Fahrbericht 9-3 SportCombi 1.8i

Saab 9-3 YS3F

Mein 1.9 TiD wird derzeit glattgebügelt (Hagelschaden über 3.200 EUR) und als Ersatzwagen steht mir ein 9-3 SportCombi zur Verfügung. Genaugenommen ein 1.8i Linear mit 122 PS. Daher nachfolgend mal einige meiner Eindrücke vom Fahrzeug.

Optik

Die Optik ist ohne Zweifel sehr schön, jedoch musste ich bei längerer Auseinandersetzung mit dem Fahrzeug feststellen, dass der durch die abfallende Fensterlinie hinten sehr breite Dachholm merkwürdigt wirkt. Auch sind die geeisten Rückleuchten nicht unbedingt mein Fall und zudem folgt Saab hier dem komischen Trend, die Reflektoren lieber auffällig in die Heckschürze zu integrieren. Mangels Xenon hat das Testexemplar keine Reinigungsnippel, so dass ein weiterer Kritikpunkt entfällt. Über den GM-Buckel im Tankdeckel muss ich mich dennoch auslassen.

Fahreindruck

Objektiv betrachtet ist man mit dieser Maschine natürlich untermotorisiert. Dazu fällt das Masse-Leistungs-Verhältnis einfach zu ungünstig aus. Was jedoch positiv auffällt, ist die gute Anbindung in den ersten beiden Gängen, so dass man im Großstadtgewühl wieselflink unterwegs ist und an Ampeln durchaus mal kräftig durchstarten kann. Begünstigt wird dies durch ein klasse Handling. Man merkt keineswegs, dass man hinter sich einen Kasten spazieren fährt und auch das Gewicht des Wagens wird einem dank guter Kurvenlage und standfesten Bremsen nicht bewusst. In diesem Kapitel schneidet der SportCombi wesentlich besser ab, als zunächst vermutet und bietet gegenüber den sonstigen Kombi-Dickschiffen ein sehr agiles Handling. 1796 ccm "Saugraum" und gute Elastizität lassen sich indes nicht unter einen Hut bringen. Überholmanöver sollte man demnach gut planen und bei voller Besetzung bestenfalls unterlassen. Auch musste ich feststellen, das der Leistungsgewinn bei höheren Drehzahlen entgegen anderer Saugmotor-Charakteristika lediglich marginal ist. Hohe Drehzahlen bringen also nicht den gewünschten Performance-Schub, wobei ich es hier angesichts der erst 4.100 km Laufleistung bei zaghaften Versuchen ohne volle Drehzahlen belassen habe. Die Geräuschentwicklung ist vor allem im Innenraum dezent und tendenziell kernig. Gefehlt hat mir jedoch der sechste Gang, denn bei Autobahngeschwindigkeiten wird es doch recht brummig. Dennoch läuft der Motor kultiviert und zeigt lediglich im Schubbetrieb (Motorbremse) leichte Schwächen in Form von Rucklern. Kurzum: für den Normalfahrer ist dieser Motor vollkommen ausreichend und zudem recht wirtschaftlich. Immerhin begnügt er sich bei mir derzeit mit 8,4 litern auf 100 km bei 100% Stadtverkehr und nicht gerade ruhiger Fahrweise. Die Einfahrphase ist wohl bemerkt noch nicht abgeschlossen. Wer jedoch Freude am Fahren sucht, der wählt besser eine andere Maschine.

