Neujahrs-Crash: Was wird aus meinem Führerschein?
Guten Abend,
mich würde interessieren, was nach einem Neujahrs-Crash nun alles auf mich zukommt.
Ich verlor auf dem Weg nach Hause auf einer Landstraße die Kontrolle über mein Fahrzeug und krachte in den Straßengraben. Es war eine dumme Idee, keine Frage. Aber ich dachte mir, es würde schon alles gut gehen und die etwa 10 Kilometer wären keine große Herausforderung.
Leider kam wenige Minuten später eine Zivilstreife des Weges, nahm den Unfall und mir den Führerschein ab. Zudem musste ich mit auf die Wache für eine Blutprobe. Das Ergebnis lässt nichts gutes erahnen: 1,8 Promille, sowie Kokain, THC, evntl. auch Amphetamine.
Zunächst ist es wohl ratsam, einen Anwalt einzuschalten. Aber kann mir jemand pauschal und ohne Gewähr andeuten, was ich zu erwarten habe?
Ich habe große Sorge, dass mir die Fahrerlaubnis längerfristig entzogen werden könnte. Allerdings bin ich beruflich auch meinen Lappen angewiesen, da meine Arbeitsstätte fernab jeglicher Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr gelegen.
Bei dem Fahrzeug handelt es sich um ein Leasingfahrzeug. Kann jemand sagen, wie es in diesem Fall mit der Schadensübernahme durch die Vollkaskoversicherung aussieht?
Verzweifelte Grüße
Martin
Beste Antwort im Thema
Da wird jede Menge Ärger auf dich zukommen:
- 1,8 Promille, da interessiert sich der Staatsanwalt für (über 1,1 Promille)
- Kokain und THC verbessern deine Situation nicht unbedingt
- u.U. wird deine Versicherung die Kosten später von dir zurückfordern.
- Gerichts- und Anwaltskosten
Ich gehe davon aus, dass du deinen Lappen mind. 6 Monate abgeben wirst, vermutlich aber erheblich länger. Auch eine MPU wird sehr wahrscheinlich angeordnet werden. Eine Bekannte ist mit 1,3 Promille am Steuer erwischt worden, hatte aber keinen Unfall gebaut und keine Drogen genommen - und durfte 9 Monate auf Bus und Bahn umsteigen.
Und noch eine persönliche Meinung (zu beiden Fällen): Mitleid habe ich da nicht!
185 Antworten
Wir leben zum Glück in einem Rechtsstaat, in dem keine Anzeigen wegen "ganz einfacher Logik" erstattet werden.
http://de.wikipedia.org/wiki/Rechtliche_Aspekte_von_CannabisZitat:
Der Konsum von Betäubungsmitteln ist in Deutschland nicht verboten.[6] Er gilt rechtlich als straffreie Selbstschädigung (vgl. objektive Zurechnung). Es ist von Kommentatoren des Betäubungsmittelgesetzes wie von Richtern anerkannt, dass man Drogen konsumieren kann, ohne sie im gesetzlichen Sinne erworben zu haben. Das ist von praktischer Bedeutung, weil aus diesen Gründen aus einem positiven Drogentest nicht auf eine strafbare Handlung geschlossen werden kann.
leider steht da keine Quelle dabei. Mir sind nämlich weder diese Kommentare noch die Urteile von Richtern bekannt. In sämtlichen Fällen von berauschten Fahrten unter Drogen, die mir bekannt sind, wurde auch ein Ermittlungsverfahren wegen des Drogenbesitzes eingeleitet. Oder kannst Du mir erklären, wie man Drogen konsumieren will, ohne sie wenigstens kurz (Joint in der Hand, Pille im Mund) besessen zu haben?
Das heißt natürlich nicht, dass es auch zu Verurteilungen kommt - bei Ersttätern und geringen Mengen wird das eingestellt.
Im Übrigen ist "ganz einfache Logik", auch "Anscheinsbeweis" genannt, etwas, was regelmäßig Urteilen zu Grunde gelegt wird: http://de.wikipedia.org/wiki/Anscheinsbeweis
Auf eine Anzeige kommt es jedenfalls sowieso nicht an.
