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Audi A4 8E 3.0i auf LPG

Warnung: Dieser Blog gefährdet Ihre Dummheit. Nicht für Bildzeitungsleser geeignet! Als LPG-Umbaublog angefangen liegt der Schwerpunkt nun auf Verbrennungstechnik bei Otto- und Dieselmotoren.

Mon Apr 23 15:46:35 CEST 2018    |    GaryK    |    Kommentare (53)    |   Stichworte: Stickoxide

Im zweiten Teil zum Thema "Stickoxide" gehts nun um die Realität der Euro-5 Diesel sowie die "Vorschriften", die sowas angeblich zugelassen haben. Ums vorweg zu nehmen - würden wir als Bürger das Steuerrecht bzw. die daraus entstehenden Zahlungsverpflichtungen derartig großzügig "interpretieren", säßen wir alle im Knast. Warum Stickoxide limitiert sind? Eigentlich wärs einen eigenen Artikel wert. Die BLÖD Zeitung und denen intellektuell ziemlich nahestehende Foristen weist immer wieder darauf hin, dass der MAK Wert weitaus höher ist. Was aber nicht interessiert - MAK Werte sind Kurzzeitexposition "junger und gesunder Menschen", für die Bevölkerung gelten jedoch solche Werte, die alle (also auch Kinder, Alte und Kranke) wahrscheinlich nicht beeinträchtigt. Wer eine Kurzzusammenfassung lesen möchte:

 

 

... diese Stellungnahmen waren u.a. die "wissenschaftliche Reaktion" auf den ziemlich weichgespülten Abschlussbericht der VW Kommission. Leitung: Sigmar Gabriel, ehemaliges VW Aufsichtsratsmitglied und als Niedersachse (bzw. dessen Politiker) quasi Miteigentümer. Für die Politik ist im Zweifelsfall (also immer) "alles noch nicht ausreichend geklärt", "es gibt noch Forschungsbedarf...." um einen Grund zu finden nicht handeln zu müssen. Besonders die Datensammlung von Frau Prof. Peters gibt eine gute Übersicht über den Stand der Forschung. Und da steht nicht wirklich "eigentlich ists halb so wild". Ganz im Gegenteil. Sieht das Positionspapier der deutschen Gesellschaft für Pneumologie sowie das Schweizer Umweltministerium sehr ähnlich.

 

Sonstige Studien: http://erj.ersjournals.com/content/38/2/303 " Another systematic review of the health effects caused by environmental NO2 reported that there was moderate evidence that short-term exposure (24 h), even for mean values <50 µg/m³ NO2, increased both hospital admissions and mortality [21]. The review also reported that there was moderate evidence that long-term exposure to an NO2 level below the World Health Organization (WHO) recommended air quality annual mean guideline of 40 ?g·m?3 was associated with adverse health effects (respiratory symptoms/diseases, hospital admissions, mortality and otitis media)."

 

 

Und https://academic.oup.com/aje/article/165/4/435/109238 sagt: "A consistent effect on all causes of death was found for both sexes and age groups by all indicators of air pollution. The effects appeared to increase at nitrogen dioxide levels higher than 40 µg/m³ in the youngest age group and with a linear effect in the interval 20–60 µg/m³ for the oldest. An effect of all indicators on cardiovascular causes, lung cancer, and chronic obstructive pulmonary disease was also found in both age groups and sexes. The effects were particularly strong for chronic obstructive pulmonary disease, which appeared to have linear effects, whereas cardiovascular causes and lung cancer seemed to have threshold effects. Results show that vulnerable persons with chronic obstructive pulmonary disease and the elderly seem to be susceptible to air pollution at lower levels than the general population."

 

https://www.uniklinikum-jena.de/.../...%9Fert%20Herzinfarktrisiko.html

 

"Prof. Matthias Schwab, Leitender Oberarzt der Klinik für Neurologie und Koautor der Studie erklärt: „Das akute Herzinfarktrisiko in unserer Studie verdoppelte sich in etwa, wenn die Stickoxidkonzentration innerhalb eines Tages um 20 Mikrogramm pro Kubikmeter anstieg“. „Rasche Anstiege der Stickoxidkonzentrationen treten auch in einer vermeintlich sauberen Stadt wie Jena etwa 30-mal pro Jahr auf. Verantwortlich hierfür ist wahrscheinlich ein ungewöhnlich hohes Verkehrsaufkommen oder meteorologische Faktoren, die eine Smogentwicklung begünstigen“, führt Dr. Rakers weiter aus."

 

Die "Wissenschaft" ist sich relativ einig, dass die NO2 Grenzwerte streng sind, aber eher zu hoch als zu tief angesetzt sind. Was manche "Bild/Focus" Experten unter Verweis auf MAK Werte schreiben ist an Schwachsinn kaum zu überbieten.

 

WHO Paper zu NOx samt Quellenangaben: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK138707/ ... siehe auch https://academic.oup.com/ije/article/27/6/995/668541 (1998), https://academic.oup.com/ije/article/29/5/862/821457 (2000) oder https://erj.ersjournals.com/content/38/2/303 bzw. für den Einfluss von NOx auf Kinder bzw. Schwangere https://link.springer.com/article/10.1186/1476-069X-9-6

 

Kommen wir nun zum Standard-Schuldigen sobald es um Dieselmotoren bzw. NOx geht. Angeblich ist die EU an allem Schuld. Thema "ungenaue Vorschriften" . Was ist eigentlich "gefordert"? Relevant ist die EU Richtlinie 715/2007, diese ist im Originaltext unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32007R0715&from=de abrufbar.

 

Was steht drin? Noch kein Grenzwert, aber die grundlegenden Anforderungen.

 

Zitate aus dieser Vorschrift - Artikel 4 Absatz 2:

Zitat:

Die von dem Hersteller ergriffenen technischen Maßnahmen müssen außerdem sicherstellen, dass die Auspuff- und Verdunstungsemissionen während der gesamten normalen Lebensdauer eines Fahrzeuges bei normalen Nutzungsbedingungen entsprechend dieser Verordnung wirkungsvoll begrenzt werden.

