Räderwechsel - Die Selbstschrauber sind gefragt
Gruß in die 5er-Gemeinde,
da ich mir grad einen neuen Winterradsatz für das Dickschiff geleistet habe(die man mMn immer antizyklisch kaufen sollte aber das ist nicht Thema), kam mir spontan die Eingebung mal das Thema Radwechsel etwas nher zu betrachten. Dabei möchte ich einen Erfahrungsaustausch speziell für Selbstschrauber organisieren. Tips und Tricks austauschen. Welches Werkzeug verwendet Ihr? Welche Besonderheiten sind euch aufgefallen?
Ich bin mal so frei und fange an:
Ich wechsel seit ich den Führerschein habe (2004) an allen Autos unserer Familie selbst 2x jährlich die Räder. Dieses Jahr wird es für mich das Debut am F11. Mit dem F20 und E82 habe allerdings reichlich BMW-Erfahrung gesammelt.
Folgendes Werkzeug benutze ich:
Einen Universal-Steckschlüsselsatz von Würth Zebra
Einen Original BMW Scheren-Wagenheber
Einen einfachwirkender Drehmomentschlüssel von Gedore
Einen 18V-Akkubohrschrauber von Metabo
Einen Noname Drahtigel für ein Schnellspannbohrfutter
Einen ölfreien Kompressor von Güde
Eine geeichte Reifendruckpistole von ROWI
Ein stehender Felgenbaum mit Ringen, sodass die Räder mit der Nabe aufliegen und die Reifen nirgends aufliegen.
Das Adapterstück der Diebstahlsicherung
Einen kleinen Pinsel (5mm)
drei oder 4 Putzlappen
Ein Holzkeil
Folgende Hilfsstoffe verwende ich:
Kupferpaste von LiquiMoly
Hochtemperaturfett (Aral Firetemp) alternativ geht auch ein etwas zäheres Wälzlagerfett
Persönliche Schutzausrüstung:
Blaumann
Schutzbrille
S3-Schuhe
Mechanikerhandschuhe
Wir sind in der glücklichen Situation eine Grundstückseinfahrt zu haben, die breit enug ist sodass ich von allen Seiten an das Auto herankomme und dennoch genug Arbeitsraum habe. Zudem ist sie schön gerade, sodass die Kisten nicht zusehr zum Wegrollen neigen.
Die Kiste wird mittig in der Einfahrt abgestellt. Automatik auf P, Feststellbremse angezogen. Fenster runter; Kapelle an und laut. (AC/DC macht sich recht gut wie ich finde).
Zuerst gehe ich um das Fahrzeug und löse alle Radbolzen so, dass sie nur noch handfest angezogen sind. Danach gucke ich mir ein Rad aus mit dem ich anfangen möchte.
(Soweit möglich versuche ich immer von Saison zu Saison über Kreuz zu wechseln. Beugt mMn Sägezahnbildung sehr gut vor. Beim 1er ging das nicht wegen Mischbereifung. Da ging immer nur von links nach rechts und umgekehrt. Bei Mischbereifung rolrichtungsabhängig ist man halt komplett erschossen sowas muss man ja aber auch nicht kaufen)
Sagen wir ich fange VL an. Dann sichere ich als erstes das Fahrzeug am diagonalen Rad (HR) mit dem Holzkeil gegen Wegrollen (lieber eine Sicherheit mehr). Bevor ich den Wagenheber ansetze fette ich die Spindel vom Heber nochmal bei Bedarf gründlich ein. Heber wird an der Aufnahme platziert. Der Original BMW-Heber hat eine Handratsche im Lieferumfang, die ich direkt nach Lieferung entsorgt habe. Er hat einen Sechskant, auf den super eine 17er Nuss passt, die ich ohnehin für die Radbolzen brauche. Die 17er Nuss kommt an den Akkuschrauber der auf volle Kraft eingestellt ist. Meistens schafft er es den Wagen etwa bis zur Hälfte der Höhe die man braucht hoch zu drehen...danach ist schluss. Danach wird von Hand solange weitergeratscht bis das Rad einen Finger breit in der Luft steht.
Mit dem Akkuschrauber werden die Radbolzen rausgedreht. Der näheste an 12 Uhr als letztes, damit der Rad möglichst lange auf dem Zentrierring der Nabe hält. Sind alle Bolzen raus wird das Rad runtergenommen und erstmal zur Seite gestellt. Platz beim Arbeiten ist was tolles.
