AT Bereifung im ADAC-Test 'mangelhaft'? Eine Frage der Perspektive?
Hallo Zusammen,
Der ein oder andere hat den Testbericht sicher gesehen.
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https://youtu.be/Jqb-6u14n1w?si=8kRRWWSNXNEF1Qsd
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Mich lässt dieser Test mehr oder weniger mit Fragezeichen auf der Stirn zurück.
Das AT's eklatante Nachteile haben und insbesondere bei Nässe auf Asphalt Schwächen offenbaren ist vermutlich den meisten bekannt. Die Einordnung der Information ist gut aber nichts neues.
Auch ist es richtig, dass die Reifen die meisten Kilometer auf Asphalt abrollen.
Aber der Aspekt mit der Traktion auf schwierigem Untergrund (Matsch, Sand, Steigungen etc) kam mir viel zu kurz, denn das ein AWD mit GJR eher aus dem Dreck kommt als ein FWD mit AT ist doch eine Binsenweisheit. Aber wie schaut es aus, wenn der GJR an seine Grenzen stößt? Hat dann der AT noch Reserven? Das ist doch die entscheidende Frage. Und warum wurde hier nicht auf Unterschiede der AT's eingegangen?
Außerdem kam mir die Geschichte mit dem Verschleiß zu kurz. Der GJR war nach dem ADAC Test komplett fritte. Meine Geolandar sehen bspw. nach türkischer Steppe bei 40°C oder auch Osum-Schlucht in Albanien und mittlerweile gut 25.000km nahezu aus wie neu. Sicher drifte ich nicht um die Kurven aber wenn man häufiger bei hohen Temperaturen und leichtem Schlupf auf Schotter auf einen Berg schiebt ist das auch nicht ohne.
Mir hat es stark den Anschein gemacht, dass beim Test die Perspektive des Onroad-Fahrers überbetont wurde.
Wenn ich bedenke, wieviele mit AT's von Campingplatz zu Campingplatz fahren, verstehe ich die Intention dahinter (denn diese Leute profitieren praktisch nie von den Vorteilen und sind sich der Nachteile oft nicht bewusst).
Aber was ist mit Leuten wie mir, die regelmäßig offroad fahren?
Mir ist dieser Test jedenfalls zu stark gefärbt und beleuchtet IMHO die Anforderungen von denen, die regelmäßig den Asphalt verlassen nicht.
Was haltet ihr von dem Test?
Habt ihr Erfahrungen mit AT und GJR?
24 Antworten
Ich denke die Kernaussage oder Intention war: Finger weg von AT Reifen, wenn man die quasi nur aus optischen Gründen aufzieht, weil die mehr nach Abenteuer aussehen und „man könnte damit ja auch in leichtes Gelände“. Wenn man das aber in 99,5% aller Fälle nicht macht, sollte man sich der Nachteile auf normalen Strassen bewusst sein - und bei den gennanten Werten für Bremswege ist das irgendwann etwas, was einen nicht mehr nur allein betrifft - insbesondere bei den Abmessungen und Gewichten solcher Fahrzeuge, die in der Regel damit ausgerüstet werden.
Denke auch, die wesentliche Aussage sollte sein, dass man die ATs besser weglassen sollte wenn man eh die Straße nie verlässt. So gesehen erstmal nicht falsch, nur waren die Tests dazu etwas merkwürdig gewählt.
Geschwindigkeit auf Schotter - ist vielleicht bei 'ner Rallye ein Thema, aber nicht bei den üblichen Geländefahrten (und höchstwahrscheinlich auch kein Kriterium bei einem Wohnmobil). Da besteht in aller Regel kein Zeitdruck, und man fährt nur gerade so schnell wie für die Traktion erforderlich. Das "fahrdynamische Limit im Handlingparcour" ist da kein relevantes Maß, denn die meisten Fahrer möchten in ihrem Fahrzeug auch die Heimreise antreten, werden also Offroad gerade keine verschleißintensiven oder gefährlichen Manöver fahren. Der Beschleunigungswert von 20 auf 50 km/h ist geradezu beeindruckend egal.
Nasse Wiese - ist für jeden Reifen ein Problem, und gewinnen wird da höchsten ein MT, nachdem er sich durch die Grasnarbe durchgefräst hat. Oder irgendwas mit Spikes.