Artikel 5

Zitat:

(1) Der Hersteller rüstet das Fahrzeug so aus, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht.

 

(2) Die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, ist unzulässig. Dies ist nicht der Fall, wenn:

 

  • die Einrichtung notwendig ist, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten;
  • die Einrichtung nicht länger arbeitet, als zum Anlassen des Motors erforderlich ist;
  • die Bedingungen in den Verfahren zur Prüfung der Verdunstungsemissionen und der durchschnittlichen Auspuffemissionen im Wesentlichen enthalten sind.

Was eine Abschalteinrichtung ist, das steht in den Begriffsbestimmungen.

 

Zitat:

"Abschalteinrichtung" ein Konstruktionsteil, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl (UpM), den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird.

Zwei wichtige Punkte: Den Passus "dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht" kann ich als juristischer Laie sogar so lesen, dass die präzisen NEFZ Vorgaben für Grenzwerte nicht nur bei Test-Temperatur und -Bedingungen, sondern bei allen "normalen Betriebsbedingungen" einzuhalten seien und der NEFZ ist eben eine Teilmenge davon. Autsch, das wäre bitter. Und damit wären auf einmal alle Diesel dieser Baujahre "illegal". Dürfte der Politik klar sein ....

 

Trotzdem lautet(e) die amtliche Lesart "NEFZ ist NEFZ und alles andere ist nicht begrenzt". Was nicht stimmt. Thema "Abschalteinrichtung" und deren Definition. Wichtig ist der Passus "die Bedingungen in den Verfahren zur Prüfung der Verdunstungsemissionen und der durchschnittlichen Auspuffemissionen im Wesentlichen enthalten sind." ... wenn also z.B. eine Abschaltung des AGR bei bestimmten Lastzuständen im Prüfzyklus enthalten wäre und der Karren schafft die Norm trotzdem - ok. Enge "Thermofenster" wie bei Opel/Mercedes, Zeitschalter wie bei Fiat oder gar gleich eine Prüfstandserkennung wie bei VW - klar illegal, da die Abgasreinigung unter "üblichen Bedingungen" nicht mehr arbeiten kann. Ob sowas installiert ist - bisher hat es das KBA und Verkehrsministerium nicht wirklich interessiert. NEFZ nebst TÜV Siegel bestanden? Ok, Stempel drauf.

 

Apropos Abschalteinrichtung: Auf die Idee, dass diese beim Anlassen des Motor ausnahmsweise zulässig ist - darauf kann auch nur ein EU-Bürokrat kommen. Ein Drehzahlbegrenzer ist unabhängig von diesem unfreiwilligen Humor somit genau so eine "zulässige" Abschalteinrichtung wie die (kurzfristige) Volllastanfettung bei Benzinern. Diese senkt nunmal Temperaturen am Auslassventil und verhindert ein "Durchbrennen" dessen. Wenn der Motor in den ersten Sekunden nach Start "gemäß Kennfeld ohne Lambdaregelung" fährt - ists im NEFZ mit geprüft worden, das ist ok. Wenn ein Hersteller jedoch seinen Motor so bauen würde, dass diese Anfettung bei "normalem Fahrzeugbetrieb" ständig anspricht - hab nicht den Eindruck, dass dieses laut dieser angeblich unklaren / schwammigen EU 715/2007 ansatzweise "zulässig" sein kann.

 

 

Edit und Update 12/2018: Ists auch nicht. Siehe https://www.n-tv.de/.../...Diesel-werden-moeglich-article20771341.html als es um die Zulässigkeit höherer RDE Grenzwerte als "Normgrenzwerte" ging:

Zitat:

Das Gericht stellte fest, dass die Kommission den Euro-6-Grenzwert im RDE-Test gar nicht hätte aufweichen dürfen. Es begründet das damit, dass der Grenzwert von 80 Milligramm laut Verordnung "im praktischen Fahrbetrieb und damit bei den RDE-Prüfungen eingehalten werden" müsse. Das sei eine "wesentliche Bestimmung", die die Kommission nicht abändern könne.

Scheinbar lag ich mit meiner Ansicht gar nicht mal so falsch. IM PRAKTISCHEN FAHRBETRIEB bedeutet, eigentlich hätten die Euro-2 bis 5 Diesel das auch schaffen müssen. Real, nicht Prüfstand. Keine Dauerausnahmen. Egal ob RDE gemessen wurde oder nicht.

 

Das Landgericht Stuttgart siehts genau so: http://lrbw.juris.de/.../document.py?Gericht=bw&nr=26496 .... Eine "Dauerausnahme" ist unzulässig.

 

Das betrifft wie das LG Stuttgart festgestellt hat nicht nur Schummelsoftware zur Prüfstandserkennung, sondern auch die engen "Thermofenster" wie diese u.a. Opel und Mercedes Benz benutzt hat. Wenige Grad um den NEFZ Prüfzyklus herum ist dieses aktiv, sonst "eher nicht". Dass ein AGR mit dem Wasserdampf im Abgas bei Minusgraden des Motors nicht sauber funktionieren kann - bestreitet keiner. Niemand will in diesem einen Eisklumpen züchten. Aber wenn alles schön warm ist - dann ists klar illegal das AGR nur innerhalb des NEFZ Last- und temperaturbereichs zu nutzen und ansonsten "gar nicht". Apropos Temperaturbereich: https://www.gruene-bundestag.de/.../Gutachten_Abschalteinrichtungen

400s nach einem -7°C Kaltstart hat die Abgasreinigung auch im Winter zu arbeiten. Wer die Messungen der DUH/ADAC verfolgt - praktisch betrachtet "vermutlich nicht".

