Mark Ludwig - Die Werkstatt für klassische Automobile
Liebe Leute,
wie sich ja hier und da schon herum gesprochen hat, habe ich in diesem Jahr beschlossen neue Wege zu gehen und nach knapp 20 Jahren KFZ Handwerk und 14 Jahren Selbstständigkeit meinen Betrieb geschlossen.
So langsam aber sicher merke ich die Schrauberei in den Knochen. Knie, Handgelenke, das will nicht mehr ganz so wie noch mit 20 und der Spass daran, jeden Tag in Ölsand und Rost zu verbringen ist mir irgendwie auch vergangen.
Im Mai hat es mich dann gesundheitlich für einige Wochen komplett erwischt und dann habe ich den Beschluss gefasst das es für mich persönlich reicht und es Zeit ist, nochmal etwas neues im Leben zu machen. Meinen Betrieb habe ich mangels Nachfolger komplett abgewickelt und endgültig geschlossen.
Ersatzteilbestände, Werkzeuge & Co sind in den letzten Monaten komplett verkauft worden.
Das mag den ein oder anderen grade in der Region hart getroffen haben, aber es fahren hunderttausende alter Mercedes auf der Welt herum, es gibt auch andere Leute als mich welche diese reparieren können und ich denke, die meisten haben im vergangenen Jahr eine neue Werkstatt gefunden.
Die Zeit hat Spass gemacht, vor allem weil ich in der Regel recht nette und freundliche Kunden hatte die ich auch persönlich gut kannte, ich habe nie einen Brief von nem Rechtsanwalt eines Kunden bekommen und ich habe auch jeden Euro bezahlt bekommen. Trotzdem beginnt für mich ein neues Kapitel im Leben und die einzigen Autos die ich noch reparieren werde sind meine eigenen und wahrscheinlich mal eines vom Vater, das wars.
Dem Forum bleibe ich aber erhalten, in diesem Sinne wünsche ich euch ein frohes Weihnachtsfest und allzeit gute Fahrt,
Mark
22 Antworten
Schade, dass du keinen Nachfolger gefunden hast. Du scheinst deutlich mehr zu können, als die meisten anderen Werkstätten und es ist immer schade, wenn Können und Wissen verloren gehen.
Aber die Arbeit soll natürlich nicht zu Lasten der Gesundheit gehen und wenn einem irgendwann die Freude daran vergeht, ist es nur richtig, neue Wege zu gehen.
Naja, mehr nicht, eher etwas anderes. Ich habe halt vor allem die letzten 10 Jahre ganz konsequent nur alte Autos, in der Regel Mercedes, repariert & restauriert. Das ist eben was anderes als ne normale KFZ Werkstatt leisten kann.
Dafür brauchste mich aber nicht nach Dingen wie EOBD, elektronischem Checkheft und neuen Plastikautos oder Zahnriemen fragen... Da habe ich nahezu 0 Ahnung von. Ich nehme lieber ne Tafel Blech und mache daraus n Kotflügel, nur die Zeiten wo ich da 8h mitm Hämmerchen dran sitzen kann und aus Tafelblech Einzelteile nachfertige, die sind vorbei. Nach 4h tun mir die Handgelenke weh... Das Problem einen Nachfolger zu finden oder auch Mitarbeiter lag an mehreren "Eigenheiten" die die Spezialisierung so mit sich brachte... Ich habe fast alles selbst gemacht, mit einer sehr großen Fertigungstiefe und das Meißte im eigenen Hause. Wenn dann Karosseriebau ansteht und es kann jemand nicht schweißen, dann ist das schlecht. Wenn dann Mechanik ansteht und es kann jemand keinen Motor überholen, dann ist das auch schlecht. Und wenn man so Aufgaben wie M129, M130, M119 hat, dann sind das auch keine Sachen an denen jemand "üben" kann... Auch bei den Pagoden von denen ich immer eine zur Restauration stehen hatte, bleibt kein Platz für irgendwelche Nachlässigkeiten, da muss in der Preisliga alles 100%ig stimmen. Man bekommt aber heute kaum noch Mechatroniker die es überhaupt schaffen, 5 Tage in der Woche pünktlich um 9 zur Arbeit zu erscheinen und das noch 8h täglich durch halten...
