Was tun? Versuch der Sachmängelhaftung oder selbst reparieren lassen?

Mercedes E-Klasse S211

Vor 8 Wochen habe ich eine E-Klasse 200T Kompressor, BJ 2009, Laufleistung 145.000 km mit dem Motor M271 für rund 8.500,- EUR von einem Gebrauchtwagenhändler gekauft.

Der Wagen wurde vor dem Kauf von DEKRA mit einem Gebrauchtwagen-Check untersucht. Dort hatte er mit 2+ bestanden. Bremsen, Fahrwerk, Karosserie, Ausstattung, Funktionsprüfung… alles OK. Nur leider wurde der Motor nur oberflächlich (Füllstände, Hörprobe, Sichtprobe) geprüft. Ist ja auch kein TÜV-relevantes Bauteil.

Nun vor kurzem Kaltstartgeräusche, die nach 5-7 min. nicht mehr hörbar sind.

Vorsichtshalber zur Werkstatt gefahren, die Folgendes diagnostiziert hat:
Steuerketten-Längung, damit Nockenwelle um ein 1° verstellt, dadurch beide Nockenversteller (Zahnräder) verschlissen (noch nicht vollkommen bedrohlich) sollte/müsste man aber sehr bald beheben, um Kettenüberspringen zu verhindern. Außerdem Ölverlust an den Magneten und Gefahr des Ölseintritts in den Motorkabelbaum.

Inzwischen habe mich zu dem Thema schlau gemacht.
Beim Kauf habe weder ich noch der DEKRA Prüfer ungewöhnliche Geräusche am Motor hören können. Auch sichtbar kein Öl am Motor oder seinen Komponenten.

Das Problem bei dem Motor M271 von Mercedes ist ja: Die o.g. Längung der Steuerkette hängt nicht von der Laufleistung, sondern der Anzahl an Kaltstarts ab. D.h. es gibt auch Fahrzeuge, bei denen tritt die Längung schon bei 70.000 km auf. Es gibt auch Wagen, die haben 200.000 km gelaufen, und die erste Kette drin und kaum Längung. D.h. man kann nicht pauschal anhand der Motorlaufleistung auf möglichen Verschleiß schließen.
Außerdem ist das Problem von außen nicht erkennbar. Man muss den Ventildeckel demontieren, und einige andere Komponenten, um den Zustand der Kette, den Zahnrädern und der Magnete zu sehen.

Für die Reparatur gibt es nur eine „kleines“ oder eine großes Maßnahmenpaket. Beim „kleinen“ müssen Kette, Gleitschienen, Nockenwellenversteller, Kettenspanner, Magnete und Ventile getauscht werden: Kostenpunkt ca. 2.000,- EUR! (Material alleine 1.200,-). Bei der großen Variante kommen noch ein paar Teile mehr dazu, die schlauerweise gleich mitgetauscht werden (z.B.Kabelbaum), so dass man nicht 2x ran muss. Kostenpunkt hier: ca. 3.000,- EUR (1.900,- Material).

Alle angefragten Werkstätten winken schon ab, wenn sie „M271“ hören. Obwohl für die C- und E-Klasse einer der meistgebauten Motoren von 2004-2009 ist der Motor ist aus meiner Sicht eine Fehlkonstruktion. Die Längung der Steuerkette kann – wenn die Kette nicht akribisch alle 50.000 km durch Abbau des Ventildeckels überprüft wird – zig Teile des Motors mit in den Tod reißen. Am teuersten dabei die 2 Nockenwellenversteller (Zahnräder) = ca. 450,- EUR pro Stück!
Und wer richtig Pech hat, den springt die Kette wegen der verschlissenen Zahnräder über und bringt die Nockenwelle in Fehlstellung mit Folge von Kolben- und Zylinderkopfbeschädigung sowie Ventilbruch=kapitaler Motorschaden.
Leider wird in der Fachpresse und im Web – wenn man nur nach 200 T Kompressor sucht –der Motor häufig empfohlen und als sparsam uns langlebig gepriesen. Diese Redakteure haben offenbar nur die Daten aus dem Prospekt abgeschrieben.