 

Wer übrigens ein Rechtsgutachten zum Thema "Abschalteinrichtungen" lesen will, dem sei die Stellungnahme von Professor Führ (Verwaltungsrechtler) ans Herz gelegt: https://www.bundestag.de/blob/481344/c6f582c8598c9d6b62fcfb2acd012462/stellungnahme-prof--dr--fuehr--sv-4--data.pdf ... dieser verwaltungsrechtlichen Ansicht hat sich die damalige "Regierung" unter Minister Dobrindt (ich enthalte mich einer Wertung über seine Person) "erstaunlicherweise" nicht angeschlossen. Ich würde bei meiner Steuererklärung auch gerne Werbungskosten (bzw. "Motorschutz") deklarieren, ohne deren Notwendigkeit bzw. Angemessenheit überhaupt nachweisen zu müssen und hätte gern die Rückendeckung des zuständigen Finanzministers für diese Einstellung.

 

Update: Mittlerweile ist auch das KBA aus dem 20-jährigen Tiefschlaf aufgewacht. Daimler darf wegen Abschalteinrichtungen AUSSERHALB des NEFZ Zylus zurückrufen (https://www.zeit.de/.../...774000-diesel-zurueckrufen-180611-99-676858). Zitat: "Für das Bestehen des maßgeblichen Test-Zyklus NEFZ sind die in Frage stehenden spezifischen Programmierungen nicht erforderlich". Was nichts anderes bedeutet als "außerhalb ist vermeidbarer Dreck nicht gestattet". Dass bisher "nicht geprüft" wurde scheint vorbei zu sein. Siehe auch https://www.welt.de/.../...el-soll-Diesel-Werte-manipuliert-haben.html ... auch bei Opel gehts nicht darum, dass der Prüfzyklus irgendwie erkannt und umgeschaltet wird, sondern dass deren Motoren auch unter geringen Lasten und moderaten Temperaturen Dreck erzeugen, wo physikalisch/chemisch eigentlich keiner entstehen muss. Aber z.B. Abgasrückführungsventile "billiger" und "haltbarer" konstruiert werden können.

 

Was sich das Ministerium (damals) erarbeitet hat, das ist unter http://www.bmvi.de/.../...t-untersuchungskommission-volkswagen.pdf?... abrufbar. Ich empfehle das zu lesen - viel Blabla und ansonsten nicht viel. Vorher bitte die Folien von Prof. Peters durcharbeiten. Und man vergleiche, was damals unter "Dobrindt" passiert ist und nun abgeht. Siehe https://de.wikipedia.org/.../Alexander_Dobrindt?...

 

Zurück zum Thema. Hätte "man" das sehen können, dass diese Motoren im Alltag dreckig sind? Ja, natürlich. Die Behörde hätte nur hinschauen und die richtigen Fragen stellen müssen. Wie man auch ohne Emissionsprüfstand sowas selbst als Beamter auf dem warmen Bürostuhl herausfindet, ich gehe es gerne beispielhaft an einem Diagramm durch. Dieses Diagramm ist der Studie des DVFG (Flüssiggas-Verband) unter https://www.dvfg.de/.../Untersuchung_HTW-Saarland-NOx-Pkw-final.pdf entnommen. Die sind auf den "abstrusen Gedanken" gekommen, einen PKW nach LKW Kriterien zu untersuchen. In der Abgasnorm für LKW und der starken Abhängigkeit des Verbrauchs von deren Beladung (Masse) ist in dieser Norm als "Limit" nicht die "mg/km" wie beim PKW vorgeschrieben, sondern Milligramm je Kilowattstunde Wellenarbeit. Ein leerer LKW mit 10t hat halt einen anderen Rollwiderstand als ein voller mit 40t. Für Euro-5 LKW liegt das Limit bei 2000 mg/kWh, bei Euro-6 sind es maximal 450 mg/kWh.

 

Für den Euro-6 Astra B16DTH mit rund 140PS@3500 RPM und 300 Nm Spitzendrehmoment sieht dieses Diagramm mit der spezifischen NOx Masse je kWh als Funktion von Drehzahl und Last ("quasi" Gaspedalstellung) wie folgt aus:

 

HTW Emissionskennfeld B16DTHHTW Emissionskennfeld B16DTH

 

Die orangefarbene Linie ist das Limit, was ein Euro-5 LKW maximal ausstoßen darf und die "rote" würde für einen einen Euro-6 LKW gelten. Dieser "frühe" Euro-6 Opel-Motor ist ein typischer Schummeldiesel und hat die PKW Norm irgendwie auf dem Prüfstand geschafft. Ein VW, Fiat, Benz (you name it) dieser Hubraum- und Leistungsklasse hätte nicht anders ausgesehen.

 

Was als erstes auffällt: Das ausgesprochene Emissionsloch weit unten links mit kleinen Lasten. Da ist der sauber. Sonst "eher nicht". Will man den "sauber" fahren, darf man das Gaspedal wirklich nur streicheln und am besten mit Tempomat hinter nem LKW herzuckeln. Spendet auch noch Windschatten...

 

Wie viele Stickoxide kommen raus? Sobald das Gaspedal "relativ unten" ist und 70% Last überschritten werden, dann liegen faktisch "egal bei welcher Drehzahl" über 3000 mg/kWh an. Wie viele Stickoxide sind das je Kilo Brennstoff? Aus dem ersten Teil wissen wir, dass ohne jede Abgasreinigung und 30 Jahre alte Technik etwa 20 Gramm je Kilo "normal" sind. Wenn ich dem Dieselmotor 35% mittleren Wirkungsgrad unterstelle, dann werden aus einem Kilo Diesel mit thermischen 12,6 kWh/kg immerhin 4.4 kWh mechanische Arbeit. Bedeutet aber auch: 3000 mg/kWh mal 4.4 kWh sind somit 13 Gramm Stickoxide je Kilogramm verbrannter Dieseltreibstoff, bei 4000 mg/kWh liegen wir bei fast 18g je Kilo Brennstoff. Wir erinnern uns kurz an den ersten Teil dieses Beitrags - eine "effiziente Abgasreinigung" sieht anders aus. Zum Vergleich: Der Euro-5 LKW Grenzwert von 2000 mg/kWh erlaubt unter den selben Annahmen nur 8.8 Gramm/kg, bei Euro-6 wären es beim Brummi nur 2 Gramm.

