Überholung einer elektrischen Auto-Uhr - oder Tick, Tack, Klack!
Tick...tack...tick...tack...tick...tack...tick...tack...KLACK!...tick...tack......
Im Zeitalter der Quarzuhren und der digitalen Anzeigen kennt dieses Geräusch kaum noch jemand. Das Laufgeräusch einer elektromechanischen Autouhr wie sie bis in die frühen achziger Jahre bei vielen Herstellern gebräuchlich war. Ich saß als Kind in Papas Buick und lauschte dem monotonen ticktack, gelegentlich unterbrochen von einem mechanischen "klack". Geräusche meiner Kindheit. Die Jungs über 40 unter uns werden wissen, wovon ich rede.
In der Regel waren das billige Werke, die die Autohersteller bei Uhrenproduzenten zukauften. Die Qualität war so lala. Ein Auto ist mit all seinen Betriebszuständen nicht unbedingt die ideale Umgebung für die jahrzehntelange einwandfreie Funktion eines feinmechanischen Werkes. Bei deutschen Autos fanden sich je nach Klasse des Fahrzeugs Uhrwerke von Kienzle, Junghans oder auch Jaeger. In den USA gab es das natürlich ebenfalls von dortigen Herstellern. Zulieferer von GM und auch Ford war z.B. der Uhrenhersteller Borg. Borg lieferte unter anderem die Uhren für die Corvette und auch für den Mustang bis 1970.
1970 wechselte Ford für das 71er-73er Mustang-Modell den Zulieferer. Die Uhren für diese Autos lieferte der US-Hersteller Westclox. Mit so einem Werk befassen wir uns hier. Aber das ist durchaus nichts spezielles. Die Funktionsprinzipien aller deser Werke sind gleich. Sie unterscheiden sich nur in konstruktiven Details.
Funktionsprinzip:
Die Chronometer sind genau genommen keine elektrischen Uhren. Sie sind mechanische, federbetriebene Uhrwerke mit einer Unruh und diversen kleinen Zahnräderchen. Lediglich der Aufziehmechanismus des Federwerkes wird von einem Elektromagneten aufgezogen. Bekommt die Uhr 12 Volt, zieht der Magnet die Uhr auf. Nur ein klein wenig, genug für eine Minute oder so. Während dieser Zeit läuft die Uhr mit Federkraft, nicht mit Strom. Tick...tack... Nähert sich die Feder der Endlage, berührt sie einen kleinen Kontakt, der Magnet bekommt wieder Saft, zieht den Mechanismus wieder auf und der Zyklus beginnt von neuem. Das Aufziehen macht das "Klack"-Geräusch.
In kaum einem alten Ford (oder Chevy) aus den 70ern funktioniert die Uhr heute noch. Warum? die möglichen Ursachen sind vielfältig, aber zwei kristallisieren sich als Hauptgrund heraus:
- eindringender Schmutz (Staub) und verhärtende Konservierungs- und Schmiermittel
- elektrischer Schaden durch sich entleerende Batterie
Ersterer Punkt ist wohl nicht weiter erklärungsbedürftig, aber was genau passiert bei dem zweiten?
Das Auto steht in der Garage oder auf dem Hof eines Gebrauchtwagenhändlers und wird Monate nicht bewegt. Brav tickt die Uhr vor sich hin und nuckelt an der Batterie. Diese entlädt sich auch noch selber. Irgendwann erreicht sie das Stadium, daß sie nicht mehr ausreichend Saft hat um den Magneten aufzuziehen. Der Aufziehmechanismus verharrt in der Endlage, in der sich die Aufzieh-Impulskontakte berühren. Mit ihrer letzten Spannung heizt die Batterie die Magnetspulen auf bis sie durchbrennen.
Das war's dann für die Uhr!
