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Corona-Hilfen für Selbstständige

Themenstarteram 21. März 2020 um 8:50

Hallo zusammen,

ich kann mir vorstellen, dass viele von euch momentan um ihre Existenz bangen und sehnsüchtig darauf warten, dass die von der Bundesregierung versprochenen Hilfsmittel bei ihnen ankommen.

Die Lage ist sehr ernst. Ich bekomme das aktuell durch meinen Beruf als Kreditanalyst/Entscheider für Geschäfts- und Firmenkunden sehr deutlich zu spüren. Auch im privaten Umfeld rufen mich viele Selbstständige an und fragen nach ob ich was gehört hätte.

Die Bundesregierung hat nun mehrmals kundgetan, dass die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) die Notfallhilfen unter das Volk bringen soll. Die KfW ist keine direkte Kundenbank. Fördermittel erhält man nur über die eigene Hausbank, welche diese Kredite über die KfW beantragt.

Aktuelle Situation:

Momentan bietet die KfW nur ihre normalen Förderdarlehen an.

www.kfw.de/.../F%C3%B6rderprodukte-(S3).html

Hierbei handelt es sich um Kreditprodukte, die meistens nur für bonitäre Bestandskunden von Banken gedacht sind.

Was ist der Vorteil für die Hausbanken? Der Haftungsausschluss. Die KfW übernimmt 80% des Risikos sollte der Kredit ausfallen.

Viele Hausbanken bieten diese KfW-Darlehen aus gutem Grund nicht an. Denn der Aufwand bei der Beantragung und Verwaltung ist immens hoch. Man darf nicht vergessen, dort sitzen Beamte. Die nehmen es sehr genau, wollen akkurate Unterlagen, etc. Auch sind oft die Fristen denkbar knapp, bei Antragsstellung dürfen keine Fehler passieren. Und die KfW will auch während der Kreditlaufzeit Unterlagen. Wenn der Selbstständige nicht liefert, dann kündigt die KfW das Programm wegen Verstoßes gegen die Auflagen. Die Hausbank trägt dann das volle Risiko und muss die Restschuld an die KfW zurückzahlen.

Momentan arbeitet meine Bank - und das wird nun auch bei den Konkurrenzgesellschaften ähnlich sein - mit Hochdruck daran diese Förderdarlehen anbieten zu können. Ich war gestern alleine schon in fünf Telefonkonferenzen.

Hier wird ein neues Produkt mit allem was dazugehört mit der Brechstange implementiert. Ganz simpel ausgedrückt: Keiner weiß aktuell wie die Beantragung laufen wird, wie man das bearbeitet, wie lange ein solcher Prozess dauern wird, wann der Kunde sein Geld bekommt, wie die Abwicklung später aussehen wird.

Das neue Programm soll ab Montag bereits bei uns laufen!

Die KfW will wohl am 14. April (!) ihr neues Corona-Produkt vorstellen. Das sind noch fast drei Wochen.

Unterdessen versuchen wir alles um den normalen Geschäftsbetrieb am Laufen zu halten. Wir haben unser Team aufgeteilt und räumlich voneinander getrennt, sodass wenn sich ein Teil des Teams infiziert, nicht der ganze Laden in Quarantäne muss. Außerdem wird bei uns nun Home Office getestet. Etwas, was der Arbeitgeber nie wollte. Jetzt in der Krise ist alles möglich! Daher versuchen wir mit aller Macht gerade jeden Prozess zu digitalisieren.

Es wird keiner weggeschickt, der arbeiten kann. Die Themen, mit denen wir uns beschäftigen, sind hochkomplex. Wir haben seit Jahren ein Problem in dem Bereich die Stellen zu besetzen, weil das Know-How fehlt. Hier rächt sich die Personalpolitik der letzten Jahre. Gute Azubis nicht übernehmen wollen, dafür Zeitarbeiter für sechs Monate befristet einstellen, die Hilfsarbeiten ausführen sollen, nur damit man die Nächsten ein halbes Jahr später wieder ausbilden darf.

Wir bekommen mit unserer kostenoptimierten Truppe ja schon das Tagesgeschäft kaum gestemmt. Zusätzlich belastet werden wir dieses Jahr durch neue Verordnungen, wie bspw. verschärfte Geldwäscheregeln (angepasster Know Your Customer-Prozess), und die Meldungen an das Transparenzregister des Deutschen Zolls.

