Kraftstoffsystem allgemein
Hallo zusammen!
Bisher war ich immer nur stiller Leser von Foren zu allen möglichen Themen. Nach meinem, zum Glück gelösten Rätsel um das gesamte Kraftstoffsystem meines
Volvo xc70 D5 (163ps) aus 2005 340000km
möchte ich hier auch mal einen Beitrag leisten und hoffe jemandem diese Odyssee zu ersparen. Am Ende war die Reparatur relativ einfach und nicht übermäßig teuer.
1.zum Problem:
Autobahnfahrt, 180kmh bergauf und ich stand voll auf dem Gaspedal weil mir danach war. Plötzlich ruckeln, Anzeige Motor Wartung dringend, 2sek später Motor aus, Standstreifen, sprang auch nicht wieder an. Abschleppen, runter von der Bahn, am nächsten Tag mit Bekanntem die Kiste geholt.
2. Fehlersuche
Erste Vermutung/Hoffnung Dieselfilter zu. Hatte ich lang nicht getauscht wenn überhaupt schonmal, keine Ahnung, bin eine Gefechtsschlampe. Getestet, Auto sprang nicht an.
Als Nächstes Zulauf aus Richtung Tank an der Hochdruckpumpe abgemacht und geschaut was da ankommt, sprich ob die vorförderpumpe tut was sie soll. Sah etwas mau aus, deshalb mal Druck gemessen: etwas unter 1 bar. Zu wenig. Es sollten grob ca. 3-6 bar sein laut Recherche in irgendwelchen Foren. Das stellte sich im Nachhinein als nicht ganz richtig dar, dazu später mehr. Also zum Kumpel, seines Zeichens ein kleiner kfz-Teilehändler und eine neue Vorförderpumpe für 150€ bestellt, was wie gewohnt für dieses Auto gar nicht so leicht ist weil es ein schreckliches Chaos mit den Vergleichsnummern ist.
Neue Pumpe eingebaut, dazu Rücksitzbank raus, auf der Fahrerseite ist der eine Tankgeber auf der anderen Seite die Pumpe mit 2. Tankgeber. Um den Deckel aufzubekommen habe ich mir aus einem Flachstahl einen "schlüssel" gebastelt. Die Konstruktion der Pumpe ist insgesamt äußerst hässlich und fummelig. Keine Ahnung ob der Ingenieur keinen Bock hatte, wer weiß. Einige verlorene Nerven und viele schlimme Worte später Startversuch: volvi springt an, läuft aber wie ein Eimer Schrauben. Luft im Rail war die Vermutung, also alle Leitungen mal leicht geöffnet, auch um zu sehen ob Diesel kommt, dann erstmal Feierabend gemacht.
Nächster Tag georgelt bis Batterie alle, Auto will nicht anspringen. Druck nochmal vor der HD Pumpe gemessen, satte 5 bar lagen an. Fehler ausgelesen, Raildruck zu hoch??? Die HD Pumpe hatte ich auf Grund dieses Fehlers ausgeschlossen denn sonst wäre der Druck ja zu gering. Außerdem liest man wenig über kaputte hd-Pumpen bei diesen Motoren. Also mal den Raildrucksensor(rechts am Rail) geprüft: Sensor raus stecker wieder ran und einfach mal mit Druckluft reingeblasen und anzeigen lassen: 6,5 bar hat er angezeigt, was trotz ganz anderer Größenordnung recht plausibel war. Sensor in Ordnung. Dann Druckregelventil(in die hdpumpe eingesetzt) rausgebaut mal mit einer Batterie angesteuert, klickt, Ventil bewegt sich, optisch unauffällig, nach außen hin trocken. Druckregelventil in Ordnung.
