Motorrad: Kupplung per Stellmotor betätigen?

Moin,

für ein Bastel- und Forschungsprojekt sind wir gerade dabei, eine BMW F 800 GS (2016) auf Hybridantrieb umzurüsten, mit E-Motor in der Hinterradnabe. In dem Kontext soll auch die Schaltung automatisiert und vom (selbstentwickelten) Steuergerät erledigt werden. Der Fahrer soll nur noch per Gasdrehgriff (und Bremse) eingreifen müssen, das Steuergerät entscheidet ob der Verbrenner ran soll oder der E-Motor. Dazu muss es selbstständig schalten können.

Die Aktuatoren (Elektromagneten) zum Gangschalten werden wir höchstwahrscheinlich von Roland Herbig beziehen. Für die Kupplung kann er leider keine fertige Lösung anbieten, weil eine "dosierte Betätigung" nötig ist, was mit den Elektromagneten nicht so einfach geht, die haben nur drei Stellungen (unten, mitte, oben).

Vom Kupplungshebel (an der linken Seite des Lenkers) führt ein Seilzug zur Kupplung, wo auch die Rückstellfeder sitzt, deshalb könnte man das etwa mit einer elektrischen Seilwinde lösen, die am Lenker befestigt wird. Eine große Herausforderung ist wahrscheinlich, dass sehr schnell, hinreichend genau, mit hoher Kraft und mit kleinem Hub am Seil gezogen werden muss und der Aktuator dabei möglichst klein und leicht sein sollte.

Nun endlich zu meiner Frage an Euch: Kennt ihr existierende Ansätze/Projekte oder sogar fertige Aktuatoren für diesen Zweck? Meint ihr, das ist mit einem elektromagnetischen Aktuator (etwa Elektromotoren) überhaupt in der Bauform machbar, oder muss man das hydraulisch lösen? Ideen und Alternativvorschläge sind herzlich willkommen.

besten Dank vorab, LG
Bene

41 Antworten

einen ausreichend schnellen und kräftigen Aktuator zu finden ist die eine Sache.
Die Kupplung bis zum Kontaktpunkt schnell und danach langsam und ziemlich präzise zu steuern, ohne dass es zu großartigem Rucken oder, das Gegenteil, zu langen Schleifvorgängen kommt, plus dazu die Last über E-Gas so zusteuern, dass die Geschichte mit sinnvollen Motordrehzahlen vonstatten geht, eine ganz andere.

Zitat:

@navec schrieb am 11. Oktober 2018 um 11:51:25 Uhr:


einen ausreichend schnellen und kräftigen Aktuator zu finden ist die eine Sache.
Die Kupplung bis zum Kontaktpunkt schnell und danach langsam und ziemlich präzise zu steuern, ohne dass es zu großartigem Rucken oder, das Gegenteil, zu langen Schleifvorgängen kommt, plus dazu die Last über E-Gas so zusteuern, dass die Geschichte mit sinnvollen Motordrehzahlen vonstatten geht, eine ganz andere.

Ja, aber das ist einfach nur Software.
Die SW Entwickler der Autoindustrie sind ja auch keine Druiden deren magische Software bei Vollmond aus einer grünen Rauchwolke empor steigt sondern Programmierer.
Lageregler, Auswertung, Motorschnittstelle, Sicherheitskonzept...
Für ein Forschungs- oder Versuchsprojekt eigentlich eine grossartige Sache.

Zitat:

@navec schrieb am 11. Oktober 2018 um 11:51:25 Uhr:


Die Kupplung bis zum Kontaktpunkt schnell und danach langsam und ziemlich präzise zu steuern, ohne dass es zu großartigem Rucken oder, das Gegenteil, zu langen Schleifvorgängen kommt, plus dazu die Last über E-Gas so zusteuern, dass die Geschichte mit sinnvollen Motordrehzahlen vonstatten geht, eine ganz andere.

Da musst du den Linearmotor mittels PWM ansteuern (das muß man Steuergeräteseitig vorsehen), damit sollte das ganze eigentlich kein Problem darstellen.

Gruß Metalhead

Zitat:

@Matsches schrieb am 11. Oktober 2018 um 12:46:08 Uhr:



Zitat:

@navec schrieb am 11. Oktober 2018 um 11:51:25 Uhr:


einen ausreichend schnellen und kräftigen Aktuator zu finden ist die eine Sache.
Die Kupplung bis zum Kontaktpunkt schnell und danach langsam und ziemlich präzise zu steuern, ohne dass es zu großartigem Rucken oder, das Gegenteil, zu langen Schleifvorgängen kommt, plus dazu die Last über E-Gas so zusteuern, dass die Geschichte mit sinnvollen Motordrehzahlen vonstatten geht, eine ganz andere.