 

Da wir aber keinen LKW haben, schauen wir in die Prüfnorm und rechnen etwas: Der Opel Diesel ist mit 5.1 Litern im NEFZ auf 100 km angegeben, kein untypischer Wert für diese Vierzylinder aus der 100kW Klasse. Das sind etwa 4.3 Kilo Brennstoff je 100km bzw. 43 Gramm Brennstoff je Kilometer. Als Euro-5 Diesel mit 160 mg/km Grenzwert erwartet der Prüfzyklus somit spezifische Emissionen UNTER 3.4 Gramm je Kilogramm Brennstoff, bei Euro 6 ists die Hälfte und damit 1.7 Gramm. Theoretisch sollte dieser Motor die LKW Norm packen. Kleines SChmankerl: Je größer und durstiger der Motor, desto geringer haben die "spezifischen Emissionen" in g/kg zu sein. Alltagswerte von real 800 mg/km (Euro-5) und jenseits 400 mg bei Euro-6 bedeuten für den "5l verbrauchenden Diesel" also spezifische Realemissionen von etwa 18 g / kg bzw. 9 g/kg. Erstes schafft man quasi ohne jede Abgasreinigung. Siehe Teil 1, die meisten Diagramme NOx in g/kWh gegen z.B. Partikel enden irgendwo bei 20 g/kg. Übrigens auch vor 30 Jahren, lediglich die Partikelmasse sinkt im Laufe der Zeit deutlich. Dem hohen Einspritzdruck sei es gedankt.

 

Würde ein Amt dieses Emissionskennfeld für verschiedene "typische" deutsche Lufttemperaturen anfordern (was es laut der EU 715/2007 Artikel 13 Buchstabe C, D und E darf und der Hersteller zu liefern hätte), wäre sehr leicht zu ermitteln ob und wo gepfuscht wird oder nicht. Dann kann man sich amtlich vom Hersteller gerne erklären lassen, wieso "sowas" zwingend sein muss und technisch gar nicht anders geht. Idealerweise könnte ein Amt einfach anfordern, wieviel Gramm je Kilo Brennstoff und typischen Temperaturen im gesamten Lastkennfeld bei (a) Kaltstart und (b) Betriebstemperatur emittiert wird. Da sieht dann auch der dümmste Verwaltungsbeamte mit der Vorgabe "Euro 6 sind unter 2 Gramm je Kilo Brennstoff, jenseits 10-20 bedeutet "quasi keine Abgasreinigung", wo der das zu prüfende Fahrzeug zunehmend "dreckig wird". Wie so ein Diagramm aussehen kann wenn die Abgasreinigung tatsächlich funktioniert - siehe https://www.motor-talk.de/.../nox-und-autogas-t5624549.html ... Wahrscheinlich ist jeder Euro-2 Benziner sauberer als das, was VW/Benz (you name it) mit dem Euro-6 Label der Schummeldiesel samt Energieeffizienzklasse-Aufkleber rausgebracht hat. Die hauen auf den ersten 5-10 Kilometern bereits mehr Stickoxide raus als ein Ottomotor während einer kompletten Tankfüllung.

 

Eine andere Option wäre ein simpler mathematischer Ansatz. Auch hier wird das Emissionskennfeld eines Motors genommen, wie man es leicht von LKW Prüfständen erhalten kann und was wie bereits erwähnt ein Hersteller im Rahmen seiner Nachweis- und Kooperationspflicht abzuliefern hat wenns ein Amt anfordert. Man muss sich nur ein paar "typische Lastpunkte" ausrechnen. Wie man sowas macht ist recht einfach. Die Bewegungsgleichung sagt: Gesamtwiderstand ist Rollwiderstand plus Windwiderstand plus ggf. "Trägheitskraft" beim beschleunigen und Kraft für Steigungen. Letzte lass ich außen vor.

 

Rollwiderstand ist typisch 0.01 mal Masse mal Gravitationskonstante

Windwiderstand ist 1/2 mal Luftdichte mal Cw mal Stirnfläche mal Geschwindigkeit hoch zwei

Trägheitskraft ist einfach Masse mal geforderte Beschleunigung.

 

Aus der jeweiligen Kraft kann die Leistung und aus der Leistung bei bekannter Drehzahl (Geschwindigkeit, Gang) nun das angeforderte Drehmoment berechnet werden.

Leistung ist einfach Kraft mal Geschwindigkeit.

Und nun gilt noch Leistung ist Drehmoment mal Drehzahl durch 9550 wenn man die Leistung in kW und die Drehzahl in "pro min" angibt. Schon hat man zusammen mit der Getriebeübersetzung Anhaltspunkte, die man in das Emissions-Diagramm einzeichnen kann.

 

Also nehmen wir ein paar typische Geschwindigkeiten wie die 50 innerorts, 80, 120 und 140 und rechnen dazu Drehzahlen (höchster Gang wenns geht, wir wollen schließlich "sauber" sein) sowie resultierende Drehmomente aus. Die Last ist einfach gefordertes Drehmoment durch maximales Drehmoment. Wenn ich also 300Nm maximal habe und 100 Nm brauche, ist das 33% Last. Für einen Wagen mit genannten 140PS, 3500 RPM bei Nenndrehzahl und maximal 300 NM sowie 1500 Kilo, 0.30 Cw und 2.2 qm Stirnfläche (Hochdachkombi/SUV mehr, Sportwagen weniger) ergibt sich folgendes Bild. Turbos setzen typisch bei 1300-1500 RPM ein, daher habe ich die Drehzahl bei 50 km/h auf 1400 RPM gesetzt um "im Arbeitsbereich des Turbos" zu bleiben.

