Eingeleitete Notbremsung nicht abschaltbar?
Werden die eingeleiteten Notbremsfunktionen bis zum Stillstand des Fahrzeugs aufgehoben, auch bei einem Defekt am "Aktiv Nothalt-Assistent", sobald der Fahrer wieder eingreift?
Nach einem Urteil des LG Hamburg, Aktenzeichen 331 O 134/21, haftet der grundlos und stark Abbremsende überwiegend, und zwar mit 70:30.
120 Antworten
Wie immer mit allem. Es gibt Leute, die prima ohne durch das Leben gekommen sind und andere, denen eine Funktion, die es bis vor einiger Zeit noch gar nicht gab, nun auf einmal ein, zwei oder (auch hier gelesen) schon dreimal "den Arsch" gerettet hat. Letztere sollten sich fragen, ob sie das Feature vielleicht etwas zu schnell adaptiert haben. Ich sehe da immer noch den Fahrer in der Verantwortung.
Zitat:
@kasemattenede schrieb am 13. Mai 2024 um 11:53:33 Uhr:
Da möchte ich dir Recht geben…..aber…da solche Situationen hinter Abbiegern (nicht nur LKW) ja schon fast als „Klassiker“ für Auffahrunfälle gelten dürften, sollte (oder muß? ) jeder Fahrzeugführer in derartigen Situationen eben auch damit rechnen und entsprechend vorsichtig und aufmerksam agieren.
Nochmal, es geht nicht um die Schuldfrage, sondern um eine mögliche Gefährdung und die ist nicht an die Schuldfrage gebunden.
So z.B. gibt es z.B. Stoppschilder. Die werden an gefährlichen Kreuzungen gestellt. Ein aufmerksamer und vorausschauender Fahrer braucht in der Regel kein Stoppschild, weiß also auch ohne Stoppschild wie der sich richtig zu verhalten hat. Wenn da nur ein Vorfahrtachtenschild steht und es kommt aufgrund eines wenig vorausschauenden Autofahrer zum Unfall, so hat dieser Schuld, da er das Schild missachtet hat. Wenn nun die Schuldfrage mit Gefährdung gleichzusetzen wäre, bräuchte man keine Stoppschilder, weil es keine Gefährdung geben würde.
Also ist eine Gefährdung unabhängig von der Schuldfrage zu sehen und wenn ein Fahrzeug ohne Grund eine Vollbremsung hinlegt, kann eine Gefährdung vorliegen.
Es ist daher schrecklich, dass hier immer als Argument der perfekte Autofahrer gegengehalten wird. In der Realität ist es aber nun mal so, es gibt keinen perfekten Autofahrer, denn wir sind Menschen und die machen Fehler, selbst der fast perfekte Autofahrer. Eine Gefährdung ist es, wenn auch der nicht perfekte Autofahrer gefährdet wird.
Gruß
Uwe
PS
In der Praxis wird z.B. kaum einen Autofahrer, der beim Auffahren auf die Autobahn einen 3 Sekunden Abstand zu dem vorherfahrenden Fahrzeug einhält. Dieser wäre aber nach Fahrschulrechnung notwendig. Ähnliches gilt beim Abbiegen zum vorherfahrenden Fahrzeug.
PSS
Im Übrigen gibt es auch Urteile im Falle eines Auffahrunfalls, die bei einer Vollbremsung demjenigen eine Teilschuld zuspricht, der die Vollbremsung vollführt hat, wenn die Vollbremsung unbegründet war, selbst dann, wenn das Fahrzeug die Vollbremsung selbständig durchgeführt hat. Ich glaube gar, die Info stammt aus diesem Thread und wurde auch verlinkt.
Zitat:
@mecco schrieb am 13. Mai 2024 um 12:14:14 Uhr:
Wie immer mit allem. Es gibt Leute, die prima ohne durch das Leben gekommen sind und andere, denen eine Funktion, die es bis vor einiger Zeit noch gar nicht gab, nun auf einmal ein, zwei oder (auch hier gelesen) schon dreimal "den Arsch" gerettet hat. Letztere sollten sich fragen, ob sie das Feature vielleicht etwas zu schnell adaptiert haben. Ich sehe da immer noch den Fahrer in der Verantwortung.
Es gibt halt Sonntagsfahrer, die nicht einmal 20.000 km / a fahren und meinen Ahnung zu haben und diejenigen, die das Auto mit > 30.000 km / a beruflich nutzen.
