The R-Class Experience

VW Phaeton 3D

Vor ca. fünf Wochen bekam ich von DC eine Einladung zur Probefahrt der neuen R-Klasse, die es ab Februar beim Händler gibt, schmuckvoll als "The R-Class Experience" umschrieben.

Jetzt war es soweit und wir sind ihn Probe gefahren. Im Hotel treffen wir auf unseren Coach, der uns bei der Fahrt begleitet und wir kommen gleich zur Sache. Wir können zwischen dem R350 und R500 wählen und entscheiden uns für den vollausgestatteten R500. Auf den ersten Blick wirkt diese große Fahrzeugmasse elegant-eindrucksvoll. Als ich als erstes die hintere Tür öffne um unseren Spross unterzubringen, fällt auf, daß es keine Rücksitzbank sondern nur zwei Sitze mit massiger Mittelkonsole gibt. Da kann man nichts dran ändern, beim Phaeton hat man wenigstens noch die Wahl. Erste Enttäuschung macht sich breit.

Meine Frau nimmt hinten Platz, mein Coach neben mir und ich starte mit dem Knopf den 8 Zylinder. Das gedämpfte Brummeln hört sich gut an. Wir fahren sofort auf die Autobahn, die leider nicht so frei ist wie wir uns das gewünscht haben, es reicht aber, um den Durchzug der Maschine zu testen. Für den Hubraum hätte ich mir mehr erwartet, die 306 PS fühlen sich sehr relativ an. Eigentlich soll die R-Klasse ein CrossOver aus Limousine, Kombi und Geländewagen sein. Es ist vom Fahren her deutlich ein Geländewagen. Nachdem ich die Sportfederung eingeschaltet habe (3-Stufig, nicht 4-Stufig wie beim Phaeton) werden Nick- und Querneigungen etwas geringer. Beim Gasgeben und Bremsen bewegt sich die Karosserie vorne und hinten rauf und runter, hier fehlt die Feinabstimmung.

Der Automatikhebel für die 7-Gang Schaltung ist am Lenkrad und schaltet nur P, N, R und D. S muss man umständlich unten an der Konsole per Wippschalten einstellen. Die Tiptronic-Wippen sind direkt am Lenkrad was den Nachteil hat, daß man in engeren Kurven entweder nicht schalten kann wenn man die Hände nachführt oder die Arme über kreuz gehen wenn man Schalten muss. Die 7 Gänge haben Vor- und Nachteile. Für mich überwiegen die Nachteile denn im Bereich von 0-80 kmh ist der Wagen nur am Schalten und Zurückschalten. Auch auf der Autobahn schaltet er beim Gasgeben oft um bis zu 3 Gänge zurück was Zeit kostet und den Wagen insgesamt nicht so agil macht wie man sich es wünscht.

Das Interieur wirkt insgesamt mittel- bis hochwertig. Die Fahrerinformationsanzeige ist von den Funktionen stark begrenzt und monochrom. Der TFT-Schirm in der Mittelkonsole dagegen hat ein sehr gute Farbbrillianz. Die Navigation ist prima (DVD) mit eingezeichneten Wäldern, Landschaftsmerkmalen, Tankstellen usw. Das Entertainment ist mittelmäßig, die Radiosender werden zwar mit Namen angezeigt, es gibt aber keine Liste und man muss unständlich scrollen. Es gibt noch mehr Details, die den Fahrer sehr vom Fahrgeschehen ablenken. Der riesige zweiteilige Glashimmel ist toll. Die vorderen Personen bekommen davon leider nicht viel mit weil er erst knapp vor dem Kopf anfängt. Die Sitze sind komfortabel, vielseitig einstellbar und geben guten Seitenhalt. Den Phaeton-Sitzen können sie aber nicht das Wasser reichen was man aber auch nicht erwartet hat.

Als wir an einer Ampel stehen, fragt uns der Coach nach unserem ersten Eindruck. Ich bin mittelmäßig begeistert, meine Frau hinten schüttelt den Kopf. Als ich mich nach hinten drehe, weiß ich warum. Mit ihren 180 cm Größe, was ja besonders für Männer nicht aussergewöhnlich ist, stößt sie mit dem Kopf an die Decke. Später werde auch ich feststellen, daß ich hinten meinen Kopf in den Fahrzeuginnenraum unter das Glasdach ragen muss um nicht oben anzustossen. Die Sitze hinten sind nicht höhenverstellbar. Auch die Langversion ändert nichts daran. Von dem viel gepriesenen Raumgefühl merke ich nicht viel, die Außenmaße finden sich innen nicht wieder. Zwischen den hinteren und vorderen Sitzen ragt eine viel zu große Konsole, die den Innenraum optisch klein werden läßt. Das Armaturenbrett ist ebenfalls nach oben und vorne gewölbt und engt optisch ein. Der Kofferraum ist in Ordnung aber keine Sensation.