Es konnte nur noch die hd-Pumpe sein also raus damit, was echt kein Akt war. Da kamen schon die Metallbrocken rausgeflogen. Die Welle der Pumpe wird über die Nockenwelle angetrieben, steckt in einer Art Adapter der wiederum in der Nockenwelle steckt. Dieser war zerbröselt. Die Pumpe aus Interesse weiter zerlegt und auf etwas gestoßen was mir so nicht klar war: außen an der Pumpe, sitzt eine zweite kleine Pumpe,ebenfalls über die besagte Welle angetrieben (die in der Nockenwelle steckt) diese kleine Zahnradpumpe ist die eigentliche Niederdruckpumpe, bis dahin hatte ich die Vorförderpumpe als solche angesehen. Auch hier war der Teil der Welle der im Zahnrad sitzt zerbröselt, die Pumpe hatte also gefressen, das konnte man schön sehen. Die hd-pumpe ist eigentlich ein Eisenschwein. Solang sie nicht trocken läuft kann daran nicht viel sein. Also eine gebrauchte für ca 80€ bestellt. Doch warum lief das Auto trotz defekter hd-Pumpe? Wahrscheinlich haben die stolzen 5bar aus der frischen Pumpe genügt um die Hochdruckseite der hd-pumpe ausreichend mit Diesel zu versorgen. Die beschriebenen Brösel hin zur Nockenwelle haben sich vermutlich irgendwie verkeilt, wodurch zumindest die Hochdruckseite gearbeitet hat. Also die gebrauchte Pumpe eingebaut. Sind 3 Schrauben, ein Stecker (vom Druckregelventil) 3 Leitungen und eine Hochdruckleitung. Startversuch: Volvi springt sofort an, läuft wieder scheiße. Auslesen bringt Fehler 2501-3 Raildruck zu hoch. Echtzeitdaten zeigten im Standgas einen konstanten Druck von 1800bar!!! Viel zu hoch also. Im Standgas sollten es um die 300 bar sein. Wie kann das sein? Vorförderpumpe, Sensor und Ventil waren ja definitiv i.o. Rücklaufmessung an den Injektoren zeigte keine Auffälligkeiten. Ratlosigkeit.
Nach einer Mütze Schlaf und einem schrägen Traum von Hochdruckpumpen die die Weltherrschaft an sich reißen wollen, war das einzige was noch nicht geprüft wurde der Rücklauf. Also die Leitung Richtung Vorförderpumpe gepfrüft, frei. Dann mal in den Rücklauf der Pumpe reingepustet, geht nix durch. Also Pumpe wieder rausgeholt, mit der alten verglichen...
Wie arbeitet eigentlich diese Vorförderpumpe?
Sie saugt Diesel am Boden des Schwallbechers an und fördert ihn in einen Verteiler. Von da aus geht es einmal Richtung Deckel anschließend Richtung Filter und Motor. Die 2. Hälfte in eine Schleife rüber zur 2. Tankhälfte des Satteltanks. Dort sitzt eingeklippt in den Tankgeber eine Art Ventil, hinter dem die Leitung dicker wird. Per Venturieffekt wird Diesel mitgenommen, wieder am Becher angekommen läuft die Brühe einfach von oben in diesen rein. So fördert der volvi Diesel nicht nur zum Motor sondern auch von der linken in die rechte Tankseite.
Achtung: Ich glaube das diese Pumpe nur in diesem xc70 Diesel bis 2007 und in s60 Diesel bis 2010 so verbaut ist, weiß ich nicht so genau. Man neigt dazu zu glauben das es alles eine Suppe ist, ist leider nicht so. Es gibt Modelle mit 2 pumpen im Tank, Modelle ohne Satteltank, weiß der Teufel was noch alles. Das muss man schon selber für seine Karre herausfinden. Mehr dazu unter Punkt 4.
Die neu eingebaute Pumpe sah erstmal genauso aus und erfüllt ja den selben Zweck. Schaut man sich aber das Ding genauer an, fällt auf das die Leitungen im Becher anders verlaufen und am Rücklauf eine Art Druckschalter verbaut ist. Kurz gesagt: es war eine Pumpe für einen Benziner. Der feine Unterschied liegt darin das beim Benziner diese besagte "Schleife" über den Rücklauf arbeitet, beim Diesel über den Vorlauf. Also die Vorfördereinheit zerlegt und lediglich die eigentliche Pumpe in den alten Becher gebastelt, wieder viel über diese hässliche Konstruktion geflucht, eingebaut, Startversuch: Volvi schnurrt als hätte er nie was anderes getan. Soweit so gut. Wäre da nicht meine Angst gewesen irgendwas könnte an den Leitungen im Becher undicht sein weil ich sowas in irgendeinem Forum gelesen hatte. Zu Dingen in Foren später noch. Also mal Druck gemessen und 1,5 bar gemessen. Gut das ich nochmal geschaut hatte, dachte ich zumindest.
