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zum Thema Fahren mit Flip-Flops bzw. barfuß hier eine rechtliche Würdigung:

Themenstarteram 2. Mai 2011 um 11:14

Entgegen oft verbreiteter Gerüchte hat die StVO nichts dagegen einzuwenden, wenn

sich ein Fahrer "unten ohne" in den Verkehr begibt: also barfuß oder nur mit Flip-

Flops beschuht.

Die Straßenverkehrsordnung (StVO) enthält in § 23 einen Auffangtatbestand, der

eingreift, wenn speziellere Regelungen nicht anwendbar sind. Nach § 23 Abs. 1 Satz

1 ist der Fahrzeugführer dafür verantwortlich, dass seine Sicht und das Gehör nicht

durch die Besetzung, Tiere, die Ladung, Geräte oder den Zustand des Fahrzeugs

beeinträchtigt werden. Nach Satz 2 muss er dafür sorgen, dass das Fahrzeug, der

Zug, das Gespann sowie die Besetzung vorschriftsmäßig sind und dass die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs durch die Ladung oder die Besetzung nicht leidet.

Sehr lange war umstritten, ob es nach dieser Vorschrift auch verboten ist, sich barfuss, mit offenen Sandalen, mit Flip-Flops oder mit High-Heels hinters Steuer zu setzen. Kontrollorgane stellten sich oft auf den Standpunkt, so "ausgerüstet" wäre es

nicht möglich, sein Fahrzeug sicher zu lenken und die Pedale anständig zu bedienen.

Auch der Fahrer sollte nach dieser Auslegung zur "Besetzung" des Fahrzeugs

zählen; "Besetzung" wären danach alle Personen, die sich unabhängig von ihrer

Verkehrsfunktion- im Fahrzeug befänden. Und die müssten nun mal alle verkehrssicher sein.

Für Freiheit und Klarheit sorgten hier vor allem Entscheidungen des OLG Bamberg

aus den Jahren 2006 und 2007.

OLG Bamberg: Nackte Füße gehen den Staat nichts an

Im Jahr 2006 hatte ein Amtsgericht einen Lkw-Fahrer, der mit Socken hinterm Steuer

erwischt worden war, zu 50 Euro Bußgeld verdonnert. Ihm wurde zur Last gelegt,

gegen § 23 Abs. 1 Satz 2 StVO verstoßen zu haben. Das Gericht hielt es für unverantwortlich, ohne festes Schuhwerk zu fahren. Wesentliche Funktionen würden über Pedale mit Fußkontakt gesteuert, und es könne leicht passieren, dass jemand mit Socken an den Füßen abrutsche und es dadurch zum Unfall käme.

Ähnlich argumentierten Gerichte bei einem Fahrer, der barfuß unterwegs war, und

bei einem Mann, der mit hinten offenen Sandalen hinterm Lenkrad saß.

In drei Entscheidungen stellte das OLG Bamberg klar, dass es den Staat grundsätzlich nichts angehe, ob sich jemand barfuss oder mit Sandalen sein Auto steuert (Beschl. v. 15.11. 2006, Az. 2 Ss OWi 577/06, Beschl. 11.01.2007, Az. 3 Ss OWi 1796/06, 3 OWi 1796/2006 und Beschl. v. 04.04.2007, Az. 3 Ss OWi 338/2007, 3 Ss OWi 338/07). Das OLG sah es zwar auch als kritisch an, wenn ein Fahrzeugführer keine anständigen Schuhe trägt - verboten sei es aber durch § 23 StVO nicht. Denn der Fahrer zähle nicht zur "Besetzung" im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 StVO. Damit, so das Gericht, könnten nur Personen gemeint sein, die sich außer dem Fahrer noch im Fahrzeug befinden. Die Fallgestaltung eines eigenen, die Verkehrssicherheit beeinträchtigenden Verhaltens des Fahrers, das sich weder auf die Ladung noch auf die Besetzung des Fahrzeugs bezieht, werde von § 23 Abs. 1 Satz 2 StVO gerade nicht erfasst.