Schlamm - ist etwas Anderes als "Nasse Wiese", und dort sind Reifen mit hohem Negativanteil im Profil natürlich im Vorteil, denn das sorgt für bessere Selbstreinigung. Die dort besten Reifen haben keine Straßenzulassung.
Winter - nunja, wie schon an anderer Stelle erwähnt: Das Kriterium für die Schneeflocke ist der Vergleich mit dem SRTT, dem Standard Reference Test Tire. Der wurde zwar immerhin von 195/75R14 auf 225/60R16 "modernisiert", aber das Profil ist immer noch der Uniroyal Tiger Paw. Das war schon keine Hürde für ATs als sie noch M+S hatten, daher haben jetzt auch fast alle ATs das 3MPSF, ohne dass der Hersteller etwas an Aufbau oder Mischung ändern musste.
Was nicht erwähnt wurde: Im Gelände senkt man üblicher Weise den Luftdruck für mehr Aufstandsfläche, und das kann man mit einem AT oder MT eben besser machen als mit Straßenreifen, weil sie die dafür erforderliche Stabilität und Verletzungssicherheit mitbringen. Lasse ich diesen Punkt weg und fahre mit dem vollen Druck, merke ich natürlich weniger von den Vorteilen.
Noch ein Punkt, aber bei aktuellen Fahrzeugen schwer umzusetzen: Die wenigsten Geländewagen wurden einfach auf anderes Profil gestellt, sondern meistens wird in dem Zug auch die Reifengröße auf das größtmögliche erhöht, was die Platzverhältnisse und das Abgasverhalten hergeben. Reduziert natürlich die Vergleichbarkeit, aber - will man mit dem der Reifenwahl abseits der Straße etwas erreichen, ist das Profil halt nur ein Teil des Aufwandes. Geht mit Fahrzeugen ab Euro 3 Aufwärts so gut wie nicht mehr, weil da +3% das maximal mögliche Plus an Abrollumfang sind, davor ging noch +8%.
Hatte bei Jimny und RX4 auf ATs (Yokohama, bzw. Michelin) gewechselt, wobei der RX4 bereits auf Michelin XPC ausgeliefert wurde, was aus heutiger Sicht als AT durchgehen würde. Bei Fahrzeugen mit ohnehin schlechtem Straßenfahrverhalten haben die ATs nicht wirklich viel verschlimmert, und auch das Winterfahrverhalten war ausreichend. Der Bremsweg natürlich länger als mit echten Winterreifen (Vergleich Jimny auf Yokohama Geolandar I/T in Originalgröße mit AT GO15 in 235/60R16), aber das Kurvenverhalten war berechenbarer; Die I/Ts hatten einen extrem schmalen Grenzbereich. Haltbarkeit war kein Thema, Straßenreifen halten auf dem Jimny schon ewig, ATs dann halt ewig plus ein paar Jahre. Tauscht man eh aus Überalterungsgründen, nicht wegen Profilverlust.
Randnotiz: Es gab in den 80ern und 90ern die gegenteilige Bewegung, in der Hinsicht dass bei den damals üblichen Geländewagen vor dem Aufziehen der zeitgenössischen "Tuning"-Straßenreifen in Formaten wie 255/60R15, 275/60R15 oder 295/50R15 gewarnt wurde. Damit war der Grip in Kurven auf einmal so gut, dass gerade die Offroader mit kurzem Radstand eher zum Überschlagen neigten, anstatt einfach seitlich wegzurutschen.
Gruß
Derk
Zitat:
Aber was ist mit Leuten wie mir, die regelmäßig offroad fahren?
Diese Leute machen kein "Standardcamping" sondern beschäftigen sich vermutlich insgesamt mehr mit ihrem Fahrzeug. Die brauchen keinen ADAC-Reifentest um zu wissen, was im Gelände gut ist und was nicht.
Ich sehe das daher wie NEO. Zielgruppe dieses Tests waren wahrscheinlich die Camper, die diese Reifen nur wegen der Optik oder aus Egogründen aufziehen und sich der eklatanten Nachteile gar nicht bewusst sind.