Ein regelmäßig bei Mercedes geführtes Serviceheft nutzt für dieses Problem auch wenig. Denn Mercedes schweigt diesen Konstruktionsfehler tot und prüft beim Service auch nicht die Steuerkette. Es gibt auch keine offizielle Empfehlung/Aufforderung, die Kette bei km-Stand xy zu prüfen/tauschen.
Auch eine Reparatur-Rechnung des vorherigen Halters ist nur dann hilfreich, wenn auch mind. das „kleine“ Programm vollständig gemacht wurde. Nur Steuerkette reicht ja nicht.

Somit kommen offensichtlich viele C-und E-Klasse-Modelle auf dem Gebrauchtwagenmarkt, wo dieser Reparaturstau besteht. Denn wer diese Kosten investiert hat, wird ihn danach kaum verkaufen. Und wer nicht, versucht ihn loszuwerden. So schlau bin ich leider erst jetzt, um das zu erkennen.

So nun meine Frage für die Rechtsanwälte:
Gilt bei einer Laufleistung von 145.000 km eine gelängte Steuerkette, die bereits weitere Bauteile des Motors verschlissen hat (2 Nockenwellenversteller (Zahnräder)) als Verschleißteil oder als Sachmangel?
Mercedes äußert sich dazu ja nicht.

Kann ich vom Verkäufer gemäß Gewährleistungspflicht eine Reparaturkostenbeteiligung oder gar Rückumwandlung des Kaufvertrags verlangen? Oder nur auf Kulanz hoffen (da kein Sachmangel)?

Was ist, wenn man es tatsächlich als Sachmangel auslegen kann, der Verkäufer aber meint, der Mangel war ihm beim Verkauf nicht bekannt (wenn er sich nicht dafür interessiert hatte, ist der Mangel tatsächlich nicht zu hören, sehen, oder zu erkennen)?

Ist die Kostenhöhe einer notwendigen Reparatur nur über einen Sachverständigen mit Motor-Gutachten zu ermitteln?

Was ist wenn der Händler sich trotz Aufforderung weigert, es auf einen Gerichtsprozess ankommen lässt und zum Schluss evtl. Privatinsolvenz anmeldet?

Sieht für mich eher so aus, als würde ich den Kosten sitzenbleiben…

Beste Antwort im Thema

Wenn Du gewußt hast das diese Motoren diese Probleme machen hätte ich die Kiste erst gar nicht erst gekauft.

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Das tut mir natürlich sehr leid für dich. Auf der anderen Seite waren die Probleme schon lange bekannt - aber man erwartet bei Mercedes Langlebigkeit. Dementsprechend, mach dir keinen Vorwurf.

Wenn der Wagen sonst in einem top Zustand ist, und du völlig zufrieden bist, würde ich die Reparatur durchführen lassen. Aber bitte bei einem Motorenbauer der wirklich Ahnung von Mercedes hat. Ich möchte hier keine Werbung machen, aber Motoren Zimmer wäre ein sehr gute Adresse. Die haben auch YouTube 🙂

Nichts desto trotz solltest du bei deinem Anwalt anfragen, welche Möglichkeiten du hast. Eine (Teil)Kostenübernahme vom Verkäufer wäre ideal, so wie vermutlich eine Rückabwicklung, denn die Problematik besteht weiterhin.

Zitat:

@CivicTourer schrieb am 12. Oktober 2020 um 08:26:32 Uhr:



Zitat:

@Koelner67 schrieb am 12. Oktober 2020 um 08:11:45 Uhr:


Man kauft wissentlich ein Fahrzeug wo man weiß das der Motor mehr wie ein kleines Problem hat.

Ohne Worte.

Sag mal - liest hier eigentlich jemand mehr als oberflächlich? Offensichtlich nicht, dann wird trotzdem so etwas geschrieben. DAS ist eher „ohne Worte“ meine ich.