Dazu ist das Oldtimergeschäft ein Saison geschäft, Geld verdient wird im 2. und 3. Quartal, wenn die Autos fahren und das Wetter gut ist. Das geht je nach Wetterlage grob um den 1. April rum los und bis September muss der Jahresumsatz drin sein. Das heißt im Handwerk aber auch, das eben gearbeitet werden muss, das geht im Frühjahr halt los und dann ist großrennerei 5 Tage die Woche und am 6. macht man noch die Problemfälle und Sonntags Nachmittags sitzt man noch im Büro, in den Sommerferien wird es immer etwas ruhiger und dann kann man die Problemfälle und das was liegen geblieben ist abarbeiten und dann kommen nochmal die Monate Vollgas bis in den Herbst. Da ist nix mit Brückentagen, Feiertagen und 3 Wochen Sommerurlaub drin.
Ab September macht man dann noch die Scheisse für die Stammkundschaft fertig die eigentlich kein Geld bringt aber die man mit machen muss, also größere Karosseriereparaturen, Teilrestaurationen, Motorrestaurationen, etc. und dann je nach Wetter im November / Dezember schläft das ganze Geschäft quasi ein.
Dann stellen alle Leute ihre Hobbyautos weg, die Straßen werden gesalzen, es geht teilweise über Monate kein Auto mehr rein oder raus ausm Laden und die letzten Alltagsautofahrer, davon kommt noch einer die Woche mit nem Notfall weil er ne neue Wasserpumpe braucht oder auch nur weil er n Scheibenwischerblatt braucht.
Das hat dann die letzten Jahre die freie Werkstatt nebenan erledigt und ich habe konsequent im Winter den Laden zu gemacht und bin mit meinem LKW auf Weltreisen gewesen... Für mich passend, aber auch nicht für jeden der erstrebenswerte Arbeitszyklus...
Da jemanden zu finden der das übernehmen will, ist mir nicht gelungen. Ein paar Interessenten gab es, aber den jüngeren Leuten ist es meistens wichtig pünktlich um 16:30 Feierabend zu haben, Sommerurlaub oder sie konnten keine Uhr und keinen Kalender lesen. Von daher habe ich mich schlussendlich entschieden, den Betrieb komplett ab zu wickeln. Habe ich umgesetzt.
Hallo Mark,
ich habe Dich hier „kennen und schätzen“ gelernt, Du hast mir auch sehr mit meinem Auto in deiner Werkstatt geholfen.
Dafür danke ich dir nochmals und wünsche Dir alles Gute und vor allem Gesundheit für Deine weiteren Pläne.
VG
Christian
Alles Gute für die Zukunft wünsche ich.
Wirst du jetzt Bürohengst? 😁
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Kann ich gut nachvollziehen....
Oldtimergeschäft ist ein hartes Brot.
Ich habe mit 17 Jahren bei Mercedes 1988 angefangen...da waren 190er, 124er und co. Neuwagen!
Nach 20 Jahren Werkstatt habe ich dann auch geschmissen.
Ich habe den Weg dann anders eingeschlagen....vom Angestellten zu Selbstständigkeit.
Betreibe aber Hobbymäßig weiterhin eine Werkstatt für Oldtimer....vornehmlich Briten.
Man kann halt nach so langer Zeit nicht anders, der Beruf hält einen fest! Ist eine Leidenschaft.
Wenn ich mir aber dann vorstelle, ich sollte davon Leben?.....keine Chance.
Ich kann deshalb deinen Schritt voll und ganz verstehen.
Alles Gute für die Zukunft!!!
Beste Schraubergrüße. Matthias Hubbert...
Es waren keine finanziellen Gründe weshalb ich den Betrieb geschlossen habe.
Mit alten Mercedes kann man durchaus sein Geld verdienen, das hat bei mir immer gut geklappt, da gibt es nichts zu jammern...
Man muss sich dann entsprechend spezialisieren und anders aufstellen als die anderen 50 Betriebe die im Umkreis von 1km am KFZ Handwerk beteiligt sind, bzw. die zahlreichen umliegenden Werkstätten.
