Recht auf Einblick in Werkstatthistorie?
Hallo Leute,
ich wünsche schöne und entspannte Weihnachten gehabt zu haben!
Mich beschäftigt mal wieder eine Frage und hoffe auf Eure Einschätzung: Hat man als Kunde das Recht die Werkstatt- und Fahrzeughistorie des eigenen Fahrzeuges einzusehen? Mich würde hier besonders interessieren was bei meinem Jahreswagen werkstattmäßig passiert ist, bevor ich der Eigentümer wurde.
Ich entdecke immer wieder neue Knarz- und Klappergeräusche bei meinem Auto, bei denen ich das Gefühl habe, dass der Fahrzeuginnenraum eventuell schon mal - zumindestens teilweise - zerlegt war.
Liebe Grüße und dann bald einen guten Start in das Jahr 2015!
WakeUp
Beste Antwort im Thema
Guten Tag zusammen,
nachdem sich leider niemand gefunden hat, der weitere Expertise beiträgt, habe ich die Kollegen unserer Rechtsabteilung behelligt.
Deren Auskunft:
- So einfach, wie ich mir es vorgestellt hatte, sei es nicht.
- Aber der Ansatz nach Teilen der Werkstatthistorie zu fragen, sei dennoch durchaus vielversprechend.
Es komme dabei tatsächlich nicht darauf an, die Werkstatthistorie selbst zu erhalten. Wenn der private Kaufinteressent beim gewerblichen Verkäufer (wie es eine MB-Niederlassung ist) explizit nachfragt, ob sich aus der Werkstatthistorie Anhaltspunkte für Sachmängel ergeben, sollte der gewerbliche Verkäufer schon allein aus der gebotenen Sorgfaltspflicht dort auch nachsehen. Die eigentliche Historie selbst anzufragen, sei weder notwendig noch zielführend. Der Verkäufer müsse sie wahrscheinlich nicht offenbaren und der Käufer hat auch kein Interesse an allen darin enthaltenen Informationen. Dem Käufer genügt die Eingriffshistorie und vom normalen abweichende Besonderheiten des Wagens. Nur danach solle er sich erkundigen, wie von mir vorgeschlagen.
[Anmerkung: Habe den ersten Absatz sowie weiter unten einige Passagen aufgrund der folgenden Repliken editiert, um ihn verständlicher zu machen.]
Die Frage, wie oft ein Fahrzeug laut Historie in der Werkstatt war, lässt sich nicht einfach abbügeln, wenn der private Käufer signalisiert, ihm sei es besonders wichtig, kein Fahrzeug zu kaufen, das ungewöhnlich häufig in die Werkstatt musste. Wenn sich der private Kaufinteressent entsprechend erkundigt und klar zu erkennen gibt, dass dies für ihn eine wichtige Beschaffenheit der Kaufsache sei, wird es für den schweigsamen gewerblichen Verkäufer zumindest unwägbar.
Gerade bei jüngeren Problemfahrzeugen, die sich noch in der Garantie- bzw. Gewährleistungsphase befinden, ist deren Historie (zumindest was die eigenen Werkstätten angeht) für eine Herstellerfiliale zugänglich. Dabei gehe es nicht darum, Einsicht in die Werkstatthistorie zu begehren. Vielmehr erkundige man sich lediglich nach der Zahl der Werkstattaufenthalte. Und diese Information liegt dem MB-Verkäufer zumindest für die MB-Werkstätten vor. Für eine Auskunft müsse er die Werkstatthistorie auch nicht offenbaren. Die Rechtslage werde bei Verschweigen auffällig vieler ungeklärter Werkstattaufenthalte für den allzu zugeknöpften Verkäufer einer MB-Filiale auch unter dem Aspekt der arglistigen Täuschung unkalkulierbar -vor allem wenn sich der Käufer danach explizit erkundigt hatte. Das hatte ich gar nicht auf dem Schirm.