Überstunden und Wochenendarbeit wurden bereits beim Betriebsrat beantragt. Wir wissen um den Stellenwert unserer Verantwortung und werden alles tun um unseren Kunden bestmöglich zu helfen und gerecht zu werden.

Mit jedem Tag kann sich etwas ändern!

Was kann ich als Selbstständiger tun?

Wenn noch nicht geschehen ist jetzt ein guter Zeitpunkt die wirtschaftlichen Unterlagen auf Vordermann zu bringen. Minimalanforderungen:

- Jahresabschluss 2018, am besten mit der Anlage Sonstige Konten (Minimum Anlage EÜR der Steuererklärung 2018)

- BWA Dez. 12/2019 inklusive Summen- und Saldenliste

- unter Umständen bereits eine BWA inkl. SuSa aus dem ersten Quartal.

- Einkommenssteuerbescheid 2018 sollte so langsam da sein

- Vermögensnachweise (Rücklagen, Immobilie, etc.)

- Investitionsplan, Erklärung welche Auswirkungen Corona auf den Betrieb hat

- akt. Personalausweis

- sich auf lange Wartezeiten einstellen, nach Kontokorrent bei der Hausbank nachfragen

Nochmal: Bei der KfW arbeiten Beamte. Die nehmen es sehr genau. Wer nicht liefert, bleibt auf der Strecke.

Achtet darauf, dass alles so akkurat wie möglich gebucht ist. Fehlende Anfangsbestände machen die Unterlagen bspw. nicht verwertbar.

Ich kann auch appellieren: Reicht die Brocken komplett ein. Wir Analysten können nicht jedem hinterherrennen. Reagiert auf E-Mails. Ich habe diesen Monat bereits 55 Anträge in Bearbeitung, davon 40 nicht komplett eingereicht. Ich kann mir nicht alles merken. Telefonischer Kontakt, während ich bspw. Bilanzanalyse einer GmbH & Co. KG mit mehreren Tochterunternehmen betreibe, ist einfach nicht zu leisten.

Wenn ich eine Mail bekomme, sehe ich das. Und ich werde beim nächstmöglichen Zeitpunkt reagieren. Mich ärgern Anrufe, in denen die Leute das fragen was bereits in der Mail stand. Ich weise in meinen Mails auch ausdrücklich daraufhin, dass man am besten einen Telefontermin via Mail vereinbart. Die Leute greifen stattdessen trotzdem lieber direkt zum Telefon und wollen auf Anhieb alles wissen, als ob sie meine einzigen Kunden wären. Ich glaube auch, dass die meisten sich gar nicht vorstellen können welcher Aufwand selbst hinter der Einrichtung eines Kredits von 10 TEUR steht, und wie viele Details ich klären muss.

Kontaktiert eure Ansprechpartner bei der Bank. Jeden Tag kann sich etwas ändern. Das heißt auch, dass man es ein paar Tage später wieder probieren sollte.

Ich kann an der Stelle nur spekulieren, kann mir aber vorstellen, dass diejenigen, die bereits vor der Krise knapp bei Kasse waren (hohe Kontokorrent-Dauerinanspruchnahme, negatives Eigenkapital, etc.) leer ausgehen werden. Daher ist meine Vermutung, dass diejenigen, die eh schon von der Hand in den Mund gelebt haben, reihenweise umkippen werden. Das ist für manche Banken bestimmt auch ein Problem, die jetzt schon erste Ausfälle zu verzeichnen haben werden. Meine Bank war schon immer sehr konservativ und risikobewusst. Wir haben auch ganz klar immer die aktuelle Konjunkturlage im Blick und wir waren uns sehr bewusst, dass viele Geschäftsmodelle nur aufgrund des Dauer-Booms überleben.

Neuigkeiten werde ich hier einstellen. Es kann aber durchaus sein, dass ich mehrere Tage nichts posten werde, da ich beruflich momentan sehr eingespannt bin. Ich werde heute auch von zu Hause aus ein paar Arbeiten erledigen. Ich wünsche jedem viel Kraft und Erfolg.

Beste Antwort im Thema
Themenstarteram 21. März 2020 um 8:50

Hallo zusammen,

ich kann mir vorstellen, dass viele von euch momentan um ihre Existenz bangen und sehnsüchtig darauf warten, dass die von der Bundesregierung versprochenen Hilfsmittel bei ihnen ankommen.