Innenausstattung

Mit Ausnahme des Entertainment 150 ist keinerlei Sonderausstattung an Bord, so dass ich von der Linear-Version an sich eigentlich nur abraten kann. Denn der GM-Spartrieb geht so weit, dass selbst die Münzablage in der Mittelkonsole durch einen Blindstopfen ersetzt wurde und man auf die Anti-Rutsch-Matte am Boden komplett verzichten muss. Zudem gibt es nichtmal einen Getränkehalter, da selbst die ausklappbare Variante innerhalb des Ablagefaches der Mittelkonsole eingespart wurde. Auch der Butterfly-Cupholder sowie der Getränkehalter in der hinteren Rückbank fehlen. Die Mittelarmlehne ist zudem nicht verschiebbar, wodurch sie in meinem Fall fast überflüssig ist, da zu weit hinten positioniert. Das Bedienpanel der manuellen Klimaanlage ist im Gegensatz zu den restlichen Instrumenten miserabel ausgeleuchtet, wobei ich fast vermuten würde, dass es sich hierbei um einen Fehler am Leihfahrzeug handelt. Richtig furchtbar ist auch das schwarze Loch, welches der fehlende Aschenbecher hinterlässt. Das Gestühl ist hingegen bequem und der Stoff erscheint mir entgegen bisher hier gelesener Beiträge strapazierfähig. Leider ist der Beifahrersitz nicht höhenverstellbar. Der Blick in den Kofferraum fällt wiederum sehr erfreulich aus, denn der ist gut verarbeitet und hier wurden im Gegensatz zur Limousine keine Gepäckösen eingespart. Der Laderaumvorteil des Kombis ist zwar gering, aber für mich persönlich ausreichend. Der Griff der Bodenplatte hat eine tolle Haptik und die Handhabung ist einwandfrei. Eine gute Idee ist auch die erhöhte Arretiermöglichkeit für die Kofferraumabdeckung. Das Einführen Selbiger in die Schienen macht allerdings Probleme und wird über kurz oder lang zu Kratzern an den seitlichen Verkleidungen führen (ist beim Testwagen bereits der Fall). Ansonsten würde ich alle Punkte kritisieren, die mir auch schon an meiner Limousine missfallen: keine beleuchtete Spiegelverstellung, keine beleuchteten Dach-Tasten (sehr fummelig im Dunkeln), kein beleuchtetes Zündschloss, keine Ambiente-Beleuchtung, etwas zu schmale Sitze und zu schmaler Fußraum usw.. Und ein manuell abzublendender Innenspiegel hat in dieser Preisklasse natürlich nichts verloren.

Unterhaltung (gilt für MJ06)

Verbaut ist wie gesagt das Entertainment 150, welches das SID als Anzeige nutzt und immerhin mit Kickbässen in den Türen daherkommt. Der Sound ist OK, für meinen Geschmack darf es aber gerne mehr sein. Problem hierbei: der Hochton ist hinten präsenter als vorne. Steigert man also den Hochtonanteil, damit es von vorn nicht nach eingeschlafenen Füßen klingt, so drängen sich die Hecklautsprecher in den Vordergrund. Greift man nun mittels FADER ein, so riegelt man vorzeitig auch alle anderen Frequenzen von hinten ab. Hier konnte ich keine befriedigende Einstellung finden. Auch stört es mich, dass im SID nur der Titel einer CD, nicht jedoch dessen Spielzeit angezeigt wird. Im Vergleich zu meinem eigenen 9-3 empfinde ich die Empfangsqualität der Kombi-Seitenscheiben-Antennen schlechter als die der normalen Heckscheibenantenne der Limousine.

