Unkomfortable Karosserieschwingungen
Hallo zusammen,
im Geschwindigkeitsbereich ab ca. 70 km/h werden in meinem 525iA Touring Fahrbahnunebenheiten nahezu ungefiltert an den Aufbau weitergegeben. Es handelt sich nicht um niederfrequente Schwingungen des Aufbaus wie bei langwelligen Bodenwellen auf der Autobahn, sondern wirklich um Stöße, ich schätze mal mit einer Frequenz von ca. 3-5 Hz. Meine Frau meinte gleich nach der ersten Fahrt "was ist das denn für ein Gewackel, da wird mir ja kotzübel".
Die Laufleistung beträgt 110 tkm, bis jetzt wurden keine Fahrwerkskomponenten gewechselt. Ich habe momentan meine Winterräder drauf, BMW-Alus mit Conti WinterContact 205/65 R15, ca. 4 Jahre alt. Beim Kauf hat der Gebrauchtwagengutachter mit einem Stemmeisen alle Lager überprüft und für gut befunden, er bemängelte lediglich, dass beide Pendelstützen an der HA etwas Spiel hätten. Die Stoßdämpfer hat er auf dem Schwingungsprüfstand mit beide mit knapp 70% gemessen, die hinteren hatten nur etwas über 30%. Er sagte aber, wenn ich mich richtig erinnere, dass dies beim E39 nichts ausssagen würde, weil zu viele Lager in der Radaufhängung mitschwingen und das Ergebnis verfälschen. Kann das jemand bestätigen?
Ich empfinde diese permanente Rüttelei und das Aufbauwanken als sehr störend und kann mir nicht vorstellen, dass das bei jedem 5er so ist. Hat jemand eine Idee, was die Ursache sein kann bzw. wie ich herausfinde, was ich tauschen oder reparieren muss?
Danke, Grüße und frohe Weihnachten!
Thomas
Beste Antwort im Thema
Der vermutlich häufigste (aber nicht der einzig mögliche) Grund für Karosserievibrationen beim E39 Touring sind defekte Lager des Hinterachsträgers, Teil Nummer 2 auf der nachfolgenden Abbildung (davon hat der Touring 4 Stück):
Test auf Defekt, wie folgt: Wagen hinten aufbocken (oder noch einfacher: auf eine Hebebühne setzen) und an allen vier Lagern die Schrauben (Nr.5) abschrauben, den Teller Nr. 4 abnehmen und das Gummilager auf Risse prüfen. Aus den Rissen tritt dann i.d.R. noch eine ölartige Emulsion aus, da es sich um Hydrolager handelt. Wichtig: Immer nur eine Schraube lösen, das Lager prüfen und diese dann wieder festschrauben, löst man alle vier Schrauben gleichzeitig, löst sich der komplette Hinterachsträger von der Karosserie.
gruß hl
15 Antworten
Der vermutlich häufigste (aber nicht der einzig mögliche) Grund für Karosserievibrationen beim E39 Touring sind defekte Lager des Hinterachsträgers, Teil Nummer 2 auf der nachfolgenden Abbildung (davon hat der Touring 4 Stück):
Test auf Defekt, wie folgt: Wagen hinten aufbocken (oder noch einfacher: auf eine Hebebühne setzen) und an allen vier Lagern die Schrauben (Nr.5) abschrauben, den Teller Nr. 4 abnehmen und das Gummilager auf Risse prüfen. Aus den Rissen tritt dann i.d.R. noch eine ölartige Emulsion aus, da es sich um Hydrolager handelt. Wichtig: Immer nur eine Schraube lösen, das Lager prüfen und diese dann wieder festschrauben, löst man alle vier Schrauben gleichzeitig, löst sich der komplette Hinterachsträger von der Karosserie.
gruß hl
Vielen Dank für die ausführliche Anleitung! Meinst du, dass auch das Karosseriewanken damit erklärbar ist?
Hallo,
wenn die hinteren Stoßdämpfer nur noch eine Wirksamkeit von 30% aufweisen, dann gehören sie längst
auf den Schrott. Die Erklärung des Gebrauchtwagensachverständigen (tolles Wort) halte ich für recht selt-
sam. Bei meinem Wagen und den unserer Kunden halten wir es so, daß bei einer Wirkung von < 60%
ein Wechsel der Dämpfer empfohlen wird.
Unabhängig hiervon bleibt natürlich das vom Vorredner beschriebene Problem mit den sg. Tonnenlagern.
MfG carfan-48
Zitat:
Original geschrieben von ThomasPetermann
Vielen Dank für die ausführliche Anleitung! Meinst du, dass auch das Karosseriewanken damit erklärbar ist?
Hartes Poltern und Vibrationen von der Hinterachse kommen beim E39 Touring nach meiner Erfahrung fast immer von den beschriebenen Lagern. Diese würde ich deshalb zuerst prüfen (lassen), mit einer Bühne dauert das für alle 4 Lager zusammen keine 20 Minuten. Aber dabei unbedingt der von mir beschriebenen Methode folgen, ohne das Abnehmen der Teller ist eine exakte Aussage i.d.R. nicht möglich (es sei denn aus dem Spalt zwischen Teller und Lager "sallert" schon massiv das in den Lagern enthaltene Fluid.