Das Fahren ohne festes Schuhwerk werde auch nicht von § 2 Abs. 1 Satz 1, § 75 Nr.

1 FeV erfasst. Die Vorschrift, die teilweise auch für Fälle angewandt wird, in denen

sich ein Fahrer durch Tragen eines Walkmans in "künstliche Schwerhörigkeit" versetzt, beziehe sich nur auf solche Fälle, in denen ein körperlicher Mangel zur Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit beim Autofahren führen könne. Fehlendes oder ungeeignetes Schuhwerk stelle schon begrifflich keinen körperlichen Mangel dar. Ein Barfuß-Fahrer könne in rechtlicher Hinsicht auch nicht mit jemandem verglichen werden, der einen Gipsverband trägt. Denn damit werde tatsächlich ein - zumindest vorübergehend vorhandener körperlicher Mangel ausgeglichen. Aber gilt das denn immer?

Verboten könne das Fahren ohne geeignete Schuhe allerdings für Personen sein, so

das OLG Bamberg, die nach den Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaft feste Schuhe tragen müssten. In § 44 Abs. 2 der Unfallverhütungsvorschrift "Fahrzeuge" (BGV D29) heißt es:

"Der Fahrzeugführer muss zum sicheren Führen des Fahrzeugs den Fuß umschließendes Schuhwerk tragen." Geltung beanspruchen als Unfallverhütungsvorschrift könne § 44 Abs. 2 BGV D29 aber nur im Rahmen eines Versicherungsverhältnisses nach dem SGB VII also soweit der gesetzliche Unfallversicherungsschutz reiche.

Dementsprechend richte sich der Bußgeldtatbestand des § 58 BGV D29 über die

Verweisung auf § 32 BGV D29 nur an Unternehmer und Versicherte als Normadressaten.

Selbst im Fall des Socken tragenden Lkw-Fahrers sah das OLG Bamberg den Geltungsbereich der Unfallverhütungsvorschriften nicht als eröffnet an: Das Urteil der

Vorinstanz enthielt keine Aussagen darüber, ob der Lkw-Fahrer beruflich am Steuer

saß. Das Führen eines Lkw mit Anhänger sei schließlich auch privat möglich.

Im Falle eines Unfalles

Was aber passiert, wenn tatsächlich mal was passiert? Dann könnte es tatsächlich

eng werden.

Nach § 1 Abs. 2 StVO hat sich jeder Verkehrsteilnehmer so zu verhalten, dass kein

anderer geschädigt, gefährdet oder mehr behindert oder belästigt wird, als nach den

Umständen unvermeidbar ist. Diese Vorschrift ist erfolgsqualifiziert - solange tatsächlich nichts passiert, greift sie nicht. Kommt es aber zu einem Unfall und ist das mangelnde Schuhwerk der Grund dafür, kann der Unfallverursacher unter Umständen mit einem Bußgeld abgestraft werden (OLG Bamberg, Beschl. v. 15.11. 2006, Az. 2 Ss OWi 577/06).

Für den Unfallschaden muss man aber nicht selbst aufkommen: Der Gesamtverband

der Deutschen Versicherer hat in einer Presseerklärung vom 8. Juni 2007 mitgeteilt,

dass die Kfz-Haftpflichtversicherung immer zahle, "egal, ob der Unfallverursacher

Flip-Flops, High Heels oder Knobelbecher trug". Die Vollkaskoversicherung für den

Schaden am eigenen Fahrzeug könne aber unter Umständen dann die Leistung verweigern, wenn grobe Fahrlässigkeit Ursache des Schadens war. Grob fahrlässig sei, wenn ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und selbst das nicht beachtet wird, was jedem mit gesundem Menschenverstand klar sein müsste. Auch wenn im Einzelfall die Abgrenzung gegen einfache Fahrlässigkeit sehr schwierig sein könnte: "Allein das Tragen bestimmter Schuhe beim Autofahren bedeutet wohl kaum ein so schwerwiegendes außer Acht Lassen der üblichen Sorgfalt", stellten die Versicherer fest.