Der TE schreibt deutlich: „So schlau bin ich leider erst jetzt, um das zu erkennen“

"Komisch" ist es aber schon, dass sich hier erst im nachhinein informiert wurde.
Für meinen Teil versuche ich mich im Vorfeld zu informieren.

Von daher hat @Koelner67 so ganz Unrecht nun auch nicht.

Wir haben seit neuestem einen M272 im "Fuhrpark"
Über den Motor vorher informiert, und zumindest mit Motor Nr .... 31 ... in der MItte gekauft.
Der Rest ist bekannt, und wenn es dann kommt wird halt repariert.

LG

Danke zunächst mal an alle, die sich mit meinen Thread beschäftigen.
Danke auch an Phoenix 217. Die Antwort finde ich sehr hilfreich. An dieser Stelle stehe ich auch irgendwo... Reparatur/Zuschuss
Hatte auf vieles beim Kauf geachtet und auch einiges richtig gemacht...keinen Unfaller gekauft, km-Stand sehr wahrscheinlich original, ansonsten wenig zu beanstanden. Nur speziell von diesem Motor habe ich zuwenig recherchiert. Von Mercedes hatte ich an sich mehr Qualität und Langlebigkeit erwartet.
Richtig, mein Fehler, hätte mich noch mehr zuvor informieren müssen.

Ich werde mal meine Rechtschutzversicherung nutzen und mal den Kontakt zum Verkäufer suchen.
Klar es gibt hier keinen richtigen oder falschen Weg. Nur einen optimalen.

Noch eine Frage: Inwieweit kann ich davon ausgehen, dass - vorausgesetzt die Reparatur wurde fachgerecht durchgeführt - ich danach zu diesem Bereich Ruhe habe?
Hält das dann gewöhnlich 50.000 oder 100.000 km?
Fahre im Jahr nur ca. 5.000 km, davon meist nur Kurzstrecke in der Stadt. Der Wagen wird auch nur hauptsächlich am Wochenende und evtl. 1-2mal in der Woche bewegt.

Gibt es einen Kettenspanner für den M271, der die Spannung gleich herstellt bzw. hält?

Wenn du viel Kurzstrecke fährst, kann ich dir eine Rückabwicklung oder Verkauf des Wagens ans Herz legen.
Eine genaue Aussage über die Langlebigkeit wird dir, so denke ich, niemand garantieren können.
Bedenke auch, das viele Kaltstarts die Probleme fördern.

Allerdings wird inzwischen eine verbesserte Version des Zahnrads verbaut, diese soll wohl Abhilfe schaffen.

Ich verlinke dir einfach mal die Webseite von MZ: https://motorenzimmer.de/mercedes-steuerkette-wechseln/

Du wärst mit einem M112 deutlich besser beraten, sprich 320 Benziner. So lange du die Ölwechselintervalle auf 10.000KM (oder 1x im Jahr) verkürzt, wirst du damit noch viele Jahre Freude haben, und in weiser Voraussicht ohne große Probleme unterwegs sein. Die Tatsache, das es den M112/113 im 211 überhaupt gab, ist auch der Grund, wieso ich mich für einen E55 entschieden habe. Die E63 z.B sind auch recht Fehleranfällig. Deswegen bleibe ich lieber bei der guten alten Technik des 210.

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Servus,
ich werde das nie verstehen! er ist seit 2003 hier, da fällt mir nix mehr ein.
übrigens ist das auch beim 204/7/ usw abeim CGI immer noch so.
so bei um die 100tkm sind die im Arsch.
ganz furchtbar die Dinger.
Aber ich kann beruhigen, der ehemalige Werkstattleiter unser Niederlassung hat seiner Frau auch so einen 211er gekauft, (Sixt leihwagen- wie schlau) und jetzt hat er das erfahren wie das mit den Motoren ist.
Aber gut, er hat den Job nicht mehr, und ich mach auch nix mehr für ihn.
Gruß der Franke

Zitat:

@aston3457 schrieb am 12. Oktober 2020 um 09:33:54 Uhr:



Zitat:

@CivicTourer schrieb am 12. Oktober 2020 um 08:26:32 Uhr:


Sag mal - liest hier eigentlich jemand mehr als oberflächlich? Offensichtlich nicht, dann wird trotzdem so etwas geschrieben. DAS ist eher „ohne Worte“ meine ich.

