Kilometerstand beim Gebrauchtwagenkauf - wie vertrauenswürdig sind die Fahrzeugdaten?

BMW

Hallo liebes Forum,

ich liebäugle aktuell mit dem Kauf eines BMW 320d (EZ 05/2013). Da es sich bei einigen passenden Inseraten um Privatverkäufe handelt, schaue ich bei der Laufleistung gleich doppelt so kritisch hin - ein Fahrzeug mit manipuliertem Tacho wäre der Super-GAU für mich.

Ich habe den Verkäufer daher gebeten, mir die Laufleistung von einem BMW-Händler anhand von Auslassungen und notfalls auch eines Gutachters bestätigen zu lassen. Der Verkäufer (zugegebenermaßen ein sehr vertrauenserweckender Typ) sagte mir daraufhin, dass man den KM-Stand aus allen Steuergeräten direkt im Fahrzeugmenü (über Steuerrad in der Mittelkonsole) auslesen kann, wovon einige angeblich nicht manipulierbar seien.

Misstrauisch und kritisch wie ich bin, wage ich die Authentizität dieser Aussage anzuzweifeln - ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass mögliche Betrüge diese Steuergeräte nicht auch aushebeln könnten. Daher ganz konkret die Fragen:

1. Ist es möglich ohne weitere Hilfsmittel über das Fahrzeugmenü einen validen KM-Stand abzulesen?
2. Wenn nein, welche andere Möglichkeiten habe ich, die Korrektheit des Tachostandes bei diesem Modell zu überprüfen?

Vielen Dank für eure Hilfe und frohe Ostern!

Beste Antwort im Thema

Du kannst jedes Steuergerät an dem Wagen manipulieren. Wenn das für dich der Super Gau ist, kaufe nicht privat.

Du kannst den Betriebstundenzähler auslesen und daraus Rückschlüsse ziehen, ob die KM echt sein können. Wenn der Wagen bei BMW gepflegt wurde, dann kann man hier eine relativ echte Aussage erhalten. Das muss dann der Verkäufer machen, weil dir wird BMW nichts sagen: Datenschutz. Ich lasse über einen Freund solche Daten auslesen, aber wenn man so einen nicht hat, wird es schwierig.

Wenn der Wagen zwischen 60-150tkm hat, wird es wohl echt sein. Unter 60tkm in 5 Jahren, eher unwahrscheinlich, wenn es nicht ein Rentner ist.

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Je nach dem wieviel Geld und Aufwand die Betrüger investieren wollen, ergeben sich aus meiner Sicht 3 Manipulations- (oder "Schlampigkeits-"😉 Stufen:

Stufe 1: nicht alle relevanten Steuergeräte (die die Laufleistung oder Betriebsstunden enthalten) wurden programmiert.

Typisches Beispiel: Km-Stand nur im Tacho-STG runtergedreht. Das wird wohl die absolute Mehrheit der Fälle im unteren bis mittleren Preissegment sein, da weitere Manipulationsstufen viel teurer sein dürfen. Diese Art von Manipulation lässt sich mit Carly, AutoAid oder jeder anderen Software, die die herstellerspezifischen Steuergeräte auslesen kann, aufgedeckt. Solche Programme können zusätzlich die hinterlegten Betriebsstunden zur Berechnung von Metriken wie durchschnittliche Geschwindigkeit hinzuziehen, die dann wiederum mit den Durchschnittswerten aus eigener Datenbank verglichen werden. Siehe hier: Click

Stufe 2: alle relevanten Steuergeräte wurden einmalig vor dem Verkauf programmiert.

In diesem Fall ist die Tachomanipulation alleine aus den Fahrzeugdaten nicht erkennbar. Wenn der Wagen zusätzlich noch pfleglich behandelt oder extra aufbereitet wurde, helfen allgemeine Abnutzungsspuren auch nicht weiter. Die einzige Möglichkeit wäre das entprechende Serviceheft und/oder Rechnungen zu überprüfen (Fälschung von Papieren gehört bei dieser Stufe zum "Gesamtpaket"😉. Erfolgsquote ist stark davon abhängig ob die Werkstätten mitspielen und Service-Daten rausrücken. Als Tipp: in Osteuropa ist es um den Datenschutz weniger streng bestellt und die dortigen Freundlichen geben entsprechende Auskünfte ohne Probleme gegen schmales Geld.

Stufe 3: alle relevanten Steuergeräte wurden vor jedem Service oder jeder HU programmiert.

