, aber auch halt viel dummes Zeug.

Fakt ist, alle Reifen haben ein Geschwindigkeits- und Lastindex, wenn dieser mit denen in den Papieren des jeweiligen Fahrzeuges übereinstimmt kann man mit diesen Reifen (egal ob Winter oder Sommerreifen) gefahrlos (natürlich unter Beachtung der StVo 😁) nach Belieben fahren. Manchmal wird bei Winterreifen aus Kostengründen nur der Geschwindigkeitsindex T bis 190km/h genommen auch wenn das Fahrzeug wesentlich schneller sein kann. Dies muß mit einem entsprechendem Sticker im Sichtbereich des Fahrers gekennzeichnet und beachtet werden. Ca. 10% "Toleranz nach oben" nimmt der Reifen meist noch schadlos hin, darüber stirbt er den Hitzetod.

Winterreifen haben spezielle Silika-Gummimischungen und Lammellenprofile um dem Reifen die gewünschte Haftung bei tiefen Temperaturen und verschneiter (vereister) Straße zu geben. Diese Silikamischungen sind in keinster Weise mit soften Mischungen für den Rennsport zu vergleichen, von der fehlenden Profilierung mal ganz abgesehen!!! Die Seitenwände der Winterrreifen sind ebenfalls wesentlich weicher als die der Sommerreifen, daher haben Winterreifen auch immer ein etwas indirekteres Einlenkverhalten.

Winterreifen neigen bei Temperaturen wesentlich über 7°C dazu im Vergleich zu Sommerreifen schnell an Haftung zu verlieren, da die feinen Lamellen wesentlich instabiler sind als Profilblöcke von Sommerreifen. Bei höheren Geschwindigkeiten beginnt der Reifen daraufhin dann zu "Walken", diese innere Reibung heizt ihn schnell auf und läßt ihn förmlich dahinschmelzen. Dies hat nichts mit "schmieren" zu tun, sondern ist schlicht mechanischer Abrieb, die feinen Lamellen werden irgendwann förmlich ausgerissen.

Diese feinen Lamellen bewirken bei trockener warmer Fahrbahn aufgrund des "Walkens" und des "Wegknickens" einen fürchterlich schlechten Bremsweg, der sich bei höherer Geschwindigkeit schnell mal verdoppeln kann. Hinzu kommt, das ein Winterreifen gleicher Größe einen viel größeren Negativprofilanteil hat als ein Sommerreifen, es ist schlicht weniger Gummi auf der Straße.

Da die gesetzlichen Anforderungen auch hiermit erfüllt sind, ist dieses Handeln völlig legal, was Versicherungen daraus machen, kann ich mir jedoch gut vorstellen.....

Die heutigen schwergewichtigen Klöter-Drehmomentmonster reiben die Winterreifen ziemlich schnell weg. Bei mir hält ein Satz Winterreifen bei gleichmäßiger aber zügiger Fahrweise ca 15-20Tkm. Sommerreifen halten hingegen ca 40-50Tkm.

Meiner Meinung nach sollte der Geiz nicht soweit führen noch die letzten mm der Winterreifen im Sommer abzuhobeln. Jeder kann mal ganz plötzlich das Stauende vor Augen haben......

Hingegen ist ein Winterreifen mit nur noch 3-4mm Restprofil im Winter immer noch deutlich besser als ein neuer Sommereifen!

Gruß
Martin

Zitat:

Original geschrieben von Dieselmartin


Moin moin,

da ich mit der "schwarzen Magie" mein täglich Brot verdiene, möchte ich hier auch mal etwas Hintergrundwissen in die Diskussion werfen....
...
Hingegen ist ein Winterreifen mit nur noch 3-4mm Restprofil im Winter immer noch deutlich besser als ein neuer Sommereifen!

Gruß
Martin

Hallo Martin!🙂

Diese Aussage dürfte für den Niederrhein mit maximal 2-3 cm Schnee am Tag zutreffen...😁

Trotzdem werden die Winterreifen allein durch Alterung so hart, daß die "Winterqualitäten" stark nachlassen.

War bei meinen letzten Reifen der Fall: die letzten 3mm verschlissen einfach nicht mehr...und auf nasser Fahrbahn waren die Räder nur noch am durchdrehen.

Michelin, 5 Jahre alt...im Sommer in der Garage gelagert.

Und aufgrund des Alters wollte ich sie auch nicht mehr bis in den Sommer fahren...Ich hänge an meinem Leben und will meinen 9000er noch lange fahren und nicht an der Leitplanke parken...vorn und hinten etwas eingekürzt.🙁

Wer an den Reifen spart, spart am falschen Ende!

Zitat:

Original geschrieben von Dieselmartin


Hingegen ist ein Winterreifen mit nur noch 3-4mm Restprofil im Winter immer noch deutlich besser als ein neuer Sommereifen!