Die Lage ist sehr ernst. Ich bekomme das aktuell durch meinen Beruf als Kreditanalyst/Entscheider für Geschäfts- und Firmenkunden sehr deutlich zu spüren. Auch im privaten Umfeld rufen mich viele Selbstständige an und fragen nach ob ich was gehört hätte.

Die Bundesregierung hat nun mehrmals kundgetan, dass die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) die Notfallhilfen unter das Volk bringen soll. Die KfW ist keine direkte Kundenbank. Fördermittel erhält man nur über die eigene Hausbank, welche diese Kredite über die KfW beantragt.

Aktuelle Situation:

Momentan bietet die KfW nur ihre normalen Förderdarlehen an.

www.kfw.de/.../F%C3%B6rderprodukte-(S3).html

Hierbei handelt es sich um Kreditprodukte, die meistens nur für bonitäre Bestandskunden von Banken gedacht sind.

Was ist der Vorteil für die Hausbanken? Der Haftungsausschluss. Die KfW übernimmt 80% des Risikos sollte der Kredit ausfallen.

Viele Hausbanken bieten diese KfW-Darlehen aus gutem Grund nicht an. Denn der Aufwand bei der Beantragung und Verwaltung ist immens hoch. Man darf nicht vergessen, dort sitzen Beamte. Die nehmen es sehr genau, wollen akkurate Unterlagen, etc. Auch sind oft die Fristen denkbar knapp, bei Antragsstellung dürfen keine Fehler passieren. Und die KfW will auch während der Kreditlaufzeit Unterlagen. Wenn der Selbstständige nicht liefert, dann kündigt die KfW das Programm wegen Verstoßes gegen die Auflagen. Die Hausbank trägt dann das volle Risiko und muss die Restschuld an die KfW zurückzahlen.

Momentan arbeitet meine Bank - und das wird nun auch bei den Konkurrenzgesellschaften ähnlich sein - mit Hochdruck daran diese Förderdarlehen anbieten zu können. Ich war gestern alleine schon in fünf Telefonkonferenzen.

Hier wird ein neues Produkt mit allem was dazugehört mit der Brechstange implementiert. Ganz simpel ausgedrückt: Keiner weiß aktuell wie die Beantragung laufen wird, wie man das bearbeitet, wie lange ein solcher Prozess dauern wird, wann der Kunde sein Geld bekommt, wie die Abwicklung später aussehen wird.

Das neue Programm soll ab Montag bereits bei uns laufen!

Die KfW will wohl am 14. April (!) ihr neues Corona-Produkt vorstellen. Das sind noch fast drei Wochen.

Unterdessen versuchen wir alles um den normalen Geschäftsbetrieb am Laufen zu halten. Wir haben unser Team aufgeteilt und räumlich voneinander getrennt, sodass wenn sich ein Teil des Teams infiziert, nicht der ganze Laden in Quarantäne muss. Außerdem wird bei uns nun Home Office getestet. Etwas, was der Arbeitgeber nie wollte. Jetzt in der Krise ist alles möglich! Daher versuchen wir mit aller Macht gerade jeden Prozess zu digitalisieren.

Es wird keiner weggeschickt, der arbeiten kann. Die Themen, mit denen wir uns beschäftigen, sind hochkomplex. Wir haben seit Jahren ein Problem in dem Bereich die Stellen zu besetzen, weil das Know-How fehlt. Hier rächt sich die Personalpolitik der letzten Jahre. Gute Azubis nicht übernehmen wollen, dafür Zeitarbeiter für sechs Monate befristet einstellen, die Hilfsarbeiten ausführen sollen, nur damit man die Nächsten ein halbes Jahr später wieder ausbilden darf.

Wir bekommen mit unserer kostenoptimierten Truppe ja schon das Tagesgeschäft kaum gestemmt. Zusätzlich belastet werden wir dieses Jahr durch neue Verordnungen, wie bspw. verschärfte Geldwäscheregeln (angepasster Know Your Customer-Prozess), und die Meldungen an das Transparenzregister des Deutschen Zolls.

Überstunden und Wochenendarbeit wurden bereits beim Betriebsrat beantragt. Wir wissen um den Stellenwert unserer Verantwortung und werden alles tun um unseren Kunden bestmöglich zu helfen und gerecht zu werden.

Mit jedem Tag kann sich etwas ändern!