Zitat:
Original geschrieben von Kai R.
In sämtlichen Fällen von berauschten Fahrten unter Drogen, die mir bekannt sind, wurde auch ein Ermittlungsverfahren wegen des Drogenbesitzes eingeleitet. Das heißt natürlich nicht, dass es auch zu Verurteilungen kommt - bei Ersttätern und geringen Mengen wird das eingestellt.
Da beim TE keine Menge in irgendeiner Form gefunden wurde ist naheliegend, dass es erst überhaupt nicht zu einer Eröffnung eines Verfahrens kommt. Wozu auch, wenn es sowies eingestellt wird. Auch wissen wir nicht, ob in den Dir bekannten Fällen etwas gefunden wurde. Wenn etwas gefunden wurde wäre es logisch dass ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird.
Und das mit dem Anscheinsbeweis ist denke ich eher etwas für Juristen und nicht für "einfache" Forenjünger wie wir das sind. Da müsste sich mal einer der sich in der Rechtssprechung gut auskennt dazu äußern. Die im Link angeführten Beispiele haben imho auch nicht im entferntesten etwas mit dem zu tun, das wir hier diskutieren. Ich denke dass mit "schnell mal gegoogelt" diesem doch recht komplexen Thema nicht so ohne weiteres beizukommen ist.
in einem Punkt gebe ich Dir Recht: es ist sehr schwierig, mit Laien über juristische Fachthemen zu diskutieren.
Ich versuche es dennoch: Am Anfang steht ein Verdacht. Jemand ist unter Drogen aufgefallen. Offensichtlich hat er diese Droge (wenigstens kurz) besessen, wie ist sie sonst in seinen Körper gekommen? Schon der Joint in der Hand ist eine Form des Besitzes. Also wird hier ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dazu bedarf es keiner Anzeige, da Drogenbesitz ein Offizialdelikt ist. Von Erwerb der Droge reden wir hier auch nicht.
Ergibt dieses, dass ein Kandidat Erstkonsument ist, folgt die Einstellung des Verfahrens. Ist jemand aber schon wiederholt aufgefallen, dann bekommt er wahrscheinlich einen Strafbefehl. Gleiches gilt natürlich, wenn im Laufe des Verfahrens größere Mengen aufgefunden werden.
Ein Ermittlungsverfahren wegen Drogenbesitz muss eingeleitet werden - sonst kann man ja gar nicht klären, ob es (noch weiteren) vorwerfbaren Drogenbesitz gibt.
Selten kommt es dann auch zu einem Zwischenverfahren (Erstellung der Anklageschrift) und Hauptverfahren (vor Gericht).
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Jeder kann in Wikipedia alles schreiben. Im entscheidenden Punkt steht da nur eine Behauptung ("Es ist von Kommentatoren des Betäubungsmittelgesetzes wie von Richtern anerkannt, dass man Drogen konsumieren kann, ohne sie im gesetzlichen Sinne erworben zu haben"😉 für die es keinerlei Beleg gibt. Allein die falsche Verwendung des Wortes "Erworben" (hier geht es um Besitz) zeigt doch schon die Qualität des Beitrags.
Im Übrigen ist das kein Widerspruch zu meiner Aussage. Ich sage ja, dass das Verfahren in der Regel eingestellt wird.
Zitat:
Original geschrieben von Kai R.
Jeder kann in Wikipedia alles schreiben.…
Klar, aber jeder kann auch selbst recherchieren, dass das so richtig ist, wie es bei wikipedia steht. Schau mal ins juraform in den Bereich BTM, da wird das seitenweise abgehandelt.
Zitat:
Original geschrieben von birscherl
Klar, aber jeder kann auch selbst recherchieren, dass das so richtig ist, wie es bei wikipedia steht. Schau mal ins juraform in den Bereich BTM, da wird das seitenweise abgehandelt.
dazu reicht ein Blick ins Gesetz:
Zitat:
29 Betäubungsmittelgesetz
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft. (...)
