Paste auf Radnabe
Hallo zusammen,
ich habe am Wochenende meinem Vectra hinten eine Bremsen-Komplettkur spendiert, aufgrund von festgerosteten Bremssätteln. Hat auch alles ganz gut geklappt, die Räder laufen rund und bremsen tut es auch. Meiner Meinung nach auch nicht weiter verwunderlich nachdem ich strikt nach Anleitung vorgegangen bin, selbstverständlich auch unter Einhaltung sämtlicher Drehmomente. Allerdings war ich mir bei einer Sache nicht ganz sicher:
Ich hatte im Hinterkopf dass man auf die Radnabe auf der Kontaktfläche zur Bremsscheibe Kupfer- oder Keramikpaste auftragen soll. Das habe ich natürlich so gemacht und gleich alles weiter zusammen gebaut.
Ich habe dann noch mal nachgelesen und festgestellt, dass man im Netz mindestens so oft ließt dass die Kontakfläche sauber bleiben soll wie dass etwas aufgetragen werden soll... Was stimmt denn nun? Muss ich alles noch einmal auseinander nehmen und die Paste entfernen?
Ich hoffe ihr könnt mich da ein wenig erleuchten 🙂
Beste Antwort im Thema
Tja, der Maschinenbau & seine unumstößlichen Regeln...
Fakt ist, dass die Schraubenanpresskraft über die sog. Schnittflächen stets so groß sein muss, dass die Haftkraft der benachbarten Scherflächen (hier also Nabe/Bremsscheibe/Felge/Schraubenkopf) so stark ist, dass es zu keiner ´Verschiebung´ der benachbarten Bauteile zueinander kommt; weil dies Querkräfte auf die Verschraubung bringt.
Dafür sind Schrauben allg. (Sonderfälle gibt es auch) jedoch nicht ausgelegt.
Gleitmittel welcher Art auch immer reduzieren die Haftreibung, sind also ´tendenziell´ schädlich.
Nun aber zu dem beschriebenen Anwendungsfall - zwischen Nabe und Bremsscheibe.
Welche (größeren) Kräfte sollen denn da wirken?
Die Radnabe dreht über die Wälzlager leicht; umlaufende Kräfte wie zwischen Bremsscheibe und Felge sind nicht vorhanden.
Die horizontal liegende Radachse und damit auch die Verbindung zwischen Lager und Radbelastung überträgt einzig (relativ geringe) Radkippkräfte auf das Lager. (Geradeausfahrt)
Diese wirken längs der Schrauben, denn die Mitte des sich drehenden Radlagers hat eine direkte Verbindung zur Felgenbohrung, so dass sich die Felge radial am Lager abstützt.
Fazit ist damit unzweifelhaft, dass eine Schmierung auf dieser Schnittstelle der benachbarten Bauteile völlig unkritisch ist. Ja es verhindert/verringert das Festgammeln der Bremsscheibe auf der Radnabe.
Etwas anders sieht es zwischen Bremsscheibe und Felge aus.
Beim harten Bremsen will die Bremsscheibe stehen bleiben, die Felge sich aber drehen.
Hier gibt es also starke Querkräfte, welche einzig durch die Haftreibung zwischen den benachbarten Flächen gestoppt wird.
Nun ins ´Eingemachte´ - weil wir es ja ´genau´ wissen wollen!
Verwendet werden 5 Radschrauben M14x1,5; das Anzugsmoment je Schraube beträgt 110Nm. (Nach Herstellervorgabe)
Für Feingewinde gilt lt. Tabelle:
http://dokumente.end.de/dokumente/normen/norm-anziehmomente.pdf
Bei 145Nm-Anzugsmoment (Qualität 8.8) eine Vorspannkraft von 58500N (je Schraubverbindung - Ohne Setzungen mit einer Scherfläche) - lasse ich jetzt mal außen vor was das alles bedeutet.
Somit also bei 110Nm-Anzugsmoment = 58500N x 110Nm/145Nm = 44380N (je Schraube)
Für die gesamte Schraubverbindung von 5 Schrauben = 44380N x 5 = 221900N.
Diese befinden sich auf dem Lochkreis von D=112mm
Nach der nachfolgenden Tabelle gilt:
https://www.schweizer-fn.de/stoff/reibwerte/reibwerte.php
Der Reibwert zwischen ungehärteten Stahl zu Stahl (=Bremsscheibe zu Felge) hat einen Haftreibungswert von 0,15.
Die Schraubverbindung kann somit ein Drehmonent von: 221900N x 0,15 x 0,056m = 1864Nm an Bremsmoment abfangen.
