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Tue Sep 02 22:16:40 CEST 2014    |    DoNuT_1985    |    Kommentare (10)    |   Stichworte: Ford, SUV, Testfahrt

Günstigen Verwandtschaftsverhältnissen zum Dank ergibt sich bei mir trotz Neuwagen und ohne jegliches Kaufinteresse doch hin und wieder mal die Gelegenheit zu einer Probefahrt, um nicht nur mit dem eigenen Auto weiter zu verwachsen. :)

 

Nun war es wieder mal so weit und ich hatte die Gelegenheit, zwecks einer "Überstellungsfahrt" einen neuen Ford Kuga 2.0 TDCi quasi von Tachostand 0 ca. 120-130 km zu fahren und ein paar Eindrücke zu gewinnen, die ich wie üblich textuell möglichst breitschlagen möchte, um euch einen vielleicht nicht ganz schemenhaften Eindruck zu vermitteln, wie sich so ein Kuga denn anfühlt.

 

Zunächst mal ein paar Worte zur Kategorie Fahrzeug, um die es hier geht:

 

Eigentlich finde ich, dass SUVs (egal, ob Mini-, Kompakt,- oder Fullsize) eine ziemlich unnötig-zeitgeistige Erscheinung sind, die sich irgendwie nur durch eine gefällige Schnittmenge aus diversen Eckpunkten rechtfertigen, die ich mit so ziemlich jeden anderen Fahrzeug zumindest teilweise besser abdecken lässt - Kompakte, Kombis, echte Geländewagen. Eigentlich sind die meisten SUVs (mal abgesehen vom wenigstens optisch coolen Evoque) ziemliche "Play-it-safe"-Fahrzeuge, und wenn ihr meine vorherigen Artikel (vornehmlich zu meinem Alfa) gelesen habt, werdet ihr wissen, dass ich es doch lieber etwas wenige biedermeierhaft habe - und diesem Ideal noch ein paar Jahre (und bestimmt beim nächsten Auto) treu bleiben möchte.

 

Nun hab aber sowas wie die geballte Ladung automobile Vernunft als "Testobjekt" ausgefasst - nämlich einen Ford Kuga, wie auf dem Außenfoto leicht zu erkennen, sogar ohne Aluräder in unschuldigem Weiß. Dazu den kleinen Diesel (2.0 TDCi) mit 115 PS und Frontantrieb - den Allrad braucht man in dem Auto wohl nicht mal im Skiurlaub, irgendwie wird sich die Mühle auch so leicht schlammige Pfade oder Schneefahrbahnen hochpflügen.

 

Doch genug der Vorurteile, versuchen wir uns dem Ganzen etwas neutraler zu nähern und fangen mal mit dem Wichtigsten an, dem Fahren:

 

Seit dem ersten Focus ist es kein Geheimnis - Ford kann fahraktive Autos mit gutem Restkomfort und narrensicherer Fahrbarkeit. Der Kuga der 2. Generation ist hier keine Ausnahme. Die Lenkung trifft für mich beinahe das ideale Maß aus Bedienkräften, Rückmeldung und Präzision in einem Alltagsfahrzeug - wohlgemerkt, klar besser als bei meinem Alfa. Auch in Sachen Getriebe und Pedalgefühl - man setzt sich in den Wagen und ist nach ein paar Metern eins. Bald merkt man auch, dass sich selbst ein relativ nackter Basis-Kuga recht gut um die Ecken schmeißen lässt. Wenn alle SUVs den "Sweet Spot" so treffen, könnte man den Punkt von den behäbigen Kindergarten-Panzern vom Tisch kehren.

 

In Sachen Größe vergisst man auch oft, dass SUVs in der Klasse kaum größere als heutige Kompakte sind. Der Kuga kratzt meines Wissens nach knapp an den 4,50 - zu größeren Kompakte mit 4,30+ ist das kein nennenswerter Unterschied mehr - der Ford passt auch in meine Stadtgarage, die auch schon meiner Giulietta keinen opulenten Unterschlupf gewährt. Merklich breiter ist der Wagen aber schon, was mich persönlich weniger beim Einparken stört, sondern eher in Autobahnbaustellen und sonstigen engen Durchfahrten. Das "erhabene" Fahrgefühl hat sich für mich eher so dargestellt, dass ich hoch auf einem Ross sitze und nicht immer so genau wusste, was unter mir passiert... ;)

 

Man denkt sich auch, kompakte Geländewagen würden deutlich mehr Leistung brauchen, da sie ja so viel schwerer sind. Wo 100 PS in einem Golf noch relativ spritzig sind, sollte ein Kompakt-SUV schon 150 PS haben, damit da was geht. Den Eindruck kann ich zumindest vom Kuga mit seinen 115 PS (und Frontantrieb) nicht bestätigen. Immerhin hat Ford im Gegensatz zu anderen Marken auch dem kleinen Motor eine passend gestufte 6-Gang-Box verpasst, womit sich immer die passende Übersetzung findet und man im normalen Verkehr auch mehr als zügig genug vorankommt. Eigentlich war ich fast ein wenig verwundert, da ich mich im Vergleich zu meinem Alfa gar nicht so viel langsamer gefühlt habe. Was bei dem Vergleich allerdings auch ins Auge stach - der 1.6 TDCi ist deutlich besser gedämmt und so gut wie nie dieselig-nervig.

 

Was die Kostenbilanz für den Hochsitz-Aufschlag sagt, kann ich in Bezug auf den Verbrauch schwer sagen, da ich nicht wenigstens 1-2 Tanks leergefahren bin und der Wagen fabriksneu war. Der Bordcomputer vermeldete einen Schnittverbrauch von 7,5 Litern. Das hab ich auf der Strecke mit meinem früheren BMW-Benziner (318i) auch geschafft, ein Kompaktdiesel würde wohl 1,5-2 Liter weniger nehmen.

 

Zuletzt möchte ich noch auf einen Punkt eingehen, der in "Fachzeitschriften" so gut wie immer angerissen wird; Die Innenraumqualität aktueller Fords und die Bedienlogik... klar, irgendwie muss man mit der Peitsche knallen, wenn 15 Punkte Differenz (von 500 möglichen) als Distanzierung zum VW-Fabrikat nicht reichen (no offense :D). Bezüglich Qualität kann ich sagen, dass sie dem Kaufpreis und der Fahrzeugklasse angemessen ist. Die Kunststoffe sind nicht in Liebhaberqualität aufgeschäumt, aber keinesfalls billigstes Hartplastik oder unansehnlich. Mir gefällt das "raumschiffartige" Cockpit eigentlich ganz gut... würde ich der Golf-Plus-Schrankwand eines Tiguan allemal vorziehen - was übrigens auch das Außendesign oder die Marke im Allgemeinen betrifft, da ist mir Ford seit meinem treuen Focus Mk I sympathisch - kompetent, ansprechend, aber uneitel... ;)

 

Die Bedienung für mich ist allerdings etwas schwieriger einheitlich zu bewerten. Eines vorweg: ich finde die "Knöpfchenwüste" bei weitem nicht so schlimm, wie es immer dargestellt wird. Die Tasten, die man häufig braucht, sind entweder eindeutig beschriftet (Zifferntasten) oder mehr als groß genug ("Phone", "Radio", ...). Das relativ kleine Display ist natürlich nicht optimal, aber es ist relativ hoch positioniert und dafür einwandfrei ablesbar - man will darauf keinen Film schauen, sondern nur mal schnell die Uhrzeit checken, ob das Smartphone schon gekoppelt ist oder wer anruft - dafür braucht es auch 2014 keinen 8-Touchscreen... :rolleyes:

 

Ich finde das System mit ein wenig Erfahrung mit Technik auch relativ einfach bedienbar. Nach 2 längeren Fahrten hab ich mein Nexus 5 problemlos gekoppelt, mit der ausgezeichneten Spracherkennung (SYNC) gewählt und telefoniert und auch sonst keine Probleme mit Fahrzeugfunktionen wie Bordcomputer oder Tempomat gehabt. Leider ist mir 2x die Bluetooth-Verbindung zum Smartphone abgerissen - einmal musste ich tatsächlich das Nexus 5 neustarten, weil sich Bluetooth nicht mehr aktivieren ließ - da will ich die Schuld nicht vorschnell auf den Ford schieben, vielleicht liegts auch an einem Bug in der Custom-ROM, die ich am Handy betreibe.

 

Was auf den wenigen Kilometern doch etwas genervt hat, waren für mich komischerweise nicht die offensichtlichen Punkte, sondern die Bedienelemente am Lenkrad. Ich hatte schon mal einen Ford, der da ziemlich unkaprizös war, beim Kuga waren diese aber rundum seltsam positioniert. Weder die zwei 4-Weg-Schalter für den Bordcomputer/Menüeingabe noch die Tasten des Tempomats waren für mich erreichbar, ohne am Lenkrad ein wenig umgreifen zu müssen - kenn ich in der Form auch noch von keinem Auto. Den Tempomat auf einen eigenen Satelliten hinter dem Lenkrad auslagern und die anderen Elemente etwas höher in Reichweite der üblichen Handposition... vielleicht hab ich ja nur zu kurze Daumen? :confused: :rolleyes:

 

Das war es dann auch schon fast mit meiner Durchsicht des aktuellen Ford Kuga - ich hoffe, es war nicht wieder mal zu ausführlich und hat auch weniger offensichtliche Punkte beleuchtet, die nicht einen Standard-Testschema entsprechen. Ich habe nicht erwartet, dass der Kuga ein unangenehmes oder total unagiles Auto ist, aber etwas überraschend ist es schon, wie schnell man mit so einem "Hassobjekt" im Alltag zurechtkommt... :)

 

Stünde ein Kind in Aussicht, würde ich aber trotzdem was "Bodenständigeres" anschaffen, einen Kinderwagen und Kindersitz kriegt man sicher in den bestehenden Kompakten auch noch rein, ohne gleich in Richtung automobiler Wollmlichsau eskalieren zu müssen. :D :D :D

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