Der TE schreibt deutlich: „So schlau bin ich leider erst jetzt, um das zu erkennen“

"Komisch" ist es aber schon, dass sich hier erst im nachhinein informiert wurde.
Für meinen Teil versuche ich mich im Vorfeld zu informieren.

Von daher hat @Koelner67 so ganz Unrecht nun auch nicht.

Wir haben seit neuestem einen M272 im "Fuhrpark"
Über den Motor vorher informiert, und zumindest mit Motor Nr .... 31 ... in der MItte gekauft.
Der Rest ist bekannt, und wenn es dann kommt wird halt repariert.

LG

Genau,
bevor ich mir ein Auto kaufe informiere ich mich Goch, Dank WWW Ist das auch für jeden machbar, gegenüber frührer da mußte man Leute kennen die sich damit Auskannten.

Wer also nun Blind einen Wagen holt ist selber Schuld.
Lehrgeld bezahlen, Mundabwischen, fertig.

Zitat:

@spider50 schrieb am 12. Oktober 2020 um 11:59:56 Uhr:


[...]

Noch eine Frage: Inwieweit kann ich davon ausgehen, dass - vorausgesetzt die Reparatur wurde fachgerecht durchgeführt - ich danach zu diesem Bereich Ruhe habe?
Hält das dann gewöhnlich 50.000 oder 100.000 km?
Fahre im Jahr nur ca. 5.000 km, davon meist nur Kurzstrecke in der Stadt. Der Wagen wird auch nur hauptsächlich am Wochenende und evtl. 1-2mal in der Woche bewegt.

Gibt es einen Kettenspanner für den M271, der die Spannung gleich herstellt bzw. hält?

Zu 1. Ja, kannst Du von ausgehen. Wechsel alle 10.000km oder spätestens alle zwei Jahre das Motoröl, das wird der Haltbarkeit der Kette gut tun. Bei den Inspektionen kannst du zusätzlich die Prüfung des Öldrucks beauftragen. Dieser ist für ein rasches spannen der Kette Voraussetzung.

Zu 2. Nein.

Ich bin kein grundsätzlicher M271-Gegner. Der Motor ist klasse und bewährt, meiner Meinung nach. Man muss eben seinen Frieden damit machen, dass in der Motorsteuerung Verschleißteile verbaut sind. Wenn man den M271 gut wartet und die Ölwechselintervalle unter 15tkm hält hat man lange Freude mit dem Motor. Sich über die üblichen Zeichen, die den Verschleiß ankündigen zu informieren und diese nicht zu ignorieren ist selbstverständlich hilfreich.

Zur Ausgangsfrage: Auf jeden Fall mit dem Händler sprechen und wenn der zickt auf zum RA des Vertrauens.

Der Händler ist in der Gewährleistung! Fahre hin, bestehe auf Reparatur, und dann wirst Du sehen was passiert.
Entweder er lässt den Motor reparieren, oder er nimmt den Wagen zurück.
Andere Möglichkeiten bleiben da nicht, wenn im Vertrag nicht doch irgendwo „ im Kundenauftrag“ steht.

Man muss ja nicht gleich im vorwege durchdrehen, erstmal in Ruhe hinfahren und miteinander sprechen.

Falls Du den Wagen nach einer Reparatur behalten solltest, und Du wirklich nur deine angegebenen 5000 Kilometer fährst, dann tu deinem Motor den Gefallen und schmeiß das Öl mindestens einmal im Jahr raus.
Der M271 hat nämlich auch ein Problem mit Ölverdünnung durch Benzin. In dem Fall hält selbst der verbesserte Kettenspanner den Druck auch nicht mehr, und die vielen Kaltstarts erledigen dann wieder deine Steuerkette.
Mein Cabrio mit dem M271 wird auch nicht mehr bewegt, und ich wechsel nach 2000 KM das Öl mit Filter

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