Lt. Prospekt beträgt die zulässige Achslast hinten beim Vectra C Caravan 1100kg, siehe:
https://www.opel-infos.de/infomaterial/86_13_2005-04-01_1.pdf
Das bedeutet je Rad eine Einzellast von 550kg.
Somit kann jedes Rad eine radiale Kraft von 550kg x 9,81N/kg = 5400N (gerundet) maximal tragen.
Der Raddurchmesser beträgt (exemplarisch für die Reifengröße 195/65R15) = 15 x 25,4mm + 2 x 0,65 x 195mm = 635mm
Der Reifenaußenradius ist somit = 635mm/2 = 318mm
Dies ist also der Wirkradius welches die Reifenaufstandsfläche zum Asphalt hat.
Wie aus der bereits o.g. Tabelle ersichtlich ist der Haftreibungsbeiwert von gewöhnlichen Autoreifen bei ca. 0,9 (dies entspricht auch dem ca. vom Vectra erzielbaren maximalen Bremsverzögerungen).
Das vom Reifen übertragbare Bremsmoment ist somit = Achskraft x Hebelarm x Haftkraft = 5400N x 0,318m x 0,9 = 1545Nm
Dieser Wert ist also rund 20% geringer, als eine ordnungsgemäß angezogene Radschraubenverbindung übertragen kann.
Deswegen ist es wichtig, dass man seine Radschrauben stets mit dem vorgeschriebenen Drehmoment anzieht, denn in den ´Sondersituationen´ einer Vollbremsung mit maximal beladenen Fahrzeug wird die Schraubverbindung ziemlich stark belastet, bzw. die Scherfläche zwischen Bremsscheibe und Felge – die Schrauben selber stehen ja stets unter der gleichen Zugspannung.
Nicht berücksichtigt sind: Mehrere Schnittflächen und deren Setzungen, sowie auch das ´Eindrücken´ von punktuellen Belastungen zwischen einer Stahlblechfelge und der Bremsscheibe, denn dies kann rechnerisch kaum erfasst werden und ist vom Einzelfall abhängig.
Viel Spaß beim Nachrechnen und allzeit gute Fahrt!
77 Antworten
Was soll der Quatsch jetzt?
Der einzige ´Quatsch´ ist, dass Schraubverbindungen gefettet, geölt oder sonstige Schmierungen erfahren!
Anbei ein Video von Youtube - der gute Mann hat zwar offensichtlich nicht in allen seinem Beiträgen Recht, jedoch erklärt er mit Sachverstand was der Zusammenhang ist.
Ab der 8. Minute kommt er auf das Thema.
https://www.youtube.com/watch?v=dPANivQXTtY
Mit der ´Formschluss´ und noch ein paar kleinen Ausrutschern irrt der Autor, aber was er ´sagen´ möchte hat weitgehend Hand & Fuß!
Und wer es wirklich ´studieren´ will:
https://www.iwb.mw.tum.de/.../169_Klingel_a5.pdf
Es wird seinen Sinn haben warum Opel das so vorschreibt, es steht sogar in der Inspektion Anweisungen, Radschrauben sind zu lösen, der Konus zu fetten und mit 110 Nm wieder anzuziehen. Also ich denke mal, das diese Vorgehensweise kein Scherz oder Quatsch ist.
Ja, ja - wird schon stimmen...??????????
Es gibt eben auch Falschmeldungen!
Wer weiß - vielleicht revidiert Opel das schon am Montag mit der nächsten Feldabhilfe, weil sie den Beitrag hier studiert haben...
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Was soll da revidiert werden, dieses Thema ist hier schon mehrfach behandelt wurden und es gab jedesmal diese speziellen Klugscheißer. Eine Feldabhilfe die schon weit über 10 Jahre bestand hat, hier als Falschmeldung zu bezeichnen, das ist schon mehr als dämlich.
Alles zu glauben was irgendwo steht erst Recht!
Siehe mal an - auf S. 230 v. 250 steht es auch wieder EINDEUTIG:
https://www.reyher.de/.../...e%20Informationen_2016_11_DE_KS_klein.pdf
a) Reibungszahl ?ges = 0,14*
b) Ausnutzung der Mindest-Streckgrenze = 90%
c) Torsionsmoment beim Anziehen
(* Die Reibungszahl von ?ges = 0,14 wird allgemein für Schrauben und Muttern in handelsüblicher Lieferausführung angenommen)
Zusätzliche Schmierung der Gewinde verändert die Reibungszahl erheblich und führt zu unbestimmten Anziehverhältnissen!