Was kann ich als Selbstständiger tun?

Wenn noch nicht geschehen ist jetzt ein guter Zeitpunkt die wirtschaftlichen Unterlagen auf Vordermann zu bringen. Minimalanforderungen:

- Jahresabschluss 2018, am besten mit der Anlage Sonstige Konten (Minimum Anlage EÜR der Steuererklärung 2018)

- BWA Dez. 12/2019 inklusive Summen- und Saldenliste

- unter Umständen bereits eine BWA inkl. SuSa aus dem ersten Quartal.

- Einkommenssteuerbescheid 2018 sollte so langsam da sein

- Vermögensnachweise (Rücklagen, Immobilie, etc.)

- Investitionsplan, Erklärung welche Auswirkungen Corona auf den Betrieb hat

- akt. Personalausweis

- sich auf lange Wartezeiten einstellen, nach Kontokorrent bei der Hausbank nachfragen

Nochmal: Bei der KfW arbeiten Beamte. Die nehmen es sehr genau. Wer nicht liefert, bleibt auf der Strecke.

Achtet darauf, dass alles so akkurat wie möglich gebucht ist. Fehlende Anfangsbestände machen die Unterlagen bspw. nicht verwertbar.

Ich kann auch appellieren: Reicht die Brocken komplett ein. Wir Analysten können nicht jedem hinterherrennen. Reagiert auf E-Mails. Ich habe diesen Monat bereits 55 Anträge in Bearbeitung, davon 40 nicht komplett eingereicht. Ich kann mir nicht alles merken. Telefonischer Kontakt, während ich bspw. Bilanzanalyse einer GmbH & Co. KG mit mehreren Tochterunternehmen betreibe, ist einfach nicht zu leisten.

Wenn ich eine Mail bekomme, sehe ich das. Und ich werde beim nächstmöglichen Zeitpunkt reagieren. Mich ärgern Anrufe, in denen die Leute das fragen was bereits in der Mail stand. Ich weise in meinen Mails auch ausdrücklich daraufhin, dass man am besten einen Telefontermin via Mail vereinbart. Die Leute greifen stattdessen trotzdem lieber direkt zum Telefon und wollen auf Anhieb alles wissen, als ob sie meine einzigen Kunden wären. Ich glaube auch, dass die meisten sich gar nicht vorstellen können welcher Aufwand selbst hinter der Einrichtung eines Kredits von 10 TEUR steht, und wie viele Details ich klären muss.

Kontaktiert eure Ansprechpartner bei der Bank. Jeden Tag kann sich etwas ändern. Das heißt auch, dass man es ein paar Tage später wieder probieren sollte.

Ich kann an der Stelle nur spekulieren, kann mir aber vorstellen, dass diejenigen, die bereits vor der Krise knapp bei Kasse waren (hohe Kontokorrent-Dauerinanspruchnahme, negatives Eigenkapital, etc.) leer ausgehen werden. Daher ist meine Vermutung, dass diejenigen, die eh schon von der Hand in den Mund gelebt haben, reihenweise umkippen werden. Das ist für manche Banken bestimmt auch ein Problem, die jetzt schon erste Ausfälle zu verzeichnen haben werden. Meine Bank war schon immer sehr konservativ und risikobewusst. Wir haben auch ganz klar immer die aktuelle Konjunkturlage im Blick und wir waren uns sehr bewusst, dass viele Geschäftsmodelle nur aufgrund des Dauer-Booms überleben.

Neuigkeiten werde ich hier einstellen. Es kann aber durchaus sein, dass ich mehrere Tage nichts posten werde, da ich beruflich momentan sehr eingespannt bin. Ich werde heute auch von zu Hause aus ein paar Arbeiten erledigen. Ich wünsche jedem viel Kraft und Erfolg.

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Es gibt jetzt von der BAFA noch eine zusätzliche Fördermöglichkeit in Höhe von 100 % und maximal 4.000 € für eine Unternehmensberatung, damit das durch Corona betroffene Unternehmen Gegenmaßnahmen ergreifen kann.

Den Antrag kann man hier stellen: https://www.bafa.de/.../unternehmensberatung.html?nn=8062106

Es gibt jetzt auch endlich Antworten auf diverse Zweifelsfragen.

https://www.ib-sh.de/.../faq_corona-soforthilfe.pdf

So ist jetzt klargestellt, dass der Liquiditätsengpaß nicht jetzt schon vorhanden sein muss, sondern auch in der Zukunft (3-5 Monate) liegen kann und dass KEINE privaten Mittel eingesetzt werden müssen.....auch kein Kontokorrent! Auch Beispielberechnungen sind dabei.