Dann wird der Achsstumpf am Fahrzeug angeguckt. Meistens reicht bei mir sauber machen mit Putztüchern. Sollte doch etwas mehr Dreck oder Rost dran sein (speziell nach dem Winter) kommt der Drahtigel in den Akkuschrauber und die Auflagefläche an der die Felge anliegt wird inkl. Zentrierring geigelt. Sollte das notwendig sein, emfielt es sich danach erstmal mit einem Handbesen und Kehrschaufel darunter sauber zu machen falls der ein oder andere Draht fliegen ging. Dann hat man die Dinger nicht im Reifen stecken. Ist die Auflagefläche am Fahrzeug schön sauber, mache ich immer SPARSAM Fett auf den Zentrierring, damit mir die Felge speziell im Winter nicht auf dem Zentrierring festgammelt. Damit hatte ich speziell bei den VWs Probleme. Dann wurde mir die Felge in der Werkstatt mit einem riesen Hammer runtergeschlagen und nachweislich Spur und Sturz verstellt. Seit dem Behandeln des Zentrierrings hab ich dieses Problem nicht mehr.
Dann sind die Radbolzen dran. Die werden erstmal mit den Putztüchern sauber gemacht und visuell auf Schäden am Gewinde geprüft. Dann wird mit dem Pinsel SPARSAM Kupferpaste auf den ersten Zentimeter des Gewindes und auf den Kegelbund des Bolzens (der Teil der an der Felge anliegt) aufgetragen. Das Behandeln der Bolzen mit Kupferpaste beugt Korrosion vor und hilft beim Lösen der Bolzen zum nächsten Wechsel. Klemmende Radbolzen habe ich seit 2006 nie wieder gehabt.
Ist soweit alles vorbereitet kann das neue Rad drauf. Natürlich Rollrichtung falls vorhanden beachten. Darauf achten dass das Rad auch frei hängt und nicht verkantet. Radbolzen in den Akkuschrauber und über Kreuz mit maximalem Drehmoment der Rutschkupplung (bei mir 36Nm) anziehen. Zuerst mache ich immer den Bolzen der am nähesten an 12 Uhr dran ist, dann hält die Felge von selbst auf dem Zentrierring.
Drehmomentschlüssel stelle ich auf 140Nm.
Dann mit dem Drehmomentschlüssel sachte über die Bolzen drübergehen und mit Gefühl etwas mehr als die paar Newtonmeter vom Akkuschrauber anziehen. Danach lasse ich das Fahrzeug mit dem Heber etwas runter, sodass das Rad gerade so Traktion hat. In diesem Zustand gehe ich mit dem Drehmomentschlüssel über die Radbolzen über Kreuz bis zum eigestellten Drehmoment. Danach Fahrzeug ablassen, sodass das Rad voll belastet wird und im belasteten Zustand nochmal mit dem Drehmomentschlüssel alle Bolzen nachziehen.
Umsetzen auf nächstes Rad...Holzkeil umsetzen nicht vergessen. Das ganze dann mal 4 bis die Kiste auf neuen Schluffen steht.
Danach schleife ich den Kompressor raus und stelle die Reifendrücke ein. RDC Reset nicht vergessen.
Dann wird das Werkzeug und die demontierten Reifen aus der Schussbahn geschafft. Drehmomentschlüssel und Adapter für Diebstahlsicherung bleiben noch draußen. Hände waschen und mach ich mich auf zur Aufwärmrunde. Ich suche mir ein ruhiges Stückchen Landstraße und fahre die Bremsen warm. (Auf dem Land wohnen hat Vorteile) 3 oder 4 mal zügig hintereinander von 100 auf 50 kmh runter bremsen reicht. Dann geht es auf den nächsten Parkplatz und dann werden alle Radbolzen nochmal im warmgebremsten Zustand mit 140Nm nachgezogen. Meistens setzt sich dieVerschraubung durch die Temperatur noch ein bisschen und man kann ein kleines Stück nachnehmen. Dadurch spart man sich das obligatorische "Nachziehen nach 50km" was unter jeder Werkstattrechnung steht.
Zurück zu Hause angekommen folgt der unangenehme Teil... Demontierte Räder sauber machen. Steinen im Profil rücke ich mit einem kleinen Klingenschraubendreher zu Leibe.