Anziehmethoden und -werkzeuge weisen unterschiedliche Streuungen auf (Å Tab. 1/VDI 2230-1, Tab. A8).
Wer es jetzt noch nicht kapiert hat, der möge weiter tippen und herum nörgeln.
Es gibt eben technische FAKTEN an denen ist nicht zu rütteln!
Werde mal bei Gelegenheit die ADAM OPEL AG kontaktieren und selbige auf deren Fehler aufmerksam machen, hoffe hier auf einen geeigneten und fachlich versierten Kollegen zu treffen, der dann diese ´Feldabhilfe´ revidiert.
Achtung, meine Meinung:
Ich schrubbe alle Schrauben beim Räderwechsel immer sauber, also Gewinde sowie Konus.
Dann lassen sich die Schrauben auch wunderbar wieder ins Gewinde eindrehen und genauso gut wieder lösen.
Hatte bis jetzt noch nie Probleme mit festsitzenden Schrauben und Felgen wenn die mit dem korrekten Drehmoment angezogen werden.
Nur bei Fahrzeugen die nicht vorher in meiner Hand waren, hatte ich immer mal wieder mit Schrauben und Felgen zu kämpfen die sich teils nur mit roher Gewalt lösen ließen.
Ergo spar ich mir ganz automatisch auch das Rumschmieren mit irgendwelchen Fetten und Ölen an dieser Stelle weil einfach unnötig 😉
Gewinde fetten und Schraubensitz fetten sind aber zwei völlig verschiedene Welten .
Und wer an verschiedenen Autoherstellern schraubt muss eigentlich ein Handbuch haben .... Der eine Hersteller empfiehlt Fett am Sitz , der andere nicht , einer macht's verpflichtend , der andere verbietet es . ...
Hat aber nix mehr mit der Radnabe zu tun 😉
Es geht hier nicht um die Gewinde, die müssen Fettfrei bleiben. Hast du es endlich mal kapiert. Diese Feldabhilfe passiert darauf, daß es Beschädigungen an Radschrauben gab, da der Konus trocken war und die Reibung am Konus zu hoch ist, somit kam es zu Lösung von allen 5 Schrauben und damit zur Beschädigungen. Gab sogar User denen das passiert ist und trotzdem diskutierten hier Klugscheißer rum. Ich hatte vor 3 oder 4 Jahren extra bei Opel nachgefragt und es wurde bestätigt, daß wenn der Konus nicht gefettet wird, es zu Beschädigungen kommen kann und das soll alles Quatsch sein.
Es gibt auch beschichtet Kegelbund bzw. Kugelbund, diese dürfen nicht gefettet, sondern sollen nur gereinigt werden und Gewinde müssen immer fettfrei sein.
Opel ist schon durch mich informiert - warten wir es ab!
Ja manchmal, ich kenne die Antwort schon, da ich sie schon bekommen habe und somit alles klar ist.
Bin jetzt auch raus hier.
Zitat:
@andi.36 schrieb am 9. November 2018 um 23:33:18 Uhr:
Ja manchmal, ich kenne die Antwort schon, da ich sie schon bekommen habe und somit alles klar ist.
Sollte ich mal jemanden am Straßenrand liegen sehen, der sein verlorenen Rad aus dem Gebüsch zieht, dann weiß ich wer das ist.
Quatsch keine Müll, du übertreibst es langsam mächtig und jetzt ist Schluss.
langsam habe ich das Gefühl, es wäre besser wenn ein Mod diesen Thread schließen würde. Das führt wirklich zu nichts mehr.
Ich habe ja Verständnis dafür, dass nicht jeder ein Spezialist, noch technisch versiert genug ist um sich mit Schraubenverbindungen aus zu kennen!
Auch bei meinem Job ist dies nicht mein zentrales Thema.
Aber ich habe bereits hier genügend Fachliteratur aufgeführt, welche den Zusammenhang auch Laien erklären (können) sofern sie diese auch mal durchlesen.
Mein Diplom habe ich nicht erschwindelt wie manch andere, sondern mit viel Engagement erarbeitet!
Auch ich bin nicht frei von Fehlern, lasse mich ggf. auch verbessern und korrigieren, wenn es jemand wirklich besser weiß!
In diesem Fall scheint es aber (hier) Keinen zu geben, der sich auch nur annähernd so gut mit dieser Materie auskennt wie ich.
Sorry, das sind die Fakten!
Insofern bin ich gespannt wenn ich demnächst Antwort von Opel erhalte und diese dann (ggf.) in einer neuen Feldabhilfe korrigierend erscheint.