Wohl war...

Gerade gestern in FFM:
Schnee ohne Ende und etliche Verkehrsunfälle von Fahrzeugen ohne Winterreifen...
Da habe ich kein Verständnis mehr.

Noch eine Bemerkung zu Winterreifen im Sommer:
Unsere lieben jungen Straßenheizer verwenden im Sommer gerne mal ihre Winterreifen um bei (illegalen) Straßenrennen beim Start die Nase vorn zu haben. Allerdings ist schon der Ein oder Andere, ob der schlechteren Brems- und Haftungsleistung, an der nächsten Kurve gescheitert...

M.E sollte man seinen Winterreifen mit 4mm Profli lieber nochmal im Herbst aufziehen und dann halt im Laufe des Winters wechseln. Wo steht denn, dass man neue Winterreifen nur zum Winteranfang kaufen soll.
Macht bei Sommerreifen doch auch kein Mensch...

Gruß
Axel

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Zitat:

Hallo Martin!
Diese Aussage dürfte für den Niederrhein mit maximal 2-3 cm Schnee am Tag zutreffen...
Trotzdem werden die Winterreifen allein durch Alterung so hart, daß die "Winterqualitäten" stark nachlassen.
War bei meinen letzten Reifen der Fall: die letzten 3mm verschlissen einfach nicht mehr...und auf nasser Fahrbahn waren die Räder nur noch am durchdrehen.
Michelin, 5 Jahre alt...im Sommer in der Garage gelagert.
Und aufgrund des Alters wollte ich sie auch nicht mehr bis in den Sommer fahren...Ich hänge an meinem Leben und will meinen 9000er noch lange fahren und nicht an der Leitplanke parken...vorn und hinten etwas eingekürzt.

Moin Katerchen,

ich könnte jetzt ja sagen liegt an der Marke.... 😮

Im Ernst, die Hersteller weisen sogar daraufhin, daß man die Winterpuschen nach 3 Jahren entsorgen sollte, nicht nur um neuen Profit machen zu können 😁 Die Weichnmacher sind nach der Zeit einfach dann stiften gegangen....

Die heutigen Winterrreifen sind echte Hightechprodukte, kein Vergleich zu den Dingern von vor 10 Jahren. Leider haben Sie somit auch nur noch einen schmalen Einsatzbereich -> Winter!

Ich kann mich Deiner Meinung nur anschließen, wer sich ein teures Auto leisten kann und dann am Reifen spart, naja.....

Gruß
Martin

Und nun gleich noch ne Frage: Im Schleudertrainingszentrum haben die Instruktoren die Meinung geäussert, dass... Achtung... die besser enProfile auf den hinteren Achsen montiert werden sollen bei Fronttriebler. ... ja ja... Grund:
Das Wegschmieren wird so verhindert.
Bis jetzt ging ich davon aus, dass das bessere Profil auf den Antriebsrädern zu liegen hat, um das Fortkommen zu verbessern. Aber.. ich bin ja immer offen für Neues.

PS: nach den unglaublichen Schneefällen hat sich die Wintertauglichkeit eines Saab wieder mal voll dokumentiert.

Schneemütz

Zitat:

Original geschrieben von MÜTZER


Im Schleudertrainingszentrum haben die Instruktoren die Meinung geäussert, dass... Achtung... die besser enProfile auf den hinteren Achsen montiert werden sollen bei Fronttriebler. ... ja ja... Grund:
Das Wegschmieren wird so verhindert.

hallo

interessanter ansatz
meiner meinung nach hohe hausfrauen- und sonntagsfahrertauglichkeit, denn tatsächlich würde das ein übersteuern tatsächlich reduzieren

aber in der praxis ist mir so wie wahrscheinlich den meisten etwas engagierteren lenkraddrehern ein sauberes übersteuern ohne allzustarke lastwechsel bei weitem lieber als ein untersteuern (lieber im schlimmsten fall mal mit der hinteren ecke wo gegen einen steher als mit der schnauze unter die leitschiene rein ...)

nein, im ernst: was vor allem dagagen spricht ist der geringere spielraum beim aquaplaning (weil geringere profiltiefe an den vorderrädern...)

lg
g

Moin,

@Mützer: die Instruktoren haben recht! Die Hinterachse trägt maßgeblich zur Stabilität des Autos auf Schnee bei, auch beim Frontantrieb.

@Dudo: Aquaplaning ist nicht zwangsläufig eine Folge von weniger Profil, vielmehr ist die Art der Profilierung ausschlaggebend und der Verstand, der die Geschwindigkeit bei extremer Nässe einbremst!!!!