(Spoiler: ab hier war eigentlich alles wieder schick)
Nochmal eine Vorförderpumpe bestellt, kam 77€ im bei autodoc, diesmal gleich die richtige. Wusste ich ja jetzt worauf es ankommt. Neues Teil reingefummelt, den "Ingenieur" verachtet und wieder schlimme Wörter, obwohl es von mal zu mal deutlich schneller ging. Druckmessgerät war noch angeschlossen, also nochmal gemessen. Nach wie vor: 1,5 bar. Ratlosigkeit. Schlafen. Als Nächstes Spannung am Stecker der Pumpe gemessen: 12v alles gut. Pumpe mit externer Batterie angesteuert, immernoch 1,5 bar. Sollte die neue etwa auch defekt sein? Schließlich soll die laut Angaben 3bar und 145l/h liefern, mal die Menge gemessen, sollten demnach 2,4l/min sein. Tatsächlich waren es 1,2l. Halber Druck, halbe Menge. Ratlosigkeit.
Durch Zufall stand ein Hyundai h1, mit ähnlichen Problemen da, um den sich mein Kollege gerade gekümmert hat. Der hat die gleiche hd-Pumpe, eine Bosch CP3S3 oder so, natürlich ist die an das Fahrzeug angepasst da die in dem Fall zb vom Zahnriemen angetrieben wird. Der hat überhaupt keine Vorförderpumpe, sondern eine kleine manuelle Pumpe zum entlüften, kennt man auch beim Trecker. Die Niederdruckseite holt sich also den Diesel wenn er dort ansteht. Wahrscheinlich noch nen Rückschlagventil im Tank. Zack fertig.
Das hat mich dazu veranlasst zu überlegen wann die Vorförderpumpe im volvi eigentlich arbeitet und habe folgendes rausgefunden: 1. schaltet man die Zündung auf 2 also an, läuft die Pumpe ca 80sek. 2.Stellt der Tankgeber links fest das er bei 13l ist, geht sie an um Sprit von der Fahrerseite zu holen. Bei 22l geht sie wieder aus. 3. bei Fahrzuständen mit hohem Kraftstoffbedarf, zb. bei 180kmh bergauf Vollgas geben, der aufmerksame Leser erinnert sich...daraus habe ich dann geschlossen, dass die Pumpe evtl gar nicht soviel Menge und Druck nach vorn bringen muss. Aber warum schreiben die 3bar wenn die Pumpe nur 1,5 bar bringt? Da ist es mir klar geworden: der Verteiler im Becher!!!! Die Hälfte fließt ja in die andere Tankhälfte. Wenn über die Schleife Diesel mitgenommen werden soll, braucht es Kraft in Form von Druck. Und dort gehen die anderen 1,5bar und 1,2l/min flöten. Es war also alles gut. Schon nach Einbau der zurechtgebastelten Pumpe. Ich wollte aber verstehen und sicher gehen das ich nicht bei der nächsten Autobahnfahrt das gleiche Problem hab. Das Rätsel war endlich gelöst.
Das ich liegengeblieben bin hatte 3 Ursachen: 1. Dieselfilter zu.
2. Vorförderpumpe hatte nur noch ca die Hälfte der Leistung die sie haben sollte.
3. Mein Fahrriemen an jenem Tag
3.Was lerne ich daraus bezüglich des Autos:
-Commonraildiesel nicht leerfahren. Lieber eher als später tanken. Auch wegen dem Dreck der angesaugt wird.
- Dieselfilter regelmäßig wechseln!!!
- ein so betagtes Auto muss man nicht unnötig stressen
- Zugabe von 2takt-ÖL ist durchaus clever(machen ja manche crd-Fahrer)
4. Was lerne ich im allgemeinen aus der Sache und wieso mach ich mir die Mühe?
Schön das es diese Foren gibt. Symptome googlen, mit viel Glück hat einer alles schön erklärt und alles ist genau wie beim Auto des Foristen. In vielen Fällen eben nicht. Keiner hat alle Modelle, Varianten, Modellpflegen im Blick. Nicht mal der beste Mann in der nächsten volvowerkstatt. Was in diesen Beiträgen teilweise orakelt wird, hilft einem oft nicht weiter, verwirrt einen unnötig und hält einem vom wichtigsten ab: verstehen was wie wo funktioniert. Sicher habe ich auch geschaut, aber mehr nach Infos allgemeiner Art: Wie hoch sollte der Raildruck beim Start sein, wie wird der Druck im rail geregelt usw usw. Nicht modellspezifisch sondern die Funktionsweise hinterfragend. Oft sind es die Leute die super selbstsicher daherschreiben, vorschnell ferndiagnosen stellen odr gar leute vollpflaumen, die jenigen die beim genaueren lesen, keinen blassen Dunst haben. Deshalb habe ich mich entschieden meine Erfahrung zu teilen und ordentlich zu erklären. Ich bin kein kfz-Mensch sondern nur ein Holzfäller. Es ist nicht so das ich mega erfahrung habe mit 1000 Autos. Ich kann nur jedem der Bock hat selbst zu Schrauben, dazu ermutigen sich einfach selber gründlich mit dem Problem auseinanderzusetzen. Das setzt natürlich ein wenig technisches Verständnis voraus, mehr dann aber auch nicht. In den Rest fummelt und liest man sich ein. Und wenn man zu fundierten Erkenntnissen gelangt ist, erst dann sollte man diese gern teilen.