Ja, aber das ist einfach nur Software.
Die SW Entwickler der Autoindustrie sind ja auch keine Druiden deren magische Software bei Vollmond aus einer grünen Rauchwolke empor steigt sondern Programmierer.
Lageregler, Auswertung, Motorschnittstelle, Sicherheitskonzept...
Für ein Forschungs- oder Versuchsprojekt eigentlich eine grossartige Sache.

nur Software ist es auch nicht oder hat die F800 z.B. standardmässig eine Möglichkeit, die Getriebeeingangsdrehzahl exakt zu messen.
Der Aktuator muss zudem super präzise und trotzdem (für den Leerweg) schnell sein.
Eine Steuerung über einen längeren Bowdenzug scheidet allein bezüglich Präzision m.E. aus.

Wie schon geschrieben:
Wenn es so einfach wäre, so eine Kupplungsgeschichte mit Mechanik sehr präzise und jederzeit reproduzierbar zu steuern, hätte VW mit den hydraulisch/mechanisch betätigten Kupplungen seines Trockenkupplungs-DSG rund 10 Jahre nach der Einführung wohl absolut keine Probleme mehr.

Ist aber, trotz relativ kurzen und direkten Weg über Hydraulikzylinder plus Mechanik offenbar bis jetzt nicht 100%-ig gelungen.
Diese Ansteuerung, die zudem mit einer präzisen Lageerkennung des Hydraulikzylinders und mit Adaption des Kupplungsweges arbeitet, kann man absolut nicht mit einer Servo-Ansteuerung über einen Bowdenzug vergleichen.

Software-Änderungen dazu gab es in 10 Jahren übrigens schon einige (hat daher definitiv nicht nur mit Software zu tun...) und die Reibbeläge wurden auch schon mehrfach verbessert.

Habe gerade einen Artikel über die BMW K 1300 S mit Schalthilfe gelesen:
Das einzige was dieses System kann, ist ein Hochschalten ohne manuelle Kupplungsbetätigung zu ermöglichen.
Beim Runterschalten und beim Anfahren muss die Kupplung weiterhin manuell bedient werden.
So einfach scheint die Geschichte mit der praxisgerechten, automatischen Kupplungsbedienung, ohne eine für diese Zwecke extra konstruierte Kupplung daher nicht zu sein....
wenn es "einfach nur Software" wäre und es hardwaremässig lediglich darum geht, die Kupplung motorisch bewegen zu können, hätte BMW mit Sicherheit keine manuelle Kupplung mehr vorgesehen.

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Ja, einfach nicht so eine riesen Wissenschaft aus dem ganzen machen. Automatische Kupplungen gibt’s seit den 50er Jahren, seit den späten 80ern macht mans halt elektronisch.
Keiner hat gesagt dass Kevin von der Domplatte das ganze in einem Nachmittag umsetzen kann, aber es ist nicht das Hexenwerk als das Du es darstellen möchtest.
Ich habe ein paar Jahre meines Berufslebens mit dem Thema elektronischer Kupplungs- und Schaltaktuatorik verbracht, ich weiss wovon ich da rede.
Adaptions- und Lernroutinen braucht man, aber nicht zwingend hier beim geplanten Vorhaben mit EINEM Exemplar.
In der Serie setzt man natürlich die Momentenschmittstelle in Zusammenarbeit mit dem OEM um, hier bei einer Stückzahl „1“ kann man sich hervorragend mit Ersatzwerten / Gerechneten Werten behelfen. Selbst eine prototypisch umgesetzte gesteuerte (nicht geregelte) Kupplung (man verwendet so etwas z.B. im Notprogramm) funktioniert erstaunlich gut.
Eine „superpräsise Lageerkennung“ gibt’s dabei nicht, die braucht man dabei auch gar nicht.
Die Ansteuerung des Servomotors an sich ist eine Fingerübung für einen Studenten eines Ingenieurstudiengangs. Inkrementalgeber auswerten, PWM stellen, fertig.
Eine gemessene Getriebeeingangswellendrehzahl brauchst Du nicht.