Fahrwiderstände, Leistungen und DrehmomenteFahrwiderstände, Leistungen und Drehmomente

 

Es ist eins gut zu sehen: Man braucht im "Alltagsbereich" erstaunlich wenig Last um die Fahrt konstant zu halten, aber Beschleunigung mit nur 1 m/s² (bzw. "kaum 27 Sekunden" für 0->100 km/h) fordert einiges ZUSÄTZLICH ab. Ab 120 km/h ist sogar die Last in Summe über 100% und damit die geforderte Beschleunigung nicht möglich. Eigentlich ist man bei "handelsüblichen Beschleunigungen" jederzeit über 50% Last, somit außerhalb der Grenzen jeder installierter Emissionsminderungsmaßnahme. Was die "roten Wellen" in Innenstädten bzw. "Känguruh-Verkehrsfluss" besonders emissionsstark gestaltet und somit Anwohner wie Mess-Stationen "freut".

 

Kurz gesagt: Es wäre IMHO leicht zu prüfen gewesen, ob die Hersteller die Wirksamkeit von Emissionsminderungsmaßnahmen herabsetzen und für diese Bereiche Erklärungen anzufordern. Zwischen den geforderten 1,7 bis 3,4 Gramm je kWh im Normzyklus (Euro-6 bzw. 5) und jenseits 10 g/kg außerhalb stellt sich die Frage nicht wirklich.

 

Wenn ich kein hauptberuflicher Sarkast wäre, dann könnte ein EU konformes Software-Update auch so aussehen, dass der Hersteller alle Regionen des Kennfelds für Dauerbenutzung (wie länger als 60 Sekunden) sperrt, bei denen die spezifischen Emissionen 50% des ohne jede Emissionsminderung "maximal möglichen Wertes" übersteigen. Was wäre das für ein Aufschrei an deutschen Stammtischen. Dieselfahrer "kastriert" und "rollende Verkehrshindernisse". Aber "konform" mit EU Vorgaben, gut für Anwohner und ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Chiptuner.

 

Es heißt so schön - ein Pessimist ist ein Optimist mit Lebenserfahrung. In dem Sinne - Prost! Auf die nächsten politischen Dummheiten, die nach "erfolgreicher Regierungsbildung" vermutlich nicht lange auf sich warten lassen werden. Auf Lobbyisten mit viel Geld und inkompetente Politiker ist immer Verlass, eine tolle Mischung!

 

PS: Leider hab ich kein Emissionskennfeld eines neuen Euro-6D Diesels mit typisch 50 mg/km und weniger. Mich interessiert brennend, was das Ding bei "außendienstlertypischen 160-180" bzw. der "platz da, ich bin wichtig" Fahrweise raushaut.

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Mon Apr 02 14:04:24 CEST 2018    |    GaryK    |    Kommentare (16)    |   Stichworte: Stickoxide

In diesem Artikel möchte ich einen kleinen Exkurs zu Stickoxiden geben. Sind heutzutage in aller Lungen äh Munde und vor allem möchte ich die innermotorischen Minderungsmaßnahmen (stark vereinfacht) erläutern, dazu gehört vor allem AGR. Die berüchtigte Abgasrückführung. Und zudem "sequenzielle Einspritzung", auch "serielle" genannt. Ist das selbe.

 

Grundlagen, die ich nicht wiederholen möchte: https://de.wikipedia.org/wiki/Stickoxide#Thermisches_NOx

 

Ein wichtiger Hinweis darin verweist auf https://de.wikipedia.org/wiki/Zeldovich-Mechanismus

 

Zitat: "Die Bildung von Stickoxiden wird begünstigt durch hohe Brennraumtemperaturen oberhalb ca. 2200 K und Vorhandensein einer ausreichenden Sauerstoffkonzentration im Gemisch oberhalb Lambda=1. Bei der Expansion (Anm.: Arbeitstakt beim 4-Takt-Verbrennungsmotor) findet zunächst eine leichte NO-Rückbildung statt, die aber schnell abklingt, da die Reaktionen bei Unterschreiten von 2200 K einfrieren. "

 

Etwa 2200 Kelvin sind etwa 1900°C. Diese werden bei den üblichen Flammen durchaus erreicht, wesentlich ist beim Zeldovich-Mechanismus dabei der Hinweis auf Lambda=1 bzw. knapp drüber. Zudem spielt die Sauerstoffkonzentration eine Rolle. Die höchste Temperatur wird bei Lambda=1 erreicht, aber wie hoch diese ist legt die Sauerstoffkonzentration fest. In Sauerstoff brennen Flammen wesentlich heißer als in Luft, siehe Schweißgeräte - Acetylen/Sauerstoff. Nicht Acetylen/Luft. Der Ottomotor fährt bei Lambda=1, hat aber kein NOx Problem - der Kat kann bei Lambda=1 NOx wirkungsvoll reduzieren. Was beim Diesel bzw. dessen Abgasen nicht geht, denn die Edelmetalle des 3-Wege-Kats werden vom Überschuss-Sauerstoff belegt und das wars mit der katalytischen Aktivität.

 

Pfiffige argumentieren nun, dass Dieselmotoren deutlich über Lambda=1 betrieben werden, da diese durch die Brennstoffmenge und nicht durch die Luftmasse geregelt werden. Stimmt. Dummerweise ist das nur die halbe Wahrheit.

 

Ausbreitung Dieselkraftstoff im BrennraumAusbreitung Dieselkraftstoff im BrennraumWeil: Ein Kraftstofftropfen verbrennt nicht als Flüssigkeit, sondern es brennt der Dampf ÜBER der Flüssigkeit bei Kontakt mit Sauerstoff. Also die direkte Umgebung des Tropfens bzw. Dieselstrahls. Und diese Umgebung ist direkt am verdampfenden Tropfen / Strahl nunmal fett, ziemlich weit weg an der Brennraumwand "ziemlich" mager. Und dazwischen gibts eine Zone dicht am Tropfen bzw. Strahl, wo wir nahe bis knapp über an Lambda=1 sind. Und das ist bei üblicher Sauerstoff-Konzentration die Zone, wo die Temperaturen für Stickoxide und deren Bildung ideal sind. Somit ist das globale "Lambda" des Abgases egal, es kommt auf das lokale Kraftstoff/Luftverhältnis im bzw. am Tropfen/Flammenstrahl an. Nur da entsteht über die lokale Temperatur das NOx und stabilisiert sich, da der nach unten laufende Kolben das Gas expandiert und damit abkühlt, was die einmal gebildeten NOx wiederum stabilisiert.

