Tesla Model 3: Technik, Produktionskosten, Karosserie, Motor

Tesla Model 3 Model 3
Detroit – Seit 109 Jahren setzt man in Detroit Autos zusammen. Seit Februar 2018 wurden in Motor-City zwei Neuwagen Schritt für Schritt zerlegt. Sicher nicht das erste Mal, aber: Nun hängen die Einzelteile der beiden Tesla Model 3 an den Wänden eines Lagerhauses am Stadtrand. Die nackte Karosse steht in der Mitte. Alles wurde vermessen, untersucht und mit Bauteilen der Konkurrenz verglichen.
So wollten die Technik-Berater von Munro & Associates Fragen klären, die Tesla-Fans mindestens so sehr interessiert wie die etablierten Autokonzerne: Wo ist Teslas neues Modell den Autos der Etablierten überlegen? Was machen die traditionellen Hersteller besser? Und: Kann das erste Volumenmodell des E-Autobauers in dieser Form ein wirtschaftlicher Erfolg werden?

Tesla Model 3: Karosserie zu aufwendig


Gleich vorweg: Laut Meinung der Techniker macht Tesla bei seiner Mittelklasse-Limo vieles richtig. Die Karosserie-Fertigung gehört allerdings nicht dazu. Unternehmensgründer Sandy Munro spricht gegenüber dem US-Medium Bloomberg nicht etwa von klappernden Türen oder zu großzügigen Spaltmaßen. Das wurde alles schon gesagt.
Nun geht es nicht mehr um Verarbeitungsmängel, sondern um Substanzielles. Die Grundkarosse sei zu schwer, außerdem zu aufwendig in der Produktion. Häufig ist die Ursache die gleiche. Tesla ziehe Streben ein, wo diese zur Gewährleistung der Stabilität gar nicht notwendig seien. Man nutze über das gesamte Fahrzeug gesehen zu viele unterschiedliche Befestigungsarten – und an manchen Stellen mehrere zugleich.
„Unüblich, hier zu verschrauben“ steht mit Edding-Stift geschrieben auf einem Querträger der entblößten Rohkarosse, „Tür-Entnahme sehr arbeitsintensiv“ ist im Bereich der vorderen Angeln vermerkt. Den hinteren Radlauf beschriftete man an der Innenseite mit Zahlen von eins bis neun – so viele verschiedene Teile werden dort zusammengeschweißt. Branchenüblich ist an dieser Stelle die Fertigung aus „einem Guss“. So wie bei einem der Vergleichsmodelle, dem elektrischen Chevrolet Bolt. Das zweite Benchmarking-Fahrzeug spielt in dieser Hinsicht außer Konkurrenz: Die Karosse des Kompakt-Stromers I3 fertigt BMW aus Carbon.

Theoretischer Margen-König


Gewinnträchtiger als Chevy Bolt und BMW I3 wäre Teslas Model 3 wohl. Die Produktionskosten schätzt Munro auf 34.700 Dollar (rund 30.250 Euro). Der Verkaufspreis des zerlegten, heckgetriebenen Modells in der Long-Range-Variante beträgt in den USA rund 50.000 Dollar (ca. 43.600 Euro). Bei den Vergleichskandidaten fällt die Marge laut dem Technik-Berater theoretisch niedriger aus. Ziehe man das angekündigte Basismodell mit kleinerem Akku zur Analyse heran, könne das Model 3 die beiden anderen E-Autos bei den Fertigungskosten unterbieten: Weniger als 30.000 Dollar (rund 26.200 Euro) pro Exemplar seien denkbar. Dabei kalkuliert Munro & Associates jeweils ohne die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung.
Der Haken: Tatsächlich dürfte Tesla die Produktion eines Model 3 deutlich mehr kosten. Man operiert in Fremont mit vergleichsweise mehr Personal als irgendein anderer Volumenhersteller. Trotz hohem Automatisierungsgrad sind 10.000 Personen angestellt. 35 bis 40 Prozent der Mitarbeiter könne man mit einem geeigneten Karosserie-Konzept entbehren, glaubt Munro. Dann ließen sich auch einige Roboter aussortieren. "Sie machen die Fehler noch einmal, aus denen alle anderen bereits gelernt haben", fasst Munrio zusammen.