Die Kupplungen sind übrigens auch bei kommerzielen Serienanwendungen fast immer NICHT speziell für diesen Zweck designed. Das sind in der Regel die gleichen Serienteile wie beim MT.
Ich kann dir versichern (glauben musst Du es dann selbst oder es eben lassen) dass das Thema so wie es hier geplant ist absolut beherrschbar ist.
Nicht als Wochenendarbeit, aber perfekt im Umfang einiger Studien- oder Bachelorarbeiten.

Das DCT von Honda hat 2 elektrische Aktuatoren für die Kupplungen.
Siehe hier auf dem Bild in rot und blau eingefärbt:
https://www.bennetts.co.uk/.../how-does-dual-clutch-transmission-work

Allerdings sind da drin keine Servos, sondern Hydraulikventile, die per PWM gesteuert werden.

https://world.honda.com/DCT/secondgeneration/

Nur als Idee. Wäre vermutlich zu kompliziert für euer Projekt die Kupplung hydraulisch bestätigen zu wollen, aber solche Ventile sind präzise steuerbar und die Kraft kommt halt aus der Ölpumpe. 😉

Das ist aber ein Doppelkupplungsgetriebe, um das geht’s hier nicht.
DCT macht man viel lieber hydraulisch (zumindest die Kupplunsbetätigung.) als mechanisch.
Grund: Ein „normally open“ System hat Vorteile bei der Umsetzung des technischen Sicherheitskonzepts.
Und das geht hydraulisch viel einfacher als elektromechanisch.

Zitat:

@Matsches schrieb am 11. Oktober 2018 um 14:56:29 Uhr:


Das ist aber ein Doppelkupplungsgetriebe, um das geht’s hier nicht.
DCT macht man viel lieber hydraulisch (zumindest die Kupplunsbetätigung.) als mechanisch.
Grund: Ein „normally open“ System hat Vorteile bei der Umsetzung des technischen Sicherheitskonzepts.
Und das geht hydraulisch viel einfacher als elektromechanisch.

Es ging mir eigentlich nur um die Frage der Präzision der Ansteuerung und das scheint nicht so ganz einfach zu sein.
Ob das nun eine aktive Kupplungsbetätigung ist (normally open), wie bei den DKG's oder eine normally closed, dürfte bezüglich der erforderlichen Präzision m.E. keinen großen Unterschied machen.

Vielleicht werden bei Doppelkupplungsgetrieben andere Maßstäbe angesetzt.
Das weiß ich nicht.
Mit einer rein hydraulisch betätigten Lamellenkupplung ist man dort immerhin in der Lage, einen gewollten, permanenten Dämpfungs-Schlupf von 10rpm aufrecht zu erhalten.
Dazu muss z.B. der Druck schon sehr feinfühlig angepasst werden können und ohne zusätzliche Überwachung der Getriebeeingangsdrehzahl geht das ganz bestimmt nicht.

Das Beispiel mit der BMW K 1300 S zeigt ja, dass es mit relativ einfachen Mitteln offenbar kaum betriebssicher möglich ist, eine für Handbetrieb ausgelegte Ölbad-Lamellen-Kupplung auf Quasi-Voll-Automatik um zu rüsten.
Wenn das so einfach wäre, würde die automatische Kupplung der BMW zumindest auch beim Rückschalten realisiert worden sein.

Ok, für eine Studienarbeit, ohne Ansprüche an Alltagstauglichkeit, sieht das sicherlich anders aus.

Ich bin da übrigens optimistischer.

Wenn er elektrisch anfährt und weiss in welchem Gang er ist, dann weiss er bei welchem Speed die aktuelle Motordrehzahl zur Wellendrehzahl im Getriebe passt. Kupplung in dem Moment zu, das wars. Das ganze "automatisierte Anfahren" mit Schlupf braucht er nicht, das macht sein E-Motor. Und es gibt eben nur Auf/Zu. Der Gedanke die Kupplung mit einem Ölventil pneumatisch anzusteuern ist gar nicht mal so übel. Normally Open, erst unter Öldruck UND offenes Steuerventil. Und beim hoch- bzw. runterschschalten kann er halt das schrägverzahnte Getriebe nutzen - Last auf den Getriebehebel z.B. über eine Hydraulik samt Feder, Lastwechsel am Motor und "flutsch" - schon ist der Boris drin.