Beste Antwort im Thema
Das Wissen bekommt man indem man eine Uhr einfach auseinanderschraubt und nicht zum Uhrmachr bringt. Noch mehr Wissen bekommt man wenn man sich vorher anschaut wie ein anderer das macht oder man ein Buch darüber liest. Manchmal ist es ein archäologische Abenteuer ein solches Buch aufzuspüren. Ist so wie einen Dinosaurier auszubuddeln. Man lernt dadurch fürs Leben.
Das gleiche gilt für Klimaanlagen, Hinterachsen, Schiffsmotoren oder Bohrmaschinen. Wenn wir hier für Fluggerät nicht so viele Regeln hätten und es nicht so teuer wäre würde ich mich gerne mal an einem alten Jagdflugzeug verlustieren.
Deswegen hassen wir den ganzen modernen Plastikscheiß, den man nicht mehr reparieren kann...😁
55 Antworten
Zitat:
Gibt es zur Rettung der Kontakte dort sowas wie einen Funkenlöschkondensator bei der Zündung? Oder könnte ein solcher die Lebensdauer der Kontakte vielleicht verlängern?
Keine Ahnung. Mein Wissen in dieser Richtung ist eher beschränkt. Ich wüßte nicht, wie man so einen da einbinden könnte und auch nicht wie man seine Kapazitätswerte berechnen müßte um diesen Zweck zu erfüllen.
Zitat:
WOW, wer würde heutzutage sowas noch machen? Allein das Loch da rein zu machen und dann auch daran zu denken, dass man das nachher mal sauber machen müsste, das würde keiner nem Ingenieur bezahlen daran zu denken.
Ich befürchte, keiner. Das mechanische Zeitalter ist zu Ende gegeangen. Das elektronische Wegwerfzeitalter hat uns seit 20 Jahren im Griff.
Alles mechanische benötigt Wartung. Da kaum jemand bereit und wissend ist, alle mechanischen Teile an einem Auto zu warten, bleiben zwangsläufig immer einige auf der Strecke. Wie wir sehen, benötigen selbst mechanische Uhren ein gewisses Maß an Wartung.
Trotzdem wird immer gern behauptet, daß Autouhren billiger Müll sind. Wir sehen hier, daß das offensichtlich nicht so ist und daß sie bei guter Wartung lange halten und auch genau gehen.
Hier die Wartungsöffnung für die Kontakte.
bei mir geht nur noch der Sekundenzeiger; die Stunden und Minuten bleiben immer an ihrer gleichen Stelle...aber ja, die Uhr tickt noch 🙂.
Zitat:
Original geschrieben von spechti
Das heißt wohl, daß der Aufziehmagnet sie durch den Impuls einmal aufgezogen hat und sie dann für einen Zyklus lief. Wahrscheinlich erreicht die Aufziehvorrichtung durch abgenutzte Kontakte oder Verschmutzung nicht mehr ihre Endlage und bekommt somit keinen Kontakt für einen Neuaufzug, bleibt also unmittelbar vor dem Kontakt hängen.
Das heißt, daß sie wohl nur mal gereinigt und geölt werden muß.
Danke für den Tip . Werde ich bei gelegenheit prüfen . Der Nichtuhrenfachmann ;- )"
Nach ein paar Tagen sauberen Tickens und Klackens ist die Zwiebel nun letzte Nach punkt Mitternacht stehengeblieben. Ich hoffe nicht, daß sich irgendein Untoter aus der Zwischenwelt zur Geisterstunde daran zu schaffen gemacht hat...
Eine genauere Untersuchung ergab, daß sich der Anker auf seinem Zahnrad verhakt hat. Der Grund dafür war zunächst nicht genau auszumachen. Wenn man den Anker leicht mit einem kleinen Schraubenzieher aus der Verklemmung befreit, läuft die Uhr wieder für eine Zeit. Dann das gleiche wieder.
Ein genauerer Blick zeigte, daß die Welle der Unruh sehr locker sitzt und sich etwas hin- und herbewegt. Ich vermute, daß sie sich verkantet und dadurch zum Verklemmen des Ankers führt, da die Teile dann durch Spiel zueinander in einem komischen Winkel stehen und sich verklemmen.