Bremsstaub kriegt man recht gut mit herkömmlichen Seifenwasser runter. Alles was hartnäckiger ist geht nach meiner Erfahrung recht gut mit solchen Schmutzradierschwämmen runter ohne den Lack der Felge zu zerkratzen. Abspülen mit klarem Wasser. Wenn halbwegs abgetrocknet dann die Alufelgen mit Politur einreiben und auspolieren. Danach ab auf den Felgenbaum und ruhe sanft bis zur nächsten Saison.
Damit ist man mit einem Fahrzeug einen Tag lang recht gut beschäftigt. Aber Schrauberei am Auto ist mein Hobby und ich kann dabei vortrefflich entspannen.
Alle 2 Saisons gebe ich die Räder zum Auswuchten in die Werkstatt. Das doch recht umfangreiche Programm was ich hier beschrieben habe hat mir bisher nervige Probleme mit Korrosion und abgerissenen Radbolzen erspart. Zudem hat es den Vorteil, dass die Räder im sauberen Zustand gewuchtet werden. Ich kriege immer nen Anfall wenn ich meine Räder zum Wuchten abgebe und da stehen die total eingesifften Rader neben der Wuchtmaschine sodass der Dreck gleich mit gewuchtet wird...
Perspektivisch will ich noch meinen Kompressor abschaffen und mir statt dessen eine Stickstoffflasche mit Druckminderer hinstellen. Das hätte den Vorteil, dass kein Sauerstoff im Reifen ist, der durch Alterung des Gummis im Reifen verschwindet. Zudem ist dann keine Luftfeuchtigkeit mit im Reifen.
Was für Kniffe habt Ihr? Feuer frei...
Beste Antwort im Thema
...die Zeit vom Anfang bis Ende des Textes durchzulesen wäre ich eigentlich schon mit dem Wechsel fertig ; )
48 Antworten
Nur ein Tip:
es mag sein dass man im Industriegetriebebau alles mit Kupferpaste und und und zusammengeschraubt hat, aber die Radschrauben gehören trocken rein und schon garnicht den Konus schmieren.
Das günstigste und effektivste Mittel für die Radnabe ist ein Standard Schmierfett.
PS: von Ingenieuren, für Ingenieure geschrieben 😁 😁 😁
Korrekt ... bei gschmierten Radschrauben
stimmt das Drehmoment sonst nicht mehr.
Werden viel zu fest.
Ach Neuro... ich weiß zwar nicht wie ich die zweifelhafte Ehre deiner Psychoanalyse erlangt habe aber du musst dich ja auskennen so wie du immer spontan ins Tourette-Syndrom verfällst wenn es um den 5er geht. 😁
Nimms mir net übel aber geschraubt hast du an deinem Auto doch nur den Tankdeckel auf und zu oder?
Ich will mit dem hohen Aufwand den ich betreibe einfach nur die bestmögliche Ausführungsqualität erreichen. Und da geht es schon ums Detail. Weil in den Werkstätten wird bei solchen Routinearbeiten erfahrungsgemäß nur gemurkst. Scheiße kann ichs auch selber.
@KaiMüller: hast du ne Bühne oder stellst du ihn auf Böcke? Wenn du ihn auf Böcke stellst würde mich interessieren wo du die ansetzt. Die Heberaufnahmen sind ja vom Heber belegt. Ich hab da immer kein Bertrauen die Böcke daneben anzusetzen weil ich nicht weiß was unter der UB Verkleidung drunter ist.
Nö, popeliger hydraulischer Rangierwagenheber...
Kann man eine Seite so weit hochpumpen, dass die ganze Achse in der Luft hängt .
Das dann vorne und hinten.
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Wegen des Scheiss hohen Gewichtes der 19 Zoeller und meiner absoluten Unlust mir den Buckel zu verrenken, lasse ich, nach ueber zwanzig Jahren des Selbermachens, die Dinger in der Werkstatt wechseln und einlagern.Das seit acht Jahren ohne Probleme.
Zitat:
@Dieselmeister86 schrieb am 16. August 2018 um 21:40:50 Uhr:
Nimms mir net übel aber geschraubt hast du an deinem Auto doch nur den Tankdeckel auf und zu oder?
Korrekt wobei Scheibenklar nachfüllen geht gerade noch so.