Und ja: mir hat der Notbrems-Assistent auf insgesamt 960.000 km mit so einem System (4 Jahre à 90.000 km / a, 6 Jahre à 40.000 km /a) insgesamt 2x "den Arsch gerettet". Die vier Jahre à 90.000 km / a davor waren noch ohne solch ein System, habe ich dennoch ohne verschuldeten Unfall überstanden, so wie meine bisher 35 Autofahrerjahre insgesamt. Nur 1 unverschuldeter Unfall insgesamt, bei dem kein Assistenzsystem der Welt irgendetwas gerettet hätte.
Toll.
Bin ja selbst auch km-Millionär, Deine Sonntagsfahreranspielung läuft daher ins Leere, aber habe mich bisher immer noch selbst retten können. Mein Punkt ist, dass man sich auf solche neuen Funktionen nicht so schnell voll verlassen sollte, dass man in anderen Fahrzeugen zur Gefahr wird.
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Abgesehen vom Abstandstempomaten sollte man immer so fahren, dass die Assistentenarmada sowieso nichts zu tun bekommt. Erfolgt dann ein Notfalleingriff, so geschieht das im Grundsat doch mit vorheriger Signalisierung. Das vollautonome Fahren wird dann was anderes sein. Da sind wir halt noch nicht. Wenn der Notbremsassi ohne Vorwarnung reinhaut, weil vom Straßenrand ein Kind, Ball oder Wild angesockt kommt, dann ist es nicht grundlos ohne Vorwarnung, selbst wenn man den Grund auch im Nachhinein garnicht mitbekommt. Und selbst in dieser Situation kann man mit Gasgeben die Elektronik überstimmen.
Zitat:
@mecco schrieb am 13. Mai 2024 um 13:22:28 Uhr:
Toll.Bin ja selbst auch km-Millionär, Deine Sonntagsfahreranspielung läuft daher ins Leere, aber habe mich bisher immer noch selbst retten können.
Mit der Sonntagsfahreranspielung hat Hannes ja nicht dich gemeint, sondern im Gegenteil ist das so zu verstehen, dass es im Gegensatz zu dir Sonntagsfahrer gibt, die eben weniger vorrausschauender fahren und der Erfahrungen weniger kritischer Situationen kennen. Für diese Leute kann der ein Notbremsassistent sehr hilfreich sein.
Betrachten wir mal die in meinem letzten Beitrag erwähnte Autobahnauffahrsituation. Der erfahrene Autofahrer hält einen sehr großen Abstand (deutlich größer halber Tacho) zu dem vorrausfahrenden Fahrzeug.
Warum? Ja, weil man beim Auffahren den Seitenspiegel und auch oft einen Schulterblick machen muss. In der Zeit schaut man nicht nach vorne und somit kommt diese Zeit zu der üblichen Reaktionszeit hinzu und entsprechend größer muss der Abstand gewählt werden.
Wenn wir uns jetzt die Praxis anschauen, halten die meisten Autofahrer einen geringeren Abstand ein und ganz deutlich wird es bei Autobahnauffahrschleicher, denn da wird recht dicht aufgefahren. In dieser Situation ist es für einen als dahinterfahrenden Fahrer schwieriger auf die Autobahn aufzufahren und insofern intensiver bzw. muss er in den Seitenspiegel schauen.
Was passiert wohl, wenn der Schleicher nicht mehr glaubt, auf die Autobahn auffahren zu können und eine Vollbremsung hinlegt, um am Ende der Auffahrspur zum Stehen zu kommen und der Autofahrer dahinter gerade in den Seitenspiegel schaut? Selbst ein normaler Sicherheitsabstand ist grenzwertig oder gar zu knapp, so erst recht der Abstand, der oft tatsächlich eingehalten wird, so dass recht spät reagiert wird.
Ein Notbremsassistent hingegen reagiert immer gleich schnell, egal ob der Fahrer gerade in den Seitenspiegel schaut, einen Schulterblick vollführt und in den Himmel kuckt. In solchen Situationen verhindert der Notbremsassistent einen Unfall, der ohne ihn möglicherweise passiert wäre.
Das ist Sinn des Notbremsassistenten, solche Situationen zu entschärfen.
Ja, mag sein, dass der perfekte Autofahrer das nicht braucht, weil er vorrausschauend solche Situationen mit einkalkuliert. Ich wiederhole mich:
In der Realität ist es aber nun mal so, es gibt keinen perfekten Autofahrer, denn wir sind Menschen und die machen Fehler und selbst der fast perfekte Autofahrer und kann auch nicht jede Situation vorhersehen.
Somit kann der Notbremsassistent auch dem (fast) perfekten Autofahrer mal den Arsch retten.