Gruss
Jürgen
Quintessenz ist im Video am Ende zu sehen: AT in Busklasse? Da sind GJR in mehrerlei Hinsicht besser.
Zielgruppe sind ja Camperfahrer und nicht Offroader; somit hat der Test sehr wohl seine Berechtigung und herauskristallisierbare Aussage – und der eigentliche AT-Bereich blieb hier (bewußt!) außen vor; denn wirklich offroad haben die ATs nun mal ihre Stärken. Springender Punkt: ein üblicher Campinbusfahrer trifft so gut wie gar nie jene Verhältnisse an, in denen ein AT seine Stärken ausspielt. Und das Fazit wird so natürlich sehr erklärbar: GJR hat auf dem für "Campingplatzhopping" genutzten Bus durchwegs erkennbare Vorteile gegenüber AT.
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Vielleicht solltest du statt beim ADAC in der Motorwelt/Homepage lieber irgendeine Offroad-Zeitschrift lesen.
Dieser Test wurde in einem anderen Forum (Marke für Wohnmobile) auch besprochen und hat dort genau zu dem Erstaunen geführt, dass der Test offensichtlich auch hervorrufen soll. Dort sehe ich nämlich viele Fahrzeuge, die eher aus optischen Gründen AT fahren.
Alles Gesagte kann ich als Fahrer von solchen Reifen auf dem Geländewagen bestätigen, dort benötige ich sie auch.
Auf unser Wohnmobil kommen in der nächsten Runde hochwertige Ganzjahresreifen statt der Werksreifen. Da gibt es inzwischen sehr gute Varianten, speziell auch für Camper.
Schönen Gruß
Jürgen
Es ist nicht so, dass ich die Intention des Tests nicht verstehe. Man will denen, die AT´s am Ende aus eher optischen Gründen fahren sensibilisieren.
Und es ist zweifellos so, dass GJR für die meisten Camper sehr sehr gut geeignet sind:
- wesentlich bessere Traktion als Sommerreifen auf losem Untergrund
- Bei den meisten klimatischen Bedingungen bedenkenlos fahrbar
- vertretbare Performance (gegenüber Sommer- und Winterreifen) in den klassischen Disziplinen auf befestigten Straßen
- die fehlende Widerstandsfähigkeit gegenüber AT ist für die meisten vernachlässigbar
Was mich tatsächlich ein wenig stört ist, dass in dem Test in keinem Nebensatz differenziert wird. Im Gegenteil: So wie kommuniziert wird, gewinne ich eher den Eindruck, das seine Vorteile in den entsprechenden Disziplinen bewusst klein geredet wird.
Außerdem ist es irreführend, wenn von einem AT Reifentest gesprochen wird, dabei jedoch 0,0 auf die Unterschiede zwischen den Reifen eingegangen wird (die Unterschiede bspw. zwischen Yokohama Geolandar und BF Goodrige AT sind extrem) und stattdessen allgemein von AT vs. GJR gesprochen wird.
Das finde ich irgendwie doof, wenn man gleichzeitig von einem "unabhängigen Test" spricht.
Anders formuliert:
Der ADAC hätte den Test einfach Ganzjahresreifen vs All-Terrain-Reifen nennen sollen anstatt das als Vergleichstest von AT-Reifen auszuweisen. Dann wäre die Sache IMHO runder gewesen.
Wenn man ganz ehrlich ist, benötigt auch fast kein Camper die Eigenschaften eines AT Reifens. Und wie schon geschrieben wurde, wissen die, die es brauchen, auch sehr genau, was sie auswählen.
Insofern kann ich das fast nachvollziehen, dass sie das so verallgemeinern. 😉
Übrigens finde ich schon, dass der Bereich „abseits der Straße“ im Test die andere Nutzung schon auch berücksichtigt. Und auch das meines Erachtens nach realistisch: Denn tatsächlich muss der AT schon eine Menge abkönnen, wenn er zum Beispiel für harte Schotterstrecken wirklich einen Vorteil haben soll. Und das tun die meisten ATs dann auch nicht. Ich hab dafür damals verglichen, richtig bringen da erst krassere MTs etwas (Cooper STT Pro, der konnte alles ab). Aber damit will man auf die Dauer keine Langstrecken machen…
…und wer jetzt ganz ganz ehrlich ist, der wird bestätigen, dass so ein Fahrzeug schon auf einer nassen Wiese und einer marginalen Steigung, mit Straßenbereifung hängen bleibt.