Du wirst mir vermutlich zustimmen, dass von dieser Formulierung jeglicher Besitz, und wenn es nur ein weitergereichter Joint ist, erfasst wird. Auch der Besitz kleiner Mengen ist ein Verstoß gegen das BTMG. Also muss hier ein (Ermittlungs-)Verfahren eingeleitet werden.
Aber es gibt ja noch:
Zitat:
(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung (...) absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.
"das Gericht kann absehen" - das ist der regelmäßige Grund für die Einstellung.
Anders steht es im Übrigen im Juraforum auch nicht. Oder hast Du eine Quelle (Urteil oder Kommentar), dass man "Drogen konsumieren kann, ohne sie im gesetzlichen Sinne erworben besessen zu haben".
Zitat:
Original geschrieben von Kai R.
… Du wirst mir vermutlich zustimmen, dass von dieser Formulierung jeglicher Besitz, und wenn es nur ein weitergereichter Joint ist, erfasst wird. …
Nein, da kann ich dir nicht zustimmen, weil die Rechtsprechung regelmäßig anders entscheidet. Ein bisschen zum Einlesen:
http://strafverteidigung-hamburg.com/.../Zitat:
Original geschrieben von Kai R.
in einem Punkt gebe ich Dir Recht: es ist sehr schwierig, mit Laien über juristische Fachthemen zu diskutieren.Ich versuche es dennoch: Am Anfang steht ein Verdacht. Jemand ist unter Drogen aufgefallen. Offensichtlich hat er diese Droge (wenigstens kurz) besessen, wie ist sie sonst in seinen Körper gekommen? Schon der Joint in der Hand ist eine Form des Besitzes. Also wird hier ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dazu bedarf es keiner Anzeige, da Drogenbesitz ein Offizialdelikt ist. Von Erwerb der Droge reden wir hier auch nicht.
Ergibt dieses, dass ein Kandidat Erstkonsument ist, folgt die Einstellung des Verfahrens. Ist jemand aber schon wiederholt aufgefallen, dann bekommt er wahrscheinlich einen Strafbefehl. Gleiches gilt natürlich, wenn im Laufe des Verfahrens größere Mengen aufgefunden werden.
Ein Ermittlungsverfahren wegen Drogenbesitz muss eingeleitet werden - sonst kann man ja gar nicht klären, ob es (noch weiteren) vorwerfbaren Drogenbesitz gibt.
Selten kommt es dann auch zu einem Zwischenverfahren (Erstellung der Anklageschrift) und Hauptverfahren (vor Gericht).
Ok, jetzt musst Du mir jedoch zu meinem besseren Verständnis noch etwas unter die Arme greifen.
Wenn dem so ist, erfolgt ein Ermittlungsverfahren schon dann, wenn "nur" festgestellt wird, dass der Beschuldigte konsumiert hat. Soweit klar. In der Praxis bzw. im Falle des TE wenn wir von einem Erstverstoß ausgehen, würde das mit hoher Warscheinlichkeit eingestellt werden, wie ich vermute. Ist das so korrekt? Angenommen der TE wäre kein Erstkonsument, was würde dann geschehen, obwohl nichts gefunden wurde?
Hallo,
das ist so korrekt. Beim Erstkonsument wird das fast sicher ohne Weiteres eingestellt. Bei der zweiten Auffälligkeit kann es aber sein, dass die Einstellung mit einer Zahlungsauflage garniert wird oder ein jüngerer Konsument mit ein paar Sozialstunden an die Rechtslage erinnert wird. Stehen z.B. schon zwei Käufe beim Dealer des Vertrauens in der Akte ist mit einer Verurteilung zu rechnen. Hier gibt es aber durchaus Unterschiede nach Bundesländern.
Zitat:
Original geschrieben von Kai R.