Ich gehe davon aus, dass Du mit dem Wanken auch den Geradeauslauf meinst, hierfür ist fast immer die Hinterachsaufhängung verantwortlich. Falls die von mir oben beschriebenen Lager defekt sind, kann die gesamte Hinterachse eine Eigenbewegung ausführen, die Folgen sind offensichtlich. Nach dem Test / dem Austausch der beschriebenen Lager kann man folgende Prüfung durchführen: Wagen an beiden Hinterrädern gleichzeitig aufbocken (dies nimmt die Spannung aus dem HA-Stabilisator), dann das jeweilige Rad bei angezogener Handbremse rechts und links anfassen und versuchen das Rad zu bewegen. Sofern ein Rad Spiel hat, liegt dies vermutlich am "Führungslenker" (Nr. 6), ggf. am "Querlenker" (Nr.10)
Ein Schwachpunkt des E39 soll auch das Kugelgelenk sein (Nr. 2), was ich bei unserem Fahrzeug nach über 200 tkm allerdings noch nicht feststellen konnte.
Ein Poltern an der HA kann zusätzlich durch defekte Domlager (Nr. 7) entstehen
http://de.bmwfans.info/.../
Die Überprüfung des Domlagergummis auf Risse erfolgt nachdem man den Laderaumboden (="Kofferaumboden" Touring) und zwei "Montageluken" entfernt hat (Dauer Ein- u. Ausbau ca. 30 Minuten).
Ein Test des hinteren Stossdämpfers ist im eingebauten Zustand beim E39 Touring aufgrund der Funktionsweise von SD-Prüfständen und der schrägen Anordnung der Dämpfer in der Tat nicht zuverlässig möglich, ein Test am ausgebauten Stossdämpfer ist wegen der vergleichsweise geringen Ersatzkosten obsolet (2 neue Bilstein B4 Gasdruckdämpfer 200,- €, Einbauzeit in einer Do It Yourself Werkstatt mit Bühne ca. 1 Stunde).
Hier ein Tip für den grundsätzlich einfachen Selbsteinbau der hinteren Dämpfer:
Die hinteren SD sind mit einer Hülse (im Bereich von Kennzeichnung 3 auf der Abbildung) in die Hinterachsschwingen gesteckt und sind in der Regel dort festgegammelt. Um den Dämpfer an dieser Stelle von der Schwinge zu trennen gehe ich (vielleicht gibt es aber auch bessere Tips), wie folgt vor: Nach Demontage der Schraube schlägt man zuerst mit einem Vorschlaghammer einige Male radial (d.h. von der Seite) auf die der Kennzeichnung gegenüberliegende Seite der Buchse, bis sich zwischen Buchse und Schwinge ein marginaler Spalt bildet. In diesen Spalt treibt man dann im Randbereich zwischen Buchse und Schwinge einen vorher Spitz angeschliffenen Meißel und trennt somit die beiden Bauteile voneinander.
gruß hl
Ja Mensch, allerherzlichsten Dank für deine Antwort, ich bin begeistert davon, wieviel Zeit du dir für mein Problem nimmst.
Ich kann in der ersten Januarwoche bei einem Bekannten auf die Bühne, da werde ich mir dann die Tonnenlager und die Führungs- und Querlenker anschauen. Mit Wanken meinte ich allerdings nicht einen schlechten Geradeauslauf, sondern Aufbauschwingungen um die Fahrzeuglängsachse. Wenn ich das Auto nächste Woche eh auf der Bühne habe, tausche ich die Stoßdämpfer gleich mit. Nach einiger Recherche habe ich mich für die Sachs Super Touring entschieden. Dein Tipp mit der Buchse an der Schwinge wird da wohl noch sehr nützlich werden.
Wenn ich fertig bin, berichte ich hier.
Danke an alle und einen guten Rutsch!
Ich hab da immer so nen bischen meine Probleme wenn ich lese Vorschlaghammer, und das bei einer Aluachse.... 😉
Dann lieber Schraube wegflexen und neue her, die 5 Eu pro Seite machen das Kraut auch nicht fett. 🙂
Gern geschehen, dann hier noch ein Hinweis (den Du vielleicht aber auch schon kennst):
Wichtig: Die beschriebene Buchse ist in das Auge des Stossdämpfers mit einem Gummi einvulkanisiert (also auch ein Bestandteil des neuen Stossdämpfers). Es ist unbedingt erforderlich, dass beim Festschrauben des neuen Dämpfers an der Augenverschraubung die Hinterachse eingefedert ist (entweder muss das Fahrzeug mit den Rädern auf einer Scherenhebebühne stehen, oder man federt die Schwinge des auf einer normalen Bühne stehenden Fahrzeugs mit einem Getriebeheber entsprechend ein). Dies wird häufig vergessen, was dazu führt, dass die genannte Gummiverbindung in der sogenannten "Normallage" (die Einfedertiefe, in der sich das Fahrzeug in der meisten Zeit befindet) tordiert wird und somit relativ schnell zu einer Rissbildung im Gummi führen kann.
gruß hl
So, mal ein Zwischenstand: Ich habe inzwischen die Dämpfer hinten gewechselt, ging problemlos. Das Karosseriewanken ist spürbar besser geworden, allerdings hatte ich mir mehr davon erhofft.