Qualitätsanmutung

Das ist jetzt wohl der Punkt, bei dem ich mich zusammenreißen muss, um nicht ausfallend zu werden. Zur Erinnerung: das Fahrzeug hat eine Laufleistung von lediglich 4.100 km, ist also quasi noch neu. Und dennoch knarzt und rappelt es an allen Ecken und Enden. Ob nun von den Lüftungsdüsen, von der Lüftungssteuerung, aus den B-Säulen, aus der Türverkleidung oder aus dem Kofferraum - von überall mischen sich störende Geräusche ins Fahrgeschehen ein. Und wenn das schon nach 4000 km der Fall ist, so möchte ich gar nicht wissen, wie sich das im Laufe eines Automobillebens fortpflanzt. Ich bin in dieser Beziehung eher schmerzfrei, so dass mich das nicht stört, aber objektiv betrachtet darf das einfach nicht sein, vor allem nicht bei einem Neuwagen dieser Preisklasse. Es wäre beispielsweise ein Klacks, die Bodenplatte des Kofferraums über Klettstreifen zu fixieren. Aber nein, stattdessen poltert das Teil bei Bodenwellen freudig vor sich hin. Apropos Poltern: daran sollte man sich vor allem aus Richtung der Vorderachse gewöhnen. Ist dies schon bei meiner Limousine erheblich, so kommt es mir im Kombi noch wesentlich präsenter vor. Vermutlich auch aufgrund des größeren Innenraumes und dem langen Dach, welches sich prima als Resonanzfläche zur Übertragung solcher Schwingungen anbietet. Mein Vater, selbst gelernter Kfz-Mech, stellte mir spontan die Frage, ob da denn die Stoßdämpfer defekt seien, obgleich wir beide wussten, dass dies natürlich nicht der Fall ist. Zum Fahrwerk wäre noch anzumerken, dass 17-Zoll-Felgen montiert waren, die das ganze Phänomen noch verstärken. Vielleicht sind die auch der Grund für die schon oft kritisierte und hier wieder erfahrene Spurrillen-Suchfunktion. So oder so: das Fahrwerk, insbesondere die Vorderachskonstruktion liegt unterhalb des Klassenstandards und die Gesamtabstimmung fällt für ein Familienfahrzeug einfach zu hart aus. Und um nochmal auf die Haptik zurückgekommen: schlichtes Design, nennen wir es mal nordisch-kühl, hat durchaus seine Reize. Den Unterschied zwischen einfach und billig scheint Saab jedoch nicht verstanden zu haben, denn die Materialanmutung passt einfach nicht zum Anspruch. Auch eine schmucklose Oberfläche kann edel wirken - WENN man das richtige Material wählt.

Resümee

Der 9-3 SportCombi ist ein schönes Fahrzeug, welches nicht umsonst schon viele Freunde gefunden hat. Das Preis-/Leistungsverhältnis gleitet jedoch derart aus der Reihe, dass man schon viel Enthusiasmus mitbringen muss, um dies in Kauf zu nehmen. Immerhin kostet bereits diese hier gefahrene Basis-Version 25.800 EUR und so wie hier, kann man ihn meiner Meinung nach nicht fahren. Vergleichbare Großserienmodelle wie Vectra, Passat und A4 bin ich jeweils schon gefahren und diese bieten wesentlich mehr Qualität für teilweise entschieden weniger Geld. Vermutlich wird dies wieder zu heiteren Diskussionen führen, denn rosarote Brillen, die man sich unter dem Vorwand der Individualität aufsetzt, begegnen uns hier ja des öfteren. Fakt ist aber leider, dass Saab kaum noch individuell ist. Außer natürlich bei konstruktiven Details, denn da ist die Konkurrenz oftmals schon einen Schritt weiter und Rückstand ist ja auch schon wieder individuell, oder?

Nunja, mir war das alles schon bei Kauf meines Saabs vor ca. zwei Jahren bewusst und dennoch WOLLTE ich ihn haben, weil er einfach schön (und selten!) ist ... soviel dazu 😁

31 Antworten

Zitat:

Original geschrieben von jogg


Vielleicht war der Mondeo ja gehirscht …

oder "gewolft", es gibt einen Ford-Tuner namens Wolf Concept... 🙂

Also mir ist nach längerer Fahrt gestern im 10 Jahre alten Opel die Erkenntnis gekommen: Die Komfortunterschiede rechtfertigen keinen Preisunterschied von 35 000 Euro . Natürlich isses toll mit Leder und geschwindigkeitsabhängiger Lautstärkeregelung verwöhnt zu werden und bei Geschwindigkeiten über 170 auch deutlich leiser und sicherer mit ESP, aber das rechtfertigt diesen Preis nicht. Das geht auch mit einem Gebrauchten (Volvo V70 oder 9-5) zum Drittel des Preises.

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