Das habe ich auch mittlerweile gesehen. Im Nachhinein betrachtet bin ich somit vollständig auf der sicheren Seite und überlege, die zusätzlichen 4.000 € (9.000 minus 5.000 €) zu beantragen. Die Liquiditätsverringerung ist sehr leicht nachzuweisen.

Ich denke, die Klarstellungen waren sehr wichtig. Damit kann man agieren und auch richtig beraten.

Themenstarteram 7. April 2020 um 5:30

Gestern wurde von der Bundesregierung verkündet, dass man vor hätte 100% des Risikos über die KfW zu tragen. Die Unternehmen müssten aber weiterhin in 2019 kapitaldienstfähig und liquide gewesen sein.

Ich glaube das Problem wird von der Regierung verkannt und falsch eingeschätzt. Vielleicht sogar von den Top-Bankern, welche die Regierung beraten.

Die Hürden für die KfW-Darlehen sind ja absichtlich so hoch, weil man keine maroden Unternehmen retten möchte. Man will nur diejenigen auffangen, die wegen der Krise in Schwierigkeiten geraten sind, damit der Staat nicht zu viele Ausfälle verkraften muss. Außerdem steht noch immer keine technische Anbindung. Wir haben gestern aber die ersten Fälle genehmigt, und ich kann nur sagen, es ist system- und prozesstechnisch (bei uns zumindest) ein Alptraum. Unsere direkten Vorgesetzten müssen sich in letzter Zeit einiges anhören, weil vom Vorstand richtig Druck gemacht wird. Die Prozesse und Leitlinien bewegen sich alle auf großer Flughöhe. Die sind noch nicht bei uns "unten" angekommen.

Du hättest "Top-Bankern" in Anführungszeichen setzen sollen. Da waren bestimmt keine Experten darunter. Und das meine ich ernst, weil da bestimmt wieder Leute darunter sind, die die Lage noch nicht erkannt haben.

Jetzt frage ich mich als Steuerzahler, wieso ich nicht vorher gefragt werde, wenn ich für Zombie-Firmen Garantien in Mrd-Höhe ausstellen soll?

Naja, vielleicht rettet man so ein paar Arbeitsplätze für ein paar Monate, was ja auch nicht verkehrt ist.

Themenstarteram 7. April 2020 um 6:33

Was mich ärgert ist die Kommunikation. Von den politischen Vertretern wird suggeriert, dass jeder diese Mittel bekommen kann. Das ist aber schlicht falsch, und die Medien haben auch noch nicht begriffen woran es liegt, dass Banken Darlehen ablehnen. Ich lehne nicht gerne Kredite ab, aber ich muss es tun. Und die Leute verstehen die Welt nicht mehr, und sind kurz vor der Insolvenz. Die muss ich dann auf den Boden der Tatsachen bringen. Das bindet dann Kapazitäten für diejenigen, die finanzierbar wären. Ich habe letzte Woche 60 Anträge bearbeitet. Ich kann mich an Kundennamen nicht mehr erinnern. Das ist alles zu viel. Immerhin schaffe ich es noch Absprachen zu halten und bspw. pünktlich anzurufen.

60 Anträge? Normal wären doch wohl eher so 10, nicht wahr? Das ist ja krass bei dir.

Auf ebay-kleinanzeigen werden jetzt vermehrt hochpreisige Oldtimer und Sportwagen angeboten. Da haben wohl einige Unternehmer den Ernst der Lage erkannt und verschaffen sich Liquidität.

Themenstarteram 7. April 2020 um 6:39

Zitat:

@Goify schrieb am 7. April 2020 um 08:36:12 Uhr:

60 Anträge? Normal wären doch wohl eher so 10, nicht wahr? Das ist ja krass bei dir.

Auf ebay-kleinanzeigen werden jetzt vermehrt hochpreisige Oldtimer und Sportwagen angeboten. Da haben wohl einige Unternehmer den Ernst der Lage erkannt und verschaffen sich Liquidität.