Tesla Model 3 scheint antriebstechnisch überlegen


Die Schlussfolgerung des Branchen-Experten: Würde ein erfahrener Hersteller das Model 3 fertigen, wäre es ein überbordender Markterfolg. Ein Fall von Tesla-Bashing? Im Gegenteil, eher ein Hinweis auf den technologischen Vorsprung von Tesla bei vielem, das mit Elektronik und Software zu tun hat. Die Akkus von Panasonic seien mit einem der besten Batterie-Managementsysteme überhaupt ausgestattet und damit wohl langlebiger als viele Konkurrenzprodukte. Das Model 3 komme außerdem mit weit weniger Kabeln aus als andere Stromer – weil viele Elektronik-Komponenten bereits in die kompakten Leiterplatten integriert sind.
Teslas E-Motor ist in der Produktion günstiger als die Antriebe in den untersuchten Konkurrenzprodukten. Munro schätzt die Kosten auf 754 Dollar (657 Euro), die Motoren von I3 und Bolt dürften rund 40 Dollar (35 Euro) teurer sein. Mit 46 Kilogramm ist das Tesla-Aggregat das leichteste der drei. Außerdem: „Abgefahren schnell.“
Munro meint damit weniger die Spitzenleistung als die Leistungsentfaltung. Die Technik-Berater glauben, beim Auseinandernehmen den Grund gefunden zu haben. Das magnetische Bauteil besteht aus vier zusammengeklebten Permanentmagneten. Ihre Ausrichtung ermöglicht den so genannten Halbach-Effekt: Auf der einen Seite hebt sich der magnetische Fluss praktisch auf, auf der anderen wird er noch verstärkt. Klingt reichlich nerdig, doch den Effekt merkt jeder: Die Bauweise sorgt für ein besseres Ansprechverhalten.

Fazit


Die Schlussfolgerung von Munro & Associates nach insgesamt 6.600 Arbeitsstunden: Bei der Grundkonzeption von Antriebs- und Batterietechnik ist Teslas Model 3 dem Chevy Bolt, dem BMW I3 und vielen anderen Stromern überlegen. Bei Karosserie-Konzeption und Produktion agieren die etablierten Hersteller cleverer.
Gut, hier haben sie mitunter mehr als 100 Jahre Erfahrungsvorsprung auf den Branchenneuling. Den Strom stellte man dagegen bei Tesla früher und konsequenter an. Ob die etablierten Hersteller hier schneller lernen als Tesla im Bereich des "Stahlbiegens"?

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203 Antworten

Ich muss @KaJu74 völlig Recht geben. Ein Auto ist nicht gleich qualitativ schlecht, weil man keine Ledersitze bekommen kann und die Ausstattungsmöglichkeiten eher unterdurchschnittlich sind. Wer darauf Wert legt muss sich derzeit woanders umsehen und hat ein Problem, wenn er ein Elektroauto möchte.
Mir gefällt das Kunstleder im Tesla nicht. Da wäre mir ein wirklich hochwertiger Stoff lieber, insbesondere sollte man das im Model S anbieten. das gilt aber auch für viele Leder, insbesondere die Basisleder bei ABM sind derart beschichtet, dass das mit Leder nicht mehr viel zu tun hat. Atmungsaktive, aber auch empfindliche Naturleder oder Semianilinleder findet man in der Preisklasse eigentlich nicht.

Das man nicht so extrem viele Varianten anbietet dürfte auch der Tatsache geschuldet sein das Tesla eben kein riesiges Unternehmen ist. Das Variantenreichtum die Kosten in die Höhe und die Margen in den Keller treibt sieht man an VW ganz gut.
Die Innenräume sind aber so schon edel und speziell genug, da bräuchte es meiner Meinung nach auch keine 5 Millionen Innenraumfarben und Ledersorten.

Zitat:

@KaJu74 schrieb am 24. Oktober 2018 um 10:45:52 Uhr:



Ist sehr schwer das genau zu definieren, da dies alles rein optisch und haptisch ist. Wirkt bestimmt auch nicht auf alle Personen gleich. Aber auf mich wirkt es billig. Muss man wohl selber "erleben".