Orakeln no, verstehen yo!
Nicht schlecht fürs erste mal oder?
Am Sonntag hole ich mir noch einen volvi xc70. Günstig geschossen. Meiner rostet fürchterlich. Trotzdem ein cooles Auto trotz vieler vieler Tücken und Finessen. Falls jemand Fragen hat, kann ich gern was orakeln 😉
13 Antworten
Lasse das doch bitte mal in den richtigen Unterbereich verschieben:
https://www.motor-talk.de/.../volvo-s60-s80-v70-2-xc70-xc90-b172.html
Hi,
herzlich willkommen - ich mache das gerne. 😉
Schönen Gruß
Jürgen
Forenpate
Zitat:
@Cotzcountry schrieb am 26. Januar 2024 um 18:57:32 Uhr:
ISt es hier nicht auch falsch, wenn hier steht ab 2006?
Richtig,hier ist der Beitrag auch falsch.
Hier haben wir die Abteilung V 70 III ab Mj.2008.
Trotzdem, obwohl "falsch", äußerst angenehm zu lesen.
Ich musste öfters mal schmunzeln... 😁
Und vielleicht passt das eine oder andere dann doch hier rein. 😉
Ja diesen Satteltank hat mein XC90-1 auch. Beim damaligen fehlersuchen tauschte ich auch die vorförderpumpe aus und stellte danach fest, dass die linke tankhälfte nicht mehr angezeigt wird. Somit war ich gezwungen noch einen neuen tankgeber für links zu kaufen.
Auch dieser Adapter zwischen Nockenwelle und HD Pumpe war bei mir gebrochen. Allerdings nur 2 Teile. Ob die Pumpe kaputt ist, habe ich nicht mehr probiert. Ich kaufte eine neue und die alte schlummert für Notfälle in der Verpackung der neuen...
Ist bestimmt auch niederdruckseitig fest. Dort ist die Welle relativ dünn. Da braucht nur das pumpenrad leicht fressen. Sind nur drei oder vier Schrauben um die kleine Pumpe zu lösen, deren Gehäuse ist allerdings genietet. Bekommt man sicher schwierig wieder zu.
Der Grund weswegen der xc90 damals unter der Fahrt ausgegangen ist war, weil 5 der 6 auslassnockenwellen lagerböcke gebrochen waren. Die HD Pumpe hängt ja auf der Einlassnocke, von daher schließe ich es als folgeschaden aus. Aber es hat mich schon sehr erschüttert, dass ein Motor der über den Schell 7er gelobt wird, einfach so über den Jordan geht. Klar er ist nicht kaputt. Aber lagerböcke austauschen geht halt so einfach nicht. Und einen gebrauchten Kopf zu bekommen halte ich für eher schwierig
Ah ok. Also wurde das mit dem "Adapter" quasi nur zufällig entdeckt und die Pumpe funktionierte noch?
Ja richtig. Ich habe halt nach dem Ausschlussverfahren abgearbeitet. Vida sagte nockenwellensensor. Also den getauscht. Gleicher Fehler immer noch. Dann komischer Druck im Rail , also dachte ich HD Pumpe. Das war es dann wieder nicht. Dann konnte es nur die vorförderpumpe sein. Haha lol. Und dann kam der ventildeckel ab. Die Nockenwelle war auf der fahrerseite da wo sie sein sollte und der Rest schaute gen Himmel. Teurer Spaß
Oha....eigentlich ist so eine Fehlersuche ja auch irgendwie spannend, hätte man nicht noch 1000 andere Dinge zu tun und dazu noch ein wenig die Angst im Nacken, doch auf was teures zu stoßen, wie in deinem fall. Aber wieso hältst du es für schwierig so einen Kopf zu finde n? Weil die Dinger wenn dann komplett weitergegeben werden?
Zum damaligen Zeitpunkt gab es keinen. Neuer Kopf lag bei 3500, gebrauchter Motor bei 1500. Heutzutage bekommst du für 1500 ein ganzes Auto. Wenn man Platz hat kein Problem. Den Rest kann man ja veräußern