Zitat:
@mecco schrieb am 13. Mai 2024 um 13:22:28 Uhr:
Mein Punkt ist, dass man sich auf solche neuen Funktionen nicht so schnell voll verlassen sollte, dass man in anderen Fahrzeugen zur Gefahr wird.
Dem stimme ich zu, man sollte immer so fahren, als ob der Notbremsassistent nicht vorhanden wäre, denn nur dann bringt er zusätzliche Sicherheit. Weiterhin sollte man bei seiner Fahrweise auch mögliche Fehlfunktionen des Assistenten mit einkalkulieren, die (zumindest bei meinem Auto) bei der richtigen Konfiguration des Notbremsassistenten praktisch nicht vorkommen.
Gruß
Uwe
Zitat:
@Moers75 schrieb am 12. Mai 2024 um 21:52:47 Uhr:
Wer bei 20km/h hinter einem abbiegende LKW hinten auffährt ist selber schuld 🙄
Nö, der war sich völlig unzurechnungsfähig - Freispruch 😉
Zitat:
@Hannes1971 schrieb am 13. Mai 2024 um 12:55:45 Uhr:
Es gibt halt Sonntagsfahrer, die nicht einmal 20.000 km / a fahren und meinen Ahnung zu haben und diejenigen, die das Auto mit > 30.000 km / a beruflich nutzen.
Aber deshalb auch nicht unbedingt mehr Ahnung haben ... oder sich bewußt drüber hinwegsetzen.
Der Vielfahrer hat (für mich) lediglich technisch mehr Routine.
Zitat:
@MZ-ES-Freak schrieb am 11. Mai 2024 um 21:09:53 Uhr:
Was sagt denn jetzt der TE @WalterE200-97 dazu, welches Assistenzsystem meinst du denn jetzt genau?
Vielen Dank für die vielen Beiträge und Erlebnisberichte. Inzwischen ist die Karawane mit all ihren Beobachtungen und Meinungen weitergezogen und ich möchte sie nach meiner "Rückkehr" nicht unterbrechen.
Nur wenn die in vielen neueren Fahrzeugen befindliche Funktion "... bis hin zur autonomen Notbremsung", z. B. serienmäßiger Bestandteil des "Aktiven Brems-Assistenten" in allen aktuellen Mercedes-Benz-Personenwagen, fälschlicherweise ausgelöst und sich trotz Einwirkung mittels Lenken, Bremsen oder Gasgeben desweiteren fehlerhaft nicht abschalten lässt, kann dieser Sicherheitsgewinn unter Umständen zu riskanten Situationen mit Unfallfolgen führen.
Mir stellt sich dennoch die Frage: Ermöglicht die gesetzlich verankerte "Betriebsgefahr Kraftfahrzeuge" als verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung auf den Schultern der Fahrzeugführer den Hersteller-Entscheidungsträgern, den letzten Cent im Bereich Forschung und Entwicklung für einen risikolosen Sicherheitsgewinn einzubehalten?
Zitat:
@Uwe Mettmann schrieb am 13. Mai 2024 um 14:26:36 Uhr:
Der erfahrene Autofahrer hält einen sehr großen Abstand (deutlich größer halber Tacho) zu dem vorrausfahrenden Fahrzeug.
Im Alltag erlebe ich aber fast immer nur das genaue Gegenteil. Sicherheitsabstand ist für Anfänger, für Möchtegernvollprofis ist das doch gar nicht nötig und völlig unsinnig.
Interessant ist bei Diskussionen wie in der Praxis dass ein großer Teil auch der erfahrenen Autofahrer keine Probleme mit den Assistenten hat, ein kleiner aber ständig. Da bleibt die Frage schon ob der Assistent das Problem ist oder der der hinterm Lenkrad sitzt. Wenn jemand notorisch den Sicherheitsabstand unterschreitet ist das halt so dass ein Notbremsassistent schon mal öfter eingreift wenn es mal wieder knapp wird. Der der mit normalem Sicherheitsabstand unterwegs ist, brav blinkt und auf seiner Spur bleibt wird von den meisten Assistenten beim Fahren kaum was mitbekommen.
Zitat:
@WalterE200-97 schrieb am 14. Mai 2024 um 18:5:08 Uhr:
, z. B. serienmäßiger Bestandteil des "Aktiven Brems-Assistenten" in allen aktuellen Mercedes-Benz-Personenwagen, fälschlicherweise ausgelöst und sich trotz Einwirkung mittels Lenken, Bremsen oder Gasgeben desweiteren fehlerhaft nicht abschalten lässt, kann dieser Sicherheitsgewinn unter Umständen zu riskanten Situationen mit Unfallfolgen führen.
Das kann einfach nicht passieren, weil technisch nicht möglich.
