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Fri Apr 06 16:36:52 CEST 2012    |    DoNuT_1985    |    Kommentare (7)    |   Stichworte: autobahn, degenerierung, ignoranz, rechtsfahrgebot, verkehr

Hallo miteinander!

 

Es ist wieder mal Zeit für einen neuen Blogartikel - diesmal kein Detailgefrickel zum Thema BMW E90 & Co, sondern mal ein etwas allgemein gefasster Bericht über meine Erlebnisse auf der Straße, im Speziellen auf der Autobahn.

 

Im Herbst letzten Jahres hat sich mein Fahrprofil wegen eines Standortwechsels meiner Firma wieder mal verändert und nach 3 Jahren Zug-Auto-Pendeln gefolgt von ca. 1 1/2 Jahren Landstraße bin ich nun täglicher Autobahn-Pendler, und zu dem Thema möchte ich ein paar Eindrücke loswerden, die sich mir so geboten haben, obwohl ich damit sicher niemanden überraschen werde... ;)

 

Falls es hier Österreicher aus der Gegend gibt, mein täglicher AB-Anteil liegt auf der A9-Phyrnautobahn zwischen Vogau-Straß und Graz (what else?), ich war jetzt zu faul, die genaue Länge rauszusuchen, aber es werden wohl ca. 40 km hauptsächlich zweispurige Autobahn sein, die teilweise per Überkopfanzeigen bei schlechten Imissionswerten (Feinstaub) auf 100 km/h gedrosselt werden - soviel zur Ausgangslage, im Gegensatz zu deutschen Vollgasautobahnen ein eher ruhiges Fahrwasser....

 

An sich bin ich ein relativ ruhiger Mensch, der meist erst mal schluckt, reflektiert und überlegt, bevor er an die Decke geht - die wenigen Ausnahmen finden meistens am Steuer meines Autos statt, und hier gibt mir die A9 täglich Anlass, sich zumindest gepflegt an die Stirn zu greifen... :D

 

Im Endeffekt lässt sich das meiste darauf zurückführen bzw. macht den Anschein, als ob jeder Zweite mit Scheuklappen unterwegs wäre und sich null darum schert, eventuell auch andere Verkehrsteilnehmer zu berücksichtigten und vielleicht auch etwas zu antizipieren - unterm Strich würden wohl deutlich weniger Bremsen verschlissen werden, weniger Sprit verbrannt und das eine oder andere Mal würden sich auch Polizei, Rettung und der Gutachter ein paar Fahrkilometer ersparen...

 

Ich rede hier gar nicht von den klassischen "Königsdisziplinen" Drängeln, Rasen und dicht auffahren. Mein Eindruck nach ca. einem halben Jahre und etwa 10.000 Kilometern auf der AB ist, dass die vielgescholtetenen "dicken Kisten" hier nicht die Haupttäter sind. Ich könnte mich gar nicht erinnern, dass bisher überhaupt mal ein Drängler an meiner Stoßstage geklebt wäre.

 

Eher sind es die ganz normalen "Durchschnittsautofahrer", die mit wenig Voraus- und Umsicht den Alltag im Verkehr deutlich stressiger machen, als er sein müsste...

 

Als erstes Beispiel sei mal genannt, dass es anscheinend wirklich eine Kunst ist, das Rechtsfahrgebot auf den eigenen Fahrstil zu applizieren (:D). Ein LKW am Horizont, ein langsam näherkommender Wagen 500 Meter dahinter scheinen anscheinend als Rechtfertigung zu genügen, die nächsten 5 km auf der 2. Spur zu verweilen. Ich versuche, so oft wie möglich nach rechts auszuweichen, wenn es die Situation zulässt. Wenn der nächste LKW meilenweit entfernt ist und jemand hinter mir es eventuell eiliger hat, spricht ja nix gegen, einfach mal wieder die Spur zu wechseln - umgekehrt sollte es nicht in blödes Hin- und Hergeflippere zwischen den Spuren ändern, wegen dem andere dauernd bremsen müssen. Voraussicht und ein gesundes MIttelmaß ist hier wohl das oberste Gebot.

