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Fri Sep 02 21:05:07 CEST 2016    |    DoNuT_1985    |    Kommentare (42)    |   Stichworte: Fahrbericht, Ford, Mustang, VI

Bei dem ganzen Frust um getürkte Emissionen von Dieselmotoren, von dem eventuell auch meine Jules betroffen sein könnte, vergisst man manchmal fast das Schöne, Emotionale und Pure am Autofahren.

 

Es gibt aber noch Hoffnung, denn nicht jedes Auto ist ein tricksender, hochtechnisierter Diesel-Stinker, es gibt im Jahre 2016 auch noch schön anachronistische Neuwagen zu kaufen.

 

Ich hatte heute das Vergnügen, eines dieser Stücke Probe zu fahren - eigentlich wars keine Probefahrt, sondern eine "Überstellungsfahrt" für ein Vorführfahrzeug, das am Wochenende bei mir zu Hause als Werbeträger auf einer Veranstaltung posieren soll. Wie schon in früheren Beiträgen erwähnt, habe ich eine gewisse Nähe zum Autohandel und so am es nun, dass ich eine Spritztour mit einem Ford Mustang 5.0 GT Premium machen durfte. :D :D :D

 

 

Dieses Angebot konnte ich natürlich nicht ausschlagen, da ich seit jeher ein Fan des Pony Cars war und man als Autofan mindestens einmal einen V8 gefahren sein sollte. Es war passend zur Jahreszeit zwar leider kein Cabrio, sondern ein Coupè, dafür ein Handschalter. Insgeheim mein Traum, mal etwas richtig Starkes handgerührt fahren zu dürfen.

 

Davor war ich zwar ein wenig aufgeregt, weil das doch mit 422 PS am Abstand stärkste Fahrzeug war, das ich jemals gefahren bin, aber kurz gesagt: alles Schall und Rauch. Es schließlich ein modernes Fahrzeug mit elektronischem Sicherheitsnetz und der Mustang hat in der aktuellen Generation ein konkurrenzfähiges Fahrwerk, keine bockige Hinterachse mehr. Zudem war das Ziel sowieso, das Fahrzeug in einem Stück zuhause abzuliefern. ;)

 

Der Mustang ist ein ziemliches Trumm, mit V8 wohl gut 1,7-1,8 Tonnen schwer, die Länge einer Mittelklasselimousine, breit und mit einer Motorhaube gesegnet, die gefühlt die Ausmaße eines Kleinwagens hat. :D

 

Allerdings zerstreuen sich diese Zweifel beim ersten Anlassen des V8 mittels Startknopf, ein hübsches Bellen, das klarmacht, was hier unter der Haube schlummert - geil!!!

 

Fahren ist relativ unspektakulär: Der drehmomentstarke Motor lässt sich von jedem Fahrschüler in Schwung bringen und abgesehen davon, dass man das Gas natürlich etwas anders dosieren muss und der Handschalter vor allem für den Wechsel vom 1. in den 2. Gang etwas Kraft und Gefühl im Fuß braucht, ist es als ob man einen Allerwelts-TDI fährt.

 

Streichelt man das Gas, ist vom Motor quasi nichts zu vernehmen, der Vortrieb ist dem normalen Verkehr angemessen, irgendwann gesellt sich ein leichtes Grummeln dazu, das in den typische V8-Growl umschlägt und schließlich jenseits der 4000 Touren in ein Brüllen und Hämmern übergeht - so würde ich es zumindest beschreiben.

 

Hier sind wird dann auch schon beim mit Abstand wichtigsten Aspekt des Mustang: der Motor. Mag die Verarbeitungsqualität ordentlich sein, der Preis heiß, das Fahrwerk standesgemäß und die Optik ansprechend: hier steht und fällt alles mit dem Motor. Sprich: nach einer Fahrt mit dem V8 kann ich mir nicht vorstellen, was es einem geben soll, den Vierzylinder zu nehmen. Der ganze Charakter des Ponys erschließt sich aus dem großartigen Motor, der selbst beim gemäßigten Beschleunigen im Stadtverkehr einfach jede Fahrt 100% besser macht.

 

Überraschenderweise ist es ohne Probleme möglich, sich entspannt im Bereich des Legalen zu bewegen und trotzdem immer wieder den Sound des Motors auszukosten, die 5 Liter Hubraum lassen drehzahlschonendes Cruisen zu, tritt man das Pedal über die Hälfte durch und der Motor geht über 3500 Touren, merkst du schnell, was man hier eigentlich unter dem Hintern hat. :D :D :D

 

Ich bin zwar tatsächlich nicht schneller gefahren als mit meiner Giulietta am üblichen Weg von der Stadt aufs Land, allerdings zieht so ein Mustang aus Tempobeschränkungen und auf Autobahnauffahrten dann doch ziemlich gut, ohne sich groß anstrengen zu müssen.