Zitat:@gseum schrieb am 19. Mai 2025 um 21:57:39 Uhr:
Denn tatsächlich muss der AT schon eine Menge abkönnen, wenn er zum Beispiel für harte Schotterstrecken wirklich einen Vorteil haben soll. Und das tun die meisten ATs dann auch nicht.
An die Pannensicherheit eines aktuellen BFGoodrich All-Terrain reicht irgendein konventioneller GJ-Reifen nicht einmal ansatzweise heran.
Wie im Text beschrieben, konzentriert sich der Test auf das Thema "sind ATs auf Asphalt wirklich empfehlenswert" – mit der klaren Quintessenz: GJR sind in diesem Anwendungsbereich meist besser geeignet. Die ATs wurden ja nicht in deren eigentlich dafür vorgesehenem Element getestet, sondern in Bereichen, für die sie nicht wirklich konzipiert sind. Vor dem Hintergrund der Zielgruppe ist das zwar nachvollziehbar – der Test ist aber kein unvoreingenommener Reifentest, sondern ein gezielter "sind AT auf Camper/PickUps wirklich sinnvoll"-Test.
Zitat:
@Rigero schrieb am 20. Mai 2025 um 01:08:11 Uhr:
Zitat:@gseum schrieb am 19. Mai 2025 um 21:57:39 Uhr:
An die Pannensicherheit eines aktuellen BFGoodrich All-Terrain reicht irgendein konventioneller GJ-Reifen nicht einmal ansatzweise heran.
Exakt deshalb fahre ich genau DEN auf dem Geländewagen. 😆
Zudem ist der für einen AT auch noch recht grobstollig (ohne zu laut zu werden) und daher auch an den Stellen einsetzbar, wo man sonst einen MT benötigen würde.
Aber auf dem Wohnmobil: Auf keinen Fall. Man fährt tausende Kilometer auf normalen Straßenverhältnissen. Da gehe ich das Risiko von verlängertem Bremswegen, schlechterer Nasshaftung uvm. nicht ein.
Zitat:
@gseum schrieb am 20. Mai 2025 um 12:56:55 Uhr:
[...]
Aber auf dem Wohnmobil: Auf keinen Fall.
Naja gut - "Wohnmobil" ist nicht gleich "Wohnmobil". Welchen Reifen man einsetzt ist ja weniger eine Frage des Fahrzeugs, sondern in erster Linie eine Frage des Einsatzzwecks.
Zitat:
@gseum schrieb am 20. Mai 2025 um 12:56:55 Uhr:
Man fährt tausende Kilometer auf normalen Straßenverhältnissen. Da gehe ich das Risiko von verlängertem Bremswegen, schlechterer Nasshaftung uvm. nicht ein.
Deswegen habe ich den Geolandar A/T G015 genommen. Dieser ist (und das sieht man auch im Test) ein gewisser Kompromiss. Zeigen ja auch die Testergebnisse. Genau das ist ja der Punkt, auf den IMHO zuwenig eingegangen wurde.
Zitat:
@Dr.OeTzi schrieb am 20. Mai 2025 um 13:55:28 Uhr:
Naja gut - "Wohnmobil" ist nicht gleich "Wohnmobil". Welchen Reifen man einsetzt ist ja weniger eine Frage des Fahrzeugs, sondern in erster Linie eine Frage des Einsatzzwecks.
Dem stimme ich im Prinzip zu - auch wenn der Grossteil der Wohnmobile vermutlich nie echtes Offroad sehen wird.
Meine Tochter will unbedingt mal mit dem Womo nach Island. Ich hatte zuerst überlegt, für diesen Trip AT-Reifen zu montieren - einfach aufgrund der deutlich besseren Pannensicherheit auf Schotterpisten. Bin dann davon aber wieder abgekommen weil unser Dreiachser selbst mit AT-Reifen noch lange nicht zum Offroadmobil wird. Für so einen Trip würde ich vermutlich ein spezielles Mobil direkt vor Ort mieten.
Gruss
Jürgen