Danke für deine Antwort.
Auch wenn du eigentlich nichts sagst.
Ich kann verstehen, wenn jemand sagt er vermisst:
- Zentraltacho
- HUD
- Massagesitze
- belüftete Sitze
- Millionen von Farb-/Naht-/Lederkombies
Dann ist das so.
Aber einfach zu sagen, das ein Tesla qualitativ schlechter ist, finde ich etwas pauschal und unpassend.
Deshalb meine Nachfrage.
Und ich erlebe es seit fast 5 Jahren.
Ich habe den Unterschied von meinem 2014er Model S und meinem neuen Model S erlebt.
Und ich komme von Audi. Und ich fühle mich sehr wohl.
Aber wie du vollkommen zu Recht schreibst, da muss sich jeder selbst ein Bild von machen.

Da tickt halt jeder etwas anders. Von einem Audi zu einem Model S zu gehen und es nicht als störend zu empfinden ist für mich zum Beispiel unvorstellbar.

Und meine Aussage war definitiv nicht, dass ein Tesla allgemein "qualitativ schlechter ist". Ich war da aus meiner Sicht sehr vorsichtig mit der Wortwahl. Qualität hat viele Facetten und diese werden von allen anders empfunden, gewertet und gewichtet. Einige sind klar messbar. Und andere sind schwierig zu spezifizieren, ahnlich wie das Design von einem Auto nicht jedem gleich gefällt.

Wieso finden empfinden viele Aluminium hochwertiger als Plastik? Wie lässt sich das definieren?

Warum finden die einen unterschäumte Armaturen hochwertiger und haptisch besser als Hartplastik? Und andere merken keinen Unterschied?

Aber über Geschmack lässt sich halt nicht streiten. Wenn es dir gefällt ist doch alles gut.

Wir sind ja beide nicht alleine mit unserer Meinung, wenn man sich so umhört/liest.

Alles richtig gemacht, TESLA.

Zitat:

Tür-Entnahme sehr arbeitsintensiv

???

Das Problem von umständlich zu demontierenden Türen zeigt sich sicher im Schnitt EINMAL im Autoleben.

Dennoch ist mir der Tesla weitaus lieber als ein Elektro-Prius in all seiner Langweiligkeit und Altbackenheit.

Ich erwarte von Tesla einfach, daß alles Althergebrachte hinterfragt wird, neue, unbekannte oder unorthodoxe Wege gegangen werden.

Aber wie heißt es doch? Kritik am Genie ist immer gegenstandslos.

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Zusammen sind das dann um die 45 - 50% Einsparpotenzial an Mensch und Maschine geschätzt. Das ist schon eine Hausnummer!

Zitat:

@x4253 schrieb am 24. Oktober 2018 um 10:49:05 Uhr:


Wie vorhin erwähnt, ist der PU SItzbezug bei Tesla nicht wirklich billig.

Sieht aber leider billig aus.

Ich finde, selbst die Standard Stoff-Sitze sehen im Model S/X nicht billig aus, siehe Bild 1 - die sind auch eine gute Alternative, wenn man nicht das Voll(kunst)leder will. Mittlerweile gibt's auch wieder die perforierten und belüfteten Sitze in den P-Modellen, siehe Bild 2.
Dass das Model 3 da mit seinen Sitzen nicht ganz rankommt, war abzusehen, aber wenn man mal nicht irgendwelche verpixelten Bilder aus Gebrauchtwagen-Börsen nimmt, sondern gut aufgenommene Fotos - sieht das für mich völlig in Ordnung aus, siehe Bild 3. Und mit den Ultra White Sitzen bietet Tesla zudem etwas an, was es meines Wissens sonst bei keinem Hersteller gibt (Bild 4).
Und wenn die Sitze auch "zu gut" gebaut sind, so wie die Karosserie, dann dürfte man auch in gebrauchten Model 3 dort noch gut sitzen. ;)

Tesla Model S/X Stoff-Sitze
Sitzbelüftung Model S/X
Model 3 Interieur
+1

Zitat:

@Dynamix schrieb am 24. Oktober 2018 um 11:09:44 Uhr:



Die Innenräume sind aber so schon edel und speziell genug, da bräuchte es meiner Meinung nach auch keine 5 Millionen Innenraumfarben und Ledersorten.

Anbei der Innenraum des Model S Facelift 2017.

Sehr edel und speziell?