Quelle: Legal Tribune Online

Der Text entstammt einer Infoschrift für baden-württembergische Polizeibeamte

Beste Antwort im Thema
am 2. Mai 2011 um 15:58

ich musste heute nacht mit badelatschen eine kurze strecke fahren...weil an meinen regulären schuhen der schnürsenkel gleich dreimal - irreparabel - gerissen ist...als alternative hätte ich nurnoch ein paar stiefel gehabt, mit denen ich aber kupplung, gas und bremse gleichzeitig (mit einem fuß) getreten hätte...

ein absulot ekliges gefühl und die leute die damit dauerhaft fahren, können mir nicht erzählen, das diese mit flip-flops auch nur annährend so sicher fahren können, wie mit "festem schuhwerk"...

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Zitat:

Original geschrieben von aufallenvieren

Ich fahr seit *überleg..* 13 Jahren ohne Schuhe. Außer im Winter wenn die Heizung noch nicht wärmt oder die Fußmatte dreckig ist.

.......

Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel. Über die Jahre kann man sich ja über gewisse Angewohnheiten und Vorlieben auch gewisse Fähigkeiten antrainieren. Was für Dich gut ist und was Du kannst, das muss dann ja nicht gerade auch für andere gelten. Jedem das seine, ich fahre halt sicherer mit Schuhen.

 

Btw,

wer kennt aus dem Fernsehen nicht Rob Bredl, Sohn österreichischer Auswanderer mit seinen Spitznamen „Barfüßiger Buschmann“, weil er die Angewohnheit hat, seit einigen Jahrzehnten sowohl zu Hause als auch im Busch, selbst wenn er auf Krokodilfang ist, immer ohne Schuhe unterwegs zu sein.

Wie schon gesagt, jedem das seine.

am 20. Mai 2011 um 16:12

Zitat:

Original geschrieben von FirstFord

Wie schon gesagt, jedem das seine.

Sicher, jedem das seine. Nur wenn dann andere gefährdet werden, weil sich einige in ihrem Fahrvermögen überschätzen, finde ich die Regel nicht mehr so überzeugend!

Moin Männers und Deerns,

ich fahre seit über 20 Jahren Auto und Motorrad mit offenen Schuhwerk, in der Regel Turnschuhe die den Fuß komplett umschließen, da ich seit über 20 Jahren meine Schuhe nicht mehr mit einer Schleife zu mache.

Die Schnürsenkel ziehe ich dann einfach etwas oberhalb der Zunge im gleichen Abstand zu Bögen zusammen.

Bei längeren Ausfahrten mit meiner Tenéré trage ich dann auch schon mal Wanderstiefel, da mach ich dann auch die Schnürsenkel zu, weil ich ansonsten Angst hätte, dass die Schnürsenkel in die Kette kommen ...

Der Grund liegt darin:

Mein Bruder hatte damals einen Autounfall, dabei hat sich sein Wagen viermal überschlagen.

Er selber hat sich im Auto einmal um sich selbst gedreht, leider war sein rechter Fuß (Schuh), zwischen dem Gaspedal und dem Bremspedal eingeklemmt, so dass sich seine Nervenbahnen und Sehnen innerhalb des Oberschenkels einmal um den Oberschenkelknochen gewickelt hatten.

Leider konnten die Ärzte im Krankenhaus erst am 2 Tag dies durch ein genaueres Röntgenbild feststellen, nur leider war es dann nicht mehr zu beheben.

Mein Bruder hat seit dem ein fast steifes Beim und kann es nur noch sehr eingeschränkt belasten.

Dies war mir eine Lehre!

Zum Baden an den Strand bin ich auch schon Barfuß gefahren, kann ich aber nicht unbedingt bei einer Cross-Maschine empfehlen :)

AHOI Utz

am 20. September 2015 um 12:23

Habe noch nie eine blödere Begründung gelesen.

Dann kann das Thema ja jetzt wieder ruhen.

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