 

Ehrlich gesagt: beim Fahren hat sich für mich der Reiz auch absolut nicht aus der Geschwindigkeit genährt, mich hat das Fahrzeug komischerweise eher entspannt. Auf der Autobahn hat mich ein M3 geschnitten, ich hab ihn zwar angeblinzelt, er hat sich aber mit der Warnblinkanlage entschuldigt. Kein Bedürfnis, über jemanden drüberzufahren - im Wissen, dass man könnte, muss man dann plötzlich nicht mehr. Tempomat auf 140, 2500 Touren und hin und wieder mal ein kleiner Sprint um sich aus dem Kolonnenverkehr zu befreien... die linke Spur mit Gewalt freizuräumen, käme mir nicht in den Sinn. Vertreter-Passats saugen sich offensichtlich auch nicht so ans Heck und Kleinwagen räumen selbst bei defensiver Fahrweise recht schnell die Spur. Ja, es ist ein böses, böses Ding. :mad:

 

 

Mir gefällt das Gefühl und ich könnte mir deswegen ein solches Fahrzeug durchaus als Daily Driver vorstellen, obwohl der Wagen von außen bestimmt recht laut ist und sich andere Verkehrsteilnehmer denken, was da für ein Vollhonk am Steuer sitzt, obwohl man eigentlich nur (relativ) sachte beschleunigt. Anfahren in einem Fiesta ist Justin Bieber, ein Mustang ist Black Sabbath - vor allem, wenn er tatsächlich schwarz ist, was ihm ziemlich gut steht, obwohl ich ihn wahrscheinlich in Gelb oder rot nehmen würde. ;)

 

Nachdem ich nun ziemlich viel über den Motor und das Gefühl des Fahrens sinniert habe, möchte ich nun auch ein wenig darauf eingehen, dass der Mustang auch eine sehr praktische Seite hat. Dieses Monster ist bei gelassener Fahrweise lammfromm, und mMn zumindest für Singles und Paare alltagstauglich.

 

 

Der Kofferraum ist zwar vom Zuschnitt her nicht optimal, um Getränkekisten oder Sperriges zu transportieren, für mein Wochenendgepäck reichts aber locker. Über die Rücksitze schweigen wir uns mal aus, sie sind eine nette zusätzliche Ablage. :rolleyes:

 

Wie es sich bei einem Fahrzeug im Jahre 2016 gehört, ist der Mustang auch ein gut vernetztes Fahrzeug. Das Android-Smartphone war in einer Minute gekoppelt und hat meine Kontakte abgerufen, man konnte sogar durch eine Google Play Music-Playlist per Lenkradtasten zappen - Aerosmith und anderer Hard/Classic Rock aus den 60ern-90ern sind absolut der passende Soundtrack für jede Fahrt im Mustang. :cool:

 

Moderne Klassik.Moderne Klassik. Klima-InterfaceKlima-Interface

 

Wie es gerade Mode ist, sind zwar einige Funktionen ins Touch-Interface verlagert, welches etwas strenge Finger fordert, um Eingaben zu akzeptieren, für mich war es aber logisch aufgebaut und strukturiert. Immerhin sind die Bedienelemente für die Klimaanlage auch physisch vorhanden und man kriegt zusammen mit dem Bordcomputer einige nützliche und überflüssige Infos - es ist ein Sportwagen und kein totoptimierter Golf.

 

Ja, es gibt auch Fahrprogramme und natürlich deaktivierbares ESP, ich hab allerdings aufgrund der relativ kurzen Fahrt (60 km) alles auf Normal und "An" belassen - die wesentlichen Einstellungen zum Fahrprofil werden ohnehin über Gaspedal, Kupplung und Schalthebel getätigt. ;)

 

Da bestimmt einige von euch fragen werden, was das Ding nun braucht, hier auch die Bilanz meines Trips (5 km Stadt, 40 km Autobahn bei max. 140 und Landstraße mit ein paar Spaßmomenten, größtenteils aber cruisend) - knapp über 11 Liter, bei längerem Überlandanteil wären wir vielleicht noch tiefer gekommen. Natürlich, in der Stadt ziehen die Ampelsprints am Tank und der Verbraucht geht nördlich der 15 Liter, auf großer Reise dürfte die Wuchtbumme für 422 PS, die Ausmaße und die breiten Reifen aber relativ "genügsam" sein.

 

Verbrauch...Verbrauch...

 

Nachdem ich meinen Spaß hatte und noch eine kleine Spritztour in der heimischen Umgebung gedreht habe (damit ging der Verbrauch wieder über 12 Liter^^), steht das Pferd nun mit aktivierter Alarmanlage sicher in der Garage, leider muss ich es viel zu früh wieder abgeben, doch am Sonntag steht nochmal die umgekehrte Route für den Rücktransport an - vielleicht mit weniger Verkehr auf der Autobahn, falls der Hafer doch mal sticht. ;)

 

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Thu Jul 06 14:56:17 CEST 2017    |    DoNuT_1985

Naja, ein Camaro ZL1 mit 650 PS schaffts in 3,5 Sekunden. Jeder Hot Hatch mit Allrad und 300-400 PS dürfte auch zwischen 4 und 5 Sekunden liegen.

 

Ist wohl auch eine Frage von Antriebsstrang, Abstimmung, Reifen und Regeltechnik. Der steinalte Challenger auf einer suboptimalen Plattform hat wohl keine tolle Launch Control usw. Einfach 700 PS auf die Hinterreifen losgelassen, meines Wissens nach sogar manuell geschaltet...

Fri Oct 27 20:35:26 CEST 2017    |    DoNuT_1985

@rusty2 Absolut... wenn ich mal in die USA komme und das Mietwagenbudget hergibt, wär ein Mustang natürlich meine erste Wahl. Auch, wenn man da einen handgeschalteten V8 wohl nicht so einfach bekommt.

 

Im Alltag wird es wohl ein Traum bleiben, obwohl selbst Volle-Hütte-Exemplare um 60.000€ Listenpreis aufgrund des Wertverlusts bald mal in erreichbare Dimensionen kommen. Versicherung und Steuer wären zwar immer noch eine Marke, aber wenn man sich was leisten will... ich denke nur, die Nachbarschaft mit eine Tiefgaragenausfahrt direkt in eine Wohnstraße würde das tägliche V8-Gebell beim Anlassen und Ausfahren nicht gerade goutieren. :D

Deine Antwort auf "#42 - I fell in love with a .... Pony"