Facelift-fuer-das-model-s-560x373-fa05872ac2ee3d50

Zitat:

@Pointleader schrieb am 24. Oktober 2018 um 11:27:23 Uhr:



Zitat:

@Dynamix schrieb am 24. Oktober 2018 um 11:09:44 Uhr:



Die Innenräume sind aber so schon edel und speziell genug, da bräuchte es meiner Meinung nach auch keine 5 Millionen Innenraumfarben und Ledersorten.

Anbei der Innenraum des Model S Facelift 2017.
Sehr edel und speziell?

Ich empfinde das schon als was anderes. Schau dir mal das Cockpit des Model 3 an. Seeehr reduziert. Das einzige was mich da optisch wirklich stören würde wäre das nicht vorhandene HUD und vielleicht noch das etwas billig wirkende Lenkrad. Ansonsten wirkt das schon eher edel als billig.

Immerhin ist Tesla konsequent. Wenn sie demnächst in der Gigafactory die Autos und Akkus mit selbst erzeugter, regenerativer Energie herstellen, passt es nicht, Häute toter Tiere mit Haltung aus grottiger Klimabilanz zu verkaufen.
Die Produktion des Model 3 fährt ja erst hoch. Das 500.000ste Model 3 wird günstiger in der Herstellung sein als das 100.000ste, und das 1 Millionste günstiger als das 500.000ste.
Das ist bei jeder Produktion so, dass die Herstellungskosten/Stück mit steigender Produktion sinken.

Vor dem Hintergrund macht es zumindest Sinn das man das Basismodell noch nicht produziert. Wenn man natürlich erst einmal die teuren Modelle produziert verdient man an den niedrigeren Stückzahlen etwas mehr. Wenn dann mit steigender Produktion die Kosten sinken lohnt sich das Basismodell auch aus finanzieller Sicht mehr. Geld kann Tesla bei den vielen Baustellen sicherlich gut gebrauchen. Neue Fabriken für Autos und Akkus, Infrastruktur für die Autos, gesteigerte Produktion, dass alles kostet RICHTIG Geld.

Zitat:

@tnlive schrieb am 24. Oktober 2018 um 09:55:54 Uhr:



Zitat:

@Zephyroth schrieb am 24. Oktober 2018 um 09:49:29 Uhr:


Typisch deutsch. Da baut einer das sicherste Auto der Welt, mit einem absolut überragenden elektrischen Antriebsstrang und der Deutsche bemängelt die Nähte beim Leder...
...

Es ist nicht DAS sicherste Auto.
...

Doch, es ist DAS sicherste Auto. Im Moment.

Nhtsa-unfallrisiko

Zitat:

@Harald-DEL schrieb am 24. Oktober 2018 um 11:44:30 Uhr:



Zitat:

@tnlive schrieb am 24. Oktober 2018 um 09:55:54 Uhr:



Es ist nicht DAS sicherste Auto.
...

Doch, es ist DAS sicherste Auto. Im Moment.

Gleich nach dem Mustang.

:D

Kann es sein, dass da ein paar Autos nicht aufgeführt sind?

Zitat:

@DaimlerDriver schrieb am 24. Oktober 2018 um 12:11:54 Uhr:



Zitat:

@Harald-DEL schrieb am 24. Oktober 2018 um 11:44:30 Uhr:



Doch, es ist DAS sicherste Auto. Im Moment.

Gleich nach dem Mustang. :D Kann es sein, dass da ein paar Autos nicht aufgeführt sind?

Das in den USA zum teil andere Crashtest durchgeführt werden als in Europa ist dir aber bewusst?

Das die Hersteller die Fahrzeuge für den Kernmarkt konzipieren sieht man sehr gut an den "Schlechteren" Platzierungen der Europäischen modele.

Was mir noch fehlt sind die Preise die das Model 3 in Europa kosten soll. Erst dann kann man das Fahrzeug mit anderen Autos vergleichen... freu mich schon wenn man ihn hier Probefahren kann .

Zitat:

@DaimlerDriver schrieb am 24. Oktober 2018 um 12:11:54 Uhr:


Gleich nach dem Mustang. :D Kann es sein, dass da ein paar Autos nicht aufgeführt sind?

Ja, Audi, BMW und Mercedes fehlen, da deren Autos so weit rechts kommen, dass kein Platz mehr war auf der Grafik.

;)
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