Das passiert in aller Regel durch den Einbau sogenannter Filter. Siehe hier: Click

In diesem Fall wird keine Datenbank helfen da alle Datenbanken die von vorne herein manipulierten Km-Stände enthalten würden. Bei dieser Stufe ist die Aufdeckung der Manipulation meines Wissens nicht möglich. Sowas ist eher im hochpreisigen Segment zu erwarten. Es wäre auch davon auszugehen dass in diesem Segment die Telemetrie ebenfalls wegkodiert würde um ein mögliches Datenleck zu stopfen.

Beispiel einer Firma die die "korrekte" Manipulation (Stufe 2/3) vornimmt: Click

Zitat:

@lightyear36 schrieb am 1. April 2018 um 20:07:17 Uhr:


Je nach dem wieviel Geld und Aufwand die Betrüger investieren wollen, ergeben sich aus meiner Sicht 3 Manipulations- (oder "Schlampigkeits-"😉 Stufen:

Stufe 1: nicht alle relevanten Steuergeräte (die die Laufleistung oder Betriebsstunden enthalten) wurden programmiert.

Typisches Beispiel: Km-Stand nur im Tacho-STG runtergedreht. Das wird wohl die absolute Mehrheit der Fälle im unteren bis mittleren Preissegment sein, da weitere Manipulationsstufen viel teurer sein dürfen. Diese Art von Manipulation lässt sich mit Carly, AutoAid oder jeder anderen Software, die die herstellerspezifischen Steuergeräte auslesen kann, aufgedeckt. Solche Programme können zusätzlich die hinterlegten Betriebsstunden zur Berechnung von Metriken wie durchschnittliche Geschwindigkeit hinzuziehen, die dann wiederum mit den Durchschnittswerten aus eigener Datenbank verglichen werden.

Wenn man den km-Stand nur im Tacho zurück dreht, leuchtet sofort der rote Manipulationspunkt im Kombi.
Evtl. leuchtet dieser sogar generell wenn man den km-Stand nur in einem SG zurückdreht.
Jedenfalls braucht man dann keine weiter Software bemühen, wenn es sich jemand so einfach macht.

Also ich bin der Meinung bei Schritt 2 und 3 haben 70% aller Käufer keine Chance.

Klar kann man vieles nachprüfen mit diverser Software, aber der Großteil des Bürgertums macht das im Endeffekt eh nicht. Viele haben nicht die nerven sich die Leute zu suchen die das machen können oder einfach nicht das technische Verständnis.

Und selbst wenn man beispielsweise die Betriebsstunden ausliest kann man das auch immer unterschiedlich werten.
Beispielsweise wir ein Auto das in einer Großstadt wie Berlin oder München bewegt wird weniger km haben dafür aber mehr Betriebsstunden als ein auf dem Land bewegtes fahrzeug. Einfach durch die Wölkchen Staus.
Und klar wer sich die Mühe macht das Auto nochmal aufzubereiten, Papiere zu falschen um dem ganzen einen seriösen Blick zu geben, da ist es dann ein leichtes hereingelegt zu werden.

Ich persönlich habe mir damals jemanden mitgenommen der mehr von Autos versteht als ich im das Fahrzeug das ich gekauft habe zu bewerten. Und den km stand hab ich zweitrangig ausgesucht. So wurde es letztendlich ein Fahrzeug das erst knapp 5 Jahre ist aber schon beinahe 200k km runter hat.

Aufgrund des boardcomputers konnte einige Rückschlüsse ziehen. Bsp. Verbrauch lag bei 6 Litern, Durchschnittgeschw. Lag bei 76 und das bei etlichen tausend Stunden Laufzeit. Das war für mich der erste Hinweis das Auto wurde selten in der Stadt gefahren
Ich hab in der Stadt zum Vergleich 11 Liter und Durchschnittgeschw von 26 kmh

Stufe 2 könnte politisch gelöst werden indem entweder der Datenschutz um die VINs gelockert (und Werkstätten zur Herausgabe der Historie gezwungen werden) oder eine zentrale Datenbank wie in Belgien oder den USA vorgeschrieben würde. Generell ist aber die Aufgabe einen guten Gebrauchten zu finden nicht wesentlich anders als die Aufgabe irgendetwas Gutes zu finden, sei es eine Kreditkarte, ein Smartphone oder ein Arzt. Der Weg dahin ist sehr individuell: manche investieren Zeit und beschäftigen sich selbst mit der Materie. Andere investieren Geld und beauftragen jemanden.

Stufe 3 kann nur technisch gelöst werden. Im Moment ist der OBD2-Zugriff komplett offen.

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