Um es nochmal deutlich zu machen wir bewegen uns bei dieser Diskussion im lagalen Rahmen, sprich Mindestprofiltiefe ist mindestens gegeben. Somit machen 1 oder 2mm mehr oder weniger Profil Unterschied an der Vorderachse keinen großen Unterschied im Aquaplaningverhalten. Hier zählt vorrangig die Profilgeometrie, (Mittelrille, V-Form, etc.) und vor allem die Geschwindigkeit. 5km/h weniger können echte Wunder wirken, zeigt einem auch der Instruktor oder Testfahrer.

Im Winter auf Schnee neigt auch der Fronttriebler in Kurven zum Ausbrechen der Hinterachse. Hier helfen 1-2mm mehr Profil erheblich um dies zu mindern oder gar zu verhindern. Dieser Vorteil überwiegt den Gewinn der besseren Traktion am Berge mit etwas mehr Profil an der Vorderachse. Wir sprechen hier aber von alpinen Verhältnissen und weniger vom Norddeutschem Flachland mit 5 Tagen Schneematsch im Jahr.

Gruß
Martin

Zitat:

Original geschrieben von Dieselmartin


@Dudo: Aquaplaning ist nicht zwangsläufig eine Folge von weniger Profil, vielmehr ist die Art der Profilierung ausschlaggebend und der Verstand, der die Geschwindigkeit bei extremer Nässe einbremst!!!! Gruß
Martin

hallo martin

sei es wie es sei,
aber ich würde durchaus eine groessere menge sprudelwasser darauf verwetten dass
- ein und derselbe reifen bei
- ein und derselben geschwindigkeit und unter
- ein und denselben umgebungsverhältnissen
mit weniger profil jedenfalls immer schneller aufschwimmt als mit etwas mehr profil

und deshalb würde ich immer die dinger mit mehr profil vorne rauftun

und ich würde es - sollte mich wer fragen - eigentlich auch nicht empfehlen, denn aquaplaning hat ja jeder mal immer wieder wenns nass ist, übersteuern auf schneefahrbahn ist dagegen eher nicht so oft der fall, da man(n) bei schneefahrbahn in der praxis dann ja doch angepasster fährt als bei "nur" regennasser piste.

lg
g

Und ich wuerde die Reifen einfach haeufiger mal von vorne nach hinten rotieren, so dass ich erst nie in die Situation komme, wo ich unterschiedlich abgefahrene Reifen habe und mir nun Gedanken machen muss, wo ich welche aufziehen will. Hoechstens wenn mir bei fast neuen Reifen mal einer kaputt geht, wuerde ich einen einzelnen Reifen auswechseln, ansonsten immer alle 4. Klar, ist eine Kostenfrage, aber auch eine der Sicherheit. Aber ich brauche sowieso alle 25.000 km oder einmal im Jahr einen neuen Satz....

Nachdem so viele Clevere sich hier äussern, gleich noch ein Praxisbeispiel.
Beim letzten Kurs (ich gehe jedes Jahr) mussten wir auf 50 km/h beschleunigen auf der Seifen bahn dann zwei Pilonen ausweichen. Der Trick: die Hinterräder waren Slicks.
und ich muss sagen, wenn man etwas zu spät gegenlenkte, war der Wagen schon ausgebrochen und drehte sich um die eigene Achse (Heck in Fahrtrichtung)....
Aber im Moment schaufeln wir hier eher als rumfahren. Buddelmütz

Ich grüsse Euch!🙂

Hatte schonmal vor etlichen Monaten bei einem Reifenthema auf die spurgebende Hinterachse hingewiesen....🙂
Wer meint, mit gutem Profil auf der Vorderachse und mässigem Profil auf der Hinterachse gut durch den Winter zu kommen, ist mächtig auf dem Holzweg!
Und bei Aquaplaning kann man nicht mehr lenken, weil alle Räder auf einem Wasserfilm gleiten.
Und wenn nur die Hinterräder aufschwimmen...und die Vorderachse noch lenkfähig ist, passiert exakt das, was Mützer erzählte: man wird vom Heck überholt.😁

Ich halte es wie sling!🙂
Reifenprofil durch regelmässiges wechseln auf den Achsen möglichst gleichmässig verschleissen...und bei 3mm Restprofil neue Reifen kaufen.(Sommerreifen!)
Bei Winterreifen sollte man sich bei 4mm schon Gedanken machen...wenn man in einem Schneereichen Gebiet wohnt und auf täglichen Gebrauch des Fahrzeugs angewiesen ist.

Ich finde die Reportagen immer sehr entzückend, wenn im Sauerland die Holländer auf Sommerreifen zum Schifahren ankommen...und dann vom ADAC zum Hotel geschleppt werden müssen, weil sie den Hügel nicht hochkommen.
Kann man auch machen...😁

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