Die Kollegen haben noch zwei Urteile des BGH zu dem Stichwort Arglist erwähnt:
BGH, Urteil vom 27. März 2009 - V ZR 30/08 (NJW 2009, 2120):
Dort ging es um Ansprüche wegen Verschuldens bei Vertragschluss. Diese seien im Sachbereich der §§ 434 ff. BGB nach Gefahrübergang zwar grundsätzlich ausgeschlossen. Das gelte jedoch zumindest dann nicht, wenn der Verkäufer den Käufer über die Beschaffenheit der Sache arglistig getäuscht hat.
Die Fortsetzung dieses Falls endete in einem weiteren
BGH-Urteil vom 12. November 2010 - V ZR 181/09 (NJW 2011, 1280):
Ein Gewährleistungsausschluss ist nach § 444 BGB unwirksam, wenn ein Sachmangel arglistig verschwiegen wurde. An sich trägt die Beweislast der Käufer. Da es sich aber um eine negative Tatsache handelt (nicht aufgeklärt worden zu sein), besteht eine Beweiserleichterung durch eine sog. "sekundäre Behauptungslast": Der Verkäufer muss substantiiert vortragen, wie er aufgeklärt hat und darf nicht einfach die Behauptung, nicht aufgeklärt zu haben, bestreiten. Trägt er nichts vor, gilt sein bloßes Bestreiten, weil unsubstantiiert, gem. § 138 III ZPO als Geständnis (§ 288 ZPO).
In dem Fall (war kein Auto aber das Bürgerliche Gesetzbuch gilt eben für vieles) war die Kaufsache mit einem Mangel behaftet. Dies war den Verkäufern auch bekannt, weil ihnen zuvor deswegen ein Kaufinteressent abgesprungen war. Als sich andere Kaufinteressenten just hinsichtlich der entsprechenden Beschaffenheit der Kaufsache erkundigten, antwortete der Käufer (wahrheitswidrig), er wisse hierzu nichts.
Dabei wussten die Verkäufer ja bereits wegen des abgesprungenen Kaufinteressenten, dass dies ein Umstand war, der für einen verständigen Käufer von kaufentscheidender Bedeutung war. Wenn also ein Kunde seinen Wagen wandelt (das Beispiel hatten wir oben), dann kann man das Auto unter Umständen nicht einfach so auf den Hof der Niederlassung stellen und dem nächsten Käufer andrehen.
Das schriftliche Erkundigen, so meinen meine Kollegen aus der Rechtsabteilung, sei auch ohne juristischen Hintergedanken ein guter Ansatz. Rechtlich gesehen, müsse der Verkäufer vielleicht nicht jedes Zipperlein offenbaren. Für einen Sachmangel sollte es sich schon um eine erhebliche Einschränkung der Nutzbarkeit handeln. Aber was das im Einzelfall sei, müsse dann vor Gericht geklärt werden. Wie das ausgehe, könne keine Rechtsabteilung eines Herstellers mit 100 Prozent Sicherheit prognostizieren. „Die Eignung zur gewöhnlichen Verwendung umfasse nämlich neben der technischen Beurteilung der Funktionstauglichkeit auch den Fahrkomfort“ (Himmelreich / Andreae / Teigelack, Autokaufrecht §6, Rz 51 mit dem Beispiel Knarzen der Sitze und einem Hinweis auf OLG München).
Jedenfalls sei in der Praxis mit einem erhöhten Einigungswillen zu rechnen, wenn sich ein Käufer dementsprechend vorher ausführlich und schriftlich dokumentiert erkundigt habe. Dies vorhersehend, dürften die meisten Profi-Verkäufer bei MB eher bereitwillig Auskunft geben. Und das sei ja schließlich auch das Ziel der Fragen: Für beide Seiten Ärger vermeiden.
Fazit: Es gibt natürlich keine sichere Methode, sich vor Reinfällen zu bewahren. Aber entsprechende Fragen bei der Kaufanbahnung können die Position des Käufers verbessern.
108 Antworten
Fragen koschtet nix, wie die Schwaben sagen. 😉
Da ich jetzt selbst über die Auskunfts-Sache bzgl. der Reparatur-Historie gestolpert bin, obwohl ich anfangs eine völlig anders lautende Aussage dazu bei MB erhalten hatte, wollte ich das noch mitteilen. Ich werde sicher nicht der Letzte sein und muss meine damalige Aussage etwas korrigieren.