Die Tonnenlager habe ich mir bislang nicht angeschaut, weil ich keinen Momentschlüssel hatte, der bis 165 Nm geht und ich die Deckel deshalb nach der Sichtprüfung nach Gefühl hätte zuschrauben müssen. Das hole ich übernächste Woche nach.
Danke an alle Tippgeber!
Grüße,
Thomas
Zitat:
Original geschrieben von carfan-48
Hallo,
wenn die hinteren Stoßdämpfer nur noch eine Wirksamkeit von 30% aufweisen, dann gehören sie längst
auf den Schrott. Die Erklärung des Gebrauchtwagensachverständigen (tolles Wort) halte ich für recht selt-
sam. Bei meinem Wagen und den unserer Kunden halten wir es so, daß bei einer Wirkung von < 60%
ein Wechsel der Dämpfer empfohlen wird.
Unabhängig hiervon bleibt natürlich das vom Vorredner beschriebene Problem mit den sg. Tonnenlagern.MfG carfan-48
beim touring hat die wirksamkeit der dämpfer von 30% nicht viel zu sagen, da die dämpfer hier schief eingebaut sind und viele prüfgeräte falsche ergebnisse liefern
Zitat:
Original geschrieben von ThomasPetermann
So, mal ein Zwischenstand: Ich habe inzwischen die Dämpfer hinten gewechselt, ging problemlos. Das Karosseriewanken ist spürbar besser geworden, allerdings hatte ich mir mehr davon erhofft.Die Tonnenlager habe ich mir bislang nicht angeschaut, weil ich keinen Momentschlüssel hatte, der bis 165 Nm geht und ich die Deckel deshalb nach der Sichtprüfung nach Gefühl hätte zuschrauben müssen. Das hole ich übernächste Woche nach.
Danke an alle Tippgeber!
Grüße,
Thomas
Hast du schon die Tonnenlager gewechselt?
Feedback wäre nicht schlecht, bei mir werden die derben Stöße von der HA auch an Karosse weiter gegeben und wenn ich zügig in den Kurven unterwegs bin habe ich das Gefühl als ob der Wagen leicht versetzt wenn die Fahrbahn nicht einwandfrei ist.
Zitat:
Original geschrieben von Adi2901
Hast du schon die Tonnenlager gewechselt?Zitat:
Original geschrieben von ThomasPetermann
So, mal ein Zwischenstand: Ich habe inzwischen die Dämpfer hinten gewechselt, ging problemlos. Das Karosseriewanken ist spürbar besser geworden, allerdings hatte ich mir mehr davon erhofft.Die Tonnenlager habe ich mir bislang nicht angeschaut, weil ich keinen Momentschlüssel hatte, der bis 165 Nm geht und ich die Deckel deshalb nach der Sichtprüfung nach Gefühl hätte zuschrauben müssen. Das hole ich übernächste Woche nach.
Danke an alle Tippgeber!
Grüße,
Thomas
Feedback wäre nicht schlecht, bei mir werden die derben Stöße von der HA auch an Karosse weiter gegeben und wenn ich zügig in den Kurven unterwegs bin habe ich das Gefühl als ob der Wagen leicht versetzt wenn die Fahrbahn nicht einwandfrei ist.
Wenn der Wagen sich in Kurven mit schlechter Fahrbahnbeschaffenheit am Heck "versetzt", dann sind die Hinterachslager fertig.
Es muss schon eine forcierte Gangart gewählt werden damit dieses Versetzen merkbar wird.
Ansonsten habe ich nur beim Durchfahren von größeren Schlaglöchern das Problem, dass die HA die Stöße nicht richtig raus filtert und die Schläge an die Karosse weiter gibt.
Nein, ich habe bislang nur die Stoßdämpfer gewechselt, die Tonnenlagerreparatur schiebe ich aus Zeitgründen noch vor mir her. Natürlich werde ich dann am Ende berichten, ich kann nur noch nicht sagen, wann ich dazu komme.
Gruß,
Thomas
Zitat:
Original geschrieben von ThomasPetermann
Nein, ich habe bislang nur die Stoßdämpfer gewechselt, die Tonnenlagerreparatur schiebe ich aus Zeitgründen noch vor mir her. Natürlich werde ich dann am Ende berichten, ich kann nur noch nicht sagen, wann ich dazu komme.Gruß,
Thomas
Übrigens so wie es ausschaut hast du kein Niveau auf der HA.
Bei mir ist HA Luftgefedert.