Gibt grade beim 124er viele Spezialitäten mit denen normale Werkstätten ein Problem haben, das geht bei der Ersatzteilbeschaffung los, im Großhandel gibt es immer weniger Qualitätsware und wenn dann zu utopischen Preisen. Mein normaler Lieferant wollte zuletzt 146€ für nen Bilstein Stoßdämpfer netto EK, da war mein Rabatt schon runter. Aber bei nem 124er braucht niemand "heute" nen Stoßdämpfer, ich habe daher bei Reparaturen meistens einmal nen Vortermin gemacht, mir mit dem Kunden zusammen angeguckt was kaputt ist und dann die Teile bestellt und Reparaturtermin war ne Woche später. Da kam dann der Stoßdämpfer ausm Internet für 56€ incl. Steuer und da konnte man noch 35% Marge drauf schreiben und gut war. Div. Teile hatte ich auch gebraucht da und div. Teile im Austausch, wie Lichtmaschienen, Tempomatsteuergeräte, Außentemperaturanzeigen, etc. Die gänigen Stoffe für durchgescheuerte Fahrersitzwangen waren eben so auf Lager wie der Sattler an der Hand, der die eben eingenäht hat. Für Innenhimmel Mopf 2 hatte ich zum Schluss immer nen Limohimmel mit Schiebedachbezug auf Lager liegen.
Wenn man immer nur hauptsächlich die 10 gleichen Modelle repariert, dann hat man dafür 5 Wasserpumpen im Regal liegen und egal ob n 190SL, ne Pagode, n 190E oder n 260E, ne Wasserpumpe, ne Lichtmaschiene, n gebrauchter Anlasser oder Auspuffkrümmer, sowas war immer da. Wie bei Mercedes früher auch. Und Standardverschleißteile wie Scheinwerfer, Stoßdämpfer, Spurstangen, Hardyscheiben, Lenkzwischenhebel, Scheibenwischerblätter, Zündkerzen, Ölfilter, usw. usf. habe ich teilweise gleich in größeren Stückzahlen bestellt, dann gabs bei manchen Onlineshops noch extra Rabatt wenn man 30 Scheibenwischerblätter und 20 Lenkungsdämpfer bestellt hat.
Wenn mal einer mit ner abgerissenen Antriebswelle aufm ADAC Transporter kam, standen die Chancen gut das er das Auto gleich wieder fertig mitnehmen konnte. Wobei der ADAC eigentlich selten kam, der brachte nur die ungewarteten Autos, die Kunden die Ihre Autos bei mir ordentlich zur Inspektion abgegeben haben brauchten den ADAC im Prinzip nicht.
Genau so waren die wichtigen Spezialwerkzeuge da, die man zwar nicht braucht um son Auto zu reparieren, aber mit denen sich manche Arbeiten eben schneller und effizienter ausführen lassen, dann passt auch die Marge und am Schluss der Preis.
Und für laue Zeiten stellt man sich einfach nen richtigen Oldtimer hin, Pagoden waren immer gut, aber auch n Ponton Cabrio hatte ich schon stehen oder einfach n 124er Cabrio / Kombi zur Restauration / Teilrestauration, für wenn weniger zu tun ist...
Auch Karosseriereparaturen, wenn man in der Lage ist aus Tafelblech was zu bauen, waren meistens gutes Geschäft. Wagenheberaufnahmen, Radläufe, Radhäuser, Kotflügelecken, wenn andere nur n NOS Kotflügel oder n krummen Zubehörflügel verkaufen konnten, habe ich nur vorne die Ecken geschweißt und mein Lackierer das bis über den Radlaufbogen einlackiert und fertig. Einmal mitm Sandstrahlgerät drüber, war der Rost weg und mit gescheitem Hohlraumwachs hat eine Reparatur von mir bisher eigentlich nie wieder gerostet... Teilweise habe ich das sogar selber beilackiert, die Standardfarbtöne 124/126/201 hatte ich alle da...
Und dann sind das ja meistens auch Autos, wo es nicht auf nen Tag drauf an kommt, ich habe kaum Kunden gehabt die nur ein Auto hatten und mit Winterreifenwechseln schon garnix zu tun, meine Kunden haben die Autos gewechselt.
Und wenn irgendwo mal n Plastikklip oder ne Klammer aufgab, dann hatte ich das entweder auf Lager oder das Auto blieb halt einen Tag länger stehen, bis das Kleinteil nächsten Tag von Daimler kam. Ich hatte 2 Hebebühnen und wenn an irgend nem Auto wieder was fehlte und es nicht weiter ging, dann blieb die Karre da einfach so stehen und ich hab am nächsten Auto weiter gearbeitet, bis es da fertig war oder nicht weiter ging und bin dann quasi im rollierenden System wieder bei Autos 1 gelandet wenn das Teil da war. In normalen Werkstätten geht das so nicht, da ist Montags der Hof voll und Freitags leer, da muss n Auto auf die Bühne und fertig werden, am besten in einem Zuge. Und dann fehlt halt oft ne Klammer oder n Clip und es wird gebastelt oder gepfuscht. Ich war so aufgestellt das ich stehen lassen konnte bis auch der letzte Zierleistenclip zu meiner Zufriedenheit montiert war.