...die Zeit vom Anfang bis Ende des Textes durchzulesen wäre ich eigentlich schon mit dem Wechsel fertig ; )
Ach her je , das alles für ein Reifenwechsel...
Was machst Du denn wenn du den Motor mal auseinander bauen möchtest 😉
Hi,
Rangierwagenheber, Schlüssel mit Verlängerung zum Lösen der Schrauben, Auto auf freier Fläche vor der Garage in P und mit angezogener Handbremse. Drehmomentschlüssel, ggf. kleine Drahtbürste
Ein Rad aussuchen, Wagenheber drunter, etwas anpumpen, Schrauben etwas lösen, Rad frei heben, abschrauben, schauen ob etwas an der Radzentrierungen rostig ist. Wenn ja Rost abtragen.
Rad der anderen Saison anbringen: die Winterreifen tausche ich von Vorder- auf Hinterachse. Sommerbereifung sind Mischbereift. Vor dem Anbringen des Rades kurz über die Aufhängung und das Dämpfersystem geschaut, dann das Rad festschrauben, überkreutz, wie es eben für Fünflochfelgen möglich ist, mit Gefühl festschrauben, Rad herunterlassen, mit 80 Nm festziehen, nächstes Rad.
Danach zur Tankstelle, Luftdruck einstellen, Reset Luftdruck auswählen ein kurzes Stück fahren, alle Schrauben auf 100 Nm und dann, wenn ich es nicht vergesse nach der nächsten Fahrt nachziehen.
Keine Fette oder Schmier- oder Trennmittel, auf den Schrauben. Dann kann man sich Drehmomente sparen. Maximal trage ich etwas Keramikspray mit einem Putzlappen auf rostigen Zentrierungen, wenn ich Probleme hatte das Rad nach dem Lösen der Schrauben von der Zentrierung/ Radnabe zu bekommen und dann deutlich Rost zu beseitigen war. Hatte ich aber bislang nur bei „unserem“ sich nicht mehr im Besitz befindenden VW Polo zu machen.
Mit 80Nm würde ich aber nicht vom Hof fahren...das wär mir dann doch zu lasch.
@cen009: So große Aktionen mach ich bei den BMWs nicht mehr selbst. Die sind mir viel zu verbaut und mit viel zu viel Kabelsalat rings rum. Da teg ich mich nur drüber auf. Bei den VWs ging das damals alles noch gut selbst. Am Golf das Diff repariert, Am Passat Zylinderkopf in Stand grsetzt und Turbo gewechselt. An beiden Zahnriemenwechsel. Beim Mazda von meiner Frau mach ich auch alles selbst. Aber meinen N57 zerleg ich nur wenn ihn mir jemand vorher auf die Werkbank legt 😁
ab&an - so das Dickschiff auf der Bühne - hilft ein leichter Schlag aufs Gummi mit dem dicken Hammer... so sich das Rad partout nicht lösen will...
Du hast das Bier vergessen 😉
Zitat:
@hpkreipe schrieb am 17. August 2018 um 07:33:38 Uhr:
mit 80 Nm festziehen, nächstes Rad.Danach zur Tankstelle, Luftdruck einstellen, Reset Luftdruck auswählen ein kurzes Stück fahren, alle Schrauben auf 100 Nm und dann, wenn ich es nicht vergesse nach der nächsten Fahrt nachziehen.
80 und 100Nm????
Woher hast du dieses Anzugsdrehmoment??
BMW schreibt 140Nm vor!
https://www.newtis.info/.../1VnXVo4r5A
Na er schmiert doch fleißig die Bolzen ein
ggf hat er eine hochmathematische berechnung
angestellt so das am Ende das Drehmoment wieder passt :-D
Zitat:
@-> Neurocil <- schrieb am 17. August 2018 um 10:18:21 Uhr:
Na er schmiert doch fleißig die Bolzen ein
ggf hat er eine hochmathematische berechnung
angestellt so das am Ende das Drehmoment wieder passt :-D
Oh, das habe ich ganz vergessen 😁
Vor allem in zwei Stufen - die Formel muss wirklich hochmathematisch sein. Vielleicht wurde auch eine FMEA (FMEA - Fehlermöglichkeits und Einflussanalyse) durchgeführt mit sämtlichen Parametern.
Spaß beiseite... 140Nm und gut ist.