 

Wie so ein Dieselstrahl aussehen kann hab ich einer Dissertation entnommen: "Potenziale einer Voreinspritzung zur Steuerung der Verbrennungsführung an schweröltauglichen Großdieselmotoren" von Herrn (Dr.) Rabe, Uni Rostok, Abbildung 7-8, siehe Bild.

 

Wir halten also zwischendrin fest: Es braucht hohe lokale Temperaturen während der Verbrennung damit Stickoxide entstehen können. Diese stabilisieren sich durch die abkühlend wirkende Expansion.

Wie hoch nun die lokalen Spitzentemperaturen sind, das legt wiederum die AGR Rate fest.

 

AGR führt (verbranntes) Abgas zurück in den Ansaugbereich. Es wird also ein Gas zugeführt, was deutlich Wasserdampf, Kohlendioxid und zudem weniger Sauerstoff enthält als die Umgebungsluft. Was bedeutet, die Sauerstoffkonzentration im Brennraum sinkt. Und damit die maximal mögliche LOKALE Brenntemperatur in den Zonen, wo lambda=1 knapp überschritten wird. Wodurch die NOx deutlich weniger werden. Es ist in Summe aber immer genug Sauerstoff im Brennraum vorhanden, dass der gesamte eingespritzte Brennstoff in Wärme umgesetzt wird. Eine Zunahme des Verbrauchs ist alleine wegen des AGR nicht zu befürchten, ganz im Gegenteil.

 

Spezifische Stickoxidemissionen als Funktion der SauerstoffkonzentrationSpezifische Stickoxidemissionen als Funktion der SauerstoffkonzentrationWie stark sich das auswirkt ist in der nebenstehenden Abbildung zu sehen, wo die Masse an Stickoxiden je Kilo Brennstoff gegen die Sauerstoffkonzentration (Vol%) aufgetragen wurde. Ohne AGR sind wir bei 21%. Bei "Luft" werden wir mit dem Stand der Dieseltechnik des Jahres 1982 etwa bei 25 Gramm Stickoxiden je Kilo Dieseldurchsatz landen. Die Zahl bitte im Hinterkopf halten, die kommt "wieder". Einfache Rechnung: Wenn ein PKW knapp unter 6 Liter Diesel oder etwa 5 Kilo je 100km verbraucht, dann sind das je KILOMETER also 25g/kg*5 Kilo/100 km und damit 1250 mg/km. Ganz ohne jede Abgasreinigung. Stand 1982, ein simpler (sicherlich "Vorkammer") Versuchsdiesel. Entnommen aus "Diesel NOx emissions—A simple correlation technique forintake air effects"

 

Ein funktionierendes AGR verbessert sogar den Kraftstoffverbrauch, im englischen "Brake Specific Fuel Consumption". AOYAGI, Y. Improvement of BSFC and effective NO x and PM reduction by high EGR rates in heavy duty diesel engine. Combustion Engines. 2017, 171(4), 4-10. DOI: 10.19206/CE-2017-401

 

Es ist nicht wirklich viel Kraftstoffersparnis, je nach Einspritzbeginn bei AGR kann das auch knapp "negativ" ausgehen. Denn dieser Spritzbeginn beeinflusst auch die Partikelmasse und die will man auch "wissen" bzw. beeinflussen, aber immerhin. Mehr oder weniger ist das ein verbrauchstechnisches Nullsummenspiel. Nur muss das ein AGR auch dauerhaft "können", was bei LKW und deren Dauerbetrieb einfacher ist als beim PKW und "ich fahr mal eben zum Briefkasten". Was VW offenbar dazu verleitet hat ein AGR zu bauen, was außerhalb des Prüfstandes grundsätzlich geschützt werden musste. Tolle Konstruktion, deutsche "Ingenieurskunst". Oder wars doch der Kaufmann, der in Serie lieber ein Billigteil baut, sich die Taschen vollmacht und dieses als Motorschutz deklariert? Ich hab eine Befürchtung....

 

Nebenbemerkung: Unter https://data.motor-talk.de/.../stickoxide-7779844204246110554.jpg ist der Unterschied in NOx für Benziner bei Betrieb eines Motors mit Gas oder Benzin gezeigt. Im unteren Drehzahlbereich kein Unterschied, "obenrum" zunehmend. Das kommt auch daher, dass nicht mehr genug Zeit fürs Verdampfen anfällt. Und so Zonen im Brennraum entstehen, die lokal zu fett und zum Ausgleich andere, die lokal leicht zu mager sind. Und schon bilden sich ein paar Stickoxide mehr als geplant.

 

Nächste Option ist die serielle Einspritzung. Dabei wird der Brennstoff nicht nur einmal, sondern auf bis zu 7 Teilportionen getrennt eingespritzt. Was bewirkt das? Die erste Einspritzung sieht noch die volle Sauerstoffkonzentration (wenn AGR aus wäre). Die nächste hat jedoch nur noch das Gas zur Verfügung, was von der letzten übrig ist und zudem ist neues Abgas entstanden. Also eine Art "interne AGR". Zudem kommt durch die "aufgeteilten" impulsartigen Verbrennungen ein etwas weicherer Motorlauf zu stande - der Komfort an sich steigt, die Kiste "nagelt" weniger. Siehe der Übergang von der VW 1.9 TDI Rumpeldüse zu den Common-Rail Systemen. Zwischen dem ersten TDI von VW und dem 220er CDI Commonrail von Mercedes liegen bezüglich Laufruhe Welten.