Hallo,das ist so korrekt. Beim Erstkonsument wird das fast sicher ohne Weiteres eingestellt. Bei der zweiten Auffälligkeit kann es aber sein, dass die Einstellung mit einer Zahlungsauflage garniert wird oder ein jüngerer Konsument mit ein paar Sozialstunden an die Rechtslage erinnert wird. Stehen z.B. schon zwei Käufe beim Dealer des Vertrauens in der Akte ist mit einer Verurteilung zu rechnen. Hier gibt es aber durchaus Unterschiede nach Bundesländern.
Hallo Kai,
ok, danke für die detaillierte Aufklärung. Ich war verwundert weil ich davon noch nicht gehört hatte. Wenngleich es nach der Lektüre des von Dir geschriebenen logisch erscheint bzw. logisch ist. Mir sind zwar diverse Fälle ähnlich des TE bekannt, jedoch war ein Ermittlungsverfahren wegen Besitz nie Bestandteil der Gespräche mit den Betroffenen. Vermutlich weil es eben eingestellt wurde. In anderen Fällen wurde beim Beschuldigten etwas gefunden und dann war der Sachverhalt auch schnell eindeutig bzw. ein Ermittlungsverfahren wegen Besitz Bestandteil der Erzählung.
Auf jeden Fall habe ich wieder etwas gelernt. Hätte ich auch selbst draufkommen können 😁
Zitat:
Original geschrieben von birscherl
Nein, da kann ich dir nicht zustimmen, weil die Rechtsprechung regelmäßig anders entscheidet. Ein bisschen zum Einlesen: http://strafverteidigung-hamburg.com/.../
Danke für die Quelle. Ich habe damit dann auch noch ein paar weitere gefunden:
Zitat:
Ein Sichverschaffen von Betäubungsmitteln in sonstiger Weise (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) setzt voraus, dass der Täter die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Betäubungsmittel erlangt. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn das Betäubungsmittel in verbrauchsgerechter Menge zum sofortigen Verbrauch überlassen wird; denn in diesem Fall liegt (lediglich) ein strafloser Konsum vor (Anschluss an BGH NStZ 1993, 132; BayObLG NStZ 1990, 395; OLG München NStZ 2006, 579; OLG Nürnberg StraFo 2006, 122; OLG Hamburg NStZ 2008, 287).
also lag ich in dem Punkt falsch.
An der Aussage, dass es zunächst zu einem Ermittlungsverfahren kommt, halte ich aber fest. Es ist im Rahmen des Ermittlungsverfahren zu prüfen, ob ein strafrechtlich relevanter Besitz beweisbar ist. Falls nein: Einstellung.
Zitat:
Original geschrieben von Kai R.
An der Aussage, dass es zunächst zu einem Ermittlungsverfahren kommt, halte ich aber fest. Es ist im Rahmen des Ermittlungsverfahren zu prüfen, ob ein strafrechtlich relevanter Besitz beweisbar ist. Falls nein: Einstellung.
So habe ich Deine Ausführungen auch verstanden und halte sie für nachvollziehbar. Wie bereits erwähnt, ich hatte noch nie davon gehört. Vermutlich eben weil es eingestellt wurde und der Betroffene mit den Dingen beschäftigt war, die ihm tatsächlich zur Last gelegt werden konnten und für die er die Konsequenzen zu tragen hatte.
Interessante Debatte - ich muss nur los. Bis später
Zitat:
Original geschrieben von Kai R.
also lag ich in dem Punkt falsch.Zitat:
Ein Sichverschaffen von Betäubungsmitteln in sonstiger Weise (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) setzt voraus, dass der Täter die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Betäubungsmittel erlangt. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn das Betäubungsmittel in verbrauchsgerechter Menge zum sofortigen Verbrauch überlassen wird; denn in diesem Fall liegt (lediglich) ein strafloser Konsum vor (Anschluss an BGH NStZ 1993, 132; BayObLG NStZ 1990, 395; OLG München NStZ 2006, 579; OLG Nürnberg StraFo 2006, 122; OLG Hamburg NStZ 2008, 287).
Das wäre imho beispielsweise der Fall, wenn ein brennender Joint rumgereicht wird.