Ja, korrekt. Ca. 2 bis 3 Anträge pro Tag sind normal. Aber wir haben jetzt Hilfskräfte, die uns die simplen Arbeiten abnehmen. Ich muss praktisch nur analysieren und entscheiden. Bei den Einzelunternehmern geht das ja vergleichsweise schnell. Aber bei den Großunternehmen mit verwobener Firmenstruktur, ohje. Das ist immernoch eine Tagesaufgabe.

Aber leider sind die Preise noch recht hoch. Die haben die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt. Die glauben sie könnten jetzt ihre Wertanlage in Cash umwandeln, aber wer kauft jetzt noch einen Oldtimer zu diesen Preisen? Die Assetts fallen immer als erstes. Aktien, Immobilien, Autos, Gemälde, etc.

Zitat:

@Ascender schrieb am 7. April 2020 um 08:33:07 Uhr:

Was mich ärgert ist die Kommunikation. Von den politischen Vertretern wird suggeriert, dass jeder diese Mittel bekommen kann. Das ist aber schlicht falsch,....

Warum soll es bei den Krediten anders sein als bei den (Sofort)Hilfen.

Es ist ein riesiger lahmer Verwaltungsapparat, der nicht in Schwung kommt und kaum was voranbringt. Allen Versprechungen zum Trotz. Klar, ein paar Hilfen wurden ausgezahlt......aber die Mehrheit wird wohl noch Wochen auf das Geld warten müssen.

Achja.....zum Thema Stundung....

Ich hab gestern versucht die Umsatzsteuer für Februar 2020 zu stunden und hab nach dem Fax noch mit der Finanzkasse telefoniert. Ob ich denn auch ne ordentliche Begründung beigefügt hätte, wurde gefragt. Ich: Wie bitte? Es gibt nen Erlass und ein vereinfachtes Verfahren.... Er: Jo, für unmittelbar betroffene Unternehmen wie Einzelhandel, Gasstätten etc., Ihr Unternehmen ist nur indirekt betroffen (Zahlungsausfall weil der Großkunde auf Grund von Corona seinen Betrieb freiwillig geschlossen hat, dadurch keine Einnahmen mehr generiert und das verbleibende Geld zusammenhält). Wenn sie das nicht weiter begründen, muss ich den Antrag ablehnen. Da gibt es einen entsprechenden Erlass der Finanzverwaltung von letzter Woche zu....

Ich hab dann noch die Begründung nachgereicht und schaue, was da kommt.

So in der Art habe ich das auch befürchtet. Man bekommt schon Hilfen, aber vom Finanzamt sollte man diese nicht unbedingt erwarten. Die machen weiterhin Schema F.

Jein.....man differenziert, um den Arbeitsanfall zu schaffen und gezielt da zu helfen, wo es vermeintlich am meisten drückt. Kann man zumindest tw. nachvollziehen. Der Bearbeiter sagte mir, er hätte letzte Woche allein 500 Stundungsanträge auf den Tisch bekommen, die beschieden werden müssen.....die Finanzämter sind z.T. jetzt schon nicht mehr handlungsfähig.

Auf einen Einspruch von Anfang Februar bekam ich jetzt die Mitteilung, dass der Fall zur Klärung an die Rechtsbehelfstelle gegangen sei, sich die Bearbeitung aber noch weiterhin verzögere...

Bin bei einer Autobank. Hier trudeln seit Wochen massenhaft Stundungsersuchen ein. In den Gesprächen gewinnt man immer häufiger den Eindruck, die Kunden wollen die Raten für die nächsten Monate geschenkt haben. Weist man sie darauf hin, dass gestundete Raten später zu begleichen sind, fehlt oft jegliches Verständnis.

 

Auch wenn es hart klingt: Pandemien gehören zum unternehmerischen Risiko.

Zitat:

@meepmeep schrieb am 7. April 2020 um 11:56:03 Uhr:

Pandemien gehören zum unternehmerischen Risiko.

Genau so ist es.

Manche waren so klug und haben eine (oft sehr teure) Betriebsausfallversicherung abgeschlossen. Die sind weitgehend fein raus. So hat es mir zumindest der Chef von einem örtlichen sehr großen Wellnesshotel erzählt. Im Februar erst die Police nach oben angepasst und wenige Wochen später für 80 leere Zimmer samt Wellnessbehandlungen den Betriebsausfall erstattet bekommen und so kann er seine Mitarbeiter gut bezahlen, obwohl sie alle daheim sind. Glück im Unglück.

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