Zitat:

@kev300 schrieb am 11. Oktober 2018 um 14:51:07 Uhr:


Das DCT von Honda hat 2 elektrische Aktuatoren für die Kupplungen.
Siehe hier auf dem Bild in rot und blau eingefärbt:
https://www.bennetts.co.uk/.../how-does-dual-clutch-transmission-work

Allerdings sind da drin keine Servos, sondern Hydraulikventile, die per PWM gesteuert werden.

https://world.honda.com/DCT/secondgeneration/

Nur als Idee. Wäre vermutlich zu kompliziert für euer Projekt die Kupplung hydraulisch bestätigen zu wollen, aber solche Ventile sind präzise steuerbar und die Kraft kommt halt aus der Ölpumpe. 😉

Das ist im Prinzip ein ganz normales Nass-Doppel-Kupplungsgetriebe und elektronisch angesteuert werden daher lediglich die Ventile, die für den richtigen Hydraulikdruck in jeder Kupplung sorgen.
Die eigentliche Kupplungsbetätigung erfolgt nur durch die Hydraulik.

Solche Getriebe (auch die im Auto) sind von vornherein für den vollautomatischen Betrieb konzipiert und haben alle möglichen Sensoren.
Ein Doppelkupplungsgetriebe könnte man von Hand eher gar nicht kuppeln....
Mit einem gewöhnlichen, kupplungsseitig modifizierten Motorrad-Getriebe hat das in jedem Fall so gut wie nichts zu tun.

Bei der von mir genannten BMW handelt es sich dagegen anscheinend nur um eine (teil-)automatisierte Kupplung, die an einem gewöhnlichen Motorradgetriebe mit mechanischer Fußschaltung montiert ist.
Das kommt dem, was hier im Thread angedacht ist, schon sehr nahe.

Bei den BMW Motorräder ist das Getriebe entsprechen konstruiert. Eine (teil-)automatisierte Kupplung braucht es nicht. Den Rest regelt die Elektronik (siehe unten)
Mittlerweile geht das bei neueren Modellen mit dem sogenannten Schaltassistent Pro auch beim runterschalten.

Wichtig ist bei dem Ganzen ist, dass der Motor beim Schaltvorgang nicht unter Last steht.
Denn unter Last läßt sich ein Getriebe kaum schalten bzw. bei trennen der Kupplung dreht der Motor blitzartig hoch.
Man braucht also auch noch eine Eingriff ins Motorsteuergerät.
zB. beim Hochschalten die Zündung unterbrechen.

Zitat:

@Buginithi schrieb am 12. Oktober 2018 um 07:12:19 Uhr:



Man braucht also auch noch eine Eingriff ins Motorsteuergerät.
zB. beim Hochschalten die Zündung unterbrechen.

Ja, ohne Lasteingriff geht’s nicht bei unterbrechungsbehafteten Getrieben.

Wobei „Zündung unterbrechen“ im Zeitalter geregelter Katalysatoren aus nahe liegenden Gründen nicht so prickelnd ist.

Generell hat man im Groben zwei Stellgrößen:

a.) Gasmenge
b.) Zündzeitpunkt

Der Weg über die Gasmenge ist langsamer, kann aber große Momentendeltas regeln, der Eingriff über den Zündzeitpunkt hat einen begrenzteren Einfluss auf das gestellte Moment, ist dafür aber vergleichsweise schnell.
In der Praxis wird eine Kombination der beiden Stellgrößen verwendet.
Hier muss man einfach sehen, welche Stellschrauben man bei einer nachträglichen Lösung überhaupt hat.
Im Serienbau wird das via CAN-Größe bzw.mittlerweile zunehmend über Flex-Ray getan.
Bei einem Hybriden kann man weitere Spässchen treiben, wie zum Beispiel ein Stützen während der Schaltung mit der E-Maschine, so dass auch eine unterbrechende Schaltung kaum noch wahrnehmbar ist.

Die F800 hat eine Einspritzung. Von daher sollte die Geschichte durch weniger Einspritzmenge schnell zu regeln sein

massiv weniger = massiv mager = zündet nicht und die gesamte Brennstoffmenge wird im Kat nachverfackelt. ZZP Richtung "spät" lässt hingegen nur die Abgastemperaturen kurz und deutlich ansteigen, nimmt aber auch deutlich Drehmoment raus.

Bei meiner 750er reicht es bei "gespanntem Schalthebel" aus einmal kurz am Gasgriff zu "zucken" - also Einmal Drosselklappe/Einspritzmenge. Das geht auf jeden Fall.

Die Herausforderung ist halt das Ganze zu automatisieren.

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