 

Nachteil: Die serielle Einspritzung kostet etwas Brennstoff. Liegt schlicht daran, dass nicht alles an Brennstoff zum Zeitpunkt des "optimalen Einspritzbeginns" injiziert werden kann, der Kolben steht "leider" nicht still und damit sinkt die effektive geometrische Expansion durch den weiter herunterlaufenden Kolben. Bei LKW und vielleicht 1500 RPM ist diese Methode durch den langsamen Kolben auch bei Volllast und Nenndrehzahl relativ verbreitet, beim PKW Diesel mit bis zu 4500 Touren "eher nicht so sehr". Im unteren Alltagsbereich ist das jedoch eine valide Methode, die sicher auch Gegenstand der Euro-5 "Nachrüstungen" per Softwareupdate sein wird. Problem ist, das verschlissene Injektoren mit nicht wirklich "präzisen Injektionsmengen" bei sequenzieller Einspritzung eher Ärger machen als mit einem einzigen, relativ "langen" Einspritzvorgang. Man sieht / merkt kaputte Injektoren einfach früher. Kommt dazu noch ein klemmendes bzw. hakendes AGR, was unkontrolliert Abgas zurückführt - dann darf man sich über "Geruckel" nicht wundern. Der Diesel saugt schließlich nahezu die selbe Gasmenge an, was aber bei klemmendem AGR und damit Abgasmenge mal viel und mal wenig Frischluft bedeutet. Der Luftmassenmesser bzw. dessen Regelung des AGRs "kotzt" dann quasi.

 

Wer übrigens fürchtet, dass ein Software-Update Leistung kostet, der kann sich abregen. Bei Vollgas ist sowohl die AGR als auch Mehrfacheinspritzung nicht möglich. Bei spätestens 4500 RPM reicht die Zeit so gerade eben, dass ein einziger nennenswerter Einspritzvorgang "vollständig verbrennen" kann. Es gibt halt einen Grund wieso Rennmotorräder bis 16.000 RPM drehen, bei Dieselmotoren aber um 5000 RPM schicht ist. Für zwei "gleichberechtigte" Einspritzungen reichts somit bei Nenndrehzahl und Volllast sicher nicht. Also ändert sich an den für die Leistung entscheidenden Bedingungen bzw. Einspritz-Strategien genau gar nichts. Es geht nur um den 1000-2500 RPM Bereich, wo man in der Stadt und Landstrasse halt rumgurkt. Und eigentlich keine 25PS braucht.

 

Warum verwendet der Hersteller dann kein AGR? Bzw. warum haben diese Helden der Interpretation von EU Richtlinien das AGR nur auf dem Prüfstand an?

 

Die Antwort ist ganz einfach: Weil ein haltbares AGR Geld kostet UND es zu benutzen die Kurzstreckentauglichkeit eines Diesels kastriert. Wir haben oben kurz diskutiert, dass ein "sauerstoffarmes" Gemisch in der Grenzsschicht um den Tropfen herum etwas kälter brennt und somit weniger NOx macht als mit hohem Sauerstoffanteil. Was passiert wenn man etwas nicht richtig erhitzt? Es kokelt mehr. Wissenschatlich ausgedrückt - es entsteht mehr Ruß. Das nennt sich in der Technik "Soot/NOx Tradeoff". Wie sich dieser zudem unter dem Einfluss des Kraftstoffs verändert ist hier gut beschrieben. https://doi.org/10.1016/j.fuel.2016.08.009 mit Fuel Vol. 186, 15 December 2016, Pages 24-34. Abbildung 7. Das ist konsistent mit dem Mollenhauer, "Handbook of Diesel Engines", abbildung 15-36 (Bildzitate).

 

Mollenhauer, "Handbook of Diesel Engines", Abb 15-36Mollenhauer, "Handbook of Diesel Engines", Abb 15-36 Soot/NOx Tradeoff aus doi.org/10.1016/j.fuel.2016.08.009Soot/NOx Tradeoff aus doi.org/10.1016/j.fuel.2016.08.009

 

Der erstgenannte Artikel ist frei zugänglich, als PDF vollständig abrufbar, es wurde ein DAF LKW Motor untersucht. Aus dem Mollenhauer entnehme ich ein Bildzitat. Aufgetragen ist in den zitierten Bildern die Partikelmasse als Funktion der produzierten Stickoxide, jeweils je Kilo Brennstoff. Man sieht gut, egal welche Messung, "man" bewegt sich in jedem Motor und Brennstoff auf einer Kurve. Entweder-Oder, einen Tod muss man sterben. Und wenn nun das AGR zur NOx Minderung tatsächlich benutzt wird, dann wird der DPF schneller voll und will entsprechend früher regeneriert werden. Was Opa mit seinen 5 km zum Briefkasten und einmal die Woche Landstrasse 80 km/h zum Tanztee nicht freuen wird, denn irgendwann muss er in die Werkstatt zur Zwangsregeneration. Weil Filter voll. Zudem ist im Mollenhauer mit seiner Mehrfachauftragung gut zu sehen, wie eine erhöhre EGR sogar den Verbrauch senkt.

 

Zudem ist aus der Abbildung im Mollenhauer gut zu sehen, wie ein erhöhter Einspritzdruck etwas weniger NOx verursacht. Dort wurden 600 und 800 bar vermessen, mittlerweile sind wir im PKW bei bei 1500 bar. Daher wäre eigentlich "weniger NOx" als Startwert zu erwarten, die 20 g/ kg sind schon viel im Vergleich zu dem DAF LKW Motor mit seinen knapp 10 g/kg.