Nun sieht man bei genauem Hinsehen an der Unruhwelle eine kleine Madenschraube, mit der die Vorspannung der Welle justiert wird. Das Vorhandensein diese Schraube hat gewiß einen Sinn. Vermutlich dient sie dazu, Verschleiß an der Uhr zu kompensieren oder die Ganggenauigkeit zu verändern. Ich habe die Schraube eine halbe Umdrehung angezogen. Dadurch wird das Spiel der Welle bedeutend kleiner. Mal sehen, ob das eine Auswirkung auf die Laufzuverlässigkeit hat und ob die Uhr nun im Dauertest etwas beständiger weiterläuft...
Das Ticken der Uhr bekommt dadurch auch mechanisch einen etwas anderen Klang. Ich könnte mir vorstellen, daß ein erfahrener Uhrmacher allein am klang des Tickens hören kann ob eine Uhr sauber läuft. Aber wo gibt es sowas heute noch...?
Ähnliche Themen
mal ne Frage was is denn die Unruh?
ne technische Zeichnung irgendeiner Uhr oder aus nem Buch wäre hier sehr hilfreich
Klick
Siehst Du auf Spechtis Bild hinter der mit dem Pfeil markierten Schraube.
Zitat:
Ich könnte mir vorstellen, daß ein erfahrener Uhrmacher allein am klang des Tickens hören kann ob eine Uhr sauber läuft. Aber wo gibt es sowas heute noch...?
Doch sowas gibts. Uhrmacher haben ja auch viel mit alten Uhren zu tun.
Der, bei dem ich war, war so ein Kandidat. Offensichtlich schon eine Menge Jahre Erfahrung und als meine Uhr bei ihm das erste Mal anlief, meinte er sofort "oh, die läuft aber schwer". Für mich klang das Ticken der Uhr völlig gesund, aber 5 sekunden später blieb die Uhr dann tatsächlich stehen.
Dabei handelte es sich um eine "rebuilt" Uhr von ebay.com
Der Uhrmacher hat mir gezeigt, dass diese Uhr nie "rebuilt" wurde, sondern eine alte, originale Uhr ist, die nur einmal ordentlich mit Ölspray ausgesprüht wurde. Er hat das Zeug entfernt, die Uhr dann nur an den erforderlichen Stellen geölt, danach justiert, alles überprüft und seitdem tickt sie ohne je wieder Probleme gemacht zu haben.
Der ganze Prozess hat mehrere Wochen gedauert, da er sie im Laden immer wieder hat probelaufen lassen. Am Ende hat mich die Sache 15€ gekostet + eine Bitte, ihm die Uhr im eingebauten Zustand im Auto nochmal vorzuführen, weil er das so gerne mal sehen möchte. 😁
Grüße
Grauhst
Und weil wir schon mal dabei sind, hier auch noch mal kurz zur Erläuterung, was der Anker tut.
Die Unruh ist sozusagen der mechanische Oszillator, oder Taktgeber, der Uhr, die den Anker zu einer Art Schwenken anregt und die kontinuierliche Bewegung des Ankerrades so hemmt (daher auch die Bezeichnung Hemmwerk oder Hemmung), daß daraus ein stufenweises, tickendes Vorschieben des Sekundenzeiger im Sekundentakt wird. Durch eine entsprechende Zahnraduntersetzung werden anlog dazu die weiteren Zeiger der Uhr gedreht.
Das ganze ist ein kleines mechanisches Kunstwerk und faszinierend in seiner Funktion zu beobachten.
Zitat:
Der, bei dem ich war, war so ein Kandidat. Offensichtlich schon eine Menge Jahre Erfahrung...
Das ist schön zu hören. In meinem Leben gibt es fast nur Pfuscher, Scharlatane und Dilettanten. Daher mein zwanghafter Drang zum selber machen...😎
ohhh is das süß
und danke für den Link, dann hab ich mir ja das richtige darunter vorgestellt.