Hey Mark,
ich wusste nicht, dass Du Profi bist.
Wow.
Die Enttäuschung, dass heute niemand die Schufterei mehr machen will und falls doch, da die Kompetenz fehlt, hört man ein wenig raus. 😁
Das ist aktuell im Handwerk ein leider sehr weit verbreitetes Phänomen und hängt mit unserem dekadenten Bequemlichkeits-Staat zusammen.
Darf man fragen, wie Du Deine Brötchen in Zukunft verdienen wirst?
Jede Menge Grüße
k-hm
Zitat:
Darf man fragen, wie Du Deine Brötchen in Zukunft verdienen wirst?
Die Branche hat nichts mit KFZ-Handwerk zu tun, von daher denke ich dass dies als Antwort ausreicht.
Dauerweltreisender werde ich jedenfalls nicht, nach 3 Monaten wird mir das zu langweilig 😁
Viel Erfolg und Gesundheit weiterhin, sowie eine schöne Weihnachtszeit wünsche ich....
Zitat:
@Mark-86 schrieb am 23. Dezember 2022 um 11:27:54 Uhr:
Zitat:
Darf man fragen, wie Du Deine Brötchen in Zukunft verdienen wirst?
Die Branche hat nichts mit KFZ-Handwerk zu tun, von daher denke ich dass dies als Antwort ausreicht.
Dauerweltreisender werde ich jedenfalls nicht, nach 3 Monaten wird mir das zu langweilig 😁
Klingt gut.
Ich selbst habe mich auch einmal bisher beruflich komplett verändert und es absolut nicht bereut... es gibt eine Menge Sachen, die Spaß machen.
Und es schadet nie, über den Tellerrand zu gucken und sich neue Möglichkeiten zu erschließen 😁
Ähm... ich hoffe natürlich, dass Du den Kontakt zu Deinen Wurzeln (und uns hier) nicht ganz verlierst.
In diesem Sinne ein schönes Fest und möge Deine Zukunft so laufen, wie Du es Dir vorstellst.
Nochmal jede Menge Grüße
k-hm
Mark du hast alles richtig gemacht!
Du bist FREI.
Genieße jeden Tag. Die Vergangenheit war gut; die Zukunft wird besser!
Das mit dem Nachfolger ist halt manchmal schwer. Für die meisten ist das ein Beruf, für dich eine Berufung. Nur die wenigsten stecken da mit so viel Herzblut drin. Da wird dann natürlich anders mit allem umgegangen und die Qualität ist eben eine andere. Da jemanden zu finden, der genauso mit Leib und Seele dabei ist wie du, ist nicht leicht.
Man muss das aber auch akzeptieren können, dass andere anders arbeiten. Letztendlich entscheiden das sowieso die Kunden. Wenn die unzufrieden sind, kommen sie nicht mehr und das war es dann.
Und da war niemand dem Du dass hättest weitergeben können?? Also nicht Deinen Betrieb, aber Dein Fachwissen?
Wenn ich mit meinem 123er irgendwoh vorfahre gucken die schon.... ich könnte auch mit nem UFO vorfliegen, mit meinem /8er isset noch schlimmer. Der letzte Meister, kein Witz, wollte die Hydros einstellen, wüüürrg!
Schade um jeder der die Oldtimerei verlässt, ich finde aber schon dass man, wenn man diese Sache liebt, fast schon die Verflichtung hat für Nachwuchs zu sorgen.
Ich finde heute schon keinen mehr der die Ventile einstellen kann, das wurde früher an der Tanke gemacht!
Hi Mark,
ich beglückwünsche Dich zu Deinem konsequenten Entschluss.
Ich kann Deine Problem mit der Nachfolgersuche zu 100% nachvollziehen.
Als ich einen Nachfolger für meine Fahrschule gesucht habe, ging es mir genau so wie Dir.
Auch ich habe damals dann die Tür für immer abgeschlossen.
Tut eine kurze Zeit weh, aber die Gesundheit dankt es einem.
Frohes Fest und guten Rutsch.