Da ich nun in der Zwischenzeit seit dem Kauf des Fahrzeugs Ende 2014
bereits 8 Leihfahrzeuge und 15 ungeplante Werkstattbesuche hatte, wurde mir damals von der NL eine Zusendung der Historie zugesichert.
Die habe ich nicht erhalten und ebenfalls nochmals im CAC angefragt. Zuerst hieß es, es ginge aus Datenschutzrechtlichen Gründen nicht, wegen dem Erstbesitzer. Dieses Missverständnis ließ sich dann später klären, da ich das ja selbst bin 😉. Man wollte sich dann kümmern. Aber vielleicht könne ich nicht alles bekommen.
Darum war ich damals davon ausgegangen, kein Problem. Historie anfordern -> @CAC.
Das war dann wohl ein Irrtum. Es war wohl nur mündlich kein Problem, bis ich es dann tatsächlich nun haben wollte - und natürlich nach den ganzen Besuchen 😁.
Letztendlicher Hintergrund der Anfrage zur Historie meines Fahrzeuges:
Ich wollte nun gerne wissen, welche Arbeiten in der NL konkret durchgeführt wurden - lt. den NL/MB Aufzeichnungen.
Das konnte man mir in der MB NL kurioserweise niemals vernünftig erklären, maximal grob umreißen. (mit Ausnahme der mehrmals korrigierten Heckstoßstange)
Es hieß "Garantiesache eben", "hat das andere Team gemacht.", "kann ich ihnen nicht sagen, der Mechaniker ist nicht mehr im Hause", usw. . Darum wäre eine Übersicht schön gewesen. Denn die ist auch in der NL für mich nicht einsehbar. Gerade wann welche Updates nun tatsächlich (oder überhaupt?) durchgeführt wurden, welche STGs neu bespielt wurden, usw. , wäre sicher interessant gewesen.
Leider wurde nun im gleichen Schreiben vom CAC zum LED Fall ebenfalls letztlich eine schriftliche Auskunft zur Historie generell abgelehnt
(original abgetippt, nicht meine Grammatik):
"Nochmals zur Fahrzeughistorie: Es handelt sich um interne Unterlagen, die wir Ihnen nicht aushändigen!"
Was für ein Satz! Das war alles zur Historie im Schreiben neben dem LED-nichts-neues und kann-man-nichts-machen Absatz. Nur dieser eine Satz. Sozusagen die Kirsche auf der Sahne.
Damit werde ich diese Sache vermutlich nicht weiter verfolgen. Noch immer sind einige Beanstandungen offen und weitere Kleinigkeiten hinzugekommen. Die nächsten Werkstattbesuche sind damit schon sicher. Nur versuche ich das inzwischen - soweit möglich - zu Bündeln. Zum Glück aber bislang nichts richtig dramatisches dabei 😉.
VG
Christian
http://www.motor-talk.de/.../...in-werkstatthistorie-t5156236.html?...
Ich bleibe bei meiner Einstellung.
(und Erstbesitzer bin ich auch nicht) 😁
Also lasst euch nicht verschaukeln, auch nicht vom CAC (was wollen die bei deinem Fahrzeug eigentlich verbergen???).
Viel Erfolg!
Zitat:
@YpsB schrieb am 8. Juli 2015 um 19:12:54 Uhr:
http://www.motor-talk.de/.../...in-werkstatthistorie-t5156236.html?...Ich bleibe bei meiner Einstellung.
(und Erstbesitzer bin ich auch nicht) 😁
Also lasst euch nicht verschaukeln, auch nicht vom CAC (was wollen die bei deinem Fahrzeug eigentlich verbergen???).
Viel Erfolg!
Ja, das wird sicher immer am jeweiligen Mitarbeiter bzw. der NL liegen. Spätestens mit der nächsten Inspektion kann ich dann mein Glück bei einer anderen NL "versuchen" 😁.