 

Umgekehrt erklärt der Soot/Nox Tradeoff auch, wieso die Dreckschweine mit stillgelegtem AGR und manipuliertem Filter beim TÜV nicht zwingend auffallen. Die sind stark auf der NOx Seite, gemessen wird aber die Trübung ("Partikelmasse") im Abgas. Somit kommen die tatsächlich durch den Trübungstest, selbst (teilweise) mit leergeräumtem DPF. Was übrigens ein kreativer TÜV mit einer ganz billigen portablen NOx Sonde, wie z.B. BMW diese in den N53 Motoren verwendet plus einer lokalen Anzeige der NOx Konzentration auch erfassen könnte. Damit hätte der TÜV sowohl Trübung als Maß der Partikel und parallel NOx erfasst, wodurch manipulierte AGR und DPF sowie diverse "Tuningchips" und "Kennfeldoptimierungen" supereinfach auffallen. NOx hoch, wenig Partikel -> AGR weg.

 

Mittlerweile gibts auch billige Partikelzähler bis in den Feinstbereich - man stelle sich dieses zusammen mit einer NOx Sonde und nem kleinen Akku als Messgerät vor und klemmts an den Auspuff. Ggf. fährt man eine Runde und schaut, was an NOx und Partikeln bei mittlerer Last rauskommt. Ohne AGR gibts keine Chance NOx zu vermeiden und damit zeigt die Sonde sehr sicher defekte und/oder manipulierte Fahrzeuge an. Gerade im Leerlauf fällt ein manipuliertes AGR sowas von auf. Plakette weg, Karre stillgelegt. Bei einer kleinen Prüffahrt um die Prüfanstalt und ebenfalls NOx bei mittlerer Last gemessen würden die "Software-optimierten" ohne ABE ebenfalls auffällig werden.

 

Aus dem Bild lässt sich übrigens indirekt noch was "nettes" zum aktuellen Dieselskandal ablesen. Angenommen, wir haben einen Diesel, der 120 km/h fahren kann, dabei 5l Kraftstoff (bzw. 4,2 Kilo) verbraucht. Solls geben. Ohne Abgasreinigung als LKW Motor (siehe Diagramm) rund 10 g/kg NOx bedeutet auf den PKW übertragen ganze 42 Gramm Gramm Stickoxide je 100km bzw. 420 mg/km. Schön wärs wenn die meisten PKW der Euro-5 Ära dort landen würden. Die sind schlechter, in der Literatur wurde nämlich ein LKW Diesel untersucht und dieser hat eine übersichtliche Literleistung. Hochgezüchtete PKW Diesel schaffen mehr.

 

Es geht praktisch weitaus schlechter: Man gucke sich unter https://www.umweltbundesamt.de/.../...uro-5-_und_euro-6-diesel-pkw.pdf an, was die im Handbuch für Emissionsfaktoren vermessenen / dokumentierten Euro-5 und Euro-6 Diesel-PKW raushauen. Nahe 1000 mg/km sind auf der Autobahn kein Problem. Man sieht auch gut, welche Fahrzeuge offensichtlich wenigstens ab und zu reinigen - als positives Beispiel sei der 320er BMW im Euro-5 Segment genannt. Negativ fällt der kleine Fiat Doblo auf ... 2500 mg/km auf der Autobahn - ne kleine rollende Salpetersäure-Fabrik. Wundert nicht, da der Doblo wenig Leistung bei hohem Cw x A hat, damit relativ viel Last (=Brennstoff) sieht und damit läuft der Motor bei einem für kleine Diesel mit begrenzter Luftmasse eher "kleinen" und damit "heißen" Lambda. Wo der viele Brennstoff mangels Hubraum und Luftmasse auf relativ wenig Sauerstoffüberschuss treffen kann. Bei "quasi" Vollgas entfällt auch AGR, die serielle Einspritzung sowieso. Diesem Wert dürften sich übrigens alle Diesel nahe Vollgas annähern bzw. diesen ggf. noch toppen. Je kleiner und "sparsamer" der Motor, desto absolut betrachtet früher passiert das. Gerade diese "kleinen" Spardiesel sind bei schwerem Gasfuß auf der Autobahn die größten Dreckschweine.

 

Auch Messungen aus der Schweiz zeigen nichts anderes: https://awel.zh.ch/.../RSD_Bericht_2017.pdf

Realemssionsmessungen SUIRealemssionsmessungen SUI

 

Und damit bin ich halb in der Politik bzw. deren systematischem Versagen als Aufsichtsbehörde über kaum 20 Jahre drin. Auf die "rechtlichen Grundlagen" und wie die Politik systematisch als Aufsichtsbehörde versagt hat (Thema Emissionsvermeidung wo möglich) gehe ich in einem kommenden Artikel ein.

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Der Schuldige

GaryK GaryK

Senior Chaos Engineer

BMW

Mittvierziger, GebrauchtfahrzeugbiszumTüvTod Fahrer.

 

Forenpate / Moderator "Alternative Kraftstoffe, Sportwagen, Rover, BMW"

Informationen

LPG macht süchtig.

 

Ehemals:

  • Honda Civic GT 1.5i, BJ 1985. Kein Gewicht, kein Fahrwerk.
  • Ford Escort 1.6 Ghia, viel Durst um nichts.
  • Vectra B 1.8/16V Edition 100, LPG Landi Renzo IGS, gekauft bei 66.000 km,verkauft bei 220.000 km. Zuverlässiger Poltergeist.
  • Audi A4 3.0i, LPG mit BRC Plug & Drive, gekauft mit 82 tkm und sofort auf LPG umgebaut. 247 tkm und "Tod durch abgerissene Zündkerze". Bei einer Inspektion. Statt "Kopf ab und ausbohren" geht die eben nach Polen. Die Karre zickte an allen Ecken, aber NICHT wegen LPG. Es sei denn, ein kaputtes Schaltsaugrohr / Schiebedach / Querlenker kommt von dessen negativer Aura.
  • BMW Z4 Coupe E86, 3.0SI, gekauft bei 83.000 km. LPG ist drin, rennt wie Hölle

 

(ehemalige) Motorräder:

  • GSX400E
  • XJ600 (51J)
  • YZF600R - hammergeile Ergonomie, Fahrwerk / Motor suboptimal
  • GSX-R 750 mit LSL Lenkerumbau. Geiler Motor und Fahrwerk, aber leider suboptimale Ergonomie.

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