Nachtrag:
Nachdem die Uhr mehrere Tage an meinem Eisenbahntrafo gelaufen ist, habe ich sie vor ein paar Tagen wieder zusammengebaut und das komplette Armaturengehäuse wieder zusammengesetzt. Für den finalen Funktionscheck habe ich noch einmal Spannung von einem Batterieladegerät angelegt und die Uhr etwas laufen lassen.
Nach etwa einer Stunde bemerkte ich einen beißenden Geruch. Als ich mich umdrehte, kam Qualm aus dem Gehäuse und das ganze sah nicht gut aus. Sofort habe ich die Stromverbindung gekappt. Die Uhr lief nicht mehr.
Also alles wieder auseinandergebaut.
Was soll ich sagen: Komplette Kernschmelze ist das treffende Wort.
Offensichtlich haben sich die Kontakte aufeinander vebacken, die beiden Spulen sind glühend heiß geworden und haben alle Plastikteile im Werk zu einem Klumpen verschmolzen. 100% Totalschaden!
Eine Umfrage im 71-73 Mustangforum ergab, daß keiner von den Jungs mehr eine sauber laufende Uhr hat und mehr oder weniger alle auf diesem Weg in die ewigen Jagdgründe gegangen sind.
Ich bin allerdings mordsmäßig froh, daß das noch auf der Werkbank passiert ist und mir nicht den frisch restaurierten Mustang geröstet hat!!!
Da das Werk nicht wieder instand zu setzen ist, spielte ich kurz mit dem Gedanken, ein Quarzwerk einbauen zu lassen, was bei den Foristen im 71-73 Forum auf ein gewisses Unverständnis stieß. Bei einer Uhr in der Konsole hätte man sich damit ja noch anfreunden können aber eine riesige Uhr mitten im Blickfeld des Fahrers? Habe ich keine Armbanduhr oder was? Eines der wichtigsten Instrumente im Auto ist der Drehzahlmesser. Was will ich mit einer Uhr?
Irgendwie richtig.
Aber nur wenige 71-73 Mustangs waren mit Drehzahlmesser ausgerüstet. NOS-Messer sind astronomisch teuer und zuätzlich benötigt man noch eine neue Leiterfolie und einen speziellen Kabelbaum. Das dürfte locker 1.000 Euro kosten und monatelange Suchen nach sich ziehen.
Selbst gebraucht werden originale Drehzahlmesser mit Gold aufgewogen. Ferner gibt es auch noch einen konstruktiven Nachteil: der Strom der Zündspule läuft beim Mustang durch den Drehzahlmesser. Bei einem kleinen Defekt an einem 40 jahre alten Instrument bleibt der Motor stehen.
Die Diskussion im Forum bemerkte wohl dieser nette Mann, der selber aus den Mustanguhren und Idiot Light Clusters Drehzahlmesser baut , die aussehen als kämen sie von Ford. Das ganze begeistert mich so sehr, daß ich das wohl machen werde. Der Preis ist 175 Dollar für den Umbau. 140 hätte der Quarzumbau der Uhr gekostet. Die Investition in den Drahzahlmesser halte ich für schlauer.
Es erfordert keine tiefgehender Modifikationen an der Elektrik.
Meine Karriere als Uhrmacher ist damit gescheitert.🙁
Schade drum, aber ich finde die Umbauidee prima. 🙂
Alles im Leben hat seinen tiefen Sinn. Wahrscheinlich hätte ich mich nach zwei Monaten fahren mit dem Auto über den fehlenden Drehzahlmesser geärgert und mich in den Hintern gebissen, daß ich so viel Arbeit in die Uhr gesteckt habe, die niemand braucht und die nur aus sentimentalen Gründen da ist...
In meinem Alter ist der Blick auf die Uhr sowieso eher beunruhigend.
Liegt wohl an der eingebauten Unruh. 😉
ihr seid bekloppt 🙂.