Das System ist mit mehreren redundanten Sensoren ausgestattet, wenn ein Glied in der Kette einen Fehler hat, ist das System inaktiv.
Es entsteht dabei sowieso keine riskante Situation, weil das einfach nur abbremsen ist, mit Vorwarnung (Warnblinker) usw.
Zitat:
@Moers75 schrieb am 14. Mai 2024 um 19:31:02 Uhr:
Zitat:
@Uwe Mettmann schrieb am 13. Mai 2024 um 14:26:36 Uhr:
Der erfahrene Autofahrer hält einen sehr großen Abstand (deutlich größer halber Tacho) zu dem vorrausfahrenden Fahrzeug.Im Alltag erlebe ich aber fast immer nur das genaue Gegenteil. Sicherheitsabstand ist für Anfänger, für Möchtegernvollprofis ist das doch gar nicht nötig und völlig unsinnig.
Das habe ich ja auch bereits geschrieben.
Zitat:
@Moers75 schrieb am 14. Mai 2024 um 19:31:02 Uhr:
Interessant ist bei Diskussionen wie in der Praxis dass ein großer Teil auch der erfahrenen Autofahrer keine Probleme mit den Assistenten hat, ein kleiner aber ständig.
Du übertreibst da ein wenig. Keiner hat geschrieben, dass das ständig passiert, sondern dass es vorgekommen ist.
Zitat:
@Moers75 schrieb am 14. Mai 2024 um 19:31:02 Uhr:
Da bleibt die Frage schon ob der Assistent das Problem ist oder der der hinterm Lenkrad sitzt.
Hier hat jemand geschrieben, dass bei ihm der Notbremsassistent angesprochen hat, als er an einem Betonmischer vorbeigefahren ist und seine Vermutung war, dass der Notbremsassistent auf den sich drehenden Mischer reagiert hat. Du sagst nun, dass das Problem der Fahrer des notbremsenden Fahrzeugs ist. 🙁 🙁
Zitat:
@Moers75 schrieb am 14. Mai 2024 um 19:31:02 Uhr:
Wenn jemand notorisch den Sicherheitsabstand unterschreitet ist das halt so dass ein Notbremsassistent schon mal öfter eingreift wenn es mal wieder knapp wird.
Der Notbremsassistent reagiert nicht auf dem Abstand, sondern auf den Differentialquotienten des Abstands. Natürlich greift der Notbremsassistent ein, wenn dicht aufgefahren wird und das fordere Fahrzeug stark abbremst. Dann bremst er aber absolut angebracht und arbeitet fehlerfrei. Darum geht es in diesen Thread aber nicht, sondern um den fehlerhaften Eingriff des Notbremsassistenten, wie z.B. bei dem Beispiel mit dem Betonmischer.
Gruß
Uwe
Zitat:
@WalterE200-97 schrieb am 14. Mai 2024 um 18:05:08 Uhr:
...
Mir stellt sich dennoch die Frage: Ermöglicht die gesetzlich verankerte "Betriebsgefahr Kraftfahrzeuge" als verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung auf den Schultern der Fahrzeugführer den Hersteller-Entscheidungsträgern, den letzten Cent im Bereich Forschung und Entwicklung für einen risikolosen Sicherheitsgewinn einzubehalten?
Nach den mir vorliegenden Informationen aus diversen Lehrgängen und aus der beruflichen Praxis ist es eben gerade nicht gestattet, wirtschaftliche Erwägungen anzustellen, wenn es um das Thema Produktsicherheit geht. Wenn bei der Produktentwicklung ein denkbares Risiko erkannt wird, und es gibt dazu eine technisch machbare Abstellmaßnahme, hat man diese zu wählen. Das ist mal, etwas vereinfacht ausgedrückt, der bestehende gesetzliche Rahmen, der übrigens für nahezu alle Produkte gilt, die in die Hände von Verbrauchern gelangen.
Es ist halt nur so, dass diese Assistenzsysteme einerseits eben tatsächlich ein machbarer und zumutbarer Beitrag zur Sicherheit eines Straßenfahrzeugs sind - um aber andererseits Gefahren durch Defekte und daraus resultierenden unplausbiblen Reaktionen solcher Systeme vorzubeugen, gibt es eben andere technische Regeln, die in solchen Fällen die Abschaltung des betroffenen Systems verlangen inklusive Warnung an den Fahrzeuglenker.
Wird die Umsetzung der Systeme extern geprüft / abgenommen ?
Mechanische, Elektrische (Schaltpläne) das Programm (der Quellcode).
Oder nur die Funktion. Crash Test u.ä.
Ja, wird extern abgenommen. (Technischer Dienst)