Als ich meinen Coach frage, für welche Zielgruppe die R-Klasse gebaut wurde, antwortet er "für die erfolgreiche Führungskraft mit Familie". Das Auto ist zwar ein CrossOver aus drei verschiedenen Fahrzeugtypen, die hinteren Sitze lassen aber nur Personen bis 170 cm Größe zu. Wer dieses Auto als Geschäftauto nutzt, sollte nur kleinere Geschäftpartner hinten sitzen lassen.

Als wir wieder zurückgefahren sind, kommt der Fragebogen mit Notenverteilung. Auf der Skala von 1-10 bewerte ich das Meiste mit 7-8 ausser das Innenraumkonzept. Die fehlende Option für die Rücksitzbank, die sinnlose Riesenkonsole hinten und das beengte Sitzen auf den Rücksitzen ist enttäuschend für solch ein Auto. Hier stand ganz klar Design vor Funktion.

Danach gibt es noch ein paar Snacks am Buffet und wir setzen uns an den Tisch. Unser Coach verabschiedet sich und stellt uns noch den Verkaufsleiter vor, ein unrasierter junger Mann mit zurückgegelten, langen Haaren. Er fragt nur, ob wir noch Fragen hätten und ich schildere ihm meine Eindrücke, bemängele auch, daß mein Kopf hinten anstößt. Er nimmt das schulterzuckend zur Kenntnis und sagt nach meinen Ausführungen "Ja, wenn Sie keine weiteren Fragen haben, dann..." Dann was? Darf ich mich verdünnisieren? Er wendet sich dem älteren Herrn mit dem Anzug aus den siebzigern zu.

Den Rest der Veranstaltung sitzen wir alleine am Tisch während die Verkäufer mit anderen rege im Gespräch sind. Mir wird schlagartig bewußt, welche Sünde ich begangen habe, die bei DC niemals vergeben wird. Ich bin unter 50, habe keine grauen Haare, keine Ärmelschoner und keine Visitenkarte mit Dr. Prof. drauf. Am Nebentisch befragt der ältere Mann den Assistent nach seiner Ausbildung. Er stottert, er sei BWL-Student und habe bald sein Examen. Das kann man zum Ausfüllen der Fragebogen ja auch wohl erwarten. Am anderen Tisch läßt der ältere Herr der DC-Produktleitung ausrichten, sie sollten unbedingt Cognacfarbenes Leder ins Programm mitaufnehmen. Unser kleiner Sohn der auf der Spieldecke spielt, wird mit Befremden betrachtet. Während ich noch überlege, ob ich das Ganze komisch oder anstößig finden soll, schlägt meine Frau den Abmarsch vor.

Wir stehen auf und gehen an den drei Empfangsdamen vorbei, sagen höflich "Auf Wiedersehen". Unser Abschiedsgruß wird nicht erwidert.

20 Antworten

Meine Erfahrungen mit VW-Verkäufern kennt ihr.
(Falls gewünscht kann ich sie noch mal schildern).

Die Verkäufer können sich eine Scheibe von meinem Sohn abschneiden, er kennt bei den meisten Modellen die Preise und die Technischen-Daten besser als der verkäufer selber 😁

Der Verkauf (das ist mein Verdacht) ist aufgrund der kleinen Spannen völlig uninteressant. Autos werden verkauft damit sie gewartet werden können. Mit letzterem verdienen die Autohäuser das Geld.

MfG
Pambour

Vor 25 Jahren hat mein Vater einen VW für meine Mutter kaufen wollen. Er hat den Verkäufer etwas zur Technik gefragt. Die Antwort vom Verkäufer dazu war:

"Da fragen Sie doch besser Ihren Sohn, der weiß das besser als ich...."

Ehrlichkeit währt am längsten. 😁 😁 😁

Momo

Oh Man ich bin jeden Tag aufs neue froh, dass ich im Großhandel arbeite und nicht mit Endkunden 😁

Zitat:

Original geschrieben von Pambour


Der Verkauf (das ist mein Verdacht) ist aufgrund der kleinen Spannen völlig uninteressant. Autos werden verkauft damit sie gewartet werden können. Mit letzterem verdienen die Autohäuser das Geld.

was ist denn das für eine milchmädchenrechnung - gerade dann muss sich das autohaus um den verkauf kümmern, sonst bleibt das (vermeindlich) lukrativere geschäft aus 😉

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Zitat:

Original geschrieben von earthman


was ist denn das für eine milchmädchenrechnung - gerade dann muss sich das autohaus um den verkauf kümmern, sonst bleibt das (vermeindlich) lukrativere geschäft aus 😉

Richtig, man hat aber häufig den Eindruck sie wissen das nicht.

MfG
Pambour

wundert mich auch ein wenig.

mein händler ist österreichweit der größte audi händler, beim verkauf legen die sich sehr ins zeug auch wenn man um den rabatt feilscht ziehen sie bis max. 10% mit aber beim service sind die absolute nieten.

man merkt da ist keiner dahinter das interessiert keinen.

wundert mich wenn man bedenkt dass beim verkauf nur ein einmaliger erlös von unter 10% anfällt dann noch die provision für den verkäufer etc. da würde man meinen die ersatzteile und reperaturen wären das bessere geschäft

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