 

Wenn man aber eher in der Minderheit derer ist, die so fahren (vor allem bei dichterem Verkehr), merkt man allerdings, dass das nur gut funktioniert, wenn die anderen auch mitspielen. Ein Phänomen dabei ist, dass ein Ausweichen auf die 1. Spur wohl pauschal als "Übererlaubnis erteilt" aufgefasst wird. So fährt einem der Hintermann mit ordentlichem Abstand z.B. 5 km nach, es wird aber oft passieren, dass er plötzlich meint, 2 km/h schneller fahren zu müssen, wenn man das Rechtsfahrgebot einhält - oft mit einem solchen Timing, dass er ewig neben einem herfährt und man früher oder später auf den Vordermann aufläuft, während der Schleicher links neben einem immer noch mit dem Überholen beschäftigt ist... :(

 

Ich versuche, so oft und lang wie möglich mit dem Tempomat zu fahren, weil es einfach die angenehmste Weise ist, auf der AB dahinzugleiten. Mein Richtwert ist da "erlaubtes Limit plus 10 am Tacho", also Tacho 110 bei Limit 100 bzw. 140 bei 130. Mit Tachovorlauf ist man dann in einem halbwegs massenkompatiblen Tempo unterwegs, und die tatsächlichen 3-4 km/h, um die man das Limit überschreitet, haben mich seit 2003 noch keinen Cent gekostet. Ist der Vordermann mal 2 km/h langsamer, drossle ich das Tempo, damit ich ihm nicht auflaufe oder beim Überholen ein totes Rennen entsteht, auf ca. 40 km oder knapp 20 Minuten Fahrzeit spielt das keine Rolle, da bin ich lieber stressfrei unterwegs...

 

Hier fällt dann allerdings auf, was für krasse Schwankungen manche Autofahrer im Tempo haben - geht man mit Tempomat nach rechts, kommt oft das bereits beschriebene "Überholphänomen" zum Tragen, bei dem der Hintermann (der links bleibt) plötzlich an einem vorbeischleichten will. Hier hat man dann nur die Option, dass man selber vom Gas geht, damit er vorbei ist, bevor man ins nächste Hindernis prallt oder rechtzeitig wieder selbst rauszieht, auch wenn der nächste zu Überholende noch weit entfernt ist - ich finde das einfach nur unnötig und anstrengend, dass man für eine halbwegs harmonische und gleichmäßige Fahrweise dauernd die Mätzchen der anderen antizipieren muss... ich "zwicke" anderen auch nicht den (Überhol-)Weg ab, wenn sie vor einem LKW oder langsameren PKW rausziehen wollen - einfach mal kurz das Gas lupfen, schneller überholen oder eine Geste, damit der andere auch halbweg störungsfrei vorankommt.

 

Vielleicht ist das auch der Grund, wieso viele ständig links fahren - wenn man auf der Überholspur ist, hat man das Problem schließlich nicht... :)

 

Die Krönung ist dann aber meistens, dass man nach dem Überholvorgang (bei unverändertem Tempo) meist schnell wieder aufschließt und den "Experten" schlussendlich wieder überhole, wenn man den Speicher des Tempomats abruft, weil er dann plötzlich wieder langsamer unterwegs ist... ab und zu verschwindet der andere dann wieder komplett im Rückspiegel, obwohl ich eigentlich immer gleich schnell gefahren bin (Tempomat) - manche kommen zum Ausgleich dann aber mit 20 km/h Überschuss daher und schießen ein paar Kilometer später wieder vorbei... da fragt man sich schon manchmal, ob manche am Steuer lesen, essen oder gar kochen????

 

Ich kann nicht sagen, ob andere nicht genauso in ihren Autos schimpfen, wenn ich an ihnen vorbeiziehe und das nur unreflektierte, subjektive Wahrnehmung ist, aber selbst ich als relativ junger Autofahrer mit 26 Jahren hab manchmal das Gefühl, dass die Führerscheine wirklich stapelweise ausgeteilt worden sind...

 

Geht es euch ähnlich oder übertreibe ich hier etwas?

 

Schließlich sind BMW-Fahrer (wie ich einer bin) dem Klischess nach ja eher der Raser- und Dränglerfraktion zuzuschreiben als den Moralaposteln, obwohl mein Eindruck eher der ist, dass Fahrer mit zunehmender Motorisierung und höherem "Imagefaktor" meist viel unauffälliger unterwegs sind - mir wäre noch nie ein Porsche 911 ungut aufgefallen, und gestern bin ich tatsächlich einem M550xDrive Touring fast die halbe Strecke mit konstantem Tempo nachgefahren, ohne das er irgendjemanden bedrängelt, geschnitten oder sonst wie genötigt hätte...

 

Auf jeden Fall bin ich froh, dass jetzt mal wieder ein langes Wochenende wartet und das Auto für die nächsten paar Tage bis auf einen obligaten Verwandtschaftsbesuch wohl hauptsächlich in der Garage stehen bleibt, anstatt sich durch den Blechdschungel Autobahn kämpfen zu müssen...

 

In diesem Sinne wünsche ich auch frohe und